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PAPIER-ZEITUNG Nr. 78 325° Das eigentümlichste Werk des Verlages, die Sprachlern methode Toussaint-Langenscheidt war eine Erfindung von Johann Ludwig Gustav Langenscheidt, der 1856 den Verlag mit der Herausgabe der französischen Sprachbriefe als Vier undzwanzigjähriger im bescheidenen Umfange begründete. 1861 folgten die englischen Unterrichtsbriefe. Nach mehr fachen Umzügen in immer wachsende Geschäftsräume wurde 1865 eine Baustelle in der Halleschen Straße gekauft und im folgenden Jahre das Haus errichtet, in dessen Erdgeschoß in den folgenden Jahren nach und nach eine kleine Druckerei errichtet wurde, weil die außerordentlichen Anforderungen des Verlages die Abhängigkeit von einer fremden Druckerei untunlich machten. Außerdem erforderte die Eigenart der Langenscheidtschen Verlagswerke eine große Menge eigen artiger Typen und Bildzeichen, die mit Vorteil nur in eigener Druckerei verwaltet werden. Es wurde daher 1885 auf dem Hinterland des Grundstücks in der Halleschen Straße ein besonderes Druckereigebäude errichtet, das durch seine schöne äußere und zweckmäßige innere Einrichtung lange Zeit als mustergiltige Druckereianlage Berlins galt. In zwischen hatte der Verlag bereits das Sachs-Villattesche Wörterbuch der deutschen und französischen Sprache heraus gegeben. Ueber den Umfang dieser gewaltigen Arbeit werden in dem Jubiläumsbuch Einzelheiten erzählt, die geeignet sind eine Vorstellung von der ungeheueren Arbeit zu geben, die dieses grundlegende Werk verursachte. Das große Wörterbuch der englischen Sprache Muret-Sanders folgte, und hier konnten bereits die beim Sachs-Villatte gemachten Erfahrungen verwertet werden. Wie gewissen haft die Drucklegung vorgenommen wurde beweist die Kostenaufstellung für die Korrekturen einer Lieferung. Sie umfaßt folgende Ausgaben: Korrekturen auf dem Blei 979 M. Plattenkorrekturen 5 „ Gehälter für Hauskorrektoren 2—3 Monate 2000 „ Prämien 65 „ Korrekturhonorar für auswärtige Leser 700 „ Porto für Korrektursendungen 20 „ 3769 M. Inzwischen hatte die Firma auch andere Verlagswerke aufgenommen, unter anderem die sämtlichen griechischen und römischen Klassiker, und im Jahre 1901 wurde auch der Muret-Sanders nach mannigfachen Schwierigkeiten beendet. Im Jahre 1895 hatte ein Besitzwechsel stattgefunden, der aber keine Stockung im Geschäftsbetrieb verursachte, da die beiden Prokuristen dem Geschäft erhalten blieben. In zwischen vermehrte sich die Arbeit durch Uebernahme neuer Verlagswerke fortwährend, sodaß man schließlich zu einer weiteren Vergrößerung gezwungen war und das Grund stück in Schöneberg bei Berlin, Bahnstr. 29—30 erwarb um dort einen in allen Teilen mustergiltigen Neubau zu er richten, der im März 1905 bezogen werden konnte. Diesem Gebäude ist in dem Jubiläumsbuch ein breiter Raum ein geräumt. Viele gute Abbildungen und zwei Pläne gewähren dem Leser Einblick in die zweckmäßige und schöne Gestal tung der großen und hellen Arbeitsräume und Schreibstuben. Das Jubiläumsbuch ist sorgfältig in zweifarbigem Druck mit vielen Bildern ausgestattet, als Titelbild ist ein schönes Porträt des Gründers, Prof. G. Langenscheidt, beigefügt, und das Ganze macht den bei dieser Firma gewohnten Ein druck äußerster Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Chromo-Oeser-Folien Die patentierten Oeser-Folien der Genthiner Cartonpapier fabrik G. m. b. H. in Berlin W57, Culmstraße 20a, und ihre Verwendung wurden bereits an dieser Stelle beschrieben. (Vergl. Nr, 50 von 1904 S. 1849.) Der Nutzen dieser Präge- Folien, die in weiß, 44 Farben und 12 Bronzetönungen her gestellt werden, besteht bekanntlich darin, daß man durch einfachen Druck auf der heißen Prägepresse wirkungsvolle Prägungen ohne vorheriges Grundieren ausführen kann. Neuerdings bringt die Firma eine neue Art Folien in den Handel, die sogenannten Chromo-Oeser-Folien. Das sind Unter grund-Folien, welche als Träger für Mehrfarbendrucke dienen. Es war schwierig, bei den modernen rauhen und dunklen Stoffen und Papieren, die zu Buchdeckeln und Heftumschlägen genommen werden, richtige Farbwirkungen zu erzielen. Mittels