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Nr. 54 PAPIER-ZEITUNG 2249 einer Festkarte und zu einem Programm zur Johannisfeier. Es waren je drei Preise von 15, 10 und 5 M. vorgesehen. Die -»Frankfurter Zeitung« wird Ende August ihr jähriges Bestehen feiern. Ihr Gründer, Herr Leopold Sonnemann, ist seit längerer Zeit leidend. Die hiesige Freibibhothek und Lesehalle besitzt laut Jahres bericht 21452 Bände Bücher und 2000 Broschüren. Zur Bibliotheksbenutzung und Entleihung von Büchern nach Hause haben sich 2070 Personen neu angemeldet. Die Lesezimmer wurden von 118521 Personen benutzt. In den Stadtteilen Bocken- heim und Sachsenhausen werden Zweiganstalten errichtet. Die städtische Unterstützung wurde auf 12000 M. erhöht, ferner gewähr ten die städtischen Behörden einen einmaligen Beitrag von 8000 M. Der Wettbewerb zum Herbeiziehen von Fremden und Sommer frischlern wird mit jedem Jahre eifriger betrieben und bringt dem graphischen Gewerbe mannigfache Arbeit. Aber nicht nur Private und Vereine machen sich in dieser Beziehung verdient, auch von Staats wegen greift man fördernd ein. So hat das offizielle bayrische Eisenbahn-Kursbuch einen besonderen An hang: »Unser Bayerland.« Derselbe bringt in einer Bearbeitung des Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs in Bayern eine mit zahlreichen, vorzüglich ausgeführten, künstlerisch gezeich neten Bildern (Städtebilder, Landschaften, Volkstypen, Genre bilder) versehene knappe Beschreibung der Sehenswürdigkeiten Bayerns, der bemerkenswertesten Städte, des Hochlandes, Allgäus, Bayerischen Waldes, des Frankenlandes usw., ferner eine Zusammenstellung und kurze Schilderung der bayerischen Bäder und ihrer Spezialitäten. CI. Stuttgarter Brief t. Juli 1906 Schon seit längerer Zeit ist der Geschäftsgang in den. Buch druckereien Stuttgarts und auch in der Provinz nicht mehr so gut wie in den letzten Monaten, und die Arbeitslosen beziffern sich durchschnittlich auf r—11/2 v. H., würde man allerdings die Kranken hinzurechnen, so kommen ungefähr 5 v. H. aller Ge hilfen, soweit sie im Verbände organisiert sind, in Betracht. Schlimmer sieht es in den Steindruckereien und Buchbindereien infolge der Aussperrung und des Streiks aus, und bis jetzt ist nicht abzusehen, wann die Pressen wieder in Bewegung gesetzt werden. Je länger dieser wirtschaftliche Krieg dauert, umso erbitterter wird die Stimmung, und es wäre im beiderseitigen Interesse zu wünschen, daß der Kampf baldigst beendet wird. Wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist wurde das hiesige Gewerbegericht seitens der Arbeitgeber in beiden Berufen an gerufen und die Arbeiter zu Entschädigungssummen verurteilt. Bei der Verurteilung der Buchbinder wurde vom Gericht, da es sich hier um Verweigerung sogenannter Streikarbeit handelt, der Grundsatz aufgestellt, daß die Arbeitnehmer kein Recht haben, über die Herkunft einer Arbeit Rechenschaft von den Arbeitgebern zu verlangen, wogegen die Vertreter der Aus ständigen vor Gericht den Einwand erhoben, daß es gegen die gute Sitte verstoße, Streikarbeit zu verlangen. Die Stuttgarter Handelskammer stellte in ihrer letzten Sitzung den Rückblick zum Jahresbericht fest, und unter diejenigen Geschäftszweige, welche vom 1. Juli 1905 bis 1. Juli 1906 eine erheb liche Besserung zu verzeichnen haben, wurden axLchI3uchhandel und graphisches Gewerbe eingereiht, was wiederum auf Papierfabri kation und Papierhandel rückwirken muß. In der hier ab gehaltenen Generalversammlung des Süddeutschen Buchhändler vereins wurde festgestellt, daß von Stuttgart aus 4 471840 kg Frachtgut im letzten Jahre verschickt wurden gegen 4 337 890 im Vorjahre, Eilgut 230070 kg gegen 222910 im Vorjahre. Der Mehrversand des süddeutschen Buchhandels betrug nach Leipzig 26090, nach Elsaß-Lothringen 38070, nach Wien 45160 und nach der Schweiz 32090 kg. