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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-189911042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-18991104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-18991104
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-11
- Tag 1899-11-04
-
Monat
1899-11
-
Jahr
1899
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.11.1899
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Als sich General White in die von drei Seiten bedrohte Stellung Labysmith-Glencoe-Dunbee begab, wurde von kundiger Seite gleich Unheil prophezeit. Es geigt sich, daß White, der seine Lorbeern in Indien tM Kamps gegen aufrührerische Bergstämme pflückte, nicht der geeignete Mann ist, um mit den Buren erfolgreich Krieg zu führen. Baren find ?ben keine Afridi», und da» Mausergewehr der Buren schießt besser, al» die alten Donnerbüchsen der indischen Berg stämme. Der eigentliche Generalissimus der englischen Armee der nun die Buren zu Paaren treiben soll, General Buller, ist in der Rächt zum Dienstag in Kapstadt avgekommen. Sein Willkommen war die niederschmetternde Rachricht von der Schlappe bei Ladysmith. Obgleich bis fetzt über die Taktik des Oberbefehls habers Buller in Südafrika nichts bekannt ist, wird trotzdem in Kreisen, welche mit dem Kriegsministerium in Verbindung stehen, versichert, daß Buller sich damit begnügen werde, dem General White große Verstärk ungen zuzusenden, um die Buren in Respect zu halten. Au der Spitze der übrigen Truppen wird Buller als- dann sofort in westlicher Richtung gegen den Oranje- freistaat vorgehen, denn von dieser Seite ans ergiebt sich freies Gelände zum Vordringen. Von Blum- fontein wird er alsdann nach Prätoria vorgehen. Daily Telear. ist der Ansicht, daß die ersten Ver stärkungen für den General White in Ladysmith nicht vor dem 15. November emtrefstn werden. Wenn diese Truppen einaetroffen sein werden, werde der Oberftcommaudirende, General Buller, genügen Mannschaften haben, um über Blumfovtem uac Pretoria vorzudringen. Demselben Blatte gehen aus Loureryo MarqueS Meldungen zu, wonach die Buren in der Schlacht bei Glencoe 1300 Todte und Verwundete gehabt haben sollen, was zweifellos eine zum Tröste der Engländer erfundene mächtige Uebertreibung ist. Auch an» Betschuanalavd, von Kimberley und Mafeking, fehlt seit mehreren Tagen jede Meldung; die Vernmthung ist nicht abruweisen, daß die holländischen Ansiedler im Norden der Kapcolouie jetzt offen mit ibren StammeSgenoffen gemeinsame Sache gemacht und die Verbindungen nach den Hafenstädten ab- geschnitten haben. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 3. November 1899. (MtthrUungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent- gegengenommen und eventl. honsr'rt.) — Wie der „Hann. Cour." mittheilt, soll Prinz Max von Sachsen zum Bischof von Metz ausersehen sein. — Die unter Verwaltung der Gewerbevereine Großenhain, Dresden und Zittau stehende PreuSker- Stiftung hat in diesem Jahre vier Stipendien in dem Betrage von 60, 7b, 90 und 100 Mark an mittellose, befähigte und gut empfohlene junge Leute, die ein Hand weck erlernt haben müssen und sich durch den Besuch einer technischen Schule Sachsens weiter ausbilden wollen, zu vergeben. Bewerbungen um diese Stipendien find unter Beifügung von Zeugnissen bis zum 25. Nov. bei dem Kaufmann Moritz Markus zu Großenhain einzureicheu. — DieTheuerungSzulagen für gering besoldete