eines Konturstempels werden die Chromo-Folien auf der Prägepresse nicht zu heiß vorgeprägt. Diese Prägung ist der eigentliche Farbträger, auf den ohne Aufenthalt die Farben gedruckt werden, sie stehen auf der emailleartigen Fläche des Untergrundes hell und leuchtend. Die Zusammensetzung der Chromo-Folie ist derart, daß sie eine vorzügliche Druck fläche für eine Reihe von Farben hintereinander darbietet. Als Druckfarben kann man alle Buchdruck-, Steindruck oder Buchbinderfarben nehmen, welchen man, um das Ab reißen zu verhindern, etwas Leinölfirnis oder ein ähnliches Präparat zusetzen kann. Für die Farbdrucke werden Zink- oder, wenn es sich um große Auflagen handelt, Messing platten genommen. Die Chromo-Folien gestatten nach dem Buntdruck auch Reliefprägungen, die durch vorheriges Ab reiben mit einem Paraffinlappen hohen Glanz bekommen. Die uns vorgelegten Muster vielfarbiger Drucke auf Chromo- Oeser-Folien für Buchdeckel usw. sind sehr schön ausgeführt. Besondere Anerkennung verdienen die Schärfe und Sauber keit der so erzielten Bilder, auch haarscharfe Striche sind genau wiedergegeben. Chromo-Oeser-Folien werden weiß und chamois geliefert. Berliner Typographische Gesellschaft Vorsitzender: G. Könitzer, W 57, Dennewitzstraße 19 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III. Schriftführer: E. Baumeister, Gneisenaustraße 16 Unser neues Heim, das Papierhaus Berlin SIV 11, Dessauerstraße 2, ein monumentaler Bau, den in hochherziger Entschließung der Gemeinsinn des Geheimen Regierungsrates Carl Hofmann, unseres Ehren-Mitgliedes, erstehen ließ, um den Papier- und Druckgewerben Berlins eine Heimstätte und einen Sammel punkt der Kräfte zu bieten, ist vollendet; er birgt im dritten Stockwerke des Vorderhauses unsere Vereinsräume, den nun größeren und würdigeren Berliner Buchgewerbesaal. Im Zwischenstock des Gartenhauses ist ein Bibliothek- und Lese zimmer öffentlicher Benutzung tagsüber und abends bis 10 Uhr freigegeben; darüber befindet sich ein prächtig aus gestatteter Festsaal, der auch uns bei besonderen Anlässen zur Verfügung stehen wird. Der Umzug nach diesem idealen Geschäfts- und Vereinshause ist vollzogen. Wir laden die verehrlichen Mitglieder ergebenst ein, zur nächsten, der ersten Sitzung in diesem Hause, vollzählig zu erscheinen. Mit kollegialem Gruß! Der Vorstand der Berliner Typographischen Gesellschaft I. A.: G. Könitzer, Vorsitzender Vortrags-Abend Dienstag, 2. Oktober 1906, abends 1/29 Uhr pünktlich Tages-Ordnung: 1. Begrüßung der Erschienenen. 2. Vortrag des Herrn A. Böhm: Hebt der Verkauf illustrierter Zeitschriften im Straßenhandel den künstlerischen Geschmack der Menge? 3. Der zweite Vertretertag des Verbandes der deutschen Typographischen Gesellschaften in Leipzig. Bericht erstatter: Herr Erler und Herr Könitzer. 4. Geschäftliches. Preisausschreiben Zur Erlangung von Entwürfen für ein unsern Ehren mitgliedern zu überreichendes Diplom, schreibt die »Berliner Typographische Gesellschaft« für ihre Mitglieder einen Wett bewerb aus, dessen Bedingungen in der Sitzung am 16. Ok tober festgestellt werden sollen. Wir machen schon jetzt darauf aufmerksam und erwarten eine große Beteiligung umsomehr, als ein genügend langer Zeitraum für die Lösung der Aufgabe gewährt werden wird. Das 28. Stiftungs-Fest wird am 15. Dezember 1906 im Fest-Saale des Papierhauses mit Tafel und Ball gefeiert werden. * * * Mitglieder, welche Freude am Landschaftszeichnen nach der Natur haben, treffen sich mit unserem Mitglied Herrn Georg Wagner am Sonntag, 30. September 1906, nachmittags 3 Uhr, auf der Liebes-Insel, Stralau. Verbindung mit der Stadtbahn bis Station Treptow, von dort 20 Minuten Weg über die Spreebrücke die Dorfstraße in Stralau entlang bis zur Kirche. Hierselbst links Ueberfahrt zur Liebes-Insel. Vom Schlesischen Bahnhof fährt eine elektrische Straßenbahn bis zur Stralauer Kirche. Wer die nach Treptow fahrenden Straßenbahnen benutzt, steigt ent weder beim Bahnhof Treptow aus und geht, wie oben erwähnt, oder fährt bis zum Platz am Spreetunnel und benutzt von hier aus die elektrische Tunnelbahn bis zur Stralauer Kirche. Der Vorstand