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Nr. 89 PAPIER-ZEITUNG Betrug? 8745. Frage: 1. Ein Schuldner von mir hat seine Zahlungen eingestellt. Nach Deckung der bevorrechtigten Forderungen wird nur wenig übrig bleiben. Die Schwester des Schuldners hat kurz nachher ein neues Geschäft eröffnet, und zwar zum großen Teil mit Ware, welche der Schuldner seiner Schwester 2 Monate vor Zahlungseinstellung verkauft haben will. Der Schuldner soll zu derselben Zeit noch anderwärts Ware mit 20 v. H. Rabatt auf den Einkaufspreis verkauft haben. Ich glaube, daß der Schuldner die Ware an seine Schwester nicht verkauft, sondern nur eine Schiebung vorgenommen hat. Er gibt allerdings an, seine Schwester hatte an ihn eine Darlehns- Forderung, welche er durch die Warenlieferung getilgt habe. Ferner behauptet er, er hätte unter Wert verkaufen müssen, um dringende Zahlungen machen zu können. Halten Sie Straf anzeige für erfolgreich, und welche Paragraphen des StGB kommen in Betracht? 2. Der Schuldner führte mit seiner Schwester gemeinsamen Haushalt, während das Geschält auf den Namen des Schuldners allein ging. Beide behaupten, die Wohnungseinrichtung und «in Teil der Ladeneinrichtung gehören der Schwester, welche durch Quittungen beweisen will, daß sie die Sachen bezahlt hat. Könnte auf Grund des gemeinschaftlich geführten Haushalts die Einrichtung der Schwester für die Verbindlichkeiten des Schuldners mit Erfolg gepfändet werden? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: 1. Nach § 2to Nr. 2 StGB machen sich Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, des einfachen Bankerotts schuldig, wenn sie in der Absicht, die Eröffnung des Konkursverfahrens hinauszuschieben, Waren auf Kredit entnommen und diese Gegenstände erheblich unter dem Werte in einer den Anforderungen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst Weggegeben haben. Zum Tatbestand dieses Vergehens ge hört hiernach nicht der bloße Verkauf von Waren seitens des späteren Kridars unter deren Wert, sondern auch die Entnahme von Waren auf Kredit, in der Absicht, dadurch und durch den Verkauf unter dem Wert der Konkurs- eröffnung für jetzt zu entgehen. Nach den Angaben des Fragestellers ist es fraglich, ob der Schuldner gegen § 210 Nr. 2 StGB verstoßen hat. 2. Hat er dagegen, wie es nach obigen Mitteilungen den Anschein hat, obwohl er seine Zahlungsunfähigkeit kannte, seiner-Schwester als seiner Darlehnsgläubigerin in der Absicht, diese vor den übrigen Gläubigern zu be günstigen, zur Tilgung des Darlehens Waren gegeben, so würde er sich dadurch nach §211 StGB strafbar gemacht haben, denn er hätte durch die Waren seiner Schwester «ine Befriedigung gewährt, welche diese nicht in der Art zu beanspruchen hatte. Gehören die Sachen wirklich der Schwester, was diese beweisen muß, so würde lediglich aus dem Umstande, daß die Schwester mit dem Bruder gemeinschaftlichen Haushalt geführt hat, eine Haftung der Schwester mit diesen Sachen für die Schulden des Bruders nicht hergeleitet werden können. Dieser Umstand ist für das Eigentumsverhältnis an den Sachen ohne Belang. Haftung des Geschäftsnachfolgers 8746. Frage: Einem säumigen Schuldner kündigte ich einen Postauftrag an. Meine Ankündigung kam mit der Bemerkung zurück, Adressat sei nach dem Ausland verzogen und un bekannten Aufenthalts. Da es sich nur um 20 M. handelte, sah ich von weiteren Schritten ab. Jetzt erfahre ich, daß der Haupt gläubiger, ein Verwandter des Schuldners, das Geschäft über nommen und vergleichsweise an die anderen Gläubiger 40 v. H. ihrer Forderungen ausgezahlt hat. Ich habe weder eine Auf- ■orderung, dem Vergleich zuzustimmen, noch irgendwelche Mit teilung in der Sache erhalten, da wegen angeblich mangelnder Ordnung in der Geschäftsführung des Schuldners von meiner Gläubigereigenschaft nichts bekannt war. Infolgedessen ist meine Forderung in der aufgestellten Liste nicht verzeichnet, ich habe auch die Vergleichsquote von 40 v. H. nicht bekommen. ch gab dem Hauptgläubiger von meiner Forderung Kenntnis, rechnete aber bisher vergeblich darauf, daß mir die gleiche Be handlung wie den anderen Gläubigern zu Teil würde. Kann ich und mit welchem gesetzlichen Recht diese /erreichen ? Antwort: Der Geschäftsnachfolger ist für die Schuld des früheren Inhabers nur haftbar, wenn er das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernommen hat. Ob das hier