Po st unterbeamte in theuren und in ganz besonders theuren Orten sind nach der „Deutschen Berkehrsztg." jetzt auf 50 bis 200 Mark für Land briefträger und auf 20 bis 150 Mk. für Postschaffner, Briefträger und Telegraphenleitungsauffeher festgesetzt worden. — Die Auslegung des 8 448 des Bürgerlichen Gesetzbuches, eS sei vom 1. Januar 1900 ab untersagt, Miethe für Gasmesser zu erheben, beruht auf einen Jrrthum. Die Bestimmung des 8 448: »Die Kosten der Uebergabe der verkauften Sache, insbesondere die Kosten deS Messens und Wägens, fallen dem Ver käufer zur Last" enthält kein zwingender Recht, kein Verbot einer entgegenstehenden Rechtsgestaltung; sie hat nur dann civzutreten, wenn nichts oder nichts Anderes unter den Betheiligten vereinbart war oder als vereinbart anzunehmen ist. Dieser Vorbehalt ist in den Motiven z 8 448 ausdrücklich he'.vorgehoben in den Worten: „Wer zu einer Leistung verpflichtet ist, hat, soweit nccht etwas Anderes als vereinbart anzu- nehmen ist, dasjenige aufzuwenden, was erforderlich ist, um die Leistung zu bewirken." Daß das Aus bedingen einer Miethe für Gas-, Wasser- und Electricitätsmeffer, wie solches in den von den städtischen Verwaltungen genehmigten Verträgen und Regulativen bestimmt ist, eine solche abändernde Vereinbarung ist, kann keinen Augenblick bezweifelt werden. — Oberlungwitz. Auch an dieser Stelle machen wir darauf aufmerksam, daß morgen Sonntag Abend 8 Uhr in der Herberge zur Heimath Familien abend de- evangelischen Arbeitervereins abgehalten wird. Herr Pastor Albrecht aus Hohenstein-Ernstthal wird einen Vortrag halten über den Pfarrer in Stein- thal, Fritz Oberlin. Ein guter Besuch dürfte zu er warten sein. — Per-dorf, 3. November. Gestern Abend in der neunten Stunde erschallte der Feuerruf in unserem Orte, es brannte jeddch nicht hier, sondern in Würschnitz. Eine Stunde später war gegen Osten ein Feuerschein bemerkbar, der von einem Schadenfeuer in Mittelbach herrühren soll, und nach 1 Uhr weckte die Sturmglocke nochmals aus dem Schlase. Diesmal brannte das Baumann'sche Gartengut im Hosgraben vollständig nieder. Möchte auf diese unruhige Nacht eine recht lange Ruhepause folgen. — Bei der Sparkasse zu Gersdorf (Bez. Zw.) wurden im Monat October des Jahres 1899 50 Ein zahlungen im Betrage von 2656 Mark — Pfennig geleistet, dagegen erfolgten 22 Rückzahlungen (Ein lagen u. Zinsen) im Betrage von 5207 Mk 36 Pfg. Der Baarbestand betrug Ende des Monats October 4413 Mk. 25 Pfg. — Rabenstein. Ueber das grausliche Gerücht einer Leichenschändung, das hier umgeht, ist eine Unter suchung eingeleitct, eine Verhaftung inzwischen abe noch nicht erfolgt. Die ganze Geschichte klingt auc so unglaublich, daß die Annahme, die alte Hebamme habe in ihrer Phantasie Gespenster gesehen, auch Glauben findet. Der des Unerhörten Beschuldigte fol ein 60 Jahre alter Mann sein. — Die Firma Zipper in Chemnitz läßt im Hammerthale ein mächtiges Fabrikgebäude auffnhren. Es werden in demselben wahrscheinlich 400 Arbeiter Beschäftigung finden. — König!. Landgericht Chemnitz, 2. Nov. Auf der Anklagebank befand sich heute eines jener Menschen kinder, die in jugendlichem Leichtsinn einen „Scherz" beabsichtigten und dabei den Tod eines Menschen oder ein anderes großes Unglück verschulden. Es war dies die am 7. August 1884 geborene, bisher un bestrafte Wickelträgerin Marie Helene Schädlich aus Penig. Den Grund der Anklage bildete folgendes Vorkommniß. Am Abend