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Nr. 103 PAPIER-ZEITUNG 4015 Anpappen, der Bücher wieder entfernt. So läßt sich das Sperren der Deckel auch bei ganz steilen Falzen vermeiden und ein schöner »Fall« derselben erzielen. Um nun aber auch ohne »durcbgezogene« Bünde schön tiefe, d. h. steile und feste Falze zu erhalten, zieht man schon vor dem Leimen die Bünde unter die Ansetzfälze und diese mit den Bünden beim Ansetzen über die Deckel. Beim »bund losen« Bindeverfahren aber zieht man statt Bünden (und Ansetzfälzen) nur den Stoff über die Deckel, mit welchem man den Buchrücken überklebt hat, natürlich mit Leim. Da dies weicher, wolliger Barchent oder Molton ist, welcher stark aufträgt, so muß man ihn nachher kleistern, mit Papier bedecken und scharf anpressen. Dann klebt er und hält die Deckel viel fester als selbst durchgezogene Bünde und es gibt keine Buckel an den Fälzen, später natürlich auch keine durchgeschabten Stellen am Leder und zuletzt auch keine durchgerissenen Bünde. Denn es ist bei Bünden ganz gleich, ob man sie durch die Deckel zieht oder nicht, starke Bünde bilden am Buchfalze Buckel und schwache reißen mit der Zeit leicht durch, worauf dann auch das »englisch oder französicb« angesetzte Buch aus der Decke fällt, wenn es nicht die Fälze halten. Die Kanten der Deckel sollen der Größe und Dicke des Buches angepaßt, die Vorderkanten ein wenig breiter als die Ober- und Unterkanten sein, selbst wenn sie innen ver goldet werden. Man macht sie dann ja gewöhnlich gleich breit, mir macht das aber immer den Eindruck eines Mangels, und ich weiß mir beim Vergolden mit dem kleinen Breiten-Unterschied zwischen Vorder- und Ober oder Unterkante schon Rat. Bei Lederrücken sollten die Bücher immer auf tiefen Falz angesetzt werden, ich möchte fast sagen, man fühlt es, daß dies so sein und Leder keine Unterbrechung zwischen Rücken und Deckel, also keinen Falz zeigen soll. Wir verhindern das auch bei Kunstleder und unter Um ständen selbst bei Geweben. Bei Lederbänden werden die hinteren Deckelecken rechtwinklig, die vorderen für den Einschlag der Ecke, und auf den Rücken geklebte Bünde an ihren Enden bestoßen, aber nur ganz wenig, es wird oft übertrieben. Fortsetzung folgt. Briefhüllen-Herstellung in Gefängnissen Dem Verein Deutscher Briefumschlagfabrikanten wird schon im Interesse seiner Abnehmer nichts anderes übrig bleiben, als zu der Anzeige des Direktors des Königl. Strafgefängnisses in Halle a. S. in Nr. 100 d. Bl. Stellung zu nehmen. (Es handelt sich um die Lieferung von 65000 kg Papier. Schrijtleitung.) Solche Ausdehnung des Gefängnisbetriebes ist doch unerhört! Da sich aber erfahrungsgemäß Einschränkung nicht erzielen läßt, sollten die Vereinsmitglieder der Papierfabrik, die die Lieferung übernimmt, die Freundschaft kündigen. Brief hüllen-Fabrikant Wir legten diese Anregung einem der bedeutendsten Briefhüllen-Fabrikanten vor, der sich darüber wie folgt äußert: Ich halte die Anregung für wertlos. Derartige Stellung nahme gegen den Staat führt zu gar keinem Erfolg, wie wieder holte Versuche, gegen die Gefängnisarbeitvorzugehen, bewiesen haben. Hinzukommt, daß das Staatsgefängnis meist nicht von der Fabrik kauft, sondern durch irgend einen Papierhändler oder Agenten, und aus diesem Grunde kann man der Papier fabrik in den meisten Fällen keinen Vorwurf aus der Lieferung machen, da sie über den Zweck der Anfertigungen nicht oder nur unvollkommen unterrichtet wird. Preisausschreiben für künstlerische Plakate Viele Preisausschreiben für künstlerische Plakat-Ent würfe muten den Künstlern große Arbeitsleistung zu, ohne ihnen entsprechenden Lohn in Aussicht zu stellen. Wie die Künstlerschaft dies empfindet, gebt aus nachstehendem Gerichtssaal-Bericbt hervor. Köln, 12. Dez. Strafkammer. Zwecks Erlangung eines künst lerischen Plakates für die Ausstellung in der Gewerbehalle der Gewerbeförderungsanstalt für die Rheinprovinz waren Preise von 50 und reo M. ausgesetzt. Durch die Geringfügigkeit der Preise fühlte sich die Kölner Künstlerschaft gekränkt, und man beschloß, Massenplakate einzusenden, die in satirischer Weise die Ausschreibung kritisierten. Als Autor bekannte sich Zeichner Schwartz aus Köln, worauf gegen ihn wegen Beleidigung Klage bei der Staatsanwaltschaft erhoben wurde. Die Verhandlungen dauerten den ganzen Tag. Als Sachverständige waren eine Anzahl hervorragender Kölner und auswärtiger Kunstkenner geladen. Das Urteil lautete auf Freispruch. Sämtliche Kosten der Verhandlung, sowie diejenigen, die durch die Heranziehung des Kunstsachverständigen Freiherrn v. Perfall entstanden waren, wurden der Staatskasse auferlegt. CI. (Frkf. Ztg.) Aus den Typographischen Gesellschaften Altenburg. Graphische Vereinigung. In der