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3236 PAPIER-ZEITUNG Nr. 77 Provision des Platzvertreters in Oesterreich Aus Oesterreich 7851. Frage: Ein Platzvertreter war gegen monatliches Fixum und Provision bei uns angestellt. Die Provision galt für ausgeführte Aufträge der von ihm neu gewonnenen Abnehmer, wurde monatlich verrechnet und ausgezahlt. Mitte März, also außerhalb der gesetzlichen Kündigungszeit, kündigte der Platz vertreter auf 4 Wochen, um sich selbst als Mitbewerber nieder zulassen. Auf Grund gütlicher Vereinbarung wurde das Ver hältnis sofort gelöst, und Gehalt und Provision bis zum Lösungs tage ausgezahlt. Der Platzvertreter verlangt aber noch Provision für die noch auszuführenden Aufträge, was wir ablehnten, weil wir der Meinung sind, daß er nur solange auf Provision An spruch hat, als er bei uns angestellt ist. Antwort: Die Entlohnung des Platzvertreters bestand aus dem festen Monatsgehalte, welches je nach Vereinbarung an einem bestimmten Tage im Monate fällig wurde, und aus der Provision von ausgeführten Aufträgen. Der Pro- vionsanspruch entstand sohin in dem Augenblick, als der Auftrag zur Ausführung gelangte, und der Provisionsbetrag wurde bei der nächsten Provisionsabrechnung, also längstens in einem Monate nach Ausführung des Auftrages fällig. Nach diesen Vereinbarungen konnte daher die Pro visionsforderung des Platzvertreters immer erst einige Zeit nach Aufgabe des Auftrages entstehen, so daß bei Lösung des Vertragsverhältnisses sich Provisionsansprüche des Vertreters ergeben mußten, welche, da gewisse Aufträge wahrscheinlich erst nach Austritt des Platzvertreters zur Ausführung gelangten, auch erst nach dessen Austritt fällig wurden. Falls Fragesteller bei der gütlichen Lösung des Vertragsverhältnisses keine Vereinbarung getroffen hat, wonach der Platzvertreter die Provisionsansprüche für Auf träge, die am Tage seines Austrittes noch nicht ausgeführt waren, späterhin aber doch zur Ausführung gelangen sollten, verlieren sollte, bleiben die Ansprüche auch nach Austritt des Platzvertreters aufrecht, da sie schon während des Ver tragsverhältnisses bedingungsweise entstanden sind, und durch nachträglichen Eintritt der Bedingung, das ist durch nachträgliche Ausführung des Auftrages, zu unbedingten Ansprüchen umgewandelt wurden. Dr. A. Netti in Teplitz, Böhmen österr. Anwalt des Papier-Industrie-Vereins Urheberrecht am Buchtitel 7852. Frage: Ich habe von einer Sammlung belehrenden In halts einen größeren Posten zum Weitervertrieb, jedoch ohne Verlagsrecht, erworben. Die Sammlung enthält eine Auswahl von etwa 25 Bänden, deren jeder, außer dem besonderen Titel, die gemeinsame Ueberschrift »Kenntnis bringt Reichtum« hat. Ich beabsichtige, ein in meinen Verlag übergegangenes Werk dieser Sammlung anzugliedern, d. h. ihm auch obige Ueber schrift zu geben. Kann ich dies tun, ohne gegen das Ur heberrecht zu verstoßen? Auf den Bänden steht kein Vermerk, daß die Ueberschrift geschützt ist, auch hat die Sammlung keinen gemeinsamen Herausgeber. In einem mir bekannten Falle, wo der Haupttitel einer Zeitschrift auch für eine Samm lung von Büchern benutzt wurde, konnte der Zeitschriftverleger nichts dagegen tun. Antwort: Für den Schutz von Buchtiteln bestehen weder im Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur noch im Verlagsrecht besondere Bestimmungen. § 15 des Gesetzes zum Schutz der Warenbezeichnungen kann jedoch gegen unrechtmäßige Benutzung von Buch titeln herangezogen werden. In diesem Paragraphen beißt es : »Wer zum Zweck der Täuschung in Handel und Verkehr Waren mit einer Ausstattung, welche innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleichartiger Waren eines andern gilt, ohne dessen Genehmigung versieht, oder wer zu dem gleichen Zweck derartig gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt oder feil hält, ist dem Verletzten zur Ent schädigung verpflichtet und wird mit Geldstrafe bestraft.