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getragen, wo die Amerikaner eine wohlthätige BelehrungIgebracht sind. Ich glaube, daß das eher an Scbweine-I..^rakü!rb?n ka*» .. . er e IX. '-- wurde Me zur ibrochener nend der r«zeS>eschichte. De«tfch« Arich. In der Budgetcommission des Reichstages stand der Nachtragsetat der Marine- Verwaltung zur Berathuvg. Beim Postetat kommt Abg. Müller-Sagan lfr. Vp.) aus die Fernsprech-Auto- maten zu sprechen und kragt, ob jeder Geschäftsmann einen solchen Automaten haben könne. ES erscheine fraglich, ob es zweckmäßig war, die Automaten aufzu stellen, bevor die neue Fernsprechgebührenordnung in Kraft getreten sei. Director Sydow: Die Automaten seien ein Versuch nach dem Muster des Auslandes. Man könne nur schrittweise vorgehen. Bei Vergebung der Automaten solle möglichst mit Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit vorgegangen werden. Maßgebend sei das VerkehrSbedürfniß und möglichst gleichmäßige Ver- theiluug über die Stadt. Bis jetzt habe man sich übrigens seitens des Publikums nicht gerade gerissen um Aufstellung von Automaten, da auch mancherlei Belästigung damit verbunden fei. Er hoffe aber, daß die Sache sich bewähren würde. Die Ansätze des Post etats und des Etats der Reichseisenbahnen werden darauf unverändert genehmigt. Auf der in Hof abgehaltenen Wanderverfammlung bayrischer Landwirtbe hielt Prinz Ludwig von Bayern eine Rede, in der er sich über das dem Reichstage vorliegende Fleischbeschaugesetz m kotzender Weise äußerte: Wenn man sich auf den Standpunkt des ab soluten Consumenten stellt, kann man jede Verbilligung der Fleischzufuhr nur gutheißen. Die Landwirthe wollen ja durchaus nicht, daß das Fleisch übermäßig vertheuert wird, sondern sie wollen nur, daß das Fleisch, das sie selber prvduciren, einen angemessenen Schutz hat, und daß sie, ähnlich wie bei anderen Producten und wie die Industrie, als sie noch schwächer war und eines Schutzes bedurfte, einen mäßigen und die übrigen Volksschichten nicht schädigenden Schutz genießen. Bezüglich des Fleischbeschaugesetzes ist die Landwirth- schaft noch viel bescheidener; sie verlangt nur, daß das Fleisch aus dem Ausland nicht einer leichteren Con- trole unterliege, als das Inland. Das Fleischbeschau- gesetz ist gerechtfertigt durch den Schutz, der im all gemeinen der Gesundheit aller Klaffen des Reichs zu Theil werden soll, aber in keiner Weise dadurch, daß daL Fleisch, daS aus dem Ausland kommt, einer leichteren Controle unterworfen werden soll, als das, daß im Inland gewonnen wird. Ihr Wunsch ist ge wiß der bescheidenste, daß man äußern kann; er will keine Vorthcile, sondern nur Gleichstellung mit dem Auslan Bei der Berathung des Eisenbahnetats in der Württembergischen Kammer der Abgeordneren theilte der Ministerpräsident Freiherr von Mittnacht mit, in der letzten Zeit hätten auf Veranlassung und unter Theilnahme des Reichseisenbahnamtes Verhandlungen stattgefunden zwischen Bayern, Baden, Württemberg und den Reichslanden über die Einführung eines ein heitlichen Personentarifs. Die Berliner Bauarbeitgeber und der Maurer streik. Der Arbeitgeberbund für das Maurer- und Zimmergewerbe von Berlin und den Vororten hielt Donnerstag Abend unter Vorsitz des Baumeisters Dobler eine außerordentliche General versammlung ab, welche äußerst zahlreich auch von Nichtmitgliedern besucht war. Hier wurde einstimmig beschlossen, eine Generalaussperrung sämmtlicher Ber liner Maurer zum Dienstag zu proclamiren, falls nicht am Montag auf sämmtlichen Bauten die Arbeit von den Gesellen wieder ausgenommen wird. Gesterretch-Nugar«. Im österreichischen Kriegsministerium beschäftigt man sich mit der Frage der Wiedereinführung der Lanze entweder bei den