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3848 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 78. 3. April 1908. nehmen, da das Buch für die Religion anstößige Stellen enthalte, und auch die durch kaiserlichen Befehl angeordnete Ablieferung des von den Eichenbergischen Erben gedruckten Werkes von Barth: Lehre von der Person und Amt unseres Erlösers« zu veranlassen. Der Rat beschloß Sequestration und Untersuchung wegen des anderen Werks. Dagegen reichte Varrentrapp ein Promemoria ein, worin er schilderte, daß das Werk schon 1771 gedruckt und viel verkauft sei und daß er nie etwas Nachtelliges darüber gelesen oder gehört hätte; wenn Irrlehren darin wären, so würde die Landgräfin von Hessen die Widmung nicht angenommen haben. Das 1775 von Eichenberg gedruckte Predigtwerk sei zwar verboten, seins aber nicht; er protestiere daher gegen die Konfiskation und appelliere an das Reichsgericht. Seine Eingabe wurde jedoch vom Rate nicht berücksichtigt, und da es sich nicht um Konfiskation, sondern nur um Sequestration des Werkes handelte, so zog er das Promemoria zurück. Franz Varrentrapp war (nach einer Mitteilung der Frankfurter Handelskammer) der erste, der auch die Kurse der Wechsel und Geldsorten in seine Zeitung aufnahm, und zwar erstmals 1748. Die Makler, ebenso die Böcsenvorsteher erhoben lebhaften Protest dagegen; Varrentrapp wies jedoch auf die wirtschaftlichen Vorteile einer solchen Veröffentlichung hin und scheint den Rat der Stadt damit überzeugt zu haben. Wenigstens wurde die Angelegenheit seitens des Rates nicht weiter verfolgt. (Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. * Vom Reichstage Postscheck Mü«,ges«tz — (Vgl. Nr. 60, 6l, 72, d. Bl.) — Der Deutsche Reichstag beschäftigte sich am 31. März in erster Lesung mit der Vorlage betreffend Ermächtigung des Reichskanzlers, vom 1. Januar 1909 ab den Postscheckverkekr zunächst auf dem Wege der Verordnung einzusühren. (Vgl. Nr. 60, 61 d. Bl.) Hierzu äußerte sich der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetker »Mit wenigen Worten möchte ich den Postscheckentwurf ein führen. Bei der Beratung des morgen in Kraft tretenden Scheck gesetzes ist eingehend darüber gesprochen worden, wie Handel und Verkehr es notwendig machen, daß wir mehr Abstand nehmen von dem Bargeldaustausch und das Scheckwesen fördern. Nun ist ja diesem hohen Hause bereits im Jahre 1899 eine Vorlage zur Einführung des Postscheckoerkehrs zugegangen, und mein Vor gänger hat damals ausgesührt, wie gerade die Post mit ihren vielen Postanstalten geeignet sei, in weitere Schichten des Volkes das Postscheckwesen einzuführen und in welchem Maße die Postverwaltung an der Verbesserung des Zahlungs verkehrs interessiert ist. Ich darf daran erinnern, daß 1896 der Umsatz an Postanweisungsgeldern 5 Milliarden betragen und daß bis 1906 diese Summe sich auf 11 Milliarden gesteigert hat. Nun wurde Ihnen damals vorgeschlagen, den Postscheck in der Weise einzuführen, daß jeder, der ein Konto eingerichtet haben wollte, eine Stammeinlage von 100 einzahlen sollte, daß das Guthaben verzinst werden sollte und mäßige Gebühren gefordert würden. Bei der eingehenden Beratung dieses Gesetzentwurfs im Reichs tage nahm man Anstand an der Verzinsung des Guthabens, weil man fürchtete, daß damit den Sparkassen und genossenschaftlichen Kreditanstalten Konkurrenz gemacht würde. Es wurde die Post- scheckoorlage in einer Form angenommen, die es den verbündeten Regierungen unmöglich machte, das Postscheckwesen cinzu- führen. Nun hat man diesmal den Vorschlag gemacht, daß man von jedem, der ein Konto haben will, eine Einlage von 100 ^ verlangt und daß die Guthaben der Kontoinhaber nicht verzinst und die Gebühren wesentlich herabgesetzt werden sollen. Der damalige Vorschlag des Reichstags ging darauf hinaus: keine Zinsen und keine Gebühren! Das war aber unannehmbar. Um nun zu vermeiden, daß die Befürchtung, durch das Postscheck wesen würde den Sparkassen und genossenschaftlichen Kredit instituten Konkurrenz gemacht, wieder Platz greife, hat man die Verzinsung fallen lassen und die Gebühren geringer festgesetzt. Auch ist der jetzige Vorschlag von Sachverständigen geprüft worden. Ich hatte mir gestattet, im November die Vertreter der verschie denen beteiligten Verbände einzuladen; bei