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Nr. 94 PAPIER-ZEITUNG 4169 des Parlamentsgebäudes, Schutzmännern und komischen Zerrbildern eifernder Rednerinnen versehen und enthält außer Verbandsabzeichen »Das Wahlrecht für Frauen« (Votes for Women), papierne Kopfbedeckungen, die den Trägern oder Trägerinnen ein spaßiges Aussehen verleihen. Nicht minder spaßhaft sind die »Schaltjahr-Knallbonbons«. Hierzulande genießt nämlich das zarte Geschlecht in Schalt jahren angeblich das Vorrecht, Heiratsanträge zu stellen, anstatt auf solche warten zu müssen, und da 1908 ein Schaltjahr ist, dürfte dieses Knallbonbonmuster bei Neu jahrsfestlichkeiten und dergl. viel Anlaß zur Heiterkeit liefern Andere hübsche nilblaue und hochrote Knall bonbons enthalten Ringe, Liebesbriefe und Verse. Neu artig ist ein Muster, dessen Natur aus der Bezeichnung »Optische Täuschungen« hervorgeht. Der Inhalt der hübschen, mit blauer Gelatine und getrocknetem Zier gras geschmückten Knallbonbons besteht nämlich aus kleinen Karten mit farbigen Gelatinegräsern, die kaleidoskop artig zu benutzen sind, oder aus sogenannten Zauber spiegeln, auf denen ein komisches Bild erscheint, wenn man auf sie haucht, oder aus Vergrößerungsgläsern, die drollige Zerrbilder hervorbringen und ähnlichen »optischen Täu schungen«. Im übrigen sind Knallbonbons im japanischen Geschmack zeitgemäß und neuartig. Die übliche röhren förmige Hülle ist mit japanisch gemustertem Seidenpapier überzogen und mit zierlichen Handfächern inmitten künst licher Blumen und Gräser geschmückt, während im Innern größere Fächer, Seidenpapierkimonos und Schärpen ent halten sind. Dieses Muster zählt zu den kostspieligeren seiner Art, und jeder solche Knallbonbon bildet ein will kommenes Geschenk für die weiblichen Gäste. Sehr be lustigend sind auch die Gretna-Green-Knallbonbons, die, mit Bezug auf das bekannte schottische Dörfchen, wo in früheren Jahren zahllose durchgebrannte Pärchen von einem Schmiede nach schottischer Art getraut wurden, mit komischen Heiratsurkunden und Ringen angefüllt sind. Außen weisen sie schottisch gemustertes Glanzpapier auf. Bei einem anderen reizt nden Muster besteht der äußere Schmuck aus künstlichen Libellen mit weißen, durch sichtigen Gelatineflügeln, die inmitten getrockneter Gräser schaukeln und sich auseinandernehmen lassen. Der Kopf enthält einen dünnen Bleistift, dem der untere Teil des Körpers zur Scheide dient. Diese Libellenknallbonbons bilden einen sehr wirkungsvollen Tafelschmuck, und die anmutigen Tierchen können nach dem Abfeuern des »Crackers« von den Damen als Kopfputz verwendet werden. Unter den für Kinder bestimmten Neuheiten wurde die Ausstattung weniger als die Füllung berücksichtigt, die aus Spielsachen, mehr oder minder musikalischen Instru menten, wie Pfeifen, Harmonikas usw., Seidenpapiermützen und dergl. mehr besteht. Aeußerlich weisen sie Bunt papier und Gelatinefransen auf. ] Aus den Typographischen Gesellschaften Bremen. Typographischer Klub. In der gut besuchten Sitzung am 11. November besprach der Vorsitzende die zu einer Rund sendung vereinigten ■eChemnitser Drucksachen^. Die Arbeiten machen durchweg einen schönen, einheitlichen Eindruck. Be sondere Aufmerksamkeit erregten die Umschlagtitel durch ihre zweckmäßige Textgruppierung. Eine Festzeitung machte des halb einen so harmonischen Eindruck, weil alles einheitlich durchgeführt ist. Herr Schweinesbein sprach über den -»Druck auf farbigem Papier*. Auf mattgetöntem Papier ist mit ge brochenen Farben gute Wirkung zu erzielen, während beim Druck auf buntem Papier verschiedene Schwierigkeiten zu über winden sind. Dünne Schriften und Ornamente sollten nicht auf dunklem Papier verwendet werden. Beim Druck auf hartem Papier sei es zweckdienlich, wegen der Abnutzung des Materials von Stereotypen zu drucken. Beim Druck weißer Farbe ist darauf zu achten, daß die Walzen genau eingestellt sind, um das sogenannte Kippen der Walzen zu vermeiden. Es empfiehlt sich, mit möglichst wenig Farbe zu drucken, dadurch würde schnelles Trocknen ermöglicht. Der Vortragende verbreitete sich über zweckmäßige Verwendung der Bronze und beschrieb die Verarbeitung der Oeserfolie. Redner unterstützte seine lehr reichen Ausführungen durch viele Druck- und Papiermuster. In der Aussprache wurde darauf hingewiesen, daß beim Druck auf dunklem Papier die Hauptsache in der Satzanordnung liegt, weshalb darüber ein besonderer Vortrag zu empfehlen sei. Ein IVettbewerb zur Erlangung von Skizzen für eine Neujahrs karte wurde beschlossen, und der Vorsitzende forderte zur regen Beteiligung auf. Das Stiftungsfest wurde verschoben und der Vorstand be