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DAPIER-VERARBEITUNG MBUCHGEWERBEN.6- Berliner Typographische Gesellschaft Vereinslokal: Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Straße 2, III Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, Arndtstraße 35 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III Schriftführer: E. Baumeister, SW 29, Belle Alliancestr. 28 II Zu der am Dienstag, 1. Dezember, abends 9 Uhr pünkt lich stattfindenden Sitzung werden die geehrten Mitglieder mit der Bitte um zahlreiches und pünktliches Erscheinen ergebenst eingeladen. Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. — Eingänge. 2 Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Rundsendung der Graphischen Gesellschaft Magdeburg: Magdeburger Drucksachen und Arbeiten der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Referent Herr Berthold Heinrich. 4. Rundsendung des Typographischen Klubs Bremen: Amerikanische Druck-, Farben- und Papierproben. Referent Herr Rudolf Winkler. 5. Technische Fragen. a) Staffelstege. b) Neues aus der Fachpresse. c) Fragekasten. Die Magdeburger Drucksachen bleiben nach der Sitzung zunächst noch zur Besichtigung ausgestellt; sie verdienen die Beachtung weiterer graphischer Kreise. Papiersäcke für Mehl In den letzten beiden Jahren hat man sich in Deutsch land lebhaft bemüht, für die Verpackung von Zement Papier säcke einzuführen. Versuche sind von verschiedenen Seiten gemacht worden sowohl mit aus Amerika herüber gebrachten Papiersäcken, wie mit solchen, welche im Inland hergestellt wurden. Die Ergebnisse sind in beiden Fällen unbefriedigend gewesen, und die Papiersäcke haben noch keinen Eingang finden können. In Amerika werden Papiersäcke aus Manila-Papier für Zement und Mehl seit Jahren mit Erfolg verwendet, die Erfahrung hat aber gezeigt, daß die Packungen bei Zement nicht über 95 Pfund engl. enthalten dürfen und bei Mehl nicht über 50 Pfund engl. Im vorigen Jahre wurden über 60 Millionen Säcke in der Zementindustrie verbraucht. Bei sachgemäßer Behandlung ist 8er Papiersack ge-. nügend widerstandsfähig und eignet sich infolge seiner größeren Dichtheit besonders zum Verfrachten geruchs empfindlicher Waren wie Getreidemehl. A. L. Goetzmann, Geschäftsführer der Amerikanischen Müller-Vereinigung, hat am 29. September 1908 über die Erfahrungen mit Papiersäcken zur Verfrachtung von Mehl folgenden Bericht erstattet: »Das Holzfaß wird zur Verpackung von Mehl immer weniger gebraucht, da das dazu verwendete Material von Jahr zu Jahr teurer geworden Ist. Der Jutesack kommt fast nur bei der Ausfuhr und für das Bäckereigewerbe zur Verwendung; für kleine Packungen finden nur der Baumwollsack und der Papier sack Verwendung. Der Papiersack ist die beste, reinlichste und aus vielen Gründen die zufriedenstellendste Verpackung für Mehl. Von allen Nahrungsmitteln mit Ausnahme von Milch nimmt Mehl am leichtesten Geruch von andern Waren an. Alle Sorten Gerüche, besonders der von Petroleum, sind aber in älteren Eisenbahn güterwagen zu finden, und mindestens 60 v. H. aller Be anstandungen von Mehl beruhen darauf, daß es unterwegs Geruch angenommen hat. Daher Ist die Verpackung, welche am wenigsten durchlässig für diese Gerüche ist, auch die zu friedenstellendste. Die Verbraucher in den verschiedenen Teilen des Landes, besonders In der Kohlengegend von Ohio, Pennsylvanlen, West- Virginien und New York, verlangen Papiersäcke, weil diese keinen Kohlenstaub zum Mehl gelangen lassen, und obgleich in andern Gegenden die Notwendigkeit hierzu nicht so dringend ist, werden auch dort Papiersäcke immer mehr verlangt. Der vermehrte Verbrauch der Papiersäcke hatte anfangs zur Folge, daß sich die Reklamationen erhöhten. Es sollte nun festgestellt werden, wieviel Schadenersatz auf Ware fn Baum wollsäcken und