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DAPIER-UERARBEITUNG ■ B U C H G E VJ E R B E WS Berliner Typographische Gesellschaft Für die Sitzung vom 22. September war der Buchgewerbe saal mit zahlreichen Arbeiten des Malers und graphischen Zeichners Herrn Eduard Liesen geschmückt; der letztere nahm als Gast an der Sitzung teil. Der Vorsitzende teilte mit, daß der Vorstand die aus gefertigten Diplome den Ehrenmitgliedern überreicht habe; er übermittelte den Mitgliedern den Dank und die Grüße dieser Herren und konnte mit besonderer Freude mitteilen, daß Herr Direktor Dr. Jessen die Abordnung in liebenswürdigster Weise empfangen und die Unterstützung unserer Bestrebungen auch für die Zukunft zugesichert habe, für die nächste Zeit bereits habe er eine Führung durch die vom Kunstgewerbemuseum ge plante Ausstellung gut ausgestatteter englischer Druckerzeug nisse in Aussicht gestellt; das gleiche lebhafte Interesse für die Gesellschaft habe Herr Geheimrat Hofmann bekundet. Herr Kommerzienrat Büxenstein, der persönlich nicht anzutreffen war, habe in einem verbindlichen Schreiben seinem Danke Ausdruck gegeben; die Herren Smalian und Stadthagen aber hätten be dauert, daß sie, der erstere aus Gesundheitsrücksichten, der letztere wegen geschäftlicher Ueberbürdung, verhindert seien, an den Sitzungen teilzunehmen. An Eingängen waren zu verzeichnen: ein Exemplar der wertvollen Gesamtprobe der Schriftgießerei Emil Gursch, die in einer späteren Sitzung eingehend besprochen werden soll; ein Sonderheft »Deutsche Rebe« derselben Firma; eine zur Er innerung an das 75jährige Jubelfest der Firma Genzsch & Heyse herausgegebene Festschrift; zahlreiche Druckproben in schwarzen nnd bunten Farben der Firma Hans Wunder; das September heft der Mitteilungen der Berliner Elektrizitätswerke sowie die Winter-Programme der Freien Hochschule und des Vereins für volkstümliche Kurse von Berliner Hochschullehrern. Als graphische Besonderheiten lagen vor zwei Hefte japanischer Streichholz-Etiketten und eine sehr umfangreiche Festnummer »The St. Louis Republic One Hundreth „Anniversary July 12« zum 100jährigen Bestehen der Stadt St. Louis. Als Mitglieder wurden aufgenommen die Herren Felix Burger, Berliner Vertreter der Feuerversicherung Deutscher Buchdrucker, Dessauerstr. 2 ; Ernst Dittmann, Bellealliancestr. 53 ; Paul Dochow, Mariendorferstr. 7 ; Willy Hufnagel (Buchdruckerei Otto Dreyer) Willibald Alexisstr. 26; Ernst Kienitz, Winterfeldt- Straße 26; Albert Ladowski, Steglitz, Schloßstraße 104; Franz Riedel, Zossenerstr. 45. Zur Mitgliedschaft angemeldet wurden die Herren Otto Goldbach, Zeichner bei Otto Elsner, Greifen hagenerstr. 19, und H. Hartmann, im Hause Gebr. Klingspor, lr eptow-Baumschulenweg, Eschenbachstr. 4. Hierauf sprach Herr Kulbe über die Eduard Liesen-Ausstellung Einleitend schilderte er den Lebensgang des Künstlers, der zu- nächst den Beruf eines Ciseleurs und Bildhauers erwählt und ausgeübt habe, sich auch mit Lederschnittarbeiten beschäftigt und später zum graphischen Künstler herausgebiidet habe, werade diese Vorbildung habe zu der Klarheit der Auffassung und Sicherheit der flotten Durchführung der Arbeiten geführt, Wslche als ein besonderes Merkmal der Studien und Original- sihnungen Ed Liesens gelten könnten; es seien an Ort und Stelle, nicht im Atelier entstandene Arbeiten, die man vielfach nicht mehr als Studien, sondern als fertige Bilder an- srechen müsse. Buchkünstler sei Liesen durch seine sehriftarbeiten, durch die mit prächtigen Initialen ge- sehmückten geschriebenen Bücher, die er in seinen Muße- runden aus eigener Liebhaberei hergestellt habe. Dieselben Tien, mit der Breitfeder geschrieben und gäben alle mit dieser prhnik möglichen verschiedenen Formen wieder. Auch andere araphische Arbeiten, so besonders ein Kalender für 1898, zeigten gin xraftvolle Eigenart des Künstlers auf diesem Gebiet. Redner Te 8 dann auf die einzelnen Arbeiten und die angewendeten einioniken näher