des 29. September d. I. vergnügten sich einige Arbeiterinnen der Spinnerei Arnsdorf-Amerika damit, daß sie auf der Kette schaukelten, welche den Aufzug vermittelte. Das Auf zugsloch war durch eine sogenannte Fahrbühne ge- chlossen, die unter die Diele geschoben werden konnte, obald der Aufzug benutzt wurde. Um ihren Freundinnen, wegen deren sie ihren Dienst auf dem Lande auf gegeben hatte, einen Schreck einzujagen, löste die Schädlich den Verschluß der Fahrbühne, sodaß sich diese in Bewegung setzte. Bevor noch die 15jährige Wickel- rägerin Kuhnert, welche mit einem Fuße auf der esten Diele, mit dem anderen auf der Fahrbühne tehend die Kette in schaukelnde Bewegung setzte, zurücktreten konnte, entstand ein Loch, durch welches die das Gleichgewicht verlierende K. kopfüber hinab- stürzte. Infolge Schädelbruches trat alsbald der Tod ein, sodaß die in wahnsinniger Angst nach unten eilende Schädlich chre Freundin bereits als Leiche auffand. Die bitterlich weinende Angeklagte gab zu, daß sie durch Fahrlässigkeit den Tod der K. verschuldet habe, denn sie hat die Fabrikordnung gekannt, welche eine unberufene Beschäftigung an dem Aufzugsloch auf das Strengste untersagt. Das Gericht erkannte auf eine Strafe von vier Wochen Gefängniß. — Chemnitz. Am 4. November d. I. begeht die nicht nur am Platze, sondern iniolge seines starken Versandes beinahe in ga^z Deutschland wohlbekannt? Firma Paul Thum hier, Chemnitzerstraße 2, die Feier ihres 10jährigen Bestehens. Herr Pau! Thum, als alleiniger Inhaber derselben, hat es verstanden, sein Geschäft, welches im kleinsten Mahstabe begründet wurde, durch regen Fleiß, umsichtige Leitung und vor allen Dingen solide, reelle Bedienung der Kundschaft, zu einem der angesehensten der Branche zu gestalten. Um auch von der Stabilität der Geschäfts im Innern einen Einblick zu gewinnen, sei noch bemerkt, daß Herr Hegewald als Vorsteher der Linoleum- und Detail- abtheilung und Herr Teichmann als Vorsteher der Tapeten- und Teppich-Abtqeilung schon seit Gründung der Firma bei derselben hätig sind. Wir können nur hoffen uud wünschen, daß sich die Hirma Paul Thum auch fernerhin weiter so entwickeln möge, wie die» in den verflossenen 10 Jahren geschehen ist. — Bräunsdorf, 2 November. Eine große Landplage scheinen die Zigeuner zu werden, wenn nicht bald etwas dagegen gethan wird; nicht weniger als 11 Wagen mit 65 Personen hielten gestern gegen Abend Einzug in unsern Ort. Dieser Einzug war vielen Einwohnern ungemüthlich. Einer Frau hatten die Zigeuner 25 Mk aus der Tasche gestohlen. Der Polizei war eS nicht möglich, die große Anzahl Men schen zu bewältigen, und wurde die'freiwillige Feuer wehr durch Alarmblasen zur Hilfe gerufen, um die Einwohner während der Nacht zu schützen. Heme Morgen wurde die Bande durch die Polizei nach Ruß dorf tranSportirt. — Zwickau, 1. Nov. Vorgestern Nachmittag sind in Reinsdorf eine der Gutsbesitzerin Günther daselbst gehörige Schöne und zwei Schuppen voll ständig niedergebravnt. Es sind der Besitzerin sämmt- liche Erntevorräthe, sowie einige WirthschaftSgegenstände mit verbrannt. Böswillige Brandstiftung wird ver- muthet. — Gestern Nachmittag ist im nahen Hart mannsdorf ein dem dortigen Gutsbesitzer Bauer ge höriges Schuppengebäude, in welchem sich der Schweine- stall befand, gänzlich niedergebrannt. Der Brand ist durch Kinderhände verursacht worden; ein 5jähriger Knabe hatte, um Kartoffelfeuer nachzuahmen, mii einem aus der