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Nr. 90 PAPIER-ZEITUNG 3977 Die Kunst bei Herstellung von Papierwaren liegt in der Geschicklichkeit der einzelnen Arbeitskräfte. Wird jeder un nütze Handgriff von vornherein abgestellt, dann steigert sich die Leistung und damit auch Umsatz und Verdienst für beide Teile ganz überraschend. Viele Anfragen in der Papier-Zeitung, deren Bezieher ich nun schon über 25 Jahre bin, beweisen einen sehr engen Ge sichtskreis, und dieser ist wohl auch eine Ursache der Klagen vieler Tütenfabrikanten. Ich habe den Eindruck, daß eine Papierwarenfabrik immer noch eine Goldgrube sein muß, und wenn mit weiteren Ausführungen gedient ist, bin ich gern bereit, durch einige Beispiele den Beweis zu erbringen. (Wir bitten darum. Schriftleitung) In mancher Tütenfabrik wird so vielerlei gemacht, daß das Durcheinander der verschiedensten Waren keine volle Ueber- sicht mehr gestattet und schon deshalb oft keinen Gewinn bringt, weil zu diesen vielseitigen Waren ein großes Papierlager unterhalten werden muß, welches einen im Anfang wenig er kennbaren, aber mit der Zeit bedeutenden Zinsverlust in sich schließt. Bei dem heute so vielseitigen und doch bedeutenden Bedarf an Papierwaren ist es am besten, nur einige Waren her zustellen, was ja auch vereinzelt schon geschieht. Bei weiterer Verbreitung dieses Standpunktes ist auch Nebeneinanderarbeiten und Zusammenschluß zur Erzielung besserer Preise eher möglich. B- Q- Autochromplatten, für den Drei- und Vierfarben- Druck benutzbar Schneller als mancher Zweifler geahnt, ist es gelungen, die epochemachende Erfindung der Gebrüder Lumiere in Lyon für den Dreifarbendruck auf der Buchdruckpresse ver wendbar zu machen. Manche in hohem Grade leistungs fähige Firma der Reproduktionstechnik verhielt sich bisher der Autochromplatte gegenüber völlig ablehnend oder ab- sprechend, man gab die Versuche damit bald auf oder unternahm solche garniebt. Aber eine geniale Erfindung läßt sich durch Gleichgiltigkeit einzelner nicht in der Ent wicklung aufhalten, und so erleben wir das erfreuliche Er eignis, daß schon wenige Monate nach Ausgabe der Auto chromplatten gute Dreifarbendrucke vorliegen, hergestellt von Teilplatten, die aus Lumierephotographien gezogen wurden. Die Firma Graphische Kunstanstalt Jos. Hamböck (Inhaber Ed. Mühlthaler) in München ist die erste Repro duktions-Anstalt, der wir diesen neuen Fortschritt verdanken. Noch sind es keine vollkommenen Leistungen, aber der schlagende Beweis ist erbracht, daß man brauchbare Drei farbendrucke nach Autochromplatten herstellen kann. Die Proben, die ich von der genannten Firma erhielt, beweisen übrigens, daß man das Verfahren für zahlreiche Zwecke des Handels, der Industrie, der Reklame, des Buchverlags und des Verlages aktueller illustrierter Zeitschriften mit Vorteil schon jetzt verwenden kann. Ich erhielt z. B. Drei farbendrucke mit farbenprächtigen Abbildungen von Kon fitüren- und Kaffeepackungen, Abbildungen von Blumen sträußen in überraschend schöner Farbenwirkung, ferner eine Anzahl Landschaften und Architekturen, die der Natur im Farbenreiz schon recht nahe kommen. Die Industrie und das Kunstgewerbe können jetzt schon mit Vorteil Ge brauch machen vom Autochrom-Autodruck, wobei die Leichtigkeit der Erzielung guter farbiger Originalphoto- graphien mit Hilfe der Lumiereplatten im Freien wie im geschlossenen Raum, von Laien ausführbar, sehr bald sich in hohem Grade einflußreich erweisen wird. In der Medi zinischen Gesellschaft zu Berlin hat man kürzlich un mittelbar am Krankenbett aufgenommene farbige Photo gramme vorgezeigt. Die Autochromplatten und ihre Be nutzung zu Vervielfältigungen stehen zwar noch lange nicht auf der Höhe der Vollendung, aber wir dürfen erwarten, daß es sehr bald gelingen wird, beide zu verbessern, und daß wir in absehbarer Zeit naturfarbige und in den Ab tönungen bei weitem feinere Dreifarbendrucke erzielen werden als es bisher auf Grund der ungemein schwierigen und unsicheren Teilaufnahmen nach der Natur ge lungen ist. Indem die Farbenphotographie Allgemeingut werden wird, annähernd in gleichem Maße wie es heute die Photo graphie in Schwarz-Weiß ist, wird man unzählige brauch bare Vorlagen für Reproduktion und Farbendruck ge winnen, die Farbe wird mehr als bisher in die Schulbüchet höheren Wert und Reiz bringen, und das Bedürfnis nach farbigen Abbildungen wird überhaupt gewaltig steigen. Die vorerwähnten Lumi^re-Autodrucke von der Kunst anstalt Joh. Hamböck sind in der •»Ausstellung farbig illu strierter Schul- und Volksbücher«- der Berliner Typographischen Gesellschaft (bis 15. November wochentäglich von 2—9, Sonntags von 10—3) zu sehen im Papierhause, Dessauerstr. 