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228, 30. September ISO?. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f, d. Dtschn. Buchhandel. S843 gewähren, kann man sich fragen, ob eine solche Verpflichtung auch dafür gilt, daß die vom Landesgesetz für die Ein heimischen festgestellten günstigeren Rechte auch den Verbands autoren zukommen sollen. Steht es den Verbandsstaaten frei, die Verbandsautoren am Genuß dieser größern Vor teile, die das Landesgesetz den einheimischen und manchmal (wie in Belgien, Frankreich und Luxemburg) sogar allen fremden Autoren einräumt, teilnehmen zu lassen oder von diesem Genüsse auszuschließen? Oder aber kommt jeder höhere Schutz, der von der internen Gesetzgebung den Autoren des Landes zugesichert wird, ohne weiteres oollrechtlich. den Verbandsautoren zu, so daß man stets die Berner Über einkunft mit dem Landesgesetz des Verbandsstaats zusammen in Anwendung zu bringen hätte, sobald letzteres die elftere an Schutzfreundlichkeit übertrifft? Entgegen den Bemerkungen des Herrn Harm and, der den Verbandsländern erlauben wollte, ihre Zugeständnisse auf diesem Gebiet nach den für die eignen Autoren in den andern Ländern erlangten zu bemessen und derart unter den Verbandsstaaten einen gewissen Wetteifer eintreten zu lassen, sprach sich die Konferenz nach den Voten der Herren Morel, Foä und Amar im Hinblick darauf, daß dies nach dem Geist der Übereinkunft eigentlich schon jetzt Verbands recht sein sollte, für die obligatorische Zubilligung der gesetz lichen Gleichbehandlung der Verbandsautoren mit den einheimischen Autoren im Falle günstigerer Vorschriften des Landesgesetzes aus. Da sie aber auf eine Bemerkung des Herrn Röthlisberger hin einsah, daß die oben wieder gegebene, ursprünglich gewählte Fassung diesen Gedanken nicht mit genügender Schärfe ausspreche, so wurde eine neue, strengere, in positiv-rechtlichem Sinne redigierte Fassung gesucht. Sodann schien es natürlicher, die Verkündigung dieses Grundsatzes nicht an den Anfang der Konvention zu setzen, noch bevor deren Grundprinzip, d. h. dasjenige der Gleichbehandlung (Artikel 2) überhaupt ausgestellt worden ist, sondern vielmehr an den Schluß der rechtlichen Vor schriften, aber vor denjenigen, die bloß die vertragstechnische Seite der Übereinkunft betreffen. So ist der Artikel 15 bis entstanden, der hinsichtlich der Sonderverträge auf den jetzigen Artikel 15 Bezug nimmt. Dabei ist jedoch die Sache so zu verstehen, daß, während die Verbandsländer alle Verbandsautoren ohne Ausnahme in den Genuß der weitergehenden Vorteile der internen Gesetze zu bringen verpflichtet sind, sie die zwischen einzelnen unter ihnen vertraglich vereinbarte Besserbehandlung nur denjenigen zuzusichern brauchen, die durch diese Vereinbarung (z. B. das deutsch-französische Abkommen) direkt be zeichnet sind. Artikel 2 und 3. Geschützte Autoren; Ausdehnung des Schutzes; Förmlichkeiten; Schutzdauer. Die wichtigsten Veränderungen erlitt Artikel 2 und zwar unter dem Eindruck der Prüfung des Begriffs der »Ver öffentlichung«, wie er durch die Pariser Deklaration definiert ist; diese hat übrigens weder alle aus der Definition sich er gebenden Forderungen noch die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs voraussehen können.