auftragt, in der ersten Hälfte des Januar Vorschläge zu machen. Der vor kurzem begonnene Skissierkursus erfreut sich reger Beteiligung, nn. Leipzig. Typographische Gesellschaft. Am 31. Oktober wurde die diesjährige Studienjahrt unternommen, die die Mitglieder nach Wittenberg—Coswig—Wörlitz führte. Damit war außer der Besichtigung von Wittenberg und des Wörlitzer Parkes ein Besuch der Fiedler’schen Papierfabrik in Coswig verbunden. Leider war dort der Betrieb infolge eines Defektes in letzter Stunde eingestellt worden und man mußte sich mit einem Rundgang durch den Betrieb begnügen. Am 3. Oktober fand eine korpo rative Besichtigung der Ausstellung im Deutschen Buchgewerbe- Museum statt, die der Buchbindekunst der alten Meister ge widmet ist. Die Führung hatte der Direktor Dr. Willrich über nommen, der zugleich an Hand der Ausstellung einen Vortrag über die »Entwickelungsgeschichte der Buchbindekunst* hielt. Die Schätze entstammen teils den Bibliotheken in Berlin, Darmstadt, Dresden, Gotha, Kassel und Leipzig, teils dem Deutschen Buch gewerbemuseum und der Börsenvereins-Bibliothek. Auch Privat sammlungen haben zur Vervollständigung beigetragen. Die Ausstellung zeigt die Entwickelung des Einbandes, den Einfluß des allgemeinen Stils innerhalb der vielen Jahre und die Kunst der großen Meister. Im übrigen bietet die Ausstellung noch seidengestickte Einbände, Buchbinderleder in ganzen Fellen und einzelnen kleinen Proben in der verschiedenen Bearbeitung. Hierauf besichtigte man die ausgestellten Gallen- und Kleister papiere, die mit ihren lebhaften Farben den guten Geschmack der Hersteller zeigten. Schüler der Kgl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe führten beideVerfahren praktisch vor. Beilegung von Rechnungen zu Drucksachen In Nr. 91 antworteten Sie auf Frage 8760, daß es nicht ge stattet sei, den Postkarten Sendungen Rechnungen beizulegen. Nach meiner langjährigen Praxis ist es gestattet — ich habe nie mals Schwierigkeiten gehabt — die dazu gehörige Rechnung als Geschäftspapier beizulegen, namentlich wenn »Geschäftspapiere und Drucksache« geschrieben wird. Ich habe diese amtliche Auskunft im Auskunftszimmer des hiesigen Hauptpostamts er halten und lege stets Rechnungen ein! Es genügt sogar nach der abgeänderien neuen Postordnung »Drucksache«; das ist mir amtlich mitgeteilt. Postkarten-Großhändler Eine Fachschule für Buchdruckerlehrlinge wurde vor kurzem in Bremen eröffnet. Die beteiligten Kreise haben schon lange danach gestrebt. Die Herren Geschäftsführer Heilig, Faktor Miller und Drucker Mäusezahl sind zu Fachlehrern von der Be hörde ernannt. Der Unterricht findet nach Schluß der Arbeits zeit statt. Bestrebungen, den Fachschulunterricht in die Arbeits zeit zu verlegen, sind schon im Fluß. nn. Schadenersatz der Ausständigen an das Geschäft. Anfang vorigen Jahres brach in der Druckerei der »Rheinisch-West fälischen Zeitung« ein Streik der Setzer aus. Ein Teil der Streikenden war daraufhin von dem Verleger Dr. Reismann- Grone auf Ersatz des Gesamtschadens, etwa 51/2 Tausend Mark, verklagt und vom Gewerbegericht sowie vom Berufungsgericht zur Zahlung verurteilt worden, doch machte letzteres die Zahlung von der Leistung des Eides des Klägers abhängig. Dr. Reismann-Grone hat nunmehr den Eid geleistet. Danach hat jeder der ausständig .Gewesenen 340 M. zu zahlen. (Frankf.? Ztg.) "5-1 Besteuerung von'Reklamen im Kanton Aargau, Schweiz. Ein Gesetzentwurf zur Besteuerung von Reklamen hat kürzlich die Beratung der Großratskommission passiert. Zur Besteuerung dürfen nicht herangezogen werden amtliche Reklamen, wie die auf Fahrplänen oder Plakaten von Transportanstalten, Firmen schilder, Geschäftstafeln, Wirtschaftsschilder am eigenen Hause oder dessen Umgelände, Firmenbez ichnungen und Geschäfts marken auf Waren, Verpackungen, Utensilien oder Fuhrwerken des Geschäftsinhabers, Reklamen für das eigene Geschäft oder darin verkaufte Waren, die im Innern oder an der Außenseite des Hauses angebracht sind, Reklamen auf fliegendem Papier, die versandt oder verteilt, aber nicht angeschlagen werden, Re klamen für festliche Vereinsanlässe, wenn solche nicht an geschlagen werden. Nicht gestattet ist das Anbringen von Re klamen, die nach ihrer Beschaffenheit das Städte-, Dorf- oder Landschaftsbild verunstalten, auch wenn sie am eigenen Hause oder in dessen Umgelände erfolgen. Der Reinertrag der Steuer fällt zur Hälfte dem Staate, zur Hälfte der Gemeinde zu, wo sich die besteuerte Reklame befindet; Reklamen, die steuer pflichtig sind, haben nach Inkrafttreten des Gesetzes die Steuer nachzuentrichten, sofern sie nicht nach vier Wochen entfernt werden.