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3196 PAPIER-ZEITUNG Nr. 77 Erfahrungen eines Papierfabrikanten Fortsetzung zu Nr. 75 Lange Stoffleitungen. Als ich Zigarettenseiden und auch holzschliffhaltige dünne Papiere anfertigte, ließ ich eine neue Papiermaschine, genau nach einer bewährten, in Betrieb befindlichen alten Papiermaschine, bauen. Wegen räumlicher Verhältnisse mußte ich die Knotenfänger weit von den Stoffbütten und diese wieder weit vom Sieb auf stellen. Dadurch bildeten sich Stoffzusammenballungen, welche als Faserbündel meist in den Knotenfängern blieben, ich erhielt klumpigen Stoff auf dem Siebe, welcher sich, namentlich bei beschleunigtem Gang, an den Pressen fest setzte und durch Abreißen, namentlich dünner Papiere, normale Fabrikation unmöglich machte. Dazu kam, daß bei Holzpapieren gerade die besten Fasern — Zellstoff und Hadern — im Knotenfänger zurückgehalten wurden. Das Papier bestand nur aus kurzem Schliff und totgemahlenen Zellstoff- oder Hadernfasern. Da die Maschine sonst tadel los war, stellte ich genaue Stoffberechnungen an und fand, daß bei Anfertigung gleichen Papiers auf der alten und auf der neuen Papiermaschine, bei gleicher Siebnummer, Saugung usw., die neue Papiermaschine bei größerem Faser verlust auf der Maschine bedeutend ungünstiger arbeitete. Ich ließ nun einen befreundeten Papiertechniker kommen, und wir kamen überein, die Knotenfänger und die Bütten in gleicher Weise wie bei der alten Maschine näher zum Sieb zu stellen. Nachdem dies ausgeführt war, arbeitete die neue Papiermaschine besser als die alte. Unsere Ver mutung scheint also wohl begründet gewesen zu sein, daß die besten Fasern auf dem allzu langen Weg zum Sieb teils auf dem Sandfang, teils in den Leitrinnen, teils in den Knotenfängern liegen blieben, indem sie sich unterwegs senkten, zusammenballten und in den Knotenfänger ab gingen. Zu schwache Dampfmaschine, Nach den Angaben gründ licher Fachkenner ließ ich eine Dampfmaschine zu meiner dritten neuen Papiermaschine aufstellen. Bei langsamem Gang ging sie leidlich, sobald ich aber über 90 m minüt lich arbeitete, reichte die Dampfmaschine nicht mehr aus, be sonders da ich den Abdampf zum Trocknen verwendete, und zeitweise Abdampfspannungen unvermeidlich waren. Erst nachdem ich, genau wie bei meiner älteren Papier maschine, den Antrieb durch Aufstellung einer ums Doppelte größeren Dampfmaschine sowie durch Erweiterung der Kesselanlage verstärkt hatte, war Arbeiten möglich. Mein beabsichtigtes Sparen war also ganz verkehrt. Das Gegenteil passierte mir bei Aufstellung einer Turbine, wie ich nachstehend skizzieren werde. Zu große Turbine. Eine Turbine, welche abwechselnd zum Antriebe einiger Holländer und auch einer Papier maschine verwendet werden sollte, ließ ich möglichst groß anfertigen. Dadurch, daß die Ingenieure mir abrieten, ließ ich mich nicht irre machen, da ich dachte, ihr Interesse veranlasse die Opposition. Der Umstand, daß eine große Turbine billiger ist als zwei kleine, gab den Ausschlag. Leider war die Turbine nur für Hochwasser vorteilhaft, und das Ende vom Liede war, daß ich nachträglich dem Rate der Ingenieure doch folgen und zwei kleinere Turbinen aufstellen mußte. Von da an hatte ich Ruhe, und alles ging so, wie ich es gewünscht hatte. Ankauf von Waldparzellen. Auf Grund vielseitiger Er fahrungen im Ankauf von stehendem Holz kam ich zu folgender Regel: Es genügt vollkommen, wenn man sich annähernd über das Ergebnis an Papierholz durch die be kannten Messungen aufklärt, falls man es mit einem Bauern zu tun hat. Einmal kaufte ich stehendes Holz, welches durch Forstbeamte und von mir selbst ein halbes Jahr lang ausgerechnet war, gleichwohl war der Kauf bei der Hals starrigkeit des Bauern bedeutend ungünstiger als in einem andern Fall, bei dem ich mich nur vorher bei