elterlichen Wohnung entwendeten Streich holz das Stroh im Schuppen ongebrannt. — Zwickau. Das Königl. Finanzministerium hat der Stadtgemeinde zum Neubau der Paradies brücke einen Staatsbeitrag von 25000 M. verwilligt. — Der 8jährige Soh des Schmiedemeister Schmiedel im Vorort Reinsdorf fiel von einem Baume auf eine Zaunlatte, spießte sich daran auf, erlitt Verletzung der Lunge und liegt lebensgefährlich darnieder. — Mülsen St. Niclas. Die Wahl dc OrtSdieners Lindner hier zum Gemeindevorstand i von der Amtshauptmannschaft Glauchau nicht bestätigt worden. — Am 30. v. M. fand hier die Jahresfeier des Spiritistenvereines statt. Die „Gläubigen" waren hierzu von nah und fern her^eigeeilt. Der Spiritis mus zeitigte wieder seine schönsten Blüthen. — Crimmitschau. Am Sonntag Abend kam es im Tanzsaale von Pohlers Gasthof in Waldsachsen zwischen einigen Burschen von dort und zwei jungen Leuten aus Crimmitschau zu einer unbedeutenden Streitigkeit. Auf dem Nachhausewege jedoch wurden die beiden Letzteren, welche je ein Mädchen bei sich hatten, von hinten plötzlich mit Steinen bombardirt, worauf sogar einige Schüsse folgten, von denen einer )ie Arbeiterin Guhl von hier in die rechte Gesäßseite traf, eine tiefe Fleischwunde veranlassend. Die Ver letzte begab sich sofort nach ihrer Ankunft in Crimmit schau in ärztliche Behandlung. — Crimmitschau, 2. Nov. In der Kirmse- chen Fabrik in Neukirchen legten 30 Dreher wegen Lohndifferenzen die Arbeit nieder. — Der GutSauszügler N. in Grotzschleisdorf iel von einem Fenster in den Garten hinab und erlitt >abei Verletzungen, an welchen er bald darauf ge- torben ist. — Plaue« i. V. Der Postdieb ist, wie schon gemeldet, ermittelt und verhaftet worden. Es ist der Postassistent Otto Espig. Der ungetreue Beamte hatte eine kurze Abwesenheit seines Collegen, während deren dieser den Schlüssel am Werthgelafse hatte stecken lassen, benützt und da§ Werthpackct an sich genommen. — Noch nie hatte unsere Stadt sich eines so lebhaften Geschäftsganges in allen Zweigen der Industrie zu er freuen, als gegenwärtig; es können kaum so viel Kraft Maschinen geliefert werden, als beansprucht werden DaS städtische ElectricitätSwerk hat sich zu der Er klärung entschließen müssen, zu bestimmen, daß diejenigen Geschäftsleute, die von jetzt ab electrische Kraft bean spruchen, von der Abgabe solcher zwischen 4 Uhr nach mittags und 11 Uhr abends bis auf weiteres aus geschlossen sind. — Braud, 31. October. Der Betrieb bei der Königl. Mittelgrube geht nun bald seiner vollständigen Einstellung entgegen. Am gestrigen Tage meldeten sich ca. 140 Bergarbeiter von dieser Grube auf der Königl. Grube Himmelsfürst zum Anfahren vom 1. November ab. Weiter wurden auch 12 Mann nach der Königl. Grube Himmelfahrt verschickt. — Durch einen im „Martha"-Schacht bei Grimma durch Selbstentzündung der Kohle verur sachten Streckenbrand kamen am Sonnabend mehrere Bergleute in Erstickungsgefahr. Nach mehrstündiger angestrengter Arbeit gelang eS, dem Feuer Einhalt zu thun. Damit hing das völlig den Thatsachen wideilprechende Gerücht zusammen, es seien daselbst fünf Leute verschüttet und tödtlich verletzt worden. — Ja Pirna ist einem Gastwitth, in dessen Local seit längerer Zeit regelmäßig an bestimmten Tagen Glücksspiel stattfand, die Schankconcession ent- z>gen worden. — Löva«. Ein Zusammenstoß zwischen einer Lokomotive und einem Viehwagen erfolgte Dienstag Morgen auf hiesigem Bahnhofe. Der