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel läßt es sich angelegen sein, das gewerbliche Bildungswesen immer mehr zu fördern. Bei der Neuberatung des Etats für das Gewerbeblatt wurden 4050 M. mehr gefordert, für das Landesgewerbemuseum 28900 Mark. Die Veranstaltung von Gesellen- und Meisterkursen er fordert einen Mehraufwand von 7000 M., größere Sonderaus stellungen 5000 M. und die weiter auszudehnenden Lehrwerk stätten der Kunstgewerbeschule, in deren Verwaltungsrat künftig auch ein Vertreter der graphischen Künste berufen wird, 3000 M. Für Wettbewerbe werden erstmals 2000 M. verlangt. Mitte dieses Monats werden wieder von der Zentralstelle Lehrkurse für Buchbinder und zwar 1. im Marmorieren und 2. im Hand vergolden veranstaltet, in erster Linie für selbständige Buch binder und ältere Arbeiter, welche im Begriff stehen, sich selbst ständig zu machen. Der Achtuhr-Ladenschluß sowie die Sonntagsruhe wird auch in Stuttgart zur Einführung kommen, da der Gemeinderat ein stimmig die Einführung bei der K. Kreisregierung beantragt hat. Eine Ausnahme ist für die Abende vor Sonn- und Feiertagen vorgesehen, an Sonntagen sind für den Verkauf von Nahrungs mitteln, Zigarren, Tabak und lebenden Blumen einige Stunden freigelassen. Der Graphische Klub, welcher kürzlich seine diesjährige Generalversammlung abhielt, zählt 225 Mitglieder und besitzt ein Vermögen von 504 M. 69 Pf. Herr August Kirchhoff, Faktor und Prokurist bei Singer & Co., welcher seit 25 Jahren zuerst als 2. und dann als 1. Vorsitzender dem Klub seine Kräfte geweiht hat, und welcher namentlich um die Jubiläums-Festschrift und um die vor 3 Monaten abgehaltene Jubiläums-Ausstellung sich sehr verdient gemacht hat, wurde bei der Neuwahl des Aus schusses als 1. Vorsitzender wiedergewählt. Am 23. Juni wurde im Garten und im Festsaal der Lieder halle das diesjährige Johannis- oder Gutenbergfest unter großer Teilnahme abgehalten. Da die Erinnerungsfeier an das 40jährige Bestehen des Verbandes der Deutschen Buchdrucker damit ver knüpft war, so war bei der Herstellung des Programms, welches mit den übrigen Drucksachen bei der Firma Stähle & Friedel mustergiltig hergestellt war, darauf Rücksicht genommen, und das Stuttgarter Programm dürfte wohl als eines der besten an erkannt werden. Die Zeichnung des Umschlages stammt vom Kunstmaler F. Ronfort. S. Berliner Faktoren-Verein. Am Sonnabend, 30. Juni, veran staltete der Berliner Faktoren-Verein einen Festkommers zur Feier des 10jährigen Bestehens des Deutschen Faktorenbundes. Die Mit glieder hatten sich fast vollzählig eingefunden, ebenso fast sämtliche Kreisvorsitzenden des Bundes. Der Oesterreichische Faktoren-Verband war durch seinen Vorsitzenden und ein anderes Vorstandsmitglied vertreten. Der Berliner Verein hätte ein umfangreiches Programm für die Feier aufgestellt, bei dem auch die Liedertafel des Vereins ihr Bestes leistete. Der Vor sitzende, Herr A. Stadthagen, begrüßte die von auswärts ein getroffenen Gäste und teilte als neueste Errungenschaft des Bundes den Beschluß