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WMkin-LMUltt TiMN Amtsblatt. Nr. 59. Sonntag, den 12. März 1899. Beilage. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 11. März 1899. (Mitteilungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent- gegcngenommen und cventl. honorirt.) Seine Erlaucht der Herr Graf Joachim und Ihre Erlaucht die Frau Gräfin von Schönburg-Forder- glauchau statteten am Freitag Nachmittag der Hohen- steiner Seidenweberei „Lotze" einen Besuch ab. Die hohen Herrschaften besichtigten zunächst eingehend die Geschäftslocalitäten und das Seidenstoff-Lager der ge- nannten Firma und nahmen sodann die Fabrikräume der Hohensteiner Seidenweberei in Augenschein. Das gräfliche Paar intecessirte sich lebhaft für alle Phasen der Seidenstofffabrikation und sprach wiederholt seine Anerkennung über die Leistungen der Hohensteiner Seidenweberei aus. Nach zweistündigem Verweilen verabschiedeten sich die erlauchten Herrschaften wieder. Wir machen alle Natur- und Kunstfreunde darauf aufmerksam, daß im Kaiser-Panorama noch einige Tage die herrlichen Ansichten von unserm Nachbarlande „Thüringen mit Schloß Altenburg" ausgestellt sind; ein Besuch dieser Serie lohnt sich. Ein Freund unseres Blattes thcilt uns mit: ^cute srüh 5 35 Uhr sah ich am nördlichen Himmel ein Meieor oder Feuerkugel unter einem Wmkel von 30" nach Osten zu sich bewegen. Da schon Dämmerun: eingetreten, w erschien dasselbe in weißlichem Lichte, cs hatte die Größe einer Taube. Dasselbe war nur ganz kurzen Augenblick sichtbar, da es durch vorliegende Gebäude der weiteren Beobachtung entzogen wurde. Die Bewegung desselben war mäßig schnell. Vielleicht wird man darüber noch weiter hören. Durch den Landes-Obstbauverein, dem der Obst- bauoerein Ernstthal als korporatives Mitglied angehört, ist zur Förderung und Belebung des Interesses für den Obstbau ein Obubauwanderlehrer sür das König reich Sachsen argestellt worden in der Person des Herrn Richard Schänder in Bautzen. Derselbe ist Lehrer an der Obst- und Gartenbauschule daselbst und wird aus Veranlassung des hiesigen Obstbauvereins nächsten Donnerstag, den 16. c. abends 8 Uhr im Loqcnhause einen Vortrag über: Anpflanzung und Pflege des Obstbaumes halten und dabei demonstrative Erläuterungen an einem Obstbaume geben, sodaß dieser Vortrag für Interessenten eine große Anziehungs kraft ansüben wird. Da Herr Stander durch seinen jüngsten Vortrag m Glauchau z. Z. bereits hier be kannt ist, so kann man schon heute jedem Besucher volle Befriedigung voraussagen. Eintrittsgeld wird man zu jenem Vortrage nicht erheben, dagegen sollen Gäste willkommen sein. Hütet Euch vor der Influenza! Der fortwährende Witterungsumschlag in den letzten Tagen ist der Aus breitung der heimtückischen Influenza sehr förderlich und in der That hört man neuerdings aus Stadt und Land immer und immer wieder von Erkrankungen, die der unheimliche Gast verursacht hat. Da heißt es auf der Hut sein! Eine jede Mitteilung, die sich mit dieser Krankheit beschäftigt, verdient die Beachtung des Publikums. Hören wir, was ein englisches medi- cinisches Fachblatt sagt. Diese Zeitung — es ist das „British Medical Journal" — klagt, daß das große Publikum so wenig den Umstand in Rechnung zieht, daß die Influenza in hohem Grade ansteckend ist. In der That, so heißt es dort, ist die Influenza eine der bösesten akuten specifischen Krankheiten. Die Epidemie ist deshalb so schwer auszurotten, weil sich die Meisten der Gefahr der Ansteckung so unbedacht aussetzen. Jeder ist allerdings mehr oder minder der Gefahr ausgesetzt, baß der Bazillus in seinen Körper tritt, und es hält schwer, sichere prophylaktische Maß regeln anzugeben. Viel kann jedoch erreicht werden