2. Eintritt für Facbgenossen und Lehrer 15, für das große Publikum 25 Pf. Lumierephotogramme sind dort ebenfalls ausgestellt. Paul Hennig Ausstellung von Druckerei-Hilfswerkzeugen Die Vereinigung der befreundeten Kollegen der Graphischen Künste in Berlin veranstaltet am Donnerstag, 14. November rgoy, In ihrem Sitzungsraum Schultheiß-Restaurant, Behrenstraße, eine Sitsung, welche den Charakter einer Ausstellung tragen soll. Es sollen alle möglichen Hilfswerkzeuge, kleine Geräte wie Aetzplnsel, Graviernadeln usw., sowie Hilfsstoffe für Buch- und Steindruck ausgestellt werden. Jeder Teilnehmer soll sein eigenes Handwerkzeug mit zur Stelle bringen, mit welchem er seine Tätigkeit ausübt, um an Ort und Stelle die Zweckmäßig keit dieser Sachen zu prüfen. Es soll gewissermaßen eine Rundschau veranstaltet werden, um die als vorteilhaft er scheinenden Werkzeuge allen Verbrauchern zugängig zu machen, damit auch hierin Einheit erzielt werden kann. Es hat sich nämlich bei früherer Aussprache herausgestellt, daß für den gleichen technischen Zweck von den verschiedenen Fachleuten jeweilig Schiefer, Holz, Nadeln, Fischbein, Federposen usw. Verwendung gefunden haben. Aetzpinsel werden z. B. im all gemeinen in Leder oder Blech eingefaßt. Es hat sich aber her ausgestellt, daß das Aluminium ein geeigneterer Stoff ist, um den Pinsel einzufassen, weil es von der Säure nicht angegriffen wird. Solche und ähnliche Vorteile für die Praxis sollen er mittelt werden. Der Ausstellung wird eine Aussprache folgen, in welcher die verschiedenen Gegenstände miteinander ver glichen werden sollen, und welche sich jedenfalls sehr lehr reich gestalten wird. Auch Lieferanten von derartigen Werk zeugen und Materialien können sich an der Ausstellung be teiligen. Kosten entstehen denselben nicht. Nähere Auskunft erteilt der Vorsitzende, Herr Adolph Feltzin, Berlin SW, Schöne berger Ufer 1-4. Hoffentlich werden sich an dieser Ver anstaltung recht viele beteiligen und daraus praktischen Nutzen ziehen. Graphische Ausstellung. Im Königlichen Kunstgewerbe museum zu Berlin ist seit einigen Tagen eine Ausstellung von Bilderbüchern und farbig Illustrierten Jugendschriften des Ver lages Herm. & Friedrich Schaffstein in Köln angeordnet, welche das Interesse des Buchkünstlers wie des Erziehers und Päda gogen anzuregen geeignet ist. Es befinden sich darunter Buch kunstwerke, welche nach Ausstattung, d. h. Type, Satz anordnung, Papier und Buchschmuck, Anspruch aut Gediegen heit und Formvollendung machen können. Die Auswahl der Erzählungen, Märchen und Gedichte ist sehr geschickt, die besten Erzähler der Jugend und Dichter kommen zu Wort. Zur Illustrierung der Schriften hat der Verlag erste Künstler heran gezogen: Vogeler-Worpswede, Kreidolf, H. v. Volkmann, G. Eich rodt u. a. Neben dem Ernst spricht aus den Bildern in reich stem Maße der sonnige Humor. Neben der ursprünglichen Stili sierung der Erscheinungswelt des Kindes stehen die Illustrationen künstlerisch hoch, sodaß auch Erwachsene die Bücher immer wieder zur Hand nehmen werden. Die Ausstellung dieses Ver lages bildet eine wertvolle Ergänzung der im Papierhause statt findenden Bücherschau, welche ebenfalls für die weitere Ein führung farbiger und illustrierter Bücher zu wirken sucht. In einem besonderen Saal führt die Schriftgießerei Gebr. Klingspor in Offenbach in umfassender Form ihre künstlerische und tech nische Tätigkeit während des letzten Jahrzehnts vor, die viel fach bahnbrechenden Schriften und Buchdruckornamente deut scher Künstler, wie Behrens, Ehmke, Vogeler, nebst lehrreichen Satzbeispielen. Sie zeigt ferner an Beispielen den Werdegang eines Galvanos sowie einer Zinkätzung, außerdem die Fertig stellung eines Schriftstempels in den einzelnen Stadien. Aus den mannigfachsten Anwendungsweisen der Schriften und Orna mente geht hervor, daß der Künstler den Blick auf die Praxis nicht aus dem Auge gelassen hat. Die Erzeugnisse der Firma haben sich längst Bürgerrecht in den Buchdruckereien erworben. Der Besuch der Ausstellung ist jedem Graphiker und Bücher freund zu empfehlen. Sie ist an Wochentagen außer Montags von 10—3, Sonntags von 12—4 Uhr geöffnet. A. H. Verein ostschweizerischer Lithographiebesitzer. Sämtliche Lithographiefirmen der östlichen Schweiz, die in erster Linie für die Stickerei-Industrie tätig sind, haben sich nach der »N. Zür. Ztg.« zu einem Verein ostschweizerischer Lithographie besitzer mit Sitz in St. Gallen zusammengetan. Der neue Verein will in erster Linie Erhöhung der Verkaufspreise eintreten lassen, um diese mit den Fabrikationskosten in Einklang zu bringen. K.