des Deutschen Buchdrucker-Vereins mit, welcher seinen Mitgliedern empfiehlt, für jeden beschäftigten Faktor den Betrag, von 12 M. an die Unterstützungskasse des Faktorenbundes zu zahlen. Die Festrede hielt der 2. Vorsitzende, Herr C. Kulbe; er erinnerte an die von einer Generalversamm lung zur andern rüstig fortschreitende Entwicklung des Fak torenbundes und legte den Mitgliedern ans Herz, ein jeder an seinem Platze dafür einzutreten, daß der Faktor innerhalb seines Wirkungskreises die ihm gebührende leitende und selbständige Stellung einnimmt, die ihm als dem ersten Berater und Mit arbeiter des Chefs zukomme. Der Vorsitzende des Oesterreichi- sehen Verbandes überbrachte die Glückwünsche dieses Verbandes und feierte in warm empfundenen Worten das engere Zu sammengehen der beiden nachbarlich befreundeten Verbände. Herr Stadthagen verlas die eingegangenen Telegramme sowie ein aus Bordeaux datiertes, sehr sympatisch gehaltenes Glück wunsch-Schreiben des Verbandes der französischen Faktoren der Provence. Ansprachen der von auswärts erschienenen Gäste wechselten mit musikalischen und Gesangsvorträgen der Liedertafel des Berliner Faktoren-Vereins und gestalteten den Kommers zu einer erhebenden Feier. Eine von Herrn Georg Wagner gezeichnete Ansichtspostkarte fand ungeteilten Beifall und wurde viel benutzt, -e- Aus den Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Gesellschaft. Am 24. Juni besichtigte die Gesellschaft das neue Rathaus, welches in seinen Innen räumen reiche Kunstschätze birgt. Mit allgemeiner Befriedigung verließ man den imposanten Bau, nachdem man noch von dem zum Teil erhaltenen Pleißenburgturm eine Umschau auf die Stadt und Umgebung gehalten. Am 27. Juni sprach Herr Weise über die Jubiläums-Landes ausstellung in Nürnberg. Redner berichtete zunächst über die den Buchdrucker interessierenden Sehenswürdigkeiten der Stadt und beschrieb dann die Ausstellung. Wenn sie im allgemeinen einen erhebenden und imposanten Eindruck mache, so könne das in bezug auf das graphische Gewerbe nicht gesagt werden. Nur weniges aus den bedeutenden Druckstädten Bayerns findet man. München besonders hätte mehr bieten können; doch seien die ausgestellten Arbeiten sehr gut. Da es im allgemeinen nicht mehr möglich sei, auf Ausstellungen Drucksachen zu sammeln, so wandte sich die Gesellschaft direkt an die ausstellenden Firmen um Ueberlassung solcher, welchem Wunsche in fast allen Fällen gern entsprochen wurde. Im Anschluß an den Vortrag wurden noch einige Fragen behandelt. Es wurde bei einer Arbeit die mangelhafte Ausgleichung der Versalien bemängelt und hierzu der Vorschlag gemacht, ob es nicht ratsam sei, in der Antiqua die Versalien A T V W hinten und vorn zu unterschneiden, denn erstens ver ursacht es viel Mühe, wenn der Setzer mit unzureichendem Werkzeug einen Buchstaben unterfeilen soll, wobei nicht selten einige beschädigt werden, außerdem kostet es viel Zeit. Sodann wurde angefragt, ob bei Anwendung eines Initials das zu diesem gehörige Wort ebensoweit wie die zweite Zeile vom Initial ab zurücken sei, sodaß also rings um den Initial gleichmäßiger Raum bleibt, oder ob die erste Zeile möglichst dicht an den Initial herangerückt werden muß, um den Zusammenhang des Wortes nicht zu stören. Man hielt das letztere für allein richtig. Am 30. Juni fand eine zwanglose Johannisfeier, verbunden mit Preiskegeln und Preisschießen statt, welche in launiger Weise verlaufen ist. W. J.