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^ 78. 3. April 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel 3845 des kanonischen Rechts war, und beteiligte sich 1409 wegen der gegen die sogenannten deutschen Nationen ergriffenen Maßregeln an dem Abzüge der Professoren und Studenten aus Prag. Er begab sich nach Leipzig und wurde von hier aus als Abgesandter der Universität auf das Konstanzer Konzil geschickt. Hier berief sich Johannes Hus, dem vom Konzil der Vorwurf gemacht worden war, den Auszug der deutschen Nationen veranlaßt zu haben, zu seiner Ver teidigung auf Albrecht Varrentrapp, dem jedoch das Wort zur Erwiderung nicht erteilt wurde. Daß Albrecht Varren trapp das Todesurteil des Hus mit unterschrieben habe, ist historisch nicht belegt. 1417 wurde Varrentrapp vom Kaiser Siegismund ein Wappenbrief ausgestellt, was Bürgerlichen gegenüber damals selten vorkam; 1432 nahm er am Basler Konzil teil. Er starb 14:-8. Ein Bruder Albrechts, Heinrich Varentrappe, ist in dem Wappenbriefe von 1417 mit erwähnt. Vielleicht ein Enkel Heinrichs ist Johannes Varentrappe, der 1465 Schulmeister, später Vikar an der Liebfrauenkirche in Bochum war und um 1520 gestorben ist. Ein Zweig der Familie Varrentrapp blühte bis 1730 auf dem Gute Varrentrapp, ein anderer nahm seit 1622 seinen Aufenthalt in der Stadt Hattingen und war noch 1714, oder wenn man die Frank furter Abzweigung mitrechnet, bis 1775 dort begütert. Von dem Hattinger Zweige der Familie erwarben 1681 Konrad und 1635 sein Bruder Heinrich Abraham Varrentrapp das Bürgerrecht in Frankfurt a. M., wo die Nachkommenschaft Heinrich Abraham Varrentrapps in einem Zweige noch heute lebt. Uns interessiert hier vor allem das jüngste von Heinrich Abrahams zwölf Kindern, sein Sohn Franz Varrentrapp. Franz Varrentrapp wurde am 30. November 1706 in Frankfurt geboren und erlernte bei seinem Onkel Gleditsch in Leipzig den Buchhandel. Seine Mutter war nämlich eine Schwester von Georg Weidmann, der um 1680 die später so berühmt gewordene Weidmannsche Buchhandlung gegründet hatte, die nach seinem Tode (1693) der Beistand und spätere Gemahl seiner Witwe, Johann Ludwig Gleditsch, für die Witwe und für die minorennen Kinder verwaltete. Die Buchhandlung übernahm später der älteste Sohn, Georg Moritz Weidmann der ältere, während Gleditsch mit seinem Bruder und Sohne inzwischen sein eigenes Geschäft zu einer der ersten Buchhandlungen Deutschlands gemacht hatte Franz Varrentrapp verlor mit 22 Jahren kurz hinter einander beide Eltcrn und war mit seinen beiden Schwestern fast mittellos, da sein Vater durch schwere geschäftliche Ver luste ruiniert war. 1731 wurde Franz Varrentrapp Frank furter Bürger und ließ sich in dem Hause »zu Ellfeld«, an der Ecke der Buch- und Münzgasse, als Buchhändler nieder. In der Folge spielte er als Buchhändler in Frankfurt eine große Rolle und übte auf Reformen im Buchhandel und auf das Zeitungswesen in seiner Vaterstadt und in ganz Deutsch land einen zwar indirekten, aber wesentlichen und nachhaltigen Einfluß aus. Frankfurt war in seiner Jugendzeit noch die Metropole des deutschen Buchhandels, von allen bedeutenderen Städten, wo der Buchhandel blühte, leicht erreichbar, und bei seinen dereinst berühmten Messen auch viel von ausländischen, vornehmlich holländischen Buchhändlern besucht. Erst um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts nahm Leipzig durch seinen immer mehr aufblühenden Buchhandel die führende Stellung in Deutschland ein, die es bis heute behauptet hat (F. v. Schroeder, Die Verlegung der Büchermesse von Frank furt a. M. nach Leipzig, Leipzig 190i). Im Jahre 1732 erhielt Franz Varrentrapp ein Privileg, für zehn Jahre den »Frankfurter Rats- und Stadtkalender« drucken zu dürfen, woraus ihm später ein