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Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger Pro Quartal Mk. 1,40, durch die Post Mk. 1,50 frei m's Haus. Anzeiger Inserate nehmen außer der Expedition auch die Austräger auf dem Lande entgehn, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zu Originalpreisen. für Hohenstein-Ernstthal, Gkerlnugwitz, Gersdorf, Argon, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Nußdorf, Wüsteubrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach Kirchberg, Plcißa, Reichenbach, Kallenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydieu, Hüttengrnud u. s. w« Mr den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein-Ernstthal. Gugcrrr crlleu Gerneirröe-Veuwcrltrrngerr deu rrurlreczeiröeir Outschcrfterr. Nr. 298 Sonnabend, den 23. December 1899. 19. Jahrgang. Der diesjährige Christmarkt findet Sonntag, den 17. und Sonntag, den 24. December Nachmittags von 2 bis 10 Uhr statt und dürfen an diesen Tagen nur hiesige Händler feilbieten. Der Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen einschl. der Barbier- und Friseurgeschäste am 24. December wird von Mittags bis Abends 10 Uhr gestattet. Hohenstein-Ernstthal, am 20. December 1899. Der Stadtrath. Or. Polster. Bekanntmachung. Nachdem für die, seit dem 1. Januar 1898 auS den Sparkassen der früheren Stadtgemeinden Hohenstein und Ernstthal gebildete städtische Sparkasse zu Hohenstein-Ernstthal unter Aushebung der seitherigen Regulative eine neue Sparkassen-Ordnung angenommen und solche am 4. December 1899 von der Königlichen Kreishauptmannschast Zwickau ge nehmigt worden ist, so wird dies gemäß Z 25 Abs. 2 der Svarkassen-Ordnung mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß dieselbe im Geschäftszimmer der hiesigen Sparkasse 2 Wochen lang vom 27. December 1899 ab zu Jedermanns Einsicht ausliegt. Hohenstein-Ernstthal, den 20. December 1899. Der Stadtrath. Or. P olste r, , Bürgermeister. Bekanntmachung, den Umtausch und die Berichtigung von Qnittungskarten betr. In Gemäßheit der Bestimmungen der 132 Abs. 1 und 135 Abs. 1 des Jnvalidenversicherungs- gesetzes vom 13. Juli ». o. wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die von versicherten Personen am Schlüsse des Jahres 1809 in Bcnntzuug befindlichen Outttungskarten nur inner halb zweier Jahre von dem auf der Karte verzeichneten Ausstellungstage an gerechnet zur Beitrags entrichtung (Markeneinklebung) zu verwenden und vor Ablauf dieser zweijährigen Frist zur Ver meidung der llngiltigkeit der Karte und des deni Versicherten hierdurch entstehenden Schadens bei der für den Versicherten zuständigen Hebestelle (Orts-Betriebskrankenkasse, Gemeindekrankenversicherung) zum Umtausch gegen eine Ouittungskarte neuen Musters einzureichen sind. Gersdorf Bez. Zw., den 19. Dezember 1899. Der Gemeindevorstand. Göhler. Stadt-Sparkasse Callnberg verzinst ab 1. Januar alle Einlagen mit 3^ v. H. Dieselbe expedirt täglich (auch schriftlich) von 8 bis 12 Uhr Vormittags und 2—5 Uhr Nachmittags. erst piano, dann cresconcto, schließlich sorti^imo, Zur Lage im Innern. Die politisch: Laoe in Preußen ist immer noch in hohem Grade verworren und nur insoweit geklärt, als nunmehr die conservative Partei entschieden gegen den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe, das Centrum aber gegen den Finanzminister von Miquel Front macht. Im preußischen Abgeordnetenhause hat bekannt lich die conservative Partei die Mehrheit und diese sucht dort den Reichskanzler matt zu setzen, im Reichs tage ist aber i un wieder Eentrum Trumpf und dieses wünscht den ihr unliebsamen Finanzministcr auSzu» schiffen. Vielleicht ist dieser auch nicht „jesu.tsnfrcund- lich" genug, denn daß in diesem Artikel gegenwärtig wieder etwas gehandelt wird, ist noch allen vorliegenden Na zrichten sicher. Das führende Blatt der Centrumspresse, die „Köln. Volksztg.", veröffentlicht abermals einen