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3548 PAPIER-ZEITUNG Nr. 91 halten die Buchstaben eine lockere Lage. Die Vertiefungen haben solchen Durchmesser, daß jeder Buchstabe den Rand der Vertiefungen überragt. Ueberragt das Kopfende den Rand, so ist die griffbereite Typenlage aus Bild 2 ersichtlich. Ueberragt das Fußende des Buchstabens den Rand, so wird die Type durch einen leichten Fingerdruck auf das Fußende derart gekippt, daß sie ebenfalls leicht ergriffen werden kann, Bild 3. Die runde Form der in die Kästen eingeklemmten Eilgriffböden hat zur Folge, daß die unteren Typen ihren Längsrichtungen nach so mannigfach von einander abweichend liegen, daß sie die Regellosigkeit und Lockerheit ihrer Lage auch auf die kreuz und quer übereinander liegenden oberen Typen übertragen. Infolgedessen finden die Finger des Setzers stets freien und bequemen Zugang zu jeder einzelnen Type. Damit sind die Vorbedingungen für leichtes und schnelles Setzen erfüllt. Der Vortragende teilt e mit, daß diese Eilgriffböden in der Druckerei des Berliner Tageblatts Bild 2 Bild 3 von zahlreichen berechnenden Setzern bereits eingeführt worden seien. Nach eigener Erfahrung könne er behaupten, daß durch die Benutzung seiner Erfindung eine um 10 v. H. erhöhte Satz leistung erzielt werde Er liefert die Eilgriffböden In den er forderlichen Größen und gibt die Lizenz für das Verfahren so wohl an Buchdruckereibesitzer für ihre Betriebe, wie auch an einzelne Setzer gegen eine den jeweiligen Verhältnissen ent sprechende Entschädigung ab. — Herr Stolzenwald reichte Muster seiner Eilgriffböden herum, und die Mitglieder konnten sich von der Zweckmäßigkeit seiner Erfindung überzeugen. Zum Schluß der Sitzung gab Herr Maler Georg Wagner noch eine Besprechung neuerdings eingegangener Schriftproben, des Säkulum-Heftes der Schriftgießerei D. Stempel, der Meierschrift der Firma Scheiter & Giesecke, des Blockhefts der Firmen H. Berthold und Bauer & Co., der Sirius-Ornamente und der schmalen fetten Königtype der Schriftgießerei Emil Gursch. Redner ist der Ansicht, daß anscheinend die Periode der strengen Schrifteinheit schon ins Wanken geraten sei; man könne beobachten, daß schon häufig verschiedenartige Schrift- Charaktere in der Praxis wieder zusammen verwendet wurden. Der Vorsitzende dankte allen denjenigen Firmen, welche die Gesellschaft durch Uebersendung Ihrer Proben unterstützen und schloß die Sitzung um 12 Uhr. Künstlerische Wohltätigkeitsmarke. Die Firma Michael Arnold in Rumburg übersandte uns, angeregt durch die Mitteilungen über österreichische Postkarten und Postmarken in Nr. 81 beistehend abgedruckte Elisabeth Marke, die der Hilfs verein »Viribus unitis« (Vertriebs bureau in Wien VI/2, Stumper- gasse 47) zur Bekämpfung der Tuberkulose im Kindesalter her stellen ließ. Die Marke wurde nach dem Entwurf des Archi tekten Josef Urban vom aka demischen Kupferstecher Ferd. Schirnböck in Stahl geschnitten und in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei (mit blauer Farbe) gedruckt. Königliches Kunstgewerbe-Museum zu Berlin SW. Die Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbe-Museums hat in ihrem Aus stellungssaal eine Au-Stellung graphischer und buchgewerb licher Arbeiten von Professor Emil Orlik eröffnet, welche ebenso wie der Lesesaal wochentäglich von 10—10 Uhr zu gänglich ist. Die Sortiments-Buchbinderei Zweiter Teil Der Buchschnitt Fortsetzung zu Nr. 66 Neuere Erfahrungen nötigen mich hier zu einem kleinen Nachtrage: Wenn man dem Marmoriergrunde nicht schon beim Kochen Salicylsäure zusetzt und ihn nach dem Kochen im Arbeitsraum stehen läßt, kann man ihn je nach der Temperatur schon am zweiten oder dritten Tage zu ge zogenen