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Nr. 56 23 2 5 PAPIER-ZEITUNG Amerikanische Neuheiten der Papier-Industrie (Eigenbericht aus New York. Nachdruck verboten) Die amerikanischen Fabrikanten von Ansichtskarten Zukunft sehr bedeutenden Umfang annehmen, denn man beabsichtigt in der Nähe der Niagara Wasserfälle eine Fabrik zu errichten, in der die Papierflaschen-Erzeugung nach dem M. D. Porter’schen Patent vorgenommen werden warteten nicht erst ab, bis man sich von dem Schreck über das Erdbeben in San Francisco erholt hatte, sondern schmiedeten ihr Eisen, so lange es heiß war, indem sie fast gleichzeitig mit dem Bekanntwerden von Einzelheiten über jenes Ereignis mehr oder minder naturgetreue bildliche Darstellungen der zerstörten Stadt herausbrachten. Unter diesen erwiesen sich namentlich die vorzüglichen photo graphischen Aufnahmen auf Postkarten, -den sogenannten »Souvenir Mail Cards« als äußerst absatz soll. Die Leistungsfähigkeit dieses Betriebes wird sehr be trächtlich sein, denn die Unternehmer berechnen sie auf 100 Flaschen in der Minute. Die Herstellung von Papier flaschen wurde bekanntlich bereits im vorigen Sommer in Philadelphia von der seinerzeit zu diesem Zweck ins Leben gerufenen Union Paper Pulp Company of Trenton in Aus sicht genommen, deren Geschäftsleiter Mr. H. R. Heyl ist, doch ist aus verschiedenen, nicht zu ermittelnden Gründen fähig. Aber nicht nur für Ansichtskarten, sondern auch für Papierwaren aller Art bedient man sich bildlicher Darstellungen des Erdbebens mit großem Erfolg. So z. B. werden geschmackvolle Pappbehälter für Süßigkeiten, Taschentücher usw. gezeigt, die ihrer Neuartigkeit wegen bereitwillige Käufer finden. Da gibt es rechteckige Papp kästen mit weißem Glanzpapier bezogen, deren Deckel mit farbig ausgemalten Photo graphien in Goldborteeinfassung verziert sind. Diese Bilder werden nach Benutzung des Kästchens vielfach eingerahmt und als Wandschmuck verwendet, wozu sie sich infolge der Goldumrandung auch vorzüglich eignen. Eine weitere beliebte Verzierung der Süßigkeitsschachteln bilden Vögel, einzeln oder in Gruppen angeordnet, die durch Aufkleben wirklichen Gefieders ein sehr natürliches Aussehen erhalten. Da sieht man prächtige Papageien mit lebhaft schillernden Federn, stolze Pfauen mit ge spreiztem Schwanz und anderes. Besonders eigenartig wirkt ein Kästchen, dessen Deckel eine Winterlandschaft darstellt. Im Hinter gründe sehen wir Ruinen, Türme und eine Mondsichel, die mit Silberpulver bestreut, wirkungsvoll absticht, während die Mittel fläche des Bildes von einem blattlosen Baumzweige eingenommen wird, auf dem zwei grauschwarz gefiederte Eulen sitzen, deren Augen aus runden, gelben Glasperlen bestehen. Auch diese Schachteldeckel werden häufig unter Glas und Rahmen ge steckt, nachdem der Behälter seine Dienste getan hat. Die Vorliebe für geschmackvolle Kästchen erstreckt sich neuerdings auch auf die amerikanische Schuljugend, die ihr Früh stück in solchen befördert. Je weniger die Ausstattung der Behälter deren Inhalt er raten läßt, umso lieber werden sie von Jung amerika gekauft. Ausgesprochener Bevor zugung erfreuen sich für diesen Zweck kleine Koffer mit Lederpapierbezug, die mittels zweier dünner Lederriemen zu geschnallt werden. Sodann gibt es walzen förmige Schachteln mit grauem Stoffbezug, Handtaschen aus grünem Segelleinen, Bücher mit Goldaufschrift und schließlich lange Taschen mit Metallhandgriff, die wie Noten mappen aussehen. Eine beachtenswerte Neuheit, von der man sich während der kommenden Badezeit Bild 2 viel verspricht, sind papierne Badeanzüge. Sie bestehen aus dickem, wasserdichtem Papier, das billigem Lösch- papier ähnelt, und als besonderen Vorzug der Neuheit führt deren Erfinder die Tatsache ins Feld, daß Papier ein schlechter Wärmeleiter ist, und daher dem Körper einen gewissen Schutz gegen plötzliche Luftveränderung gewährt. Ob papierne Badeanzüge ein besseres Schicksal haben werden, als die vor wenigen Jahren auf den Markt gebrachten Nachtkleider aus dem gleichen Roh stoff, muß die Zukunft lehren, und wird hauptsächlich da von abhängen, ob sie im praktischen Gebrauch alle Ver sprechen halten, die den Käufern gemacht werden. Die Herstellung von Papierflaschen dürfte in absehbarer bisher noch nichts daraus geworden. Dabei unterliegt es keinem Zweifel, daß die Massenerzeugung papierner Flüssig keitsbehälter ein gewinnbringendes Unternehmen bilden und der Markt dem Gegenstand eine vorzügliche Auf nahme bereiten dürfte. Die Leichtigkeit der Beförderung dieser Flaschen, die im ungefüllten Zustande nur je 2 Unzen wiegen, läßt sie für den Versand von Flüssig keiten aller Art ganz besonders geeignet erscheinen, während ihre Billigkeit (sie sollen zu 1‘/2 Dollar für das Gros abgegeben werden) ihnen erfolgreichen Wettbewerb mit Glasbehältern ermöglicht. Obgleich uns noch viele Monate von dem Weihnachts fest trennen, ist man in Kreisen der Papierwarenerzeuger