durch Befolgung der nachstehenden einfachen Regeln: Wenn Jemand an der Grippe erkrankt ist, ist es besser, ihn nicht zu besuchen. Ist der Besuch absolut nothwendig, so sollte man persönliche Berührung ver meiden. Nach dem Besuch sollten die Hände in einer antiseptischen Lösung gewaschen werden. Die Kleider sollte man im Freien lüften oder, besser noch, sie den Sonnenstrahlen aussetzen. Die nicht von der Krank heit Befallenen sollten sich viel in frischer Lust be wegen, sich gut nähren und sich des Genusses be rauschender Getränke enthalten. Sobald die ersten Zeichen der Erkrankung erscheinen, sollte der Patient im Bette bleiben und sofort einen Arzt kommen lassen!" Durch viele sächpsche Blätter ging vor kurzem eine Notiz, daß nach einer Entscheidung des Consistoriums die Erhebung von Begräbnißgebühren für außerhalb der Parochie beerdigte Personen in der Parochie des Wohnsitzes nichr zulässig sei. Jene Entscheidung aber wendete sür einen bestimmten Fall nur die klare Bestimmung einer noch in Kraft stehenden Verordnung vom 18. October 1850 an: „Stirbt ein Parochiane bei zufälligem oder vorübergehendem Aufenthalt außer halb seiner Parochie, so kann die Beerdigung an einem beliebigen Orte erfolgen. Es hat in diesem Falle weder der Sterbeorr noch der Parockialort das Recht, bei einer Beerdigung an einem anderen Orte Begräbniß gebühren zu verlangen." Davon aber unberührt bleibt das alte Recht bestehen, daß, wenn ein Parochiane in der Parochie als an seinem Wohnorte verstorben ist und auswärts beerdigt werden soll, seine Parochie das Recht hat, die Begräbnißgebühren zu fordern, soweit das ortsgesetzlich bestimmt und von der Behörde genehmigt ist. In dankenswerther Weise sind von der StaatS- kahnv:rwaltung zur Beförderung kranker Reisender innerhalb der Bahnhofsanlagen Fahrstühle beschafft worden, die zugleich als Tragscssel Verwendung finden können. Auf nachgcnannten Stationen sind derartige Stühle vorhanden: Dresden-Altstadt (Hauptbahnhof), Bautzen, Löbau, Ebersbach, Zittau, Zwickau, Plauen i. V., oberer Bahnhof, Bad Elster, Aue, Leipzig Bayerischer und Dresdener Bahnhof, Riesa und Dö beln (Babnho?). Die Fahrstühle stehen unentgeltlich zur Verfügung. Infolge der Neubewaffnung der Feldartillerie mit dem neuen Material erschienen vor einem Jahre die entsprechenden Umarbeitungen und Aenderungen einzelner Theile des Exercier-Reglements und der Schießvorschrist für die Feldartillerie. Beide liegen nunmehr in der neuen Bearbeitung vor, doch sind die Veränderungen nur unwesentlich, denn wie die unterm 22. Mai 1893 genehmigte Schießvorschrift für die "eldartillerie Entwurf geblieben ist, so sind auch diese Abänderungen nur als vorläufige Festsetzungen auf zufassen. Innerhalb der Feldartillerie glaubte man üsher an eine baldige Neuausgabe der Schießvorschrift in endgiltiger Form. Wie wir hören, wird damit aber noch einige Zeit gewartet werden, bis die bei den Truppen gemachten Erfahrungen gesammelt und gesichtet sind. Mahnung zur Vorsicht im Verkehr mit Rumänien. Bon einer Berliner Firma ist bei den Aeltesten der -kaufmannschasl »tiaqe darüber geführt worden, daß an cn für die Bahnwaareneimuhr wuetiqen rumänischen Handelsplätzen keine zollfreien Niederlagen eingerichtet sind, wodurch der Importeur genötbigt wird, die cin- geführren Waaren sown zu verzollen, auchw nn er sie einslwcilen noch licht absctzeu kann. Dieser Fall kommt bei der Neigung velec rumänischer Kaufleute zu chikanösen Beanstandungen, »erner auch bei ihrer häufig geringen Crcduwürdigkcit sehr ost vor. Der Verzollung und dann der meist nur Schleuderpreise bringenden Veräußerung der Waaren könnte man nur durch Zurückkommenlassen entgehen; diese aber verbietet sich durch die außer ordentlich