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228o PAPIER-ZEITUNG Nr. 55 Packen aufeinander gelegt zur Einfuhr. Sie bestehen aus recht eckigen Blättern aus gekrepptem Seidenpapier in der für Papier servietten üblichen Größe; sie haben glatte Ränder und sind mit Arabeskenverzierungen von beträchtlicher Ausdehnung in Metalldruck versehen sowie mit mehrfarbigen Blumensträußen bedruckt. Die Ware wird in Japan hergestellt und von dort eingeführt. Gewerbeaufsicht der Papier-Industrie in Württemberg Ausnahmebewilligungen. Auf Grund der Bestimmungen des § 139 Abs. 2 bezw. der Ziffer 9 Abs. 2 a. a. O. wurden einigen Betrieben nachstehende Bewilligungen zugelassen. Einer Buch druckerei (Motorwerkstätte mit mehr als 10 Arbeitern) wurde gestattet, die Vor- und Nachmittagspause auf je eine Viertel stunde zu verkürzen. Die Arbeitszeit beträgt in diesem Fall 9 Stunden täglich und die Mittagspause 11/, Stunden. — Einer Buchdruckerei (zugleich Geschäftsbücherfabrik) wurde der Weg fall der Nachmittagsvesperpause der jugendlichen Arbeiter ge stattet, da in dem Betrieb bei insgesamt 83/4 stündiger Arbeits zeit und r1/stündiger Mittagspause, die Nachmittagsschicht nur 414 Stunden beträgt. — Einer Buchdruckerei (Motorwerkstätte mit weniger als 10 Arbeitern) wurde gestattet, die Vormittags pause auf 10 Minuten, die Nachmittagspause auf 20 Minuten zu verkürzen, wobei die Gesamtarbeitszeit 91/2 Stunden täglich beträgt. Durch vorstehend mitgeteilte Bewilligungen wurde teilweise den Zugsverbindungen Rechnung getragen, da sich die Arbeiter mit der Eisenbahn an ihre Arbeitsorte zu begeben haben; auch wurde darauf Rücksicht genommen, daß die Arbeiter, welch? entfernt von der Arbeitsstätte wohnen, sich länger ihrer Häust lichkeit erfreuen können als vorher. Durch die Verkürzung der Pausen ist. den dringenden Wünschen der Arbeiter ge- mäß, eine Verkürzung der Arbeitszeit erreicht worden. Ueberarbeit. Es erhielten 289 (im Vorjahr 234) Betriebe Bet willigungen für 23848 (19956) erwachsene Arbeiterinnen und 6974 (5601) Betriebstage; insgesamt wurden 255097 (232811) Ueberstunden bewilligt. Die Papier-Industrie ist mit 375 (1380 weniger 1005) Arbeiterinnen und 3064 (21 324 weniger 18 260) Ueberstunden beteiligt. Jugendliche Arbeiter. Die Ueberwachung einschlägiger Be stimmungen des Kinderschutzgesetzes liegt vornehmlich in der Händen von Frauen. Mit Austragen von Zeitungen, Rechnungen und anderen Drucksachen werden viele Kinder beschäftigt. Es ergaben sich manche Beanstandungen; in einigen Fällen waren Knaben ohne Arbeitskarten beschäftigt, einmal war außerdem der Ortspolizei behörde vor dem Beginn der Beschäftigung keine schriftliche Anzeige gemacht worden, und das Austragen der Zeitungen nahm einen 12jährigen Knaben an seinen schulfreien Nach mittagen 5 bis 51/2 Stunden in Anspruch; ein anderes Mal wurde ein Knabe hiermit schon 1/2 Stunde nach beendetem Nachmittags unterricht beschäftigt. Die Gehilfinnen berichten über ihre Tätigkeit in bezug auf das Kinderschutzgesetz und ihre Wahrnehmungen folgendes: < Der Umfang der gewerblichen Kinderarbeit konnte, sofern Werkstätten, in denen eigene Kinder beschäftigt werden, in Betracht kommen, nur ungenau ermittelt werden. Die Auf findung gerade dieser hausindustriellen Betriebe ist mit be sonderen Schwierigkeiten verknüpft und zeitraubend; für die Heimbetriebe besteht keine gesetzliche