flammenden Artikel gegen den „Minister ohne Ver antwortlichkeit". Sie betont, es sei der Typus des alten preußischen Ministers gewesen, daß er seinen Ab schied erbeten habe, wenn er in wichtigen „Fragen" überstimmt worden sei, und fährt sodann fort: Das ist neuerdings in Preußen anders geworden. Wir sehen jetzt in Preußen das Beispiel eines Ministers, welcher „alles macht", aber hernach nichts gethan hat; welcher als der leitende Geist sür alle Actionen gilt, hintennach aber, wenn diese Actionen ihm persönlich zur Last gelegt werden, versichert oder doch durch blicken läßt, daß nicht er, sondern eia anderer an der Sache schuld sei; welcher stolz darauf ist, den größten Einfluß bei der Krone zu Halen, aber dafür nicht seine ganze Person als Deckung zur Verfügung stellt; welcher es versteht, den Ruf seiner Unentbehrlichkeit aufrecht zu erhalten, aber seinen Theil an der Verant wortlichkeit zu übernehmen sür sehr entbehrlich hält. Dieses neue Genre eines preußischen Ministers hat Herr v. Miquel geschaffen. Er unterzeichnet die Canalvorlage und vertheidigt sie im Abgeordnetenhause, obwohl er öffentlich bestimmt als Gegner derselben bezeichnet wird. Die Vorlage scheitert, aber die Ver antwortlichkeit dafür schiebt er ohne alle Bedenken aus andere ab. Er ist persönlich dafür verhaftet, daß das so lächerlich verzerrte Gemeindewahlrecht verbessert wird; er tritt auch als der eifrigste Beförderer der Wahlrechtsnovelle auf, aber sie wird so spät einge- bracht, daß ihre Verkoppelung mit der Canalvorlage und damit ihr Scheitern sicher ist. Nach seiner ganzen Individualität, welche durch eine fast allzu große Liebe für gesättigte Finanzen sich auszeichnet, sollte man an nehmen, er sei ein entschiedener Gegner zu weit gehender Flotienpläne; trotzdem werden unmittelbar, nachdem der Kaiser in Hamburg seine Rede über die Flotte gehalten hat, die neuen überraschenden Flotten pläne in die Oeffentlichkeit geworfen. — Vielleicht deuten diese Angriffe an, daß Herr Dr. Lieber für den großen Zuber alles bereit hält, worin er nach einer Versicherung auf dem hessischen Katholikentage die Wäsche des Herrn v Miquel waschen will. S hr beachtlich ist im Weiteren eine olficiöse AuS- lassurn, die das politische Wirken des Reichskanzlers darlegt. Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt unter der Ueberschrist „Fürst zu Hohenlohe und die conservative Partei" einen längeren, schon äußerlich als officiös charactcrisirten Artikel, in welchem die im Reichstage vom Grafen Limburg-Stirum gegen den Reichskanzler erhobenen Vorwürfe widerlegt werden, daß während der Amtsführung des Fürsten Hohenlohe die Interessen der Landwirthschaft nicht genügend gewahrt und Macht befugnisse, deren Erhaltung zu den Pflichten der Regierenden in Staat und Reich gehöre, brockenweise preisgegeben seien. Gegenüber dem ersten Vorwurfe wird u. A. ausgeführt, daß Fürst Hohenlohe die Be deutung der Landwirtschaft für unser Vaterland und die Nvthwendigkeit, sie zu schützen, voll anerkenne. Das Sinken des Preises der landnirthschaftlichen Producte erkläre sich auch seiner Ueberzeugung nach in erster Linie durch die Inangriffnahme jungfräulichen Bodens in überseeischen Ländern und müsse daher als, wenn auch voraussichtlich lange andauernd, so doch vorüber- gehend angesehen werden, und für die Dauer dieser ungünstigen Verhältnisse bedürfe die deutsche Land wirthschaft auch nach Ansicht des Fürsten Hohenlohe allerdings eines ausreichenden Schutzes, damit sie nicht in solchen Theilen Deutschlands in ihrem be rechtigten Umfang geschmälert werde, in denen sie zu dauernder Geltung berufen ist. Gegenüber dem zweiten Vorwurfe wird ausgeführt, daß Concessionen an die Parteien gar nicht zu vermeiden seien; auch Fürst Bismarck habe solche, und zwar in fundamentalen politischen Fragen, wie z. B. beim Reichstagswahl recht gemacht. Der Reichskanzler würde in dem Streben nach Bethätigung einer