Ulanen, oder auch, nach' deutschem Muster, bei den Dragonern und Husaren. Die Frage ist bereits soweit gediehen, daß es sich bloß um die Wahl eines entsprechenden leichten und hand lichen Pikenmodells handelt. Frankreich. Paris, 9. Juni. Picquart verließ heute Nach mittag 3 Uhr das Santä-Gefängniß und reiste nach Ville d'Avray. Als Picquart in Begleitung seines Schwagers und des Secretärs des Anwalts Labori auf die Straße trat, waren dort nur einige Jour nalisten und etwa fünf Schutzleute anwesend. Ein Zwischenfall ereignete sich nicht. — Zola hat heute Nachmittag gegen das Versäumnißurtheil des Versailler Schwurgerichts die Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht. — Es verlautet, die Mitglieder des Kriegsberichts, durch welches Esterhazy seinerzeit freigesprochen wurde, seien entschlossen, die Privatklage gegen Zola aufrecht zu erhalten. — Der Maire von Domon ist seines Amtes enthoben worden, weil er sich weigerte, das Revisionsurthejl des Cassationshofes in der Gemeinde anschlagen zu lassen. — Dupuy und der Kriegs- minister Krantz hatten eine Besprechung mit General Zurlinden unv dem Polizeipräse'ten, in welcher die Maßregeln zur Aukrcchtcrhaltung der Ordnung am Sonntage sistgestcllt wurden. — Die meisten Blätter fahren iort, ihren L edenken bezüglich des Ver laufe« der Rennen nm nächsten Sonntag Aus druck zu geben. Nur die radikalen und socialistischen Biälter zeigen sich inkolge der von der Regierung ge troffenen Maßregeln beruhigt. Der „Figaro" ver sichert, daß im gestrigen Minitterratye die Erklärungen, welche Dupuy am Tage vorher den Telegirten des republikanischen Grippen der Kammer und des Senats abgegeben hatte, gebilligt und ferner die Maßnahmen geprüft worden find, welche znr Sicherung der republi kanischen Verfassung ergriffen werden sollen. — Mehrere Blätter bringen weitere Meldungen über Gerüchte, die in den Wandelgängev der Kammer und des Se nats bezüglich einer bevorstehenden Ministerkrise um laufen. Man suchte einen Anlaß zum Sturze Dupuys, namentlich in etwaigen Vorkommni sen am nächsten Sonntag zu finden. — Am Schluffe der Versamm lung, die gestern Abend zu Ehren Zolas abgehalten wurde, kam eS zu Reibereien. Vor der Wohnung ZolaS fanden Kundgebungen für und gegen ihn statt. Die Fenster eines in der Nähe liegenden Kaffeehauses wurden zertrümmert. Mehrere Personen wurden ver haftet. Paris, 9. Juni. Gestern Nachmittag 4 Uhr brachte der Localdampfer „Goeland" den Hauptmann Dreyfus an Bord des Kreuzers „Sfax", welcher der Felsen wegen eine Seemeile von der Teufelsinsel erwartete. Die Revisionsgegner behaupten heute, der Regierung sei ein neuer Schuldbeweis gegen Dreyfus zur Verfügung ge stellt worden. ES handelt sich offenbar um jenes Dokument, welches seitens eines Anonymus Beaurepaire zum Kauf angeboten wurde Der Deputirte Gervickereache, derselbe, welcher die Absetzung der Kriminalkammer des Cassationshofes angeregt hat, macht jetzt im Parlament eifrigst Propaganda für eine Amnestie, welche alle Civilisten und Militärs um fassen solle, die anläßlich der Dreyfussache in Strafe kamen, in Untersuchung gezogen oder von solcher bedroht sind. England. London, 9. Juni. „Daily Chronicle" berichtet, die englische Regierung habe bei einer bekannten Firma angefragt, wie schnell sie dem Knegsministerium 1300 Militärtransportwagen liefern könne. Dem Anschein nach soll jetzt Säbelgerassel nach dem Muster der Fafchoda-Farce mit einer kleinen Mobilmachung be gonnen werden. Der „Voss. Ztg." wird aus London berichtet, Obwohl die Sprache der Morgenblätter hinsichtlich Transvaals mehr oder weniger kriegerisch ist, wird in maßgebenden parlamentarischen Kreisen die Hoffnung, die gewünschten Zugeständnisse von Transv io! schließ lich