hohen Kosten. Deshalb speculiren manche rumänische Häuser geradezu auf diese Verlegenheiten des Importeurs. Die Sachverständigencommission für gewerbliche Angelegenheiten der Aeltesten der Kauf mannschaft zu Berlin hat bestätigt, daß hier ein ernster Mißstand vvrliege. Das Collegium beschloß daher, den Minister für Handel und Gewerbe zu bitten, geeignete Schritte bei oer rumänischen Regierung zur Errichtung eines zollfreien Lagers mindestens in der Hauptstadt Bukarest, womöglich aber auch in Jassy zu veranlassen. Landwirthe wollen beobachtet haben, daß durch die neuerliche Gestaltung der Witterungsverhältnisse, durch Regen, Schnee und Frost der jüngsten Zeit an scheinend viele Mäuse auf den Feldern vernichtet worden seien. DoS Wasser drang in die Erve und zwang die Mäuse, ihr Wintcrheim zu v-rlass-n. Vie Kälte that dann Vas ihre. Auch die vul angefcmdeten üräh-n fab "mu eitrig mit bcr Jrgd au* Mä se bc- schättigr. Sonach soll zu hoffen sein, daß die Mäuse plage iu d'-s m J:hre etwas Nachlass'« wmd'. Man hört es zwar osl, es ist aber trotzdem nicht wahr, daß das Königreich Sachsen die meisten Selbst mörder habe. Im Durchschnitt der letzten 3 Jahre kamen in Sachsen 29,8 Selbstmorde auf l 00 000 Ein wohner, dagegen in Köburg-Gotha 44,6, Bremen 37,7, Sondershausen 36,9, Altenburg 36,3, Hamburg 34,8, Provinz Sachsen 31,2, Schleswig-Holstein 30,9, Ber lin 30,1. Am geringsten ist die Selbstmörderzahl in Posen: 8 8. Die Zahl der über 70 Jahre alten Personen im Königreich Sachsen ist in steter Zunahme begriffen. Nach dem Ergebniß der vier letzten Volkszählungen waren über 70 Jahre alte Personen vorhanden: männlich: weiblich: zusammen: 1880: 26150 35465 61615 1885: 28217 39921 68138 1890: 32530 46400 78930 1895: 36465 52751 89216 Während die Gesammtbevölkerung im Königreich in dem Zeitraum von 1880—1895 um 27,4 Procent zugenommen hat, ist die Zahl der über 70 Jahre alten Personen um 44,6 Procent gestiegen. Offene Stellen für Militäranwärter (Inhaber des Civilverwrgungsscheines. Beim Amtsgericht Meißen 1. Juni Dienergehilfe, 1000 Mk. jährlich, nach 5 Professor Schreckhaasc. Humoreske von Carl Ker«. (Nachdruck verboten.) Die Abiturienten eines Gymnasiums in Berlin hatten ihre Abschiedskneipe gehalten. Da sie schon in den Nachmittagsstunden begonnen hatte, war cs nicht möglich gewesen, sie weit über die Mitternacht hinweg auSzudchncn. Einer nach dem andern war abgelallen und schließlich blieben nur noch die Edelsten, Trink festesten beisammen, die sich nun auch in die verschie densten Postbezirke zerstreut hatten. Die beiden Pri maner Kaufmann und Mätschke hatten es, während sie durch die Friedrichstraße nach Haufe torkelten, im hohen Rache ihrer Weisheit für zur befunden, einen Schwarzen zu trinken und sich zu diesem Zweck im Cakö Monopol niederzulassen. Nach dem Kaffee war noch ein Brand ausgebwchen, der mit mehreren Schop pen kühlen Bieres geiösckt werden mußte. Endlich schien eL ihnen Zeit, an den Ansbruch zu denken „Du mußt tür Mich mitbczahlen," wandte sich Mätschke an seinen Campen: äler, „mein ganzes Ver mögen besteht noch auS fünfundzwanzig Pfennigen.' Kaufmann fuhr erschreckt zusammen. „Du bist wohl verrückt, Mensch!? Ich habe darauf gerechnet, daß Du Moneten hast, sonst wäre ich gar- nicht mit reingegangen. In meinem P rtemonnaie findest Du grade noch einen Sechser und einen Hosen knopp." „Donnerwetter!!" Das war der gleichzeitige Ausdruck des Entsetzens beider . . . „Gieb dem Kellner Deine Uhr als Pfand!" em pfahl Mätschke dem Freunde nach einer Weile ernsten Rachsiunens. Statt der Antwort griff Kaufmann in die Westen tasche und holte ocn an der Kette befestigten Pfand schein hervor. „Weshalb giebst Du denn -eine nicht?" fragte er