Prozeß mit den Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Erben des Alt-Achatius von Clerff erwuchs, dessen früheres Privileg noch nicht abgelaufen war. Vairentrapp begründete den Ruf seines Namens durch die Herausgabe eines französischen Blattes in Frankfurt, des r^,vLat-6orirsur,, das seit dem 26. April 1734 viermal wöchentlich erschien und bald über den größten Teil Europas Verbreitung fand. Es zeichnete sich vor allem durch großen Freimut aus. Seinen geschickten Redakteuren, besonders Marc-Antoine Emanuel de la Barre de Beaumarchais, späterem Mitarbeiter Roderiques an der »Olasstto äs Lologno« und endlich päpstlichem Bibliothekar, sowie dem geistreichen Schriftsteller de Minutoli war es zu danken, daß die Zeitung stets auf der Höhe blieb, nach Frankreich, England und Rußland gesandt und sogar in Venedig regelmäßig nachgedruckt wurde. Auf eine falsche Nachricht hin, daß alle Protestanten in Wien katholisch und Wiener Bürger werden oder Wien verlassen sollten, wurde zwar schon im Herbst 1734 der Druck des »^.vant-Ooursur« dem Varrentrapp verboten; dieser half sich jedoch dadurch, daß er formell die Zeitung dem Franz Matthias Christoph Treudel ver kaufte; daß sie Varrentrapp aber später noch gehörte, geht aus mehreren Klagen gegen ihn aus späterer Zeit hervor (L. Salomon, Geschichte des Deutschen Zeitungswesens I. Oldenburg 1900). Der gute Erfolg, den der »^.vant-Ooursur« durch seine große Verbreitung erzielte, veranlaßte Varrentrapp, seit 1741 ein deutsches Blatt erscheinen zu lassen, dessen vollständiger Titel ursprünglich: »Frankfurtische Berichte von vorstehender Kaiserwahl und -Krönung, wie auch von denen Staats-, Kriegs- und Friedensangelegenheiten in- und außerhalb Europas« lautete. Varrentrapp war nämlich ein eifriger Parteigänger Karls VII., für den er in dieser Zeit unbedingt eintrat, wofür ihn dieser großen Vertrauens würdigte, so daß fast alle Briefschaften des Kaisers nach Frankfurt durch Varrentrapps Hände gingen. Die Wahl des Kaisers wurde bekanntlich von seiten Österreichs sehr erschwert. Bayerische Lehen und große Glücksgüter wurden dem getreuen An hänger, der in Frankfurt eifrig für den Kaiser agitierte, ver heißen, doch vereitelte der schnelle Tod Karls VII. alle diese schönen Aussichten. Varrentrapp war auch bei seiner deutschen Zeitung glücklich in der Wahl seiner Redakteure. Zuerst war Re dakteur Christian August von Beck aus Langensalza, später kaiserlicher Hofrat und Reichsreferendar, dann der nachmalige Professor in Tübingen, vr. Lohenschild, und schließlich der spätere Syndikus von Wimpfen, Bender, die diese Zeitung durch ihr ausgezeichnetes Redaktionstalent auf die Höhe brachten. Die »Frankfurtischen Berichte« brachten nun im Früh jahr 1752 aus Hamburg eine Meldung, daß in Rußland eine Verschwörung gegen die Kaiserin Elisabeth entdeckt sei, daß diese abdanken und sich ins Kloster zurückziehen wolle. Diese Nachricht rief am Wiener Hofe große Verstimmung hervor, da zwischen ihm und dem russischen Hofe enge freundschaftliche Beziehungen gepflogen wurden. Der damals in Wien weilende russische Minister Graf Bestuschef setzte es daher durch, daß der Kaiser durch den Frankfurter Bücher kommissar von Scheben die Privilegien für beide Varren- trappschen Zeitungen aufheben und deren weiteres Erscheinen verhindern ließ. Der verhängnisvolle Artikel war übrigens auch in der »Frankfurter Obcrpostanttszeitung« erschienen, wurde aber dort nicht beanstandet. Dem Frankfurter Ober postamt wurde aufs strengste verboten, die Varrentrappschen Zeitungen zur Versendung anzunehmen. Es blieb daher Varrentrapp nichts weiter übrig, als auf den Druck seiner Blätter zu verzichten; zwar ließ ihm noch im gleichen Jahre der russische Botschafter Graf Kayserlingk mitteilen, die 499