betreffende Wagen war bei der Mälzerei vom Rangirzuge ab gestoßen worden und fuhr an der Viehrampe auf eine im Gange befindliche Lokomotive. Der Zusammen stoß war so heftig, daß die Pu, ,er stark seitwärts ge bogen wurden und die darin befindlichen Rinder be deutende Verletzungen erlitten, einer Kuh wurden die Hörner abgestoßen, während eine andere ein Bein brach, so daß sie sofort geschlachtet werden mußte. — Dresden, 3. Nov. Nach erquickendem Schlaf ist der Zustand des Prinzen Friedrich August recht erfreulich. Kopf nur noch ein wenig eingenommen. GeisteS-Thätigkeit sehr rege und klar. Körperwärme 36,8, Puls 60, kräftig und regelmäßig. Kalkreuth, 3. Nov. 1899, 7 Uhr 36 früh, gez. Dr. Selle. — In Dresden sind auf Beschluß des Schul ausschusses drei Fortbildungsschüler, welche sich in unglaublicher Weise roh und frech gegen den Lehrer benommen, auf einen Monat der städtischen Arbeits anstalt überwiesen worden. — Lößnitz, im Erzgeb., 1. Nov. Bei dem gestern im Schubertschen Saale hier abgehaltenen Tanzvergnügen sank die Ehefrau des Milchhändlers Voigt hier während des ersten Tanzes vom Schlage getroffen todt zu Boden. — Einem bedauerlichen Unglücksfall ist in Radeberg ein junges Mädchen zum Opfer gefallen. Durch ein Versehen war in der Wohnung desselben der Gashahn offen geblieben, das Gas strömte aus und vergiftete das junge Mädchen, weches früh als Leiche aufgefunden wurde. — In Radebeul verunglückte ein Schlosser aus Serkowitz auf eigenthümliche Weise. Derselbe stieß sich bei der Arbeit eine 15 Centimeter lange, drei kantige Feile in den Unterleib, wobei ihm mehrere Därme durchschnitten wurden. — In Dahlen und Umgegend sind in letzter Zeit eine Anzahl von Diebstählen vorgekommen, ohne )aß es gelungen wäre, den Dieb zu fassen. Bor einigen Tagen endlich, bei einem neuen Einbrüche beim Gutsbesitzer Klepzig in Kühren, wurde ein Dieb im Heu versteckt gefunden. Bei der Festnahme befanden ich in seinem Besitze 12 Uhren, 20 Ringe, 6 Stempel verschiedener Ortsbehörden und circa 200 Mark. Außerdem besaß er noch ein Messer und einen fünf- äufigen scharf geladenen Revolver, von dem er aber einen Gebrauch machen konnte. rageSgeschichte. Aeulfche» Keich, (Vom Welttheater.- Der November ist nun mehr ins Land gezogen, der Monat der Schlecker und Bielesser. Es ist die Zeit der Kirmsen, der MartinS- ichmäuse. Karpfenschmäuse und noch vieler anderer Schmäuse. Er bringt uns aber auch den Wieder zusammentritt des Reichsparlaments, und schon giebt'S ein großes Ohrenspitzen im Lande auf besten Verhand- ungen. Hat doch z. B. Herr I)r. Lieber eine große Wäsche angeküudigt, die er im Reichstage vornehmen will; in Mülheim hat der CertrumSführer, um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen, nur ein Battisttuch" gewaschen, am Strande der Spree aber gedenkt er eine (roße schwarze Wäsche zu veranstalten, nur weiß man noch nicht genau, wem dieselbe eigentlich gelten soll. Run, au? jeden Fall wird's im Reichsparlamente wiederum recht lebhaft zugehen, zumal im Hintergründe eine neue große Flottenvorlage winkt. Das geht ja mit den Flotte forderungen bei uns jetzt wie mit Siebenmeilensiiefeln vorwärts, noch ist das 98er Flotten gesetz nicht verdaut, und schon soll den Herren ReichS- wten ein neues gepfeffertes Marinegericht servirt werden — ob sie wohl eifrig zulangen werden? Vermuthlich wird das Mütterchen Regierung tüchtig zureden müssen, und vielleicht wird's am Ende in dieser Sache