Verpflichtung zu polizei licher Anmeldung, und die Aufsichtsbeamten sind in dieser Be ziehung nur auf ihre bei Revisionen oder auf sonstige Weise eingezogenen Erkundigungen angewiesen. Der von der Gewerbe aufsicht ausgehenden Anregung, durch die Lehrerschaft allge mein Erhebungen über die gewerblich beschäftigten Kinder in den Schulen für die Zwecke der Gewerbeaufsicht zu ver anstalten, hat die Schulverwaltung mit Rücksicht auf die Inter essen der Schule nicht entsprochen. Um auch in bezug auf die in der Hausindustrie beschäftigten Kinder sichere Anhaltspunkte für die Prüfungstätigkeit zu gewinnen, müßten, sofern eine polizeiliche Meldepflicht seitens der Eltern der beschäftigten Kinder nicht eingeführt werden könnte, in Gegenden mit viel Hausindustrie geeignete Persönlichkeiten aufgestellt werden, die mit den örtlichen Verhältnissen vertraut, den überwachen den Beamten mit Mitteilungen über die hausindustrielle Kinder arbeit an die Hand gehen. Dadurch wäre für die Beamten viel Zeit gewonnen, die nutzbringend zu Prüfungen verwendet werden könnte. Folgende Beschäftigungsarten der Kinder in der Haus industrie wurden mit den beigesetzten Belohnungen ermittelt: Tütenkleben, 1000 Stück dreieckige zu 18 bis 20 Pf., größere viereckige, sogen. Papiersäcke, 1000 Stück zu 80 Pf., Zigarren täschchen 1000 Stück zu 28 bis 33 Pf.; Herstellung künstlicher Blumen, meistens Myrtenkränze, wobei die jüngeren Kinder durchlöcherte Blättchen auf einen Draht schieben und an der richtigen Stelle festkleben, während die älteren Kinder diese' zu Sträußchen binden, für 1 Gros Blättchenkleben 3 Pf., für 1 Gros Myrtenzweigehenbinden 18 Pf. Der Verdienst der in der Hausindustrie beschäftigten Kinder ist schwer festzustellen, weil in den meisten Fällen die Kinder der Mutter helfen, oder die ganze Familie zusammen arbeitet. Die Fürsorge des Staates für gewerblich beschäftigte Kinder durch Einführung des Kinderschutzgesetzes erscheint den meisten Eltern als Härte; viele Mütter halten zur Bestreitung der Haus haltungsausgaben den bisherigen Mitverdienst der Kinder für unentbehrlich. Von Familien, in denen Vater und Mutter tags über auswärts zur Arbeit gehen, wurde namentlich in größeren Ortschaften öfters geltend gemacht, daß es besser sei, auch jüngere Kinder gewerblich zu beschäftigen, als dieselben ohne Aufsicht auf der Straße sich herumtreiben zu lassen. Durch Einrichtung von Kinderhorten könnte in solchen Fällen zur Ein haltung des Gesetzes beigetragen werden. Arbeiterinnen und Arbeiter im allgemeinen. Weitere Ver kürzung der Arbeitszeit der Arbeiterinnen an den Samstagen, zum Teil auch an den Vorabenden der Festtage, hat erfreuliche Fortschritte gemacht. Die verheirateten genießen dadurch ein richtiges Familienleben, das sittliche und geistige Hebung der Arbeiterschaft sichert. Die alleinstehenden Mädchen haben Ge legenheit zur besseren Ausbildung in der Hauswirtschaft, zum Besuch einer Fortbildungs- oder sonstigen Schule an freien Nachmittagen u. a. Weitere Verkürzungen der Arbeitszeit der Arbeiter sind auf die günstigen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt zurück zuführen. lostündige Arbeitszeit anstelle 101/2stündiger wurde in einer Papierfabrik und einer Papierhülsen- und -spulenfabrik ein geführt. In einer Holzstoff- und Pappenfabrik wurde 11 stündige Arbeitszeit durch io'/ 2 stündige ersetzt und die