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2290 PAPIER-ZEITUNG Nr. 55 Blätter meist erst im Laufe des Tages erscheinen. Daß diese prompte Versorgung mit allem Neuesten den Leser kreis der großen Tageszeitungen zum Nachteil der Provinz zeitungen steigern muß, ist natürlich und daher auch be greiflich, daß letztere das Uebergewicht der großstädtischen Konkurrenz schwer empfinden, zumal wenn die heimischen Verwaltungsbehörden an den gesetzlichen Bestimmungen genau festhalten. Kürzlich hat sich nun der Rat der Stadt Dresden in einer Beschwerde an das König!. Polizei- Präsidium zu Berlin gewandt und um Entziehung der Er laubnis zur Ueberschreitung jener gesetzlichen Bestimmung ersucht. Die Polizeibehörde hat nun mit dem Leiter einer großen Berliner Tageszeitung Rücksprache über die An gelegenheit genommen, und demzufolge haben die be teiligten Zeitungsverleger eine Eingabe an den preußischen Minister des Innern gerichtet, worin um Belassung der seit her vom Polizeipräsidium gestatteten Ausnahmebestim mungen bezügl. der Sonntagsruhe, soweit sie sich auf den Zeitungsbetrieb beziehen, ersucht wird. Es steht zu hoffen, daß dieser Eingabe Folge gegeben wird. Dienst-Ausschuß-Briefumschläge Ich kaufte Anfang März durch den Reisenden der Xer Brief umschlagfabrik 60000 Dienst-Ausschuß-Briefumschläge nach vor gelegten Mustern, die ich beifüge. Am 5. April erhielt ich 83000 Briefumschläge statt 60000. Ich schrieb der Briefumschlag fabrik, daß ich für 83000 Stück keinen Lagerraum hätte, die Briefumschläge daher ganz billig verschleudern müßte und sie ihr zur Verfügung stelle. Gleichzeitig bat ich um Gutschrift der Verpackung und Aufgabe des äußersten Preises, zu welchem mir die Fabrik die Umschläge event. abgeben würde. Am 10. April erwiderte die Briefumschlagfabrik, daß ihr Reisender jedenfalls kein genaues Quantum angegeben habe, und ich für die Ware zu dem billigen Preise Verwendung haben würde. Die Verpackung schrieb sie mir gut. Hierauf ließ ich die Umschläge einlagern und oberflächlich sortieren und fand, daß etwa 10000 Stück ganz wertlos, d. h. zum Teil bedruckt, verschmutzt, zerknittert, falsch geklebt usw., sind. Ich teilte dies am 6. Mai der Fabrik mit und stellte ihr nochmals die Ware zur Verfügung. Die Fabrik antwortete, daß ich entweder die ganze Sendung übernehmen oder ihr zur Verfügung stellen müsse, und zwar in dem Zustande, wie ich die Umschläge von ihr bezogen habe. Von Vergütung der entstandenen oder entstehenden Kosten könnte keine Rede sein. Ich schrieb der Fabrik unterm 17. Mai, daß ich nur 6ooco Umschläge gekauft habe, event. 63000 Stück, aber nicht 83000 Stück abnehmen würde, und will die überschießenden Umschläge, falls ich keine anderweitige Nachricht erhalte, bei einem Spediteur einlagern. Die Fabrik schrieb am 18. Mai, daß ich kein Recht habe, die Umschläge auszusuchen. Entweder solle ich die ganze Sendung behalten oder sie genau in dem Zustande zurückgeben, wie ich sie empfangen habe. Die 1500 bedruckten Umschläge könne ich unfrankiert zurück geben. Da auf gütlichem Wege bei der Briefumschlagfabrik nichts zu erreichen ist, bitte ich um Auskunft, wie ich mich in diesem Fall zu verhalten habe, und wie eine Klage für mich ver laufen würde. Y Antwort eines Fachmannes: Es ist nicht üblich, bei Ausschuß-Briefumschlägen wesentlich mehr zu liefern als bestellt sind; eine Mehr lieferung muß sich jedenfalls in vernünftigen Grenzen halten. Wenn die Briefumschlagfabrik statt der bestellten 60000 83000 Stück lieferte, so stand Fragesteller die Zurück Weisung des überschießenden Teils von 23000 Stück frei. Die Güte der eingesandten Umschläge entspricht im allgemeinen den an Ausschuß zu stellenden Bedingungen. Unter den übersandten 10 Mustern befinden sich höchstens 2, die man vielleicht wirklich bei einer Ausschuß-Lieferung beanstanden könnte, obwohl sie auch noch brauchbar sind. Eine Regel für den Ausfall des Ausschusses gibt es nicht, da eine Fabrik ihre Ware besser, die andere schlechter sortiert. Die übersandten Muster dürften dem Durchschnitt des Ausfalls ziemlich entsprechen. Keinesfalls war Fragesteller im Recht, als er die Um schläge sortierte. Die Eigenart eines Kaufes von Ausschuß- Briefumschlägen besteht eben darin, daß die Ware, so wie sie ist, übernommen wird, etwaige