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3572 PAPIER-ZEITUNG Nr. 91 Verspätete Konkursforderung 9631. Frage: Ende 1905 oder Anfang 1906 fallierte einer meiner Kunden, der mir aus den Jahren 1903 bis dahin nach und nach 300 M. schuldig geworden wär. Durch Zwangs vergleich auf 20 v. H. wurde der Konkurs erledigt. Nun finde ich aber, daß von meinem damaligen Buchhalter meine Forde rung garnicht zur Masse angemeldet worden, und deshalb auch nicht in der Tabelle des Konkurses enthalten ist. 1. Bin ich berechtigt, jetzt auf volle Zahlung meiner Forderung, abgesehen von den verjährten Posten aus 1903, zu klagen ? 2. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, bin ich dann be rechtigt, auf Zahlung der mir damals nicht ausgezahlten 20 v. H. zu klagen? Mein Rechtsanwalt schreibt mir: »Ihre Gesamt forderung beträgt 300 M. Davon entfallen auf das Jahr 1903 49 M. Sie haben deshalb das Recht zu klagen auf 20 v. H. von 300 M. abzüglich des vollen Betrages der verjährten 49 M., d. i. auf 11 M.« Diese Auffassung halte ich für falsch. Ich müßte doch auch jetzt noch zu mindest das Anrecht auf 20 v. H. der Summe des nicht verjährten Postens, also 251 M, haben! Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Zu 1: Nein, sondern nur in Höhe der Akkordquote von 20 v. H. Denn der rechtskräftig bestätigte Zwangsvergleich ist auch für diejenigen Gläubiger, welche nicht am Konkursverfahren teilgenommen haben, wirksam (§ 193 KO). Im übrigen ist die Berechnungsweise des Fragestellers, daß er auf 20 v. H. von 251 M. klagen kann, zutreffend. Es liegt kein Grund vor, den verjährten Betrag von 49 M in voller Höhe von der Akkordquote des Betrages von 300 M. abzuziehen. Die Verjährung hat lediglich die Wirkung, daß sich der Forderungsbetrag von 300 M., nicht aber die Akkordquote dieses Betrages um dem verjährten Betrag verringert. Nachbildung von Reklame-Postkarten 9632. frage: Ich lieferte unterm 29. Mai 1907 einem Hotelier Lichtdruckpostkarten mit 3 Ansichten auf der Karte von seinem Hotel; er verweigerte die Annahme aus nichtigen Gründen. Ich mußte klagen und wurde im Dezember 1907 mit meiner Klage abgewiesen. Zufällig entdeckte ich dieser Tage in einem Hotel ein Reklamebuch für Fremde mit dem Bild des Hotels nach meiner Aufnahme. Da der Wirt keine Photographie von mir in Händen hat, kann er das Klischee nur nach einer Lichtdruckkarte (die er sich wohl seinerzeit unberechtigter Weise aneignete) haben anfertigen lassen; ich entdeckte noch vor einigen Tagen, daß er sich auch nach meiner Aufnahme Adreßkarten sowie aueh Postkarten in Lichtdruck mit dem Klischee vom Haus hat anfertigen lassen, die er auf Wunsch umsonst verteilt. Ich lege diese Drucksachen hier bei. Ich möchte den Hotelier bei der Staatsanwaltschaft anzeigen wegen unerlaubter Benutzung meines geistigen Eigentums. Habe ich Aussicht auf Erfolg, kann ich Schadenersatz ver langen oder Buße und in welcher Höhe? Mein Verlust aus dem Prozeß ist 80 M. für Karton und etwa 70 M. Kosten (zusammen 150 M.) oder kann man nur den Betrag für die Aufnahme ver langen, was in diesem Falle aber in keinem Verhältnis stände zu dem Nutzen, den er durch die Ansicht vom Haus erzielte, die er für alle Drucksachen und Anzeigen verwenden kann. Antwort: Nach § 15 des Gesetzes betr. das Urheber recht an Werken der bildenden Künste und der Photo graphie hat der Urheber die ausschließliche Befugnis, das Werk zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten. Der Hotelbesitzer hat dieses Recht des Fragestellers in bezug auf die Photographie der Hotelansicht verletzt, denn er hat offenbar die nach der Aufnahme des Fragestellers her gestellte Lichtdruckabbildung dazu benutzt, um sich danach einen Druckstock in Zinkätzung herstellen zu lassen, und benutzt diesen Druckstock auf seinen Reklamedrucksachen. Da nun der den Werken der Photographie gewährte zehn jährige Schutz noch nicht verstrichen ist, so muß der Ver letzer des Rechts nach § 31 des genannten Gesetzes dem Fragesteller Schadenersatz leisten, falls die Verletzung vor sätzlich oder fahrlässig erfolgt ist, was hier zutreffen dürfte. Außerdem kann nach § 32 der Nachbildner zu einer Geld strafe bis zu 3000 M. verurteilt werden. Nach § 35 kann der Nachbildner auch zu einer Buße bis 6000 M. verurteilt werden, dann darf jedoch kein Schadersatz