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3922 Nr. 89 PAPIER-ZEITUNG recht zaghaft und vereinzelt, da sich niemand Kunden abwendig machen wollte, aber als die kleinen Anfänge erfolgreich ver liefen, konnte die Preissteigerung nach und nach ausgedehnt werden, sie verbreitete sich und wurde bald allgemein, da Mit bewerber gern nachfolgten. Es hat sich ferner erwiesen, daß das Geschäft keine Einbuße darunter erlitten hat. Die hierbei in Betracht kommenden Sorten sind hauptsächlich weiß und farbig Affichendruck, satiniert farbig Prospektpapier, billige Einwickelseiden- und Braunholz-Einschlagpapiere, ferner schwe dische Sealings und Pergamentersatzpapier. In andern Sorten, wie in weiß Seiden und Kopierpapieren mittlerer und besserer Art, sowie in Zellstoff-Bankpostpapier, wo sich eine Preis erhöhung nicht allgemein hat durchführen lassen, wurde zum Teil auf Papiere geringerer Güte zurückgegriffen, um den Weiterverkauf zu den bisherigen Preisen zu ermöglichen. Wie die englischen Papierfabrikanten über die Geschäfts lage und die Aussichten für die Zukunft denken, läßt sich aus der Erörterung über diesen Gegenstand ersehen, welche ge legentlich des Festmahls im Anschluß an ihre Versammlung am 24. Oktober unter dem Vorsitz des Papiermachers Kapitän E. Partington stattfand, und welche in Nr. 88 d. Bl. S. 3872/73 ausführlich wiedergegeben wurde. Ergänzend seien die ein leitenden Worte des Vorsitzenden hier angeführt, wonach durch zunehmende Knappheit und Verteuerung der Rohstoffe im Verein mit scharfem Wettbewerb seitens Amerikas, Deutsch lands, Oesterreichs und Skandinaviens die englische Papier erzeugung sich nicht gerade in beneidenswerter Lage befinde. △ Trockenfilze In Nr. 58 Seite 2557 wurde unter obiger Spitzmarke die Anwendung baumwollener Trockenfilze für alle Papier sorten mit Hinweis darauf empfohlen, daß man in Amerika grob gewebte ßaumwolltrockenfilze nicht nur für Zeitungs druckpapier, sondern allgemein auch für feine Papidrsorten, angeblich ohne Nachteile für deren Ausfall, in Benutzung findet. Dabei wurde hervorgehoben, daß sich diese Filze ohne langen Stillstand der Papiermaschine leicht einziehen lassen. Die Baumwollfilze werden in Rollen bezogen, senk recht zum Papierlauf durchgeschnitten, auf den alten Filz genäht, über die Zylinder geführt und von Hand an beiden Enden zusammengenäht. Die Darstellung im erwähnten Aufsatz kann zu der An nahme führen, daß man in europäischen Papierfabriken dem baumwollenen Trockenfilz nicht die verdiente Aufmerksam keit zuwendet und in Unkenntnis der geschilderten Vor züge ohne Rücksicht auf den bedeutenden Preisunterschied teure Wollfilze verwendet. Diese Annahme wäre unzu treffend. Baumwollene Trockenfilze von verschiedenen Webearten sind auch bei uns nach allen Richtungen und bei allen Papiersorten ausprobiert worden, und man hat sich überzeugen müssen, daß diese Trockenfilze höheren Ansprüchen nicht genügen. Nur die Druck- und Pack papiermaschine ist danach das Verwendungsgebiet der baumwollenen Trockenfilze geblieben. In erster Linie hinterläßt der Baumwolltrockenfilz auf jedem Papier eine mehr oder weniger sichtbare Markierung, die bei Papieren, welche völlig reine Oberfläche haben sollen, von störendem Einfluß bleibt. Es sei auf feine Werkdruck-, Farbendruck , Illustrations- und Autotypie druck-Papiere oder dergl. hingewiesen, die mit sichtbarer Filzmarkierung behaftet vom europäischen Käufer zurück gewiesen würden. Ferner ist es nicht möglich, mit dem dehnbaren Baum wolltrockenfilz vollkommen flachliegendes Zellstoffpapier herzustellen. Z. B. erfordert ein für Lithographiedruck be stimmtes Papier höchste Anpressung an die Trocken zylinder durch den Trockenfilz, um flachliegend von der Papiermaschine herunterzukommen. Welliges Papier kann nämlich durch Satinieren nicht flachliegend gebracht werden, denn es läuft in der Lithographiedruckpresse in Falten, umsomehr, als es sich hier in der Regel um sehr große Formate handelt. Die Art und Weise, nach welcher man in Amerika die Baumwolltrockenfilze zusammennäht, schließt schon im vorhinein einwandfreie Herstellung flachliegend verlangter Papiere aus. Die durch Zusammennähen der beiden Filz enden hergestellte Naht drückt sich jeweilig im Papier ab und verursacht darin Beulen und Wellen. Diese Beob achtung kann schon bei geflickten Wollfilzen gemacht werden, an welchen die Flickstellen nicht sachgemäß aus geführt sind. In letzter Zeit werden von deutschen Filzfabriken halb wollene Trockenfilze auf den Markt gebracht, die sich bereits mit Erfolg eingeführt haben. Diese Filze sind durchlässig genug, um schnelles Verdampfen zuzulassen, haben dieselbe Widerstandsfähigkeit wie die reinen Woll filze, markieren nicht und sind um 30 v. H. billiger als reinwollene Filze. R. Papierprüfung Im 4. Heft, Jahrg. 