gar heißen: „Friß Vogel oder stirb!" Pessimistische Ge- müther sehen darum im Gefolge der neu aufgetauchten Flottenvorlage schon eine politische Katastrophe in Ge- UmS tägliche Brot. Novelle von Gerd HarmStorf. (Nachdruck verboten. (».Fortsetzung.) „Ja, sie hat viel für mich gethan. Ich meine damit nicht, daß sie meine verpfändete Taschenuhr für mich ausgelvst und mich mit einigen noch sehr werth- vollen Kleidungsstücken aus ihrer eigenen Garderobe beschenkt hat. Denn die Uhr hätte ich wohl noch für eine Welle entbehren können, und den Umhang wie den Hut habe ich selbstverständlich seit jenem Nach mittag nicht wieder angelegt. Aber sie ist mir freundlich und liebevoll begegnet zu einer Zeit, wo Freundschaft und Liebe für mich von unschätzbarem Werthe waren; sie hat sich meiner Armuth nicht geschämt, wie eS vielleicht jede andere in ihrer Lage gethan hätte. Und darum wäre ich lieber gestorben, als daß ich einen Verrath gegen sie verübt oder ihr ein Leid zu gefügt hätte." „Ich werde sie davon zu überzeugen wissen — verlassen Sie sich darauf! Aber Sie sagen, daß Sie den grünen Umhang und den Hut mit den Strauß federn seit dem Nachmittag unserer letzten Begegnung nicht mehr angelegt hätten. So müßte ich mich also getäuscht haben, als ich Sie an dem nämlichen Abend um die achte Stunde in dieser Kleidung am Weiden damm zu sehen glaubte." Um die achte Stunde war nach der Erklärung deS am Weidendamm wohnhaften Pfandleihers der Brillantring bei ihm versetzt worden, und Grüttner hatte sich, wenn auch widerstrebend, zu der in seinen letzten Worten enthaltenen Lüge entschlossen, nur um aus Helenens eigenem Munde die Versicherung zu vernehmen, deren es für ihn freilich schon längst nicht mehr bedurfte. Sie schüttelte denn auch ohne alle Bestürzung oder Befangenheit das Köpfchen und sagte: „Sie haben sich unbedingt getäuscht, denn ich habe an jenem Abend meine Wohnung überhaupt nicht verlassen, und in jene Stadtgegend bin ich wohl seit zwei Monaten nicht mehr gekommen." „Daß eine andere Person ohne Ihr Borwissen das Kape und den Hut getragen haben könnte, ist ebenfalls ganz ausgeschlossen — nicht wahr?" „Es ist völlig unmöglich. Sie liegen wohlver- schlossen in meinem Koffer und ich habe den Schlüssel immer in der Tasche." „Sie sind sicher, daß sie sich auch jetzt dort be finden?" „Ich habe sie noch vor einer Viertelstunde ge- sehen, als ich nach einem anderen Gegenstand suchte. Aber wie seltsam Sie mich fragen! — Hat es denn mit diesen Dingen eine besondere Bewandtniß?" Grüttner sah sich vor einem anscheinend unlös baren Rätsel, denn daß die Person, die den Ring versitzt hatte, mit jenen beiden auffallenden KleidungS- stücken angcthan gewesen war, unterlag nach der sehr bestimmten und eingehenden Beschreibung des Pfand- leih rs keinem Zweifel. Wie sollte er nun HelenenS Erklärung, daß sic nicht einen Augenblick aus ihrem Gewahrsam gekommen seien, damit in Uebereinstimmung bringen? Und wie sollte er ohne eine Erklärung dieses Widerspruches Dolly von ihrer Schuldlosigkeit überzeugen? Er war in Versuchung, Helenen alles zu sagen, damit sie ihm bei der Lösung deS Rätsels be hülflich sei, aber ein Blick in ihr fragend auf ihn ge richtetes Antlitz raubte ihm den Muth dazu. Er fühlte, daß er doch nicht über die ersten Worte hinaus ¬ kommen würde, und er gelobte sich in der Stille seines Herzens, daß sie überhaupt niemals etwas von diesem Schimpf erfahren sollte, so lange es in seine