zahlreich be suchten Sitzung am 28. November sprach Herr Wilhelm Hellwig aus Leipzig über den Satz des Griechischen. Er bemerkte ein leitend, daß zum Verständnis einer so feingliedrlgen Sprache wie des Griechischen Jahre eifrigen Studiums erforderlich wären. Deshalb müsse er sich bei seinem Vortrag darauf be schränken, die für den Buchdrucker wichtigsten Aeußerllchkeiten der Schriftsprache, und zwar im wesentlichen nur vom Alt griechischen, zu erklären. Gewöhnlich kommen dem Setzer zwei Typen des Griechischen unter die Hände: 1. Jonisch in den Homerischen Gedichten, 2. Attisch in den meist zitierten griechischen Schriftstellern. Mittels Skizzen an der Wand tafel erläuterte der Vortragende sodann die Buchstabenform, sprach über Aussprache, Akzentuierung sowie die Wortteilung. Auch das Neugriechische wird erwähnt. Besonders wird hier auf die Handschrift, die abweichende Behandlung der Ziffern und die eigentümlichen Hilfszeichen hingewiesen. Mit einem kurzen Ueberblick über die Entwicklung der griechischen Schrift sowie einer Erklärung alter griechischer Inschriften schließt Redner seine fast zweistündigen Ausführungen. A—s. Bremen. Typographischer Klub. Am 7. Dezember wurde be schlossen, zu Anfang nächsten Jahres einen Kursus in der • deutschen Sprache einzurichten, zu dem eine geeignete Lehr kraft gewonnen Ist. Die Teilnahme soll auch den Nicht mitgliedern des Klubs kostenlos gestattet sein. Die Probe der Dornemann’schen Ferrotypen fand gebührende Anerkennung. In einem Vortrag wurden »Familiendrucksachen« eingehend be handelt. Gegen früher sei auch bei diesen Arbeiten erfreuliche Besserung zu verspüren. Die Privatdrucksachen verlangten mehr Verständnis ihrer Eigenart wie andere Arbeiten. Nötig sei aber unbedingt gutes Papier und ansprechendes, kein all tägliches Format. In diesen Dingen müsse die Auswahl in den Druckereien größer sein. Wie die Drucksache aussehe, sei dem ■großen Publikum leider völlig gleichgiitig. Die großen Druckereien beschäftigten sich zu wenig mit derartigen Druck sachen. Sie müßten aber versuchen, die Besteller zu erziehen. Der Vortrag wurde durch Beispiele unterstützt und fand in der Aussprache einige Erweiterung. Das 8. Stiftungsfest wurde am 28 November gefeiert, fand lebhaften Zuspruch und nahm guten Verlauf, nn. Magdeburg. Graphische Gesellschaft. Am 28. November hielt Herr Schürbaum vom Hause Dornemann & Co. einen Ex perimentalvortrag über Galvanoplastik. Der Vortragende führte die einzelnen Hantierungen der Galvanoplastik praktisch vor, er läuterte die neueren Einrichtungen des Großbetriebes, besonders die neueren Verfahren mit Bielmatern. In der folgenden Aus sprache wurde auf verschiedene Fragen der Zuhörer bereit willigst Auskunft erteilt. Unter den technischen Auslagen er regten neben vorzüglichen Gravüren und den Ferrotypen der Firma Dornemann u. a. auch die neuen Kühnstege von Kühn & Lehmann in Dresden besondere Aufmerksamkeit. Sie haben sich in der Praxis bereits bewährt. Auch Typensperrer von Heintze & Blanckertz waren ausgestellt. Die Besprechung der neuen Schriftgießereierzeugnisse wurde zur nächsten Sitzung zurückgestellt. Der Kassenführer erstattete den Bericht für das 3. Quartal, der trotz Fehlbetrags des Stiftungsfestes mit einem nennenswerten Ueberschuß abschloß. Dieser soll zur Be schaffung eines weiteren Bibliothekschrankes Verwendung finden. H. München. Typographische Gesellschaft. Am 25 November wurde das Ergebnis des Mitgliedskarten-Wettbewerbs mit geteilt, die Entwürfe waren ausgestellt und die Preise wurden verteilt. Die 59 Arbeiten waren von unserer Schwestergesell schaft in Frankfurt a. M. bewertet, deren Referat der 1. Vor sitzende verlas. Hiernach erhielten Preise die fünf Arbeiten mit den Kennworten: »Um die Wette«, »Behrens 2«, »20. Sep tember«, »Altdeutsch« und »Nerokursiv«. Ehrende Anerken nungen: »Meister Gutenberg zur Ehr«, »Scheiter-Antiqua« »Rastlos vorwärts dem Ziel entgegen«. Lobende Erwähnungen: »Buchdruck* und »Frankfurt a. M.«. Die Versammlung war mit der Bewertung nicht einverstanden, da schon bei dem ersten Preise die hinausgegebenen Bedingungen nicht beachtet waren. Die Versammlung beschloß, die Bewertung für ungiltig zu er klären und die Arbeiten mit Begründung zur nochmaligen Bewertung an die Gesellschaft in Frankfurt a. M. zurückgehen zu lassen. Infolge vorgerückter Zeit mußte ein weiterer Vortrag über Schriftgießerei-Neuheiten nebst Ausstellung auf nächste Zeit verschoben werden. Als Eingang ist zu verzeichnen die Denkschrift zum 25 jährigen Bestehen des Graphischen Klubs Stuttgart. Am 27. November hat der diesjährige Skizzier-, Zeichnen- und Kolorierkursus begonnen, angefangen wurde der selbe mit Schriftzeichnen unter Leitung des Herrn Friedrich . —- Sommer. V.