daraus. Mätschke ,nachre die Bewegung des Andern »ach und wies ihm den Hausschlüssel, oer an die Uhrkette gelegt war. „Verdammt!" ries Kaufmann, Mä'schke dagegen: „Da soll der Teufel reinschlagen!" Kaufmann starrte rathlos durch daS Local, Mätschke ebenso zu Boden. Dies thaten sie solange, bis Mätschke durch ein plötzliches Emporschnellen deS Freundes aufgcschrecki wurde. Er sah, wie Kaufmann sich gegen irgend jemand hochachtungsvoll und ergebenst verneigte. Als er der Richtung dieser Verbeugung folgte, erblickte er ihren Ordinarius, der Professor Schreckhaasc, der soeben ins Local getreten war und sie durchbohrend anstarrte. Mätschke machte gleichfalls seine schönste Tanzsiunden- verneigung, dann setzten sich beide wieder hin. Der Professor nahm wenige Tische von ihnen ent/rm Platz und ließ sich eine Schale Haut*) und den Figaro geben. ^.Kaffee mit Klunkern. „Jetzt geht entweder die Welt unter, oder bei Schreckhaasc ist der längst erwartete Irrsinn ausgc- brochm," bemerkte Kaufmann halblaut. „Oder beides," 'üate Mä'.ichke hinzu. „Im nor- ma'e" Zustande hätte er cs jedenfalls nicht gewagt, noch zehn Uhr auszugehen. Und das Weltall wird den Schreck darüber, daß cs doch geschieht, sicher nicht ertragen Ich befürchte eine Katastrophe, noch vor dem Morgengrauen." Die Jünglinge wußten ja nicht, daß die Frau Professor mit ihrer Tocbter Hildegard bei Verwandten in Bomst zu einer Traubenkur weilten, und daß gerade die geduldigsten Ehemänner dem Kitzel, den Lebemann cu spielen, am wenigsten widerstehen können — sobald sie nichts zu befürchten haben. Kaufmann gab sich plötzlich einen lebhaften Ruck und schnippte so laut mit den Fingern daß sofort drei Kellner herbcistürFcn, die er dankend abwehrte. Zu seinem Freunde gewandt, rief er aus: „Dn, .-öre, ich habe eine Idee!" „Nicht möglich!" versetzte Mätschke ungläubig. „Doch. Wir pumpen Schreckhaasc an!" Mätschke starrte seinen Fre ud an, als ob der sich plötzlich in einen feuerspeienden Drachen verwandelt hätte. Es dauerte eine Weile, bis er sich soweit erholt gatte, um fragen zu können: „Soll ich Dir iinen kalten Umschlag kommen lassen?" „Hasenfuß!" wart Kaufmann verächtlich hin. Gleichzeitig stand er auch schon auf und näherte sich dem Professor. Als dieser den Schatten des lanaen Primaners über seinen Figaro fallen sah, blickte er auf und sah ihn durch die scharfen Brillengläser fragend an. „Verzeihung, Herr Professor, daß ich störe," sagte Kaufmann mitlverbindlichem Lächeln. „Aber ich habe das Gefühl, al- ob Ihnen unser Aufenthalt in diesem Local zur jetzigen Zeit ungehörig erscheinen möchte und wollte mir deshalb erlauben, Ihnen zu er klären — " „M—h," unterbrach ihn Schreckhaasc, „ich muß mich allerdings, . . m—h . .. sehr wundern . . ." „Unsere Abiturienten hatten heute ihre AbschiedS- kneipc, Herr Professor," fuhr Kaufmann mit dewselb-.n verbindlichen Lächeln fort. „Da wurde es ein bischen spät. Und damit uns das ungewohnte Bier, daS wir bei der Feier trinken mußten, nicht böse Folgen zeitigt, hielten wir es für rathsam, einen schwarzen Kaffee brau? zu nehmen" „M—h, ich sehe doch aber, . . . m—h ... Bier- qläser auf Ihrem Tisch" „Ja, Herr Professor wir hatten wieder Durst bekommen." „M—h, ja so geht es, wenn man das Kneiven — m—h, .... nicht gewöhnt ist." Es trat eine Pause ein und Kaufmann trat in- zwischen noch dichter an den alten Schreckhaasc heran. Mit erkämpfter Stimme und noch liebcnLwürdigercm Lächeln begann er wieder: „Ich habe noch ein Anliegen Herr Professor, eine Bitte, die ich nur im Vertrauen auf Ihr bekannter Wohlwollen auszusprechen wage." Schreckhaasc strich ,.ch den Bari, seuffic: „M—h!" und zah abwartend vor sich nieder. „Herr Prozessor, ein unglücklicher Zuiall will es, Satz