den Freunden des betreffenden verkaufslustigen Bauern über die Höhe des vom ihm festgesetzten Betrages erkundigte und gleich bei meinem ersten Angebot die Entscheidung ungefähr bei der von ihm angenommenen Höhe erreichte. Ich habe auch schon Wälder gekauft, welche ich nur mit dem Ver käufer durchschritt, und nach der Forderung des Verkäufers den Kauf zu einem bedeutend niedrigeren Ankaufspreis abschloß. Das letzte Mal hatte ich mich hauptsäch lich über die Vermögenslage des Verkäufers erkundigt, und da solche ungünstig war, kam ich rasch zum guten und gewinnbringenden Ziele. Zu derartigen Geschäften gehört eine angeborene Begabung, ähnlich wie solche einem guten Jäger eigen sein muß. Leimfestigkeit. Will man sich auf einfache Art davon überzeugen, welch großen Einfluß es auf gute Leimfestig keit hat, daß das Papier möglichst trocken auf die Trocken zylinder kommt, so darf man nur nach dem Einziehen von neuen Naßfilzen, welche bekanntlich schlecht entwässern, das Papier auf Leimfestigkeit prüfen, und man wird finden, daß hier anfangs die Leimung sehr schlecht widerstands fähig ausfällt gegenüber der Arbeit mit normal eingelaufenen Naßfilzen. Daraus folgt, daß bei leimfesten Papieren die Pressung stark und bei Saugpapieren die Pressung schwach sein soll. Weiter folgt, daß für leimfeste Papiere nur moderne, massiv angelegte Pressen brauchbar sind, und Pressen mit leichten Walzen, unrichtiger Bombierung und leichter Bauart und Fundamentierung nicht vorteilhaft arbeiten. Guter Gang. Wenn der Stoff zu langen Weg von der Rührbütte bis zum Sieb zurückzulegen hat, so leidet die Stoffverteilung in bezug auf gleichmäßige Verfilzung der art, daß glattes Arbeiten bei dünnen, stark holzhaltigen Papieren nicht möglich ist. Ich konnte mich davon beim Umbau einer ähnlichen Anlage überzeugen. Ich erkläre mir dies so, daß die Zellstoffasern infolge der Verschieden heit ihrer Schwimmeigenschaften sich ungleichmäßig ab sondern, sodaß einmal mehr Schliff, ein andermal mehr Zellstoff zur Verfilzung auf dem Siebe gelangt. Unter solchen Verhältnissen kann die beste Papiermaschine und der bestgemahlene Ganzstoff leicht in Mißkredit kommen. Bei dickeren Papieren tritt das geschilderte Mißverhältnis weniger in Erscheinung. Färben. Wir mußten neulich eine recht unangenehme Erfahrung machen. Nach alter Gepflogenheit wurde bei Neuanfertigung von farbigem Tapetenpapier stets auf die vorhergehende Bestellnummer bezüglich Färbung hin gewiesen. Eine Beschwerde über unrichtige Färbung er gab nun bei Untersuchung der Sache, daß die Färbungen stets nach Maßgabe der vorausgegangenen Anfertigung ge macht wurden. Bei jeder neuen Anfertigung entstand einige Verschiedenheit gegenüber der vorhergegangenen, wodurch die ursprünglich rotbraune Färbung allmählich in Kastanienbraun übergegangen war zum Schrecken und Nachteil nicht allein des Papierfabrikanten, sondern auch des Tapetenfabrikanten, welcher das gelieferte Papier als richtig ansah und bedrucken ließ. Hieraus geht hervor, daß die Anfertigung eines Papiers, sei dieses fein oder nicht, immerhin soviel wert ist, daß man vom Besteller das Vorlegen eines mindestens 1/s qm großen Farbmusters verlangen kann. Die jedesmalige Bei fügung eines frischen Musters ist auch aus dem Grunde angezeigt, weil sich die Farben im Laufe der Zeit ändern, besonders wenn die Proben so auf den Tisch gelegt werden, daß die farbvernichtende Sonne dazu kann. Vorsicht beim Verkauf Nicht selten kommt es vor, daß die Kunden eine Anfertigung von Papier wünschen, deren richtiger Ausfall wesentlich von der Beschaffenheit des Holzschliffs abhängt. Da nun natürlich nicht ein Baum wie der andere ist, und auch die Papierhölzer unmöglich bis ins Mark geprüft werden können, so sollten derartige zweifelhafte Bestellungen nur auf Gefahr des Bestellers an genommen werden.