Nachmittags pause abgeschafft; für diese Aenderung waren Arbeitermangel und Rücksicht auf die auswärtigen Arbeiter bestimmend, welche durch die Neureglung abends 1 Stunde früher nach Haus kommen. Diese Neureglung wurde von den Arbeitern dankbar anerkannt. Nachtarbeit wird regelmäßig nur da geleistet, wo die Natur des Betriebes dies verlangt, und ausnahmsweise in Fällen außer ordentlichen Geschäftsanfalles, wenn vorhandene Betriebsmittel Ausdehnung des Tagesbetriebs nicht gestatten oder nicht ein träglich erscheinen lassen. Die Arbeiter leisten aber solche Arbeiten nicht gern, und besonders die organisierten Arbeiter haben hiergegen schon Stellung genommen. Einzelne Geschäfte, welche seit Jahren die Nachtarbeit eingeführt haben, glauben hiervon nicht abgehen zu können, obgleich der Betrieb eine solche nicht unbedingt verlangt, und eine moderne Einrichtung ohne Personalvermehrung die Nachtarbeit entbehrlich machen würde. Daß die Nachtarbeit mit Nachteilen für die Gesundheit der Arbeiter oder mit einer besonderen Unfallgefahr verbunden wäre, ist nicht bekannt. Mißstände bringt die Nachtzeit wohl mit sich, und die Arbeiter sind zu besonderer Vorsicht anzu halten. Regelmäßige Nachtarbeit ist u. a. in Papierfabriken üblich und kommt ferner vielfach vor in Geschäften, deren Ertrag durch die Ausnutzung einer Wasserkraft bedingt ist. In Betrieben mit Wasserkraft und motorischer Kraft wird die Arbeit in der Regel so eingeteilt, daß tagsüber beide Betriebs kräfte Zusammenwirken, während nachts nur die Wasserkraft ausgenützt wird, welche dem Tagesbetrieb vorarbeitet. Die Bestimmungen über die Sonntagsruhe haben sich jetzt im allgemeinen eingelebt; Arbeitgeber und -nehmer sind an die Sonn tagsruhe als an etwas Selbstverständliches gewöhnt. Jedoch sind Sonntagsprüfungen nach wie vor notwendig und ergiebig. Die Erlassung einer Arbeitsordnung führt oft zu längeren Verhandlungen zwischen beiden Parteien; beide sehen in der Arbeitsordnung eine Macht, die jede Partei besitzen will. In einzelnen Industriezweigen vereinigen sich die Arbeitgeber eines Ortes oder auch eines weiteren Bezirks zur Erlassung ge meinschaftlicher Arbeitsordnungen, deren Inhalt in der Regel von Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeiter gemeinschaft lich festgestellt wird. So wurden u. a. gleichlautende Arbeits ordnungen von dem Verein der Stuttgarter Lithographie- und Steindruckereibesitzer erlassen. Bei diesen gemeinschaftlichen Feststellungen der Arbeitsordnung kann man beobachten, wie die Arbeiter cs verstehen, die kleinsten Vorteile sich zu Nutze zu machen. Einzelne Arbeitsordnungen lassen nach ihrer redaktio nellen Fassung auf die Mitwirkung eines gewandten, mit den Verhältnissen und Schlichen in den einzelnen Gewerben ver trauten Arbeiter-Delegierten schließen. Der Einfluß der Arbeiter schaft auf den Inhalt der ArbeiUordnungen kommt auch darin zum Ausdruck, daß sich in den neuen Arbeitsordnungen mehr und mehr soziale Bestimmungen mannigfacher Art finden. So werden Bestimmungen über die Bildung und Bestellung von Arbeiterausschüssen, sowie über Aufgaben derselben in die Arbeitsordnung aufgenommen. Die Einrichtung der Arbeiter-Ausschüsse gewinnt allmählich größere Bedeutung. Diese Wandlung ist auf die Kräftigung der Arbeiterorganisationen und auf das wachsende soziale Ver ständnis der Arbeitgeber zurückzuführen. Schluß folgt