« Der Titel eines Sammelwerks, welches schon 25 Bände ent hält, ist unseres Erachtens auf Grund dieses Paragraphen geschützt. Es empfiehlt sich daher, zur Benutzung des selben Titels für ein dem Sammelwerk nicht angehörendes Werk Genehmigung des Berechtigten zu erlangen oder — noch besser — einen neuen Titel zu wählen. Frage steller ist jedenfalls nicht berechtigt, dem bestehenden Sammelwerk ohne Erlaubnis des Verlegers einen Band »an zugliedern« oder durch dessen Ausstattung den Anschein zu erwecken, als ob er zu dem Sammelwerk gehöre. Ablehnung eines Teiles der Sendung 7853. Frage: Der Mitinhaber unserer Firma besuchte z. Zt. Herrn X, Papiergroßhändler in A. Dieser beabsichtigte, die von uns geführten Rollenpapiere für den dortigen Platz auf eigene Rechnung einzuführen und zu vertreiben. Nach persönlicher Rücksprache legten wir ihm sämtliche Muster vor, und teilten ihm die ungefähren Preise mit. Genaue Festsetzung derselben konnte nicht stattfinden, weil wir über den Frachtsatz dorthin nicht im Klaren waren. Unsere ersten Abhandlungen beruhten seinerzeit auf den von uns zu liefernden Rollenpapieren, welche sämtlich einen Durchmesser von 20 cm haben. Jedoch gab Herr X seine Aufträge mit so geringem Durchmesser an, daß wir diese besonders schneiden mußten. Auf seinen Wunsch sandten wir ihm Preisliste, und er ersuchte uns, die bereits ge lieferten Papiere zu dem seinerzeit in A besprochenen Preise zu liefern. Dies konnten wir nicht mehr, und da er den ihm gesandten Posten erhalten hatte, schrieb er uns: Von der ganzen Sendung akzeptiere ich nunmehr 12 Rollen XX 6 » » 7 » » 3, » » sofern Sie mir für diese die mit Herrn Y vereinbarten Preise berechnen, und zwar warte ich auf Rückantwort bis zum i.Juni d. J., andernfalls werde ich auch die Annahme dieser Ware ver weigern.« Auf diesen Brief antworteten wir ihm am 31. Mai, daß wir auf seine Reklamation nicht eingehen, seine Zur-Ver fügungstellung annehmen und die ganze Sendung zurück ver langen. Wie jedoch vorauszusehen war, hatte er den größten Teil der Sendung bereits abgeliefert. Er schrieb uns ferner, daß er uns nicht die Ware zur Verfügung gestellt habe, sondern nur die oben verzeichneten 28 Rollen behalten wollte; hierauf erfolgte unsere Antwort dahin, daß wir entweder Anerkennung der ganzen Sendung oder deren Rücksendung erwarten. Wir baten ihn mehrfach, er möge uns eine Abschrift der Preise, die ihm unser Herr Y bei seiner Anwesenheit in A machte, über senden, damit wir die Preise richtig stellen könnten. Dies ließ er jedoch unbeachtet. Wir haben Herrn Y mehrfach um Zah lung geschrieben, er läßt aber nichts von sich hören. Erscheint es für uns ratsam, einen Prozeß anzustrengen, und müssen wir die Herausnahme einzelner Rollen anerkennen? Antwort: Der Käufer kann Teile einer Sendung bean standen und andere Teile annehmen, falls die Sendung nicht als einheitlich sondern als teilbar angesehen werden kann, d. h. falls die Teile für sich brauchbare und gang bare Handelsware sind. Ob dies bei dem beanstandeten Rollenpapier der Fall ist, können wir auf Grund obiger undeutlicher Angaben nicht beurteilen. Festigkeitsprüfung 7854. Frage: Ist es Ihnen möglich, über die Festigkeit eines Packpapiers ein Urteil abzugeben, ohne daß es dem Königlichen Materialprüfungsamt vorgelegt wird? Bejahenden Falles würde ich Ihnen die Papiermuster einsenden. Da Sie hierin bewandert sind, wird es Ihnen leicht sein, ein maßgebendes Urteil ab zugeben. Antwort: Maßgebendes Urteil über die Festigkeit von Papier läßt sich nur mittels guter Papierprüfungs-Vor richtungen gewinnen. Jedoch gewährt das Prüfen von Papier durch Einreißen und Knittern oft genügenden An halt. Wir beantworten auf Grund solcher Prüfung Fragen unserer Bezieher, falls es sich um Schlichtung einer Streit frage oder dergl. handelt, kostenfrei. Lieferverzug durch Streik 7855 Frage: Ist eine Papierfabrik, wenn sie durch Arbeiter streik zur Betriebseinstellung gezwungen wird, für die Dauer des Stillstandes ihrer Lieferungs-Verpflichtungen enthoben oder muß dies bei Lieferungsabschlüssen ausdrücklich ausbedungen werden? Antwort: Diese Frage regelt sich nach derjenigen Be stimmung des BGB, wonach der Schuldner von der Leistung frei bleibt, wenn ihm die Leistung aus Gründen, die er nicht verschuldet hat, unmöglich wird. Wenn also der Streik nicht durch den Fabrikanten verschuldet wurde, was in Zweifelsfällen der Richter festzusetzen hat, und wenn ihm die Lieferung durch den Streik unmöglich wird, so ist er für die Dauer des Stillstandes von der Lieferpflicht befreit. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, berlin SW 11 erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Straße 29