wieviel auf Ware in Papiersäcken entfällt. Man nahm an, daß das Papier der Säcke entweder durch das darin verpackte Mehl geschwächt wird, oder daß die Säcke in letzter Zeit aus minderwertigem Papier gefertigt werden. Ich war derselben Meinung, habe aber festgestellt, daß diese Ansichten verkehrt sind. Ich forderte von 150 Mühlen in Minnesota, Michigan und Ohio Berichte ein. Ich wählte diese Staaten, da dort viel Mehl in Papiersäcken versandt wird, und da im erstgenannten Staat Mehl fast ausschließlich in Wagenladungen und in den beiden andern hauptsächlich als Stückgut verschickt wird. Die Ergeb nisse waren überraschend. Ich fand, daß In Ohio 90—95 V. H. des örtlichen Geschäftes in Papiersäcken gemacht werden, wie mir 50 Mühlen versichern. In Michigan verschicken von 48 Mühlen 70 v. H. ihre Erzeugung in Papiersäcken und in Minnesota, welches fast ausschließlich in Wagenladungen liefert, werden nach den Berichten von 30 Mühlen 30 v. H. der Er zeugung in Papier verschickt. Michigan und Ohio berichten, daß die Beschwerden bei Versendung in Papiersäcken seltener sind als bei Versendung in Baumwollsäcken. In Minnesota, ohne den Bezirk Minneapolis, wurden im Januar, Februar und März 1908 675 Wagen Mehl in Papiersäcken und 528 Wagen in Baumwollsäcken verladen. Die Preisabzüge auf Mehl In Papiersäcken betrugen rund 730 und auf Mehl in Baumwollsäcken 1842 Dollar, also entfallen im Durchschnitt auf einen Wagen Mehl in Papiersäcken rund 1,7 und auf einen Wagen Mehl in Baumwollsäcken 5,1 Dollar Abzug. Die Washburn Crosby Co., die größte Mühlenfirma Amerikas schreibt: Um den Wert beider Packungsarten zahlenmäßig vergleichen zu können, haben wir aus unsern Büchern nach Belieben je ico Wagenladungen, die einesteils nur Baumwollsäcke, andern- teils nur Papiersäcke enthielten, ausgezogen. Die Ladungen gingen nach allen Tellen der Union. Wir fanden, daß die Ab züge auf Sendungen in Baumwollsäcken bei weitem größer waren, was uns selbst sehr überraschte. Auf 75 v. H. der Ladungen in Baumwollsäcken mußte Entschädigung gewährt werden, während nur auf 20 v. H. der Ladungen in Papier säcken Vergütung gewährt werden mußte.« Andere Mühlen haben dieselben Erfahrungen gemacht. The Sleepy Eye Milling Co. berichtet: Nach ihren Berechnungen entfällt auf den Inhalt eines Fasses Mehl in Papiersäcken ver packt ein Preisabzug von 1 Cent (4,2 Pf) und in Baumwollsäcken verpackt ein Abzug von 62/3 Cent (28 Pf.). The Barber Milling Co. in Minneapolis forderte von den Eisenbahnverwaltungen in den ersten 3 Monaten 1908 für unter wegs beschädigte Ware 486,3 Dollar für 4 Ladungen mit Papier- und Jutesäcken. Während dieser Zeit wurde 3/ der Erzeugung in Papiersäcken verschickt, und auf die Papiersäcke ist nicht eine einzige Beschwerde gekommen!« Die obigen Ausführungen beweisen, daß aus gutem Manilapapier hergestellte Papiersäcke den Anforderungen genügen. Wenn die Versuche in deutschen Fabriken nicht zur Zufriedenheit ausgefallen sind, so ist die Behandlung falsch gewesen. Es ist natürlich, daß ein Papiersack infolge seiner geringeren Dehnung Werfen nicht gut verträgt. Den Arbeitern muß mehr Vorsicht zur Bedingung gemacht werden, dies wird sich auch ohne große Mühe erreichen lassen. Die Papiersäcke müssen mit weichem Bindfaden zu gebunden werden, dürfen aber beim Verladen nicht am oberen Zipfel angepackt, sondern müssen mit beiden Händen ge hoben werden, die Behandlung muß also ähnlich sein wie die von Tonröbren. Wenn als Ablehnungsgrund von den Zementfabriken oder Mühlen hervorgehoben wird, daß die Leistung der Arbeiter durch die vorsichtige Behandlung sehr herabgedrückt wird, so ist doch zu bedenken, daß die praktischen Amerikaner bei den hohen Löhnen die Papier säcke nicht eingeführt hätten, wenn sie nicht ihren Vorteil dabei fänden. Alex Wendler, Charlottenburg