1907, der »Mitteilungen a. d. Kgl. Materialprüfungsamt zu Großlichterfelde-W« befindet sich der Bericht über die Tätigkeit des Amtes im Betriebs jahr 1906. Dem Abschnitt über die Tätigkeit der Abteilung 3 für papier- und textiltechnische Prüfungen entnehmen wir folgendes: In Abteilung 3 wurden 1198 Anträge erledigt, 679 im Auf trage von Behörden, 519 im Auftrage von Privaten. Von den 679 Behördenanträgen kamen 59t von preußischen Staatsbehörden, 68 von Reichsbehörden und 20 von städtischen Behörden. Geprüft wurden 1484 Papiere, 26 Quittungskarten-Kartone, 24 Pappen, 10 Zellstoffproben, 4 Halbstofte, 2 Holzstoffe, 1 Probe Papierstoff, 1 Probe Vulkanfaserstoff, 7 Kartone, 4 Dachpappen, 6 Asphaltfilzplatten, 1 Probe Ruberoid, 2 Kohlenpapiere, 1 Probe Asbest, 2 Asbestpackungen, 217 Zeugstoffe, 188 Garne, 2 Schnüre, 3 Filze, 7 Proben Watte, 2 Kunstseiden, 3 Hanfliderungen, 1 Walzenbezug, 1 Tau, 1 Wollprobe, 2 Treibriemen, 2 Proben Katgut, 2t Farbbänder, 1 Stempelfarbe, 2 Farbstoffe, 1 Farbrolle, 1 Harzseife und 1 Festigkeitsprüfer; Gutachten wurden 25 ab gegeben. Von den 1198 Anträgen gingen 1173 aus dem Inland, 25 aus dem Ausland ein. Die Untersuchung der 1484 Papiere bezweckte in den meisten Fällen die Feststellung der Stoff- und Festigkeitsklasse behufs Einreihung in eine der Verwendungsklassen der amt lichen Normalien. Bel den übrigen Papieren wurden einzelne Eigenschaften für besondere Zwecke festgestellt. Ueber einige auf Antrag ausgeführte Versuche sei kurz besonders berichtet. In einer Strafsache wegen Urkundenfälschung beantragte der Staatsanwalt ein Gutachten über mehrere Schriftproben. Es handelte sich darum, in einem mit Schreibmaschinenschrift her gestellten Dienstvertrag den Wortlaut mehrerer mit Tinte über zogener Zeilen festzustellen. Der Tintenüberzug ließ sich auf chemischem Wege so weit entfernen, daß der Wortlaut der darunter befindlichen Schrift zweifelsfrei ermittelt werden konnte. Außerdem sollte festgestellt werden, ob an einer Stelle des Vertrages ursprünglich die Zahl 2000 hingeschrieben, dann in 2100 umgeändert und später wieder in 2000 abgeändert worden war. Für das Zutreffen dieser Annahme ergab weder die mikroskopische, noch die photographische, noch die chemische Prüfung Anhaltspunkte. Ferner war noch die Frage zu beantworten, welchen Wort laut ein mit Bleistift geschriebener und dann wieder fort radierter Satz hatte. Es gelang nicht, den Wortlaut des Satzes im ganzen Umfange zu ermitteln. Die Schrift war teilweise so gründlich entfernt und die durch Bleistift verursachten Eindrücke in das Papier waren, wahrscheinlich durch Anfeuchten des Blattes, soweit beseitigt, daß es nicht möglich war, alle Worte zu entziffern. . Endlich wurde Auskunft darüber gewünscht, ob eine Nu beim Schreiben ausgelaufen oder später mit Tinte ausgefülll worden sei. Auf chemischem und photographischem Wege wurde festgestellt, daß der Innenraum der Null nachträglich ausgefüllt worden war und zwar mit einer anderen als der ur sprünglich zum Schreiben benutzten Tinte. In einer Strafsache wegen Urkundenfälschung überreichte der Staatsanwalt dem Amt ein Mietsquittungsbuch; es sollte festgestellt werden, ob der Vermerk »nebst 1 Mark Stempel" der nach Niederschrift der Quittung zwischen die Zeilen ge schrieben war, später als die Quittung geschrieben und ob hierzu eine andere Tinte benutzt worden war als zu dem übrigen Tei der Empfangsbescheinigung. Mit bloßem Auge war ein Unter schied in bezug auf das Aussehen nicht zu erkennen. Durch da» Mikroskop betrachtet zeigte sich schon, daß die Tinte des hinzit gefügten Vermerks einen bläulichen, die der übrigen Schr. einen grünlichen Stich hatte. Durch photographische Au- nahmen mit farbenempfindlicher und nicht farbenempfindliche Platte wurde festgestellt, daß die Schriftzüge mit verschiedenen Tinten, geschrieben worden waren. Der auf mikroskopische und photographischem Wege festgestellte Unterschied zwische