ein und bemerkte, daß es sich für jeden, der Na 85 Fertigkeit im Zeichnen besitze, empfehle, im Sommer zu urstudien unter fachmännischer Leitung zu machen. Es sei heit ünschen, daß von seifen der Gesellschaft hierzu Gelegen- Win. geboten werde und die Vorbereitungen dazu bereits im lebhar getroffen würden. — Die Anwesenden zollten dem Redner Dan ten Beifall; Herr Liesen sprach ihm seinen besonderen steh aus; er schilderte in liebenswürdigster Weise die Ent- Erinung, der ausgestellten Arbeiten, die größtenteils mit Heben anginerungen an die mit Gleichgesinnten in der Natur verlebten 8 nehmen Stunden verbunden seien. Herr Georg Wagner empfahl in längeren Ausführungen den Vorschlag des Herrn Kulbe und teilte mit, daß er bereits in diesem Sommer mit einigen Mitgliedern der Gesellschaft solche Studienausflüge in die nächste Umgebung von Berlin unter nommen, dabei aber die Erfahrung gemacht habe, daß es hierzu einer Vorbereitung der Teilnehmer bedürfe. Es habe sich ge zeigt, daß der Ungeübte eher Farbenflächen wiederzugeben vermöge als das Gesehene mit dem Bleistift festzuhalten; es fehle an der Kraft zur Darstellung des Gesehenen. In bezug auf die Arbeiten des Herrn Liesen wies er auf deren vollendete Technik hin. Nachdem noch die Herren Schmiedchen, Könitzer und Erler zur Sache gesprochen hatten, wurde eine aus den Herren Kulbe, Wagner und Zehnpfund bestehende Kommission gewählt, welche die weiteren Schritte zur Einrichtung von Kursen im Zeichnen nach der Natur vorbereiten soll. Zum nächsten Punkt der Tagesordnung sprach Herr Faktor Wilhelm Boldt über Schriftordner in Steckschriftkästen Er führte zunächst die bekannten Stachelspatien, die in Winkel formen gebogenen Blechstreifen | | | | , sowie die Brandt’schen Schriftordner »Simplex« vor, die indessen sämt lich für jeden Schrlftkegel besonders angefertigt sein müssen. »Greif« - Schriftordner von Heintze & Blanckertz »Simplex« Zwei neuere Erfindungen, der Typensperrer der Firma Heintze & Blanckertz und der Steckschrifthalter »Greif« dagegen, seien für alle Schriftgrade geeignet, welche als Steckschrift verwendet eines Schutzes gegen das Umfallen dringend bedürfen. Beide seien federnd, sodaß sie sich entsprechend zusammendrücken lassen und den leeren Raum in den Zeilen ausfüllen. Während der Heintze & Blanckertz’sche Typensperrer aus dünnem Messingblech geformt sei, mäßige Federkraft besitze und deshalb als zweckentsprechend anzusehen sei, bestehe der »Greif« aus Bandstahl und entwickele so starke Federkraft, daß er mit einer gewissen Vorsicht angewendet werden müsse. Der Fragekasten enthielt eine Frage nach praktischen Er fahrungen mit dem Druck von Bronzefarben. Es wurde mit- geteilt, daß solche sich für den Druck auf glattem Papier gut bewährt haben. Der vorgeschrittenen Zeit wegen wurden die weiteren Ver handlungsgegenstände vertagt und die Sitzung um 113/4 Uhr ge schlossen. Unbeschnittene gebundene Bücher Eine den Engländern nachgeäffte Unsitte macht sich seit kurzer Zeit bei einigen Verlegerbänden bemerkbar, nämlich gebundene, aber unbeschnittene Bücher auf den Markt zu bringen. Nicht allein das bücherkaufende Publikum, auch die Sortimentsbuchhändler machen ihrem Unmut darüber in oft kräftigen Worten Luft, wie ich kürz lich Gelegenheit hatte, von einem der bedeutendsten Berliner Buchhändler zu hören. Vor mir liegt ein solches Buch, es ist Wildes Granatapfelhaus, Inselverlag, Leipzig, es ist in Halbpergament gebunden. Der Deckel ist mit einfarbigem schwarzem Papier überzogen und trägt reiche Goldpressung, der Pergamentrücken trägt ebenfalls den Titel in Gold, das Vorsatz ist das gleiche schwarze Papier wie der Deckelüberzug. Oben hat das mit Kapitalband versehene Buch matten Goldschnitt, während es unten und vorn vollständig unbeschnitten ist. Der Käufer muß also, um dieses gebundene Buch lesen zu können, die einzelnen Bogen erst selber aufschneiden. Das ist doch gewiß nicht in Ordnung. Ich nannte oben diese Art eine den Eng-