eingehender Be sprechung kam man dahin, daß auf dieser Basis es möglich sein würde, das Postscheckwesen einzuführen, weil durch das Fortfallen einer Verzinsung den Sparkassen keine Konkurrenz mehr gemacht würde. Seitens eines Teiles der Genossenschaften bestand noch die Befürchtung, daß doch in gewissem Maße ihnen durch die Einführung des Postscheckwesens eine Kon kurrenz entstehen könne. Bei einem großen Teil der Ge> nossenschasten war jedoch die Meinung die, daß bei Fort fall der Verzinsung diese Befürchtung nicht gerechtfertigt sei. Welche Ausdehnung das Postscheckwcsen nehmen wird, dar- über, meine Herren, werden wir alle erst die Erfahrungen nach Einführung des Verkehrs abwarten müssen. In Österreich hat das Postscheckwesen einen großen Umfang angenommen. Wir können aber wohl nicht damit rechnen, daß es sich bei uns gleich von Anfang an in derselben Weise ausdehnen wird, weil zwei große Verschiedenheiten vorhanden sind: erstens zahlt Österreich Zinsen; wenn die Zinsen auch gering sind, so ist es doch immer ein Anreiz, Geld länger stehen zu lassen; zweitens hat Österreich das Postschcckwesen zentralisiert, während unsere Absicht ist, neun Scheckämter, wie bereits in der früheren Vorlage Ihnen oorgc- schlagen wurde und was keine Anfechtung gefunden hat, einzu richten. Mit Rücksicht auf diese Verschiedenheit der Einrichtungen ist bei uns nicht damit zu rechnen, daß das Geld so lange stehen bleiben wird wie in Österreich. Man wird sich über diesen oder jenen Punkt der Vorlage wahrscheinlich noch in der Kommission viel unterhalten können. Es werden auch noch Vorschläge kommen. Wir glauben aber, Ihnen die Vorschläge, wie sie in der Vorlage enthalten sind, unterbreiten zu sollen, und hoffen, daß sie An nahme finden werden. - Das Wort nahmen die Abgeordneten Roesicke (dkons ), Singer (Soz.), vr. Weber (nl.), Kaempf (fr. Volksp ), Speck (Ztr.), Raab (Wirtsch. Vgg.), 0r. Arendt (Rp ). Die Vorlage wurde der Budget kommisston überwiesen. Es folgte die erste Lesung des Gesetzentwurfs, betr. Änderung des Münzgesetzes, vom 9 Juli 1873. (Vgl. Nr. 72 d. Bl.) Zur Begründung der Vorlage nahm das Wort Staatssekretär des Reichsschatzamts Lydowr »Meine Herren! Die Novelle zum Münzgesetz, die den Gegen stand der jetzigen Beratung bildet, ist ein Kind der Zweckmäßigkeit; NUtzlichkeitsgründe, keine grundsätzlichen Erwägungen haben zu ihrer Ausarbeitung und Vorlegung geführt. Im Gegenteil, grundsätzlich steht die Vorlage lediglich auf dem Boden unsrer gesetzlich festgelcgten Währung. Ich glaube, mich daher bei der Einführung der Vor lage auch ganz kurz fassen zu sollen. -Ihren Gegenstand bilden drei Punkte. Zunächst die Ein führung eines Fünfundzwanzigpfennigstücks. Wie Ihnen bekannt, ist der Wunsch nach Cinschicbung einer solchen Münze in unser Münzsystem in den letzten Jahren besonders lebhaft von norddeutschen Handelskammern, und zwar vom fernsten Osten bis zu den Ufern des Rheins, geltend gemacht worden und hat auch in den Kreisen der Landwirtschaft Unter stützung gefunden. Nachdem im Jahre 1906 eine darauf ge richtete Petition von diesem hohen Hause den verbündeten Regie rungen zur Erwägung überwiesen war, hat neuerdings bei der Elatsberatung der Reichstag eine auf Einführung der Münze ge richtete Resolution angenommen. »Die verbündeten Regierungen sehen keinen Grund, diesen Wünschen zu widersprechen, nachdem sie sich in einem so ausge dehnten Teile Deutschlands wiederholt geltend gemacht haben. Das einzige Bedenken, das wohl dagegen erhoben werden könnte, ist das, daß die Vermehrung der Münzsorlen immer gewisse Unbe quemlichkeiten mit sich bringt. Aber darauf ist doch zu erwidern, daß auch nach der ursprünglichen Anlage des Münzgesetzes zwischen dem Zehnpfennigstück und dem^ Fünfzigpfennigstück eine andere Münze — damals das Zwanzigpfennigstück, das, ich möchte sagen, aus münztechnischen Rücksichten aufgegeben worden ist — einge schoben war, — eine Münze, an deren Stelle eben jetzt das Fünfund zwanzigpfennigstück treten soll. Im übrigen hört man diese Ein wendung doch am meisten aus den Kreisen der Kassierer; und so hohe Achtung ich vor diesem ehrenwerten Stande habe, so bildet er doch eine verschwindende Minderheit innerhalb unseres Volkes. Auch die Einwendungen vom Standpunkt der Dezimalteilung können, glaube