Volltext Seite (XML)
übereinstimmen, und es kann mit Befriedigung festgestellt werden, daß in dieser Hinsicht der gute Geschmack recht bemerkbare Fortschritte gemacht hat, wenn wir auch — besonders zur Weihnachtszeit und bei der Geschenk literatur — noch recht häufig Geschmacklosigkeiten in der äußeren Buchausstattung begegnen. Daneben findet aber auch die kostspielige Handarbeit Anerkennung, und das größere Publikum lernt den Wert gut ausgestatteter Bücher schätzen, auch das Bestehen der Zeitschrift für Bücher freunde spricht dafür. Während man sich früher mit der Nachahmung edler Stoffe begnügte, und der die Ledernarbe nachahmende, nur in wenigen, meist dunklen Farben vorhandene Kaliko viel Verwendung fand, besitzen wir heute, nachdem England damit begonnen, auch in Deutschland zahlreiche Leinen- und Baumwollenstoffe in frischen Farben zu Buchdeckeln; zum Aufdruck aber verwendet man Gold oder ein bis zwei zu der Farbe des Deckels gut abgestimmte Farben, die dem Ganzen ein reizvolles Aussehen geben; zum Aufdruck stehen gefällige Schriften zur Verfügung, nur an einer guten, klaren Antiqua scheint es noch zu fehlen. Dieselben deutschen Verleger, welche die Anregung für künstlerische Ausstattung des Buches im Innern vertreten hatten, sind es auch, die den Buchdeckel damit in Uebereinstimmung zu bringen wissen. Die prächtigen englischen Arbeiten wurden auch vor bildlich für Amerika; dort wo das Leder billig ist, werden zuweilen ganze Auflagen in Leder gebunden. In Frank reich legt man Gewicht auf geschmackvolle Buchumschläge, gebunden gelangen die Bücher nur selten in den Handel. Sehr lebhaft hat Dänemark an der Bewegung für die künst lerische Buchausstattung teilgenommen; auch in Belgien und den Niederlanden ist der künstlerische Einband be kannt. In Deutschland hängen die Bestrebungen mit dem Aufschwünge des gesamten Kunstgewerbes zusammen. Max Klinger hat in seinem Umschlag zu Amor und Psyche bereits 1880 diese Bahnen beschritten und 1894 zu der Brahms-Phantasie eine monumental wirkende Decke ge schaffen. Hervorragend auf diesem Gebiete sind Eckmann, Cissarz, Thoma, Kersten, Frau Lilli Behrens, Vogler- Worpswede, Leistikow u. A., und als Verleger taten sich Eugen Diederich, der Insel-Verlag, S. Fischer, her vor. Auch die früher recht nüchtern ausgestatteten Schulbücher zeigen jetzt . schon ein geschmackvolles Aeußere, z. B. die aus dem Teubnerschen Verlage. Wie bei der Ausstattung der Buchdeckel mit dekorativem Schmuck, so haben die Künstler auch an der Herstellung von Ueberzug- und Vorsatzpapieren mitgewirkt und tragen dazu bei, das Buch als Ganzes künstlerisch zu gestalten. An zahlreichen Lichtbildern veranschaulichte der Vor tragende seine Ausführungen und schloß mit dem Wunsche, daß das Interesse für künstlerische Buchausstattung bei Verlegern und dem Publikum in gleicher Weise sich weiter entwickeln möge. Herr Könitzer dankte dem Redner für den lehrreichen Vortrag und wies darauf hin, daß noch große Gebiete der Literatur vorhanden seien, die einer künstlerischen Aus stattung bedürften. Herr Georg Wagner konnte aus eigener Erfahrung bestätigen, daß sich das Publikum bezw. die Ver leger mehr und mehr daran gewöhnen, bei ihren Auf trägen dem Künstler freie Hand zu lassen zur vollen Ent faltung seiner Kräfte. Herr Amsel schilderte die Herstellung der eingangs er wähnten Bleimater des Kaulbachschen Gemäldes, welche ohne die Erfindung der partiellen Abprägung des Dr. Albert unmöglich gewesen wäre, da hierzu etwa 720 Atmosphären Druck erforderlich sein würden, zu der geeignete hydrau lische Pressen nicht vorhanden wären, während bei der Teilprägung nur 120 gebraucht worden seien. Herr Weber erwähnte dann die in der Fachpresse er scheinenden Anzeigen der Anglo-Continental Co. in Ham burg betreffend die Unterweisung in der Reproduktions kunst innerhalb einiger Stunden. Durch solche Anzeigen werde der Anschein erweckt, als ob man in einigen Stunden erlernen könne, wozu man im praktischen Leben einer mehrjährigen Lehrzeit bedürfe. Tatsächlich handle es sich dabei um den Ankauf eines Raster-Klischee-Apparates »Phönix«; nach fachmännischen Erfahrungen aber könne auch der Besitz eines solchen Apparates zu dem billigen Preise von 450—600 M. dem Käufer nur eine Enttäuschung bringen. Herr Weber verlas einen Brief der betreffenden Firma, der längere Zeit nach eingereichter Offerte an den Fragesteller einging. Einige Sätze des Originalbriefes, welche die Sache klarstellen, seien hier wiedergegeben: »In Verfolg unseres Ihnen s. Zt. zugegangenen Memo randums betr. Amateur-Reproduktion teilen wir Ihnen mit, daß die Erlernung der Herstellung von Autotypien, Drei farben- und Zinkätzungen usw. von der Beschaffung eines entsprechenden Klischee-Apparates abhängen . . . .