Macht gegeben war, es zu hindern. Er gab ihr also eine ausweichende Antwort und empfahl sich schnell, um jetzt, da ihr Befremden einmal erregt worden war, weiteren Fragen zu entgehen. Aber als dann der Zauber ihrer holden Gegen wart nicht auf ihn wirkte und die nüchterne Ueber- legung nieder in ihre Rechte trat, mußte er sich sagen, daß diese Unterredung eigentlich kein anderes Ergebniß gehabt habe als die Feststellung einer von Dolly aus gesprochenen Lüge, durch die an den thatsächlichen Er mittelungen in der Diebstahlsangelegenheit überdies garnichts geändert wurde. Er war in der Erkenntniß der Wahrheit nicht weiter als zuvor, und er sah zu nächst keinen Weg, der ihn hätte weiter führen können. Dennoch zögerte er nicht, sich zu Miß Crandall zu begeben. Konnte er auch Helenens Unschuld noch nicht beweisen, so sollte Dolly doch unverzüglich er fahren, daß er felsenfest an die Makellosigkeit der Ver dächtigten glaube. Er sprang in eine Droschke und nannte dem Kutscher Straße und Nummer des von vr. Griffin bewohnten Hauses. Nur um ein paar hundert Schritte noch war er von dem Ziel seiner Fahrt entfernt, als ein zufälliger Blick durch das Wagenfenster ihn einen lauten Ruf höchster Ueber- raschung ausstoßen ließ. In der nämlichen Minute noch stand er auf dem Pflaster, reichte dem Kutscher dos erste beste Geldstück, das ihm zwischen die Finger kam und eilte dann mit langen Schritten einer Dame nach, deren Person oder vielmehr deren Kleidung die Ursache seiner plötzlichen, gewaltigen Aufregung war. Hätte er sie nicht soeben erst in einem anderen Stadttheil und in einem ganz anderen Anzuge ver ¬ lassen, so würde er darauf geschworen haben, daß eS Helene Martus sei, die da vor ihm ging. Das war dieselbe Figur, derselbe Gang und das war vor allem dasselbe auffällig grüne Kape mit dem glitzernden Schmelzbesatz, das er so oft auf ihren zarten Schultern gesehen. Und doch war es nicht eigentlich dies, sondern vielmehr der wohlbekannte, breitrandige Hut mit den Straußfedern gewesen, der zuerst seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Die geradezu verblüffende Ueberein stimmunghatte in Bruno Grüttners Augen zusehr den An schein eines offenbaren Wunders, als daß er nicht sofort alles hätte daransctzen sollen, ihr auf den Grund zu kommen. Er folgte der räthsilhaiten Erscheinung, deren gemäch licher Schritt er ihm nicht allzuschwer machte, sie ein- Wholen, und dann, indem er rasch an ihr vorüber ging, warf er einen Blick auf ihr nnverschleierteS Glicht. „MrS. Griffin!" rief er im nämlichen Moment. „Ist es möglich? — sie find also wieder zurück?" „Ja, seit gestern, Herr Grüttner," erwiederte die junge Frau des Zahnarztes, die der Ingenieur erst kurz vor ihrer Abreise nach dem Süden kennen gelernt hatte, mit einem strahlenden Lächeln. »Ich hatte zu große Sehnsucht nach meinem Gatten und nach meinem Kinde. Da habe ich sie denn ohne alle vorherige Ankündigung überrascht." Bruno Grüttners Pulse klopften wie im Fieber. Während er an der Seite der in blühender Gesund heit Heimgekehrten weiter schritt, hörte er kaum auf das, was sie ihm erzählte. Eine sichere Empfindung, ein Gefühl, das nicht täuschen konnte, sagte ihm, daß er jetzt vor der Lösung des für ihn so bedeutsamen RäthselS stehe, und ein furchbarer Argwohn, ein Ver dacht, der von Sekunde zu Sekunde festere Gestalt anuahm, beschäftigte seinen Geist. (Forts, f.)
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