gefordert werden. Nach § 37 des Gesetzes unterliegen die nachgedruckten Sachen und die zu ihrer Herstellung nötigen Formen, Platten und Steine der Vernichtung. Ersatz des Schadens, den Fragesteller durch Annahmeweigerung des Kunden er litten hat, kann auf Grund des Kunstscbutzgesetzes nicht gefordert werden. Heu als Rohstoff für Papier 9633. Frage: Wird außer Stroh auch Heu (Samenheu) zur Papierfabrikation benutzt und zu was für Papieren? Antwort: Heu wird nicht zur Papierherstellung benützt, weil es zu wenig und zu zarte Fasern hat. Im allgemeinen eignet sich eine Pflanze umso weniger zur Papier-Her- Stellung, je mehr Wert sie als Nahrungsstoff oder Futter besitzt. Späte Rüge 9634. frage: Einer meiner Abnehmer empfing Ende vorigen Jahres einen Posten sat. gelbl. Tauenpapier. Ich lieferte es mit dem Bewußtsein, daß die Sendung den mir vorher von der Fabrik zugestellten Ausfallmustern entspräche. Mein Kunde hat die Ware jetzt in Angriff genommen, stellt fest, daß der weitaus größte Teil des Papiers maschinenglatt geliefert ist, und stellt mir deshalb die Sendung zur Verfügung. Ich habe mich an meine Fabrik gewandt, welche sich heute darauf nicht mehr einlassen will. Ist die Fabrik unter diesen Umständen ver pflichtet, meiner Reklamation Folge zu leisten? Antwort: Fragesteller hätte das Papier bei Empfang prüfen sollen, ebenso hätte der Kunde des Fragestellers die Ware sofort bei Empfang untersuchen und etwaige Mängel rügen sollen. Jetzt, nach fast einem Jahre, sind beide Rügen verspätet. Beschnittene Pappen 9635. frage: Werden beschnittene Pappen, die zu 25 kg eingeschlagen geliefert werden, netto, oder brutto für netto ge handelt? Antwort: Wir kennen keinen besonderen Handelsbrauch in bezug auf die Verpackung beschnittener Pappen. Unseres Wissens werden Pappen durchweg brutto für netto gehandelt. Buchungsfehler 9636. Frage: Zur Kontrolle der Uebertragungen ins Konto- Korrentbuch werden gewöhnlich monatliche Auszüge (Roh bilanzen) angefertigt, und der Saldo dieser Auszüge muß mit dem Saldo des Konto-Korrent-Kontos im Hauptbuche überein stimmen. Es kommt nun trotz wiederholten und dreifachen Kollationierens, Nachaddierens usw. vor, daß sich kleine Buchungsfehler beinahe nicht auffinden lassen. Ist es statthaft, ohne gegen die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich ordnungs mäßiger Führung der Bücher zu verstoßen, derartige Unstimmig keiten vielleicht in einem Posten in der Jahres-Bilanz auszu gleichen, und in welcher Weise wird dies wohl am zweck dienlichsten vorgenommen? Antwort eines Bücher-Sachverständigen: Da das Konto korrent-Konto im Hauptbuche ein Sammelkonto für alle Beträge ist, welche ins Kontokorrent-Buch übertragen worden sind, muß die Summe der Salden im Kontokorrent- Buch mit dem Saldo des Kontokorrent-Kontos überein stimmen. Stimmt diese Probe, welche man Kontokorrent-Bilanz nennt, nicht, dann müssen die Fehler gesucht werden. Findet man sie nicht, was bei genauem Kollationieren aus geschlossen ist, dann ist es ratsam, den Saldo des Konto korrent-Kontos mit der Summe der Salden im Kontokorrent- Buche dadurch in Uebereinstimmung zu bringen, daß man die bestehende Unstimmigkeit auf das Kontokorrent-Konto einerseits und auf ein Konto anderseits, welches auf die bestehende Unstimmigkeit hinweist, verbucht. Letzteres Konto könnte man Kontokorrent-Unstimmig keits-Konto nennen. Liegen die Fehler in dem Kontokorrent-Buchauszuge, dann werden sie in dem Verkehr mit den Kunden später bemerkt werden, und dann kann die auf Kontokorrent- Unstimmigkeits-Konto gemachte Buchung richtig gestellt werden. Sind dagegen die Personenkonten in Ordnung, dann können die Fehler nur in den Zusammenfassungen der Grundbuchungen liegen, und dann könnte nach einiger Zeit der Saldo des Kontokorrent Unstimmigkeits-Kontos auf Gewinn- und Verlustkonto ausgeglichen werden. Auf diese Weise würde aus den Büchern immer zu er sehen sein, daß Unstimmigkeiten bestanden haben, was nötig ist, wenn man sich den Vorwurf der Verheimlichung oder Verschleierung ersparen will. Ist übrigens die Unstimmigkeit sehr groß, so muß unter allen Umständen solange gesucht werden, bis die Fehler gefunden werden. Arthur Rettig Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SlVn erbeten Druck von A. W, Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 20