besonders schlechte Umschläge muß Fragesteller mit in Kauf nehmen. Be druckte Umschläge lagen der Sendung nicht ■ bei, sie ge hören natürlich nicht zum Ausschuß. Umschläge mit Trockenstempel, wie sie der Fragesteller einschickt, werden allgemein auch den Rest- oder Ausschuß-Partien beigegeben. Fragesteller hat natürlich das Recht, auf Grund der Mehr lieferung oder des Ausfalles die Ware ganz zur Verfügung zu stellen, wie dies auch seitens der Briefumschlagfabrik mit Brief vom 18. Mai zugestanden wird. Sein Recht, die Ware zur Verfügung zu stellen, ist aber verwirkt, wenn er die Umschläge sämtlich sortiert, die besten ausgesucht und anderweitig verwandt hat. Hat Fragesteller die ganze Lieferung durchsortiert, so braucht sich die Fabrik auf nichts einzulassen, als auf die Rücksendung der ganzen Sendung. Hat Fragesteller dagegen nur einen Teil durch sortiert, so steht ihm das Recht zu, die zuviel gelieferten 23000 Stück allein der Briefumschlagfabrik zurückzusenden. Das Recht der Rücksendung des Ueberschusses ist aber verwirkt, wenn Fragesteller auch diese bereits sortiert und Teile daraus entnommen hat. —di. Undurchsichtiges Pergamentpapier Herr Gustav Sachsenröder in Barmen-Unterbarmen hat nach »The World’s Paper Trade Review« ein englisches Patent erhalten (in Deutschland angemeldet), wonach dem Schwefelsäure-Pergamentierbad unlösliche Stoffe zugesetzt werden, die mit der Pergamentierflüssigkeit in das Papier dringen. Nimmt man z. B. schwefelsauren Baryt (Blanc fixe), so wird dieser von dem Papier mit der Schwefelsäure eingesaugt, füllt die Räume zwischen den Fasern aus und macht das entstehende Pergamentpapier undurchsichtig. Man kann auch farbige Stoffe zusetzen und dadurch eben so gefärbtes Pergamentpapier hervorbringen. Wendet man Metallseifen oder Paraffin-Emulsion an, so wird das Pergamentpapier wasserabstoßend, d. h. wasserdicht. Bevorzugung tariftreuer Buchbindereien. Die städtischen Buch binderarbeiten in Offenbach a. M. sind jetzt zur Neuvergebung durch den Oberbürgermeister ausgeschrieben. Die Vergebung der Arbeiten erfolgt zum ersten Male auf Grundlage des Stadtver ordnetenbeschlusses vom 7. Juni, nach dem nur solche Buch bindermeister Berücksichtigung finden können, die den zwischen Arbeitgebern und der Zahlstelle des Deutschen Buchbinder- Verbandes am 20. November 1905 abgeschlossenen Tarifvertrag anerkannt haben und dies nachweisen. W. Ein seltenes Buch. Die große Königliche Bibliothek in Kopen hagen hat kürzlich ein seltenes Buch, vielleicht das einzige Exemplar seiner Art, zum Geschenk erhalten. Der dänische Verfasser N. M. Petersen berichtete in seiner Biographie des seinerzeit berühmtesten Anatomen Dänemarks, Thomas Bartholin, daß Bartholin in der deutschen Uebersetzung seines Werkes »Anatomie«, die im Jahre 1677 in Nürnberg erschien und der dänischen Königin Charlotte Amalie gewidmet war, die An merkung gemacht habe, daß »sogar der Großmogul aus Wissens drang, das Wesen des Menschen kennen zu lernen, die »Ana tomie« von einem fremden Arzte in die »indianische« Sprache habe übersetzen lassen.« N. M. Petersen hatte hinzugefügt: »Existiert eine solche Uebersetzung noch?« Die Beantwortung dieser Frage ist nun nach langen Jahren erfolgt. Im ersten Jahre nach dem Boxeraufstande in China hielt ein dänischer Rentier Namens Kierulff sich in Peking auf, wo er u. a. ein Buch erwarb, das mandschurischen Text und 90 Tafeln in Klein folio mit anatomischen Abbildungen enthielt. Kierulff vermutet, daß das Buch aus der kaiserlichen Bibliothek im Kaiserpalast zu Peking herstammt, der während des Aufruhrs geplündert wurde. In Kopenhagen wurde nun das Buch von Dr. A. Clod Hansen und Prof. Wilh. Thomsen untersucht, wobei gefunden wurde, daß es Bartholins anatomische Zeichnungen waren, die nicht der »Großmogul«, sondern ein chinesischer (mongolischer) Kaiser von einem eingeborenen hervorragenden Künstler mit der Hand anfertigen und mit einer mandschurischen Ueber setzung hatte versehen lassen. In dem neuen Gebäude, daß die Königliche Bibliothek jetzt bezieht, wird dieses Buch in der fast vollständigen Sammlung Bartholinscher Werke einen Ehrenplatz erhalten. Eine Zentralstelle für soziale Literatur ist vom Pfarrer Pflüger in Zürich errichtet und zu ihrer Sicherung eine Genossenschaft gegründet worden.