durch diplomatische friedliche Mittel zu erlangen, nicht ausgegeben. Man erwägt, daß angesichts der Thatsache, daß in der Kapcolonie und dem Oranje-- freistaat lebhafte Sympathie für die Transvaalburen sich kundgebe, zu einem erfolgreichen Kriege mit Trans vaal mindestens 50000 Mann britische Truppen e'- w -derlich sein würden. Unter der übe.wiegenden Mehr heit der UnterhauSmitglieder herrkcht groge Abneigung gegen einen Krieg, um die Uitlandcrs besser zu stellen oder die Wohlfahrt der Capitalisten zu erhöhen, da selbst unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Gold minen in Transvaal sehr irgiebig sind. Türkei. Aus Prilip in Macedonien wird gemeldet, daß dort Kämpfe zwischen Bulgaren und Türken statt fanden, wobei beiderseits mehrere Personen getödtet bezw. verwundet wurden. Der Vali kam mit Truppen aus Bstolja nach dem Schauplatz der Kämpfe, um die Ruhe wieder herzustellen. Viele Bulgaren wurden verhaftet. Amerika. Nach Berichten aus Peru beträgt die Zahl der von den Indianern in Mascari, Mollepunca und Cerque niedergeschlachteten Menschen über 1000. Die provisorische Regierung von Bolivia entsandte Truppen gegen die Indianer. Josephinens Glück. Erzählung von A. von der Elbe. 1V. Fortsetzung (Nachdruck verboten.) Bei einem Morgengange traf Josephine mit Luise Moser zusammen, die den Arm der Nachbarin nahm und sie begleitete, ganz voll von neuen Eindrücken, die sie eifrig besprach: „Bei uns ist schweres Unwetter. Coras gleich altrige Freundin, Loni Scheller, die Tochter des reichen Bankiers, hat sich mit einem Baron Kisleben verlobt. Cora hat immer mit der blonden Loni rivalisiert, daß die ihr nun vorgeht, als Verlobte gefeiert wird, eine glänzende Aussteuer mit allen möglichen schönen und modernen Sachen bekommt und es bald eine große Hoch zeit geben wird, regt sie auf und macht sie furchtbar neidisch. Sie sagt auch, ungezogen wie immer, sie könne mich dann los werden und eine Frau habe es doch viel besser, sie sei freier." „Für Fräulein van Haften findet sich gewiß jeden Tag eine annehmbare Partie." „Natürlich theilt sie Körbe aus. Wir sind wählerisch. Bald ist ihr die Stelle, bald der Name des Bewerbers nicht gut genug, oder sie findet dies oder das lächerlich. Ich dachte, sie würde ihr kokettes Schmetterlingsdasein möglichst lange fortsehen. Von vielen Anbetern umringt zu sein, war ja bis jetzt ihr höchster Genuß. Und nun plötzlich steht ihre wetter wendische Laune anders." „So wird sie einen ihrer schmachtenden Lieb haber erhören?" „Ich glaube, mein Unding hat vor allen andern ein Auge auf Ihren Assessor geworfen." „O, er ist ganz kühl gegen sie," fuhr es Jose- i hinen heraus. „Meinen Sie? Vielleicht reizt etwa- Abwehr gerade meine Eigenwillige und sie seht es noch durch, daß er Emst macht. Heute abend ist bei uns eine kleine Gesellschaft; paffen Sie auf, da giebt'S war." Sorgenvoll und verstimmt kehrte Josephine heim. Würde er sich vielleicht einfangen lassen? Sie saß in ihrem Zimmer am Schreibtische und vertraute ihre neu erwachten Befürchtungen dem blauen Büchlein an: „Sollte es möglich sein, das die kleine Kokette ihn für sich gewinnt? Ich zittere, ihn zu verlieren. O Bruno, wie ich Dich liebe und wie ich sür Dein Glück bange! Ich —" So weit hatte sie geschrieben, als ihr Vater un erwartet eintrat und sie, zusammenschreckend, ihr Heft in die Tasche gleiten ließ. „Komm mit, Kind," sagte der Rath eifrig, „der Gärtner ist da, der das Rondel ändem will. Er möchte Deine Meinung über die neue Anlage hören." Ergeben folgte Josephine ihrem Vater in den Garten und betheiligte sich zerstreut an der Männer Berathung. Als man zu einem Entschluß gekommen war und Steinberg mit dem Gartenkünstler weiter ging, kehrte die Tochter