*) *) So sprach Herr Pierre Sales von einer andern Termi nologie, die in einem Prozeß zwischen zwei Verlegern eine Rolle spielt. Danach ginge der Ausdruck -Veröffentlichung- auf die (erste) Veröffentlichung in Zeitungen und Zeitschriften, der Aus druck -Herausgabe- auf die (nachfolgende) Veröffentlichung in Buchform. Ferner tritt nach den Statuten der -Looists äss gsns äs isttrss« der Autor derselben das Recht der Veröffentlichung in Zeitungen ab, behält aber für sich das Recht der Herausgabe. Im Laufe der Diskussion schlug man noch andre Ausdrücke wie -Erscheinen-, -Wiedergeben- usw, vor, ohne jedoch die Ver sammlung von deren Vortrefflichkeit zu überzeugen. Sollte man nach dem hier angenommenen Vorschlag die Worte »veröffentlichte« und »nicht veröffentlichte« Werke durch die Worte »herausgegebene« und »nicht heraus gegebene« Werke ersetzen und außerdem noch die Bedingung der ersten Ausgabe auf Unionsgebiet aufrecht erhalten? Herr Henri Morel erklärte die hierüber in Paris ange nommene Bestimmung sowie die Gründe, die zu ihrer An nahme geführt hatten; er zeigte auch deren schwache Seite: die gewählte Definition ist auf Werke der Baukunst nur chwer anwendbar, und das für gewisse Werke mehr zufällige Moment der Herausgabe wird für diese zur entscheidenden Tatsache. So waren die anläßlich der Preiskonkurrenz für ein Weltpostdenkmal in Bern ausgestellten Entwürfe in der Union nicht geschützt, sofern sie von Nichtverbandskünstlern herrührten, und wurden es erst, nachdem sie auf Unions gebiet etwa in Form von Photographien, Postkarten oder dergleichen .... »herausgegeben« waren; anderseits verliert ein Künstler aus einem Verbandslande, der sein Werk z. B. in Wien ausstellt und dort dessen Wiedergabe als photo graphisches Bild, in einem Katalog oder in einer illustrierten Zeitung gestattet, an seinem Werke alle Rechte, die aus der Berner Übereinkunft fließen. Diese bedauerlichen Zufälligkeiten und »Berufsgefahren« schienen Herrn Albert Osterrieth so bedenklicher Art zu sein, daß er den Schutz, der den einem Verbandslande an gehörenden Künstlern zusteht, ausgedehnt wissen wollte auf alle ihre Werke, seien sie nun veröffentlicht oder nicht, seien sie in der Union oder außerhalb deren Gebietes heraus gegeben worden. Zu grinsten dieses radikalen Vorschlags machte Herr Osterrieth gellend, es wäre höchst ungerecht, von den Wohltaten der Union einen Verbandsautor aus zuschließen, der z. B. eine Arbeit in Holland zu Ehren eines dortigen Gelehrten in einem bei solchen Anlässen üblichen Sammelwerk erscheinen ließe oder dessen Roman infolge der mit der Erlangung des amerikanischen Copyright verbundenen Schwierigkeiten einige Tage früher in Nord amerika herauskäme als in England und somit infolge der ersten Herausgabe als ein amerikanisches Werk angesehen werden müßte. Indessen fehlte es auch nicht an Stimmen wie der des Herrn Wauwermans, die die Konferenz vor diesem neuen Grundsatz und vor den Verwicklungen warnten, die aus der immer so heiklen Festsetzung der Nationalität des Autors sich ergeben müssen, indem ja eine Änderung oder der Verlust der Staatszugehörigkeit auch den Verlust des Urheberrechts nach sich ziehen könnte; sie rieten davon ab, das gemischte System, das jetzt im Verband in Kraft stehe und die Einbeziehung des Verlagsgeschäfts in die Unions grenzen erlaube, aufzugeben. Herr Osterrieth wies aber darauf hin, daß die Mehrzahl der Gesetze der Verbands länder grundsätzlich schon jetzt die Werke ihrer einheimischen Autoren ganz unabhängig vom Erscheinungsort schütze.*) So entschied sich denn die Konferenz dafür, diese Lösung auch auf das Verbandsleben zu übertragen und die Staats angehörigen von Verbandsländern von jeder Bedingung zu befreien, durch die der Schutz vom Orte der Veröffentlichung oder von der erstmaligen Herausgabe in einem Verbands lande abhängig gemacht würde. Dagegen wurde das jetzige System der Konvention aus voller Überzeugung für die keinem Verbandslande ungehörigen Autoren beibehalten; diese haben auch fernerhin die Verpflichtung, ihre Werke auf Unionsboden herausgeben zu lassen. Dadurch will man das Verlagsgeschäft hauptsächlich aus Ländern, die, wie Österreich- Ungarn und Rußland, der Union noch ferngeblieben sind, *) Siehe den Kommentar zur Berner Übereinkunft von Prof. Röthlisberger, S. 124. 1282*