der Ball ist, geht aus obigem nicht hervor. Der frühere nhaber ist zur Bezahlung der Schuld verpflichtet, falls diese noch nicht verjährt ist. 3963 Abschreibungen 8747. Frage: In einer Druckerei sind innerhalb 20 Jahren für 6—7000 M. Schriften und Maschinen angeschafft; wieviel Ab schreibung halten Sie darauf für nötig, d. h. für welchen Preis könnte man das Material jetzt annehmen? Wie hoch würden Sie ungefähr 130 Stück Originalsteine — darunter etwa 10 Asphalt-Aetzungen, sonst Etiketten usw. — meist kleine Steine, auch Stücke, bewerten, worauf nur sehr wenig Nachbestellungen erfolgen? Was kann heute eine über 40 Jahre im Betrieb gewesene Sutter'sche Steindruck-Handpresse kosten? Antwort: Aus der Summe, die in den letzten 20 Jahren für Schriften und Maschinen ausgegeben wurde, kann man den gegenwärtigen Wert der Schriften und Maschinen und die darauf nötige Abschreibung nicht berechnen. Es ist vielmehr, um eine den gesetzlichen Anforderungen ent sprechende Bilanz zu machen, nötig, daß eine Inventur auf genommen und darin die Vorräte zu ihrem ungefähren heutigen Wert eingesetzt werden. Viele alte Schriften und veraltete Maschinen werden nur als altes Metall eingesetzt werden können. Bei neuen Schriften wird man einen möglichst hohen Prozentsatz abschreiben müssen, da Schriften sich bald abnutzen und aus der Mode kommen. Für gute, brauchbare Maschinen ist 10 v. H. Abschreibung vom gegenwärtigen Wert empfehlenswert. Die Original steine sollten nur nach dem Steinwert in die Bilanz ein gesetzt werden, da es fraglich ist, ob noch darauf Be stellungen erfolgen. Wieviel eine 40 Jahre alte Steindruck presse heute wert ist, können wir von hier aus nicht beurteilen. Es empfiehlt sich, solche alten wenig brauch baren Inventur-Stücke zusammen mit 1 M. in der Bilanz zu bewerten. Pergamyn- und Durchschreibpapier 8748. Frage: Wir haben die Absicht, unsere Papierwaren- fabrik zu vergrößern und die Fabrikation von Pergamyapapieren und Durchschreibpapieren aufzunehmen. Es wäre uns nun sehr daran gelegen, etwas über die Art der Fabrikation und über die Ertragsfähigkeit dieser Waren zu hören. Gibt es ein Buch, aus welchem die Kalkulation dieser Papiersorten zu ersehen wäre? Welche Maschinen gehören zu einer kleinen und mittleren Ein richtung, und welches Kapital wäre wohl dazu nötig? Antwort: Fragesteller betreiben, wie aus den Angaben auf ihrem Briefkopf hervorgeht, eine bedeutende Kar tonnagen- und Papierwarenfabrik und verbrauchen jährich wohl größere Mengen der oben genannten Papiersorten. Es wäre jedoch unseres Erachtens eine verfehlte Maßnahme, selbst eine Papierfabrik zu errichten, um für diesen eigenen Bedarf zu sorgen, denn eine Papierfabrik muß heute Groß betrieb sein, um im Preise mitzukommen, und gerade die Herstellung von Pergamynpapier erfordert besonders gründ liche Erfahrungen und Kenntnisse der Papierfabrikation. Fragesteller als Nichtpapiermacher müßten Anlage und Betrieb einem Angestellten übertragen und wären von dessen Fähigkeiten und gutem Willen abhängig. Auch müßte ein sehr bedeutendes Kapital in das Unternehmen gesteckt werden, welches in den ersten Jahren auf keinen Fall Zinsen brächte. Es erscheint daher zweckmäßiger, sich in diesen Papiersorten von den vielen dafür be stehenden Fabriken bedienen zu lassen. Der Wettbewerb ist groß genug, um vorteilhaften Einkauf zu sichern. Die Maschinen einer solchen Papierfabrik sind im großen und ganzen dieselben wie in anderen Papierfabriken und in Hofmann's Handbuch der Papierfabrikation ausführlich be schrieben. Es kommt aber bei der Herstellung von Sonder erzeugnissen auf kleine Einzelheiten und unscheinbare Ein richtungen an, welche nirgends zusammenhängend be schrieben sind, da sie als Fabrikationsgeheimnisse gehütet werden. Hier wie in anderen Fabrikationszweigen ist die Erfahrung des Fachmannes unerläßlich. Das über Per- gamynpapier Gesagte gilt in erhöhtem Maß für Durch schreibpapier. Lebensverhättnisse in Paris 8749. Frage: Mir wird eine Stelle als Kartonzuschneider an geboten mit einem Lohn von 60 Frank die Woche. Die dortigen Lebensverhältnisse sind mir jedoch unbekannt, und ich bitte Sie um Mitteilung, ob man mit diesem Lohn dort gut auskommen kann. Antwort eines Pariser Fachmannes: Obwohl in Paris die Lebensverhältnisse teuer sind, kann ein Kartonzuschneider bei einem Lohn von 60 bis 65 Frank die Woche sehr gut zurechtkommen. A. M.