ins Haus zurück, aufs Neue ganz versenkt in den Gedankengang, den der Vater durch seinen Eintritt jäh unterbrochen hatte. Mechanisch und in Nachsinnen verloren, setzte sie sich vor ihr Nächtischchen im Gartensaale. Von un widerstehlichem Drange getrieben, zog sie das Notiz buch aus der Tasche und begann weiter zu schreiben: „Ich würde ja auf jede selbstsüchtige Hoffnung gern verzichten, wenn ich nur sein Glück gesichert sähe, aber mit Cora van Haften" — „Fräulein" — Josephine fuhr herum. Die Köchin stand mit hochrothem Kopf in der Thür. s willst Du?" „Ach, Fräulein, kommen Sie doch mal, der Auf lauf will nicht gehen — soll ich rasch — ?" Josephine, die das Büchclchen beim Eintritt des Mädchens in der Schieblade ihres Nähtisches geborgen hatte, sprang empor. Ihres Vaters Laune litt, wenn ein mißlungenes Gericht auf den Tisch kam. Auch Bruno war nicht gleichgültig gegen die Freuden der Tafel, sie mußte sorgen, daß geschwind eine andere süße Speise hergerichtet wurde. Sie war in diesem Augenblicke ganz Hausfrau und eilte mit der Köchin hinaus. Einige Minuten, nachdem Josephine das Eß zimmer verlassen hatte, trat Bruno ein, wie er oft, um diese Zeit, ungerufen that. Der Tisch war ge deckt und man sah, daß gleich angerichtet werden würde. Bruno stand in der offenen Thür der Veranda und gewahrte Steinberg mit dem Gartenmeister im Gespräch. Es war von Aenderung die Rede gewesen unv der Assessor begriff die kleine Verzögerung des Mittagessens. Er kehrte ins Zimmer zurück und setzte sich, wie schon oft, vor den Nähtisch der Freundin. Spielend zog er die Schieblade auf, das hübsche blaue Büchlein, das er noch nicht kannte, fiel ihm ins Auge. Neugierig nahm er's in die Hand, blätterte und sah von Josephinens klarer zierlicher Schrift hier und da und fast auf jeder Seite seinen Namen. Seine Eitelkeit fühlte sich geschmeichelt. Brennendes Ver langen, genauere Einsicht zu nehmen, erwachte. Tr wußte, daß er eine Indiskretion begehe, daß es selbst verständlich, daß es seine Schuldigkeit sei, das Tage buch, das mußte es sein, sofort zurück zu legen; als jetzt aber der Hausherr die Treppe zur Veranda er stieg und im nächsten Augenblicke eintreten konnte, schob Bruno den Fund, von prickelndem Anreiz ge trieben, hastig in die Brusttasche, schloß die Schieb lade und schritt dem Rath mit unbefangenem Lächeln entgegen. Man ging zu Tisch. Josephine war etwas er hitzt und zerstreut. Gedanken an ihr Gespräch mit der Moser kreuzten sich wunderlich mit Hausfrauen sorge um das verdorbene Gericht und Spannung, wie das rasch eingeschobene ausfallen möge. Steinberg, ganz erfüllt von seinen neuen Garten- anlagen, trug die Kosten der Unterhaltung, der Bruno scheinbar gefesselt folgte, während er meinte, das Büch lein in seiner Tasche brennen zu fühlen und den Augenblick ersehnte, in dem er es für sich haben würde. Oder sollte er brav sein, nach Tisch einen unbewachten Augenblick wahrnehmen, und das Heftchen an seinen Platz zurücklegen? Wenn er nur seinen Namen nicht so ost gesehen hätte. Er mußte doch wissen — Josephine schien ihm heute nicht ganz in ihrem gewöhnlichen Gleichgewicht. Sie interessierte ihn in des mehr denn je, und der Gedanke, Einblick in das Innenleben dieser verschlossenen Natur zu gewinnen, zu erfahren, wie sie über ihn denke, für ihn fühle, hatte einen überwältigenden Reiz für ihn. Nach Tisch zog Steinberg die Tochter mit sich in den Garten, in dem er ihr noch mancherlei zeigen wollte. Der Assessor löste sich, unter dem Vorwande einer eiligen Arbeit, von seinem sonst üblichen Mit schlendern und eilte in sein Zimmer, wo er sich in einen Lehnstuhl warf und, so gespannt wie nie zu vor im Leben, den Raub am Geheinmiß der Freundin beging. (Fortsetzung folgt.)