rücksichtslosen Kraft politik nur das zu thun versäumen, was in den ver fassungsgemäßen Kämpfen der Gegenwart dringend er forderlich sei, nämlich die Ergreifung des richtigen Augenblicks zur Förderung der von ihr verfolgten Ziele. Der Artikel schließt: Bei Allem, was Fürst Hohenlohe thut und unterläßt, ist er der Thatsachc eingedenk, daß sich nach menschlichem Ermessen seine L«nsö^n ih-.n» nähert. Er die ihm verliehenen Fähigkeiten nach bestem Willen und Gc- aisseu zum Wohle des deutschen Vaterlandes und Preußens angewandt zu haben; er fürchte nicht, daß fein im Lauft eines langen und arbeitsreichen Lebenr rworbencr staatsmännischer Rw durch die Gegner schaft einzelner politischer Gruppen geschädigt werden könnte. — Die „Dtsch TgZztz." widerspricht der in liberalen Blättern ausgesprochenen Hoffnung, daß in Folge der Selbstverthcidigung des Fürsten Hobenlohe vielleicht eine reinliche Scheidung innerhalb derConser- vativen und der verwandten Parten n sich vollziehen werde und ,agt: Wir halten diese Hoffnung für voll kommen trügerisch. Niemals hat eine solche Geschlossen heit innerhalb der rechtsstehenden Parteien geherrscht, wie gerade j.tzt. Weiter sagt das Blatt, wenn der Ausspruch des Fürsten Hohenlohe auf dem Geozraphen- tage über das Hineii wachsen Deutschlands in d n Industriestaat falsch aufgefaßt worden ist, so hatte er denn doch genügend Zeit, du se falsche Auffassung richng zu stellen. Vielleicht wäre, wenn die Richtigstellung ftüher und genügend erfolgt wäre, Manches unter blieben, denn wcnn der Reichskanzler nur gesagt hätte, daß Deutschland ans einem reinen Agrarstaate in :incn Staat sich v rwandle, der sowohl Agrar- als Industriestaat sei, so umcde Niemand ernstlich etwas dagegen gehabt haben. SSWfcheS. Hohenstein-Ernstthal, 22. December 1899. NittheUungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent» gegengenoimncn und eventl. honor-rt.) — In der öffentlichen Sitzung der Handels- und Gewerbckammer zu Chemnitz am vorigen Dienstag erfolgte auch die „Beschlußfassung über den Antrag der Verkehrskommission zu den Petitionen, betr. Er bauung einer Eisenbahn von Siegmar oder Wüsten brand durch das Lungwitzthal nach St. Egidien bezw. über Lichtenstein - Callnberg nach Zwickau". Es referirte Herr Dir. Stark. Derselbe führt unter Vor legung einer Kartenskizze aus, daß man bezüglich des ältesten Projektes, der Lungwitzthalbahn, bei aller Bereitwilligkeit, den Bewohnern des Lungwitzthales die langersehnte Bahnverbindung zu erlassen, doch die wiederholte Ablehnung des Projektes seitens der Be hörde verstehe, denn die nach Lungwitz bis jetzt gehende Gütermenge sei so gering, daß sie die Er bauung einer Bahn nicht rechtfertigen würde. Eine wirkliche Entlastung der Hauptstrecke werde durch die Lungwitzthalbahn nicht erzielt. Das Projekt erscheine daher leichter durck führbar, wenn es sich mit weiter- gehenden Interessen vereinigen läßt. Solche seien das Verkehrsbedürsniß der auf eine Nebenbahn verwiesenen ungemein sich entfaltenden Städte Lichtenstein-Calln berg, der Wunsch, eine direktere, zweite Verbindung Chemnitz mit Zwickau, insbesondere mit den dortigen Koylenwerken zu schaffen und sv dabei eine gründliche Entlastung der so stark in Anspruch genommenen Hauptlinie herbeizuführen. Die Verkehrskomnussion der Kammer habe die Petitionen der Städte Lichten- stein-Callnberg und Zwickau, entsprechend be eits dem früheren Kammervotum daher muh als berücksichtigenS- werth erklärt. Die Eisenbahnbehörde selbst stelle diese Linie und zwar als Verlängerung der im Bau begriffenen Pleisethalbahn durch eine Schleppkahn Obergrü na — Lungwitz, später ev. Lungwitz — Lichtenstein als vielleicht nicht unschwer erreichbar dar. Lichtenstein - Callnberg habe nun einen lebhafteren steigenden Güterverkehr, etwa doppelt so groß als jenen von Lungwitz. Bei der hohen Belastung des Eisenbahnbudgets würde jedoch unter jetzigen Ver hältnissen die Kammer selbst in Ansehung dieses Verkehrs die Erbauung der Linie nicht vertreten können, da ja Lichtenstein-Callnberg schon Bahn verbindung besitzen, wenn nicht durch die sich dann unwillkürlich dem Auge aufdrängenden direktere Ver bindung Lichtenstein-Callnberg—Zwickau die ganze Linie eine über die Bedeutung einer Nebenbahn weit hinausreichenden Bedeutung erlangen würde. Wie schon die scharfen Krümmungen des Anschlusses Lichtenstein-C.