« »Sollten Sie selber bezw. Ihr Prinzipal nicht im Besitze einer entsprechenden Reproduktions-Einrichtung sein, so empfehlen wir Ihnen die Anschaffung eines Raster-Klischee- Apparates »Phönix« mit sämtlichen Zubehörteilen. Der Preis ist infolge seiner vereinfachten patentamtlich zum Schutz angemeldeten Einrichtung mindestens zehnmal billiger als für die bisher in Gebrauch befindlichen Apparate (Bildgröße 13X18 = 450 M., Bildgröße 18x24 = 600 M. .. «). »Betreffs des Verfahrens bemerken wir, daß die Er lernung desselben für Schwarzdrucke in 2 bis 3 Stunden, für Dreifarbendrucke in 4 bis 5 Stunden, also an einem Tage, möglich ist. Dieser überraschende Fortschritt liegt zum Teil in der bedeutend vereinfachten Ausstattung unseres »Phönix«-Apparates, zum Teil in der eigenartig vereinfachten Technik selber« usw. Von mehreren Seiten wurde darauf hingewiesen, daß es ebenso unmöglich sei, für die genannten Beträge einen brauchbaren Apparat zu liefern, wie in dem Zeitraum von einigen Stunden sich die Technik anzueignen. Schluß der Sitzung 12 Uhr. Aus den Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Gesellschaft. Das 7. Rundschreiben, welches gleichzeitig die Einladung zur Sitzung enthält, kündigt einen Besuch des neuerbauten imposanten Rathauses sowie der Städtischen Gasanstalt an. Mitte Juni soll eine zwanglose Johannisfeier stattfinden. Für Anfang Juli ist ein Studienaus flug nach Eisenberg-Klosterlausnitz-Mühltal usw. angesetzt. So dann weist das Rundschreiben auf die Kantate-Ausstellung und besonders auf die japanische Ausstellung im Buchgewerbe hause hin. Der erste Vertretertag des V. D. T. G. findet vor aussichtlich im September 1906 in Leipzig statt, und etwaige An träge sind rechtzeitig beim Vorstande einzureichen. Eine außer ordentliche Sitzung fand am 16. Mai statt. Das Ehrenmitglied Herr Prof, von Weißenbach hielt einen Vortrag über »Rom in der deutschen Poesien. Der hochinteressante Vortrag, illustriert durch Blätter aus der kunstgewerblichen Sammlung des Vortragenden, fand in der zahlreich besuchten Versammlung ungeteilten Bei fall, obgleich das Thema nicht ganz in den Rahmen der Sitzungen zu passen schien. W. J. Braunschweig. Typographische Gesellschaft. Am 12. Mai fand die Ausstellung der im ersten Halbjahr des Zeichenkursus ge fertigten Arbeiten statt, über die der Leiter dieses Kursus, Herr Kunstmaler August Schnüge, einige Worte sagte. Herr Faktor Karl Lüdemann hielt an demselben Abend einen unterhaltenden Vortrag über »das Leben der Buchdrucker im Mittelalter»!.. Leider war der Besuch an diesem Abend schwach. Die laufenden Kurse für lateinischen Sprachunterricht und für buchgewerbliches Zeichnen nehmen bei einer Beteiligung von etwa 10 bis 15 Mitgliedern regelmäßigen Fortgang und dürften Ende Mai abgeschlossen werden, während der Farbenlehrkursus wegen Behinderung des Leiters jetzt abgebrochen werden muß; er soll seine Fortsetzung im Spätsommer oder Herbst finden. Der für den 28. April 1906 angesetzte Vortragsabend über »Setz maschinen der Gegenwart und Zukunft« nebst der in Aussicht genommenen Besichtigung der Limbach’schen Setzmaschinen- Abteilung mußte wegen plötzlicher Erkrankung des Redners Herrn Redakteur Otto Wollermann-Berlin bis Ende Mai verschoben werden. Dieses wird dann der letzte größere Vortrag vor den Ferien sein, die wöchentlichen Leseabende dagegen finden im Laufe des ganzen Sommers regelmäßig statt. Sogenannte Ideal-Kon kurrenzen sollen für die Folge unter den Mitgliedern veran staltet werden. Sie bezwecken den Nutzen, welchen die Mit glieder aus den seitens der Gesellschaft veranstalteten Vorträgen und Kursen gewonnen haben, in die Praxis umzusetzen. Die zurzeit ausgeschriebene Konkurrenz umfaßt eine Kolorier- und eine Satz- und Zeichenaufgabe mit vorgeschriebenem Text, Papier, Format und Ausführung in je 2 Farben. Von den Ein gängen sollen je die drei besten dem »Goldenen Buch der Typographischen Gesellschaft Braunschweig« einverleibt werden. In dieser Weise wird das Fortschreiten auf den einzelnen Arbeitsgebieten besser gekennzeichnet, als durch gelegentliche Preisausschreiben, welche doch immer bald der Vergessenheit anheimfallen. Bei der Satzaufgabe darf nur in Schriftgießereien gangbares Material verwendet werden, und sie wird getrennt von der Zeichenaufgabe bewertet. H. S.