und dritten oder vierten Tage zu getriebenen Schnitten brauchen. Dann versetzt man den Rest des Grundes mit Salicyl, 1 g auf den Liter, schickt ihn in den Keller und hat noch nach Wochen brauchbaren Grund. Der Umstand scheint darauf zu beruhen, daß Borax und auch Soda den Grund ohne saure Gärung schnell gleichmäßig macht und dadurch die Farben auch auf frischem Grunde gut treiben, während Salicyl gerade das Gegenteil bewirkt, d. h. die Zersetzung des Grundes, damit aber auch das Treiben der Farben aufhält. Der Goldschnitt Während der Marmor- oder Tauchschnitt auf Schleim grund niemals Gemeingut aller Buchbindereien war, wurde der Goldschnitt früher in jeder Werkstatt ausgeführt und bei allen Gesellen- und Meisterstücken vorgeschrieben. Leider ist auch dies jetzt anders geworden, und in nicht wenigen Werkstätten kommt ein Goldschnitt überhaupt nicht mehr oder nur noch so selten vor, daß er ein Er eignis ist. Dann macht ihn der Meister mangels Uebung seiner Leute selbst, oft auch nur so gut er's kann, oder läßt ibn in großen Städten außerhalb seiner Werkstatt vom Spezialarbeiter machen Denn auch der heutige Meister bat den Goldschnitt oft nicht recht erlernt, nicht einmal die Prüfungsordnungen verlangen ihn. Wie sollen dann aber Lehrlinge und Gehilfen die Kunst des Goldschnitt machen lernen? Es ist nicht erfreulich, daß auch diese Kleinkunst so vielen Buchbindereien nach und nach ganz verloren zu gehen scheint. Wenn ich nun zu zeigen versuchen will, wie man einen sauberen und möglichst feurigen Goldschnitt herstellen kann, muß ich zuerst bedauern, daß uns bei dieser Arbeit heute der Schlagstein ganz, die Walze meistens fehlt. Denn nur auf einem harten Buchschnitt läßt sich ein feuriger Goldschnitt erzielen, hart aber kann der Schnitt nur durch festes Schlagen oder scharfes Walzen des Papiers werden, wenn es nicht, wie z. B. gutes Schreibpapier, an sich schon hart und fest ist. Auf dem Hartmachen der Schnitte durch scharfes Walzen der Bücher beruht zum Teil das Geheimnis der hochfeurigen Goldschnitte vieler Gebetbücherfabriken. Denn scharf gewalzt (früher geschlagen) und gut geschabt ist schon halb geglättet. Da den meisten Kleinmeistern aber Schlagstein oder Walze nun einmal fehlen, müssen wir uns durch Hand-, Stock-, und Vergoldepresse helfen, so gut es geht, d. h. das Buch so fest und lange wie möglich und in recht dünnen Lagen pressen. Unterdes quirlen wir ein Teil Eiweiß und vier Teile Wasser in einem reinen Gefäß tüchtig zusammen und stellen es zum Ab setzen weg. Ist dann das Buch durchaus geheftet, wobei ohne zu starkes Zusammenziehen der Enden gefitzt wird, zwischen den drei vorderen und hinteren Lagen schmal verklebt, gut geleimt und unbeschnitten abgepreßt, ver reiben wir Bolus mit etwas von dem vorher durch Lein wand geseiheten Eiwasser so fein wie Streichfarbe, wozu armenischer Bolus am besten ist. Ist der Buchrücken trocken, wird das Buch »aufgebunden«, d. h. es wird in der Nähe der Fälze ein dünner Bindfaden unter recht festem Anziehen vier- bis fünfmal um das Buch gelegt und über einer Kante am Kopf oder Schwanz des Buches mit Schlinge gebunden. Dann wird das mit beiden Daumen und Zeigefingern nahe an den Fälzen gefaßte Buch unter Neigen desselben nach vorn und hinten so lange auf den Rücken aulgestoßen, bis dieser gerade geworden ist, und dann beschnitten. Soll das Buch Hohlschnitt erhalten, wird es, ohne daß der Bindfaden entfernt wurde, wieder mäßig gerundet. Sowohl beim Flach- wie beim Hohlschnitt wird nun das Buch vorn auf eine Spalte von Weißbuche gelegt, welche auf einem Querbrett ruht und vorn ein wenig dicker wie an ihrer hinteren, beiderseitig abge rundeten Kante ist. Auf das Buch kommt wieder eine