—Zwickau auf der Karte andeuteten, ständen dieser 9—10 Kilometer langen Strecke große Terrainschwierigkeiten im Mülsengrunde entgegen. Steigungen von 1 : 40 dürsten, wenn man theure Kunstbauten vermeiden wolle, nicht zu umgehen sein. Von Zwickau selbst, hinter Pöhlau, dürste die Brüchig- k it des Tenrains, das durch Schachte unterminirt sei, große Vorsicht bei der Tracirung nothwendig machen. Immerhin erscheine gegenüber den großen Auf wendungen, welche für andere, viel minder wichtige Strecken bei weit schwierigeren Terraiuverhältnissen gemacht würden, der Bau dieser Linie keineswegs aussichtslos oder zu theuer. Man schätze in Zwickau und Lichtenstein die Baukosten aus öftz Mill. Mark, also das Kilometer auf 60000 Mark, was nicht zu hoch wäre. Ein Blick auf die Karte lehre nun, daß man durch die Linie Zwickau-Mülsen-Lichtenstein- Lungwitz-Siegmar-Chemnitz eine ideale Verbindung Chemnitz-Zwickau mit ca. 20 Procent kürzerer Strecke und unter Berücksichtigung der Verkehrsbedürfnisse der Orte Lichtenstein-Callnberg und des Lungwitzthales geschaffen hätte. Es wäre hierdurch auch eine Ent lastung der Strecke Zwickau-Siegmar, jedoch nicht eine solche gerade des belaftetsten Theiles Siegmar-Kappel und des Chemnitzer Hauptbahnhofes erfolgt. Eine solche würde nur erzielt, eine richtige Parallelbahn für den Kohlenverkehr hergestellt, wenn man neben der Einmündung in Siegmar von dem Haltepunkte Nutzung der Lungwitzthalbahn einen Anschluß an die Chemnitzer Vororte der Chemnitz-Stollberger Linie suchte. Am richtigsten wäre eine direkte Führung nach Altchemnitz, das schon beinahe den 5. Theil des Chemnitzer Kohlenempfangs erhalte und nach der projcktirten Anlage neuer großer Werke daselbst (Centralgasanstalt, Aktienspinnerei rc.) sich immer mehr zum Centrum der Chemnitzer Großindustrie heraus gestalten dürfte. Noch leichter durchführbar wäre ja allerdings ein Anschluß in Neukirchen, wenn auch sonst weniger zweckmäßig. Diese Strecke dürfte in der angedeuteten Weise keinen großen Terrainschwierig keiten begegnen. Tas früher gefürchtete große Ueberschwemmungsgebiet dürfte durch die Regulirung sehr eingeengt werden. Er habe bei diesen Projekten die Aufmerksamkeit der Mitglieder so in Anspruch genommen, weil neben ihrer lokalen Bedeutung und der Frage der Entlastung der Hauptstrecke ihm über haupt die Frage der möglichst billigen direkten Kohlenversorgung von Chemnitz dadurch aufgerollt erscheine und sich vielleicht sonst nicht eine Gelegenheit böte, auf diese Frage hinzuweisen, wie es doch gerade Pflicht der Handels- und Gewerbekammer Chemnitz sein dürste. Chemnitz sei die größte Kohlen- empsangsstation Sachsens, jedenfalls eine der bedeutend sten Deutschlands. Mit Kappel-Altchemnitz habe es im Jahre 1899 ca. 50000 Doppelwagen Kohlen und Kokse empfangen. Die Preise für Lugau Oelsnitzer Maschinenkohlen seien nun seit 5—7 Jahren von 61—64 Mk. per Doppelwagen ab Werk auf ca. 96 Mark gestiegen, das sei ein Aufschlag nm 50 Prozent. In keinem anderen Industriegebiete Deutschlands wäre dieser Ausschlag so scharf gewesen; der Aufschlag habe in Schlesien 21 Proz., Rheinland-Westfalen 30 Proz., England 29 Proz. betragen. Ein Doppelwagen ächsische Maschinenkvhle koste ohne Zufuhr 107—117 Mark, ein Doppelwagen Förderkohle in Schlesien 111 Mk., ein Doppelwagen Stücken in Rheinland- Westfalen 120 Mk., 200 Ctr. Fabrikkohlen in Manchester 111 Mark. Es erscheine entsprechend also ein Doppelwaqen in Chemnitz gegen Schlesien