w r uns über unsere Finanzverhäiin sie einer Täuschung Hingaben, als wir das Cafö auffuchten, da sich ^ie Zahlungsfähigkeit des einen der Beur- theiluna des andern entzog. Würden Sic, Herr Pro iesso<, nun d>c groß- Liebenswürdigkeit haben, mir mit dr-i Mark auszuhelfcn, um uns aus unserer Verlegen heit zu reißen?" Schreckhaasc woll:e antworten, kam aber augen blicklich vor Erstaunen nur dazu, den Mund aufzu machen, den er, ebenfalls vor Erstaunen, wieder zu schließen vergaß „Ich gebe Ihnen den Betrag morgen vormittag zurück, Herr Professor," fuhr Kaufmann mit größter Seelenruhe fort. Sch-cckhaase sammelte sich allmälig „M—h, ja wissen Sie denn garmcht, . . . m—h . . Kaufmann, fühlen Sie denn garnicht... m—h... wie boden los unverschämt Sic sind?" Der Primaner sah ihn mit dem Ausdruck der böchien Verwunderung an. „Ich will das Geld ja doch blos bis morgen srüh haben," versetzte cr pikiert, „es geht Ihnen ja nicht verloren." „M—h, meinen Sie, daß ich deswegen . . . m—h " Schreckhaasc wußte offenbar nicht, was er sagen sollte, und Kausmann benutzte die Pause, um ihn nochmals zu bestürmen: „Herr Professor, wir werden als Zechpreller verhaftet! Es giedt einen Skan dal. Bedenken Sie . . . das Gymnasium! . . . Was wird der Herr Director sagen?" Schreckhaasc glotzte den Schwatzenden, der jetzt eine geherzte Miene auf gesteckt hatte, verdutzt an. Freilich, der verdainmte Bengel hatte wohl Recht. Skandal mußte auf jeden Fall verhütet werden. Was sollte das Publikum sonst von der Disziplin am Gymnasium denken. Er griff also in die Tasche und holte den gewünschten Thaler heraus, den er dem Primaner in die Hand drückte. „So, m—h! -da haben Sie! Aber machen Sie mir ... . m—h! . . . nicht wieder solche Streiche . . . m—h." Mit einem tiefen Bückling empfahl sich Kaufmann * » * -sc Als er am nächsten Morgen „nach der Pause" kam, erblickte er Schreckhaasc, der Inspektion hatte, auf dem Korridor. In möglichst weitem Bogen sauste Kaufmann an ihm vorbei, ohne ihn beim Gruße an zusehen. Von Neun bis Zehn gab Schreckhaase in der Prima Geschichte. Seine Augen suchten häufig die jenigen Kaufmanns, die ihm aber ebenso andauernd wie geschickt auswichen. Dies wiederholte sich in mehreren Stunden. Von Seiten des Primaners war es nicht böse Absicht, daß er die Pumpangelegenheit fortgesetzt ignorierte, sondern zwingende Kneipverpflichtungen nöthigten ihn immer wieder, sein Taschengeld, das er nur in kleinen Be trägen bekam, zusammenzuhalten. So zog sich die Schuld bis in die Ferien hinein. Ta bekam er eines Tages von einer liebevollen Tante einen größeren Geldbetrag geschenkt, weil er ihr ge sagt hatte, daß er eine Wandertour vorhabe. Nun stürzte er nach der Wohnung Schreckbaases und kaufte unterwegs auch noch für fünfundsiebzig Pfennig der Frau Professor ein Bouquet. Herr und Frau Professor waren ausgegangcn, nur das Fräulein Tochter war zu Hause, vernahm Kaufmann aus dem Bericht des Hausmädchens. Er gab seine Karte und bat, ihn dem gnädigen Fräulein zu melden. Es war zwar mindestens zweifelhaft, ob er angenommen würde; aber er wollte doch wenigstens den Versuch machen, die „Hildegard", von der er durch Mitschüler so viel gehört hatte, persönlich kennen zu lernen. Sie nahm ihn an. Auch sein Bouquet, das eigentlich für die Mutter bestimmt war. Sie war jung, schön, übermüthig. Die jungen Leute unterhielten sich vortrefflich eine halbe Stunde lang. Dann gab ihm Hildegard zu vergehen, daß sein Warten auf den Herrn Professor doch wohl vergebens sei, und er mußte wohl oder übel feiner Wege gehen. Trotzdem war er in äußerst vergnügter Stimmung „Ein allerliebster Balg, die Hildegard," dachte er bei sich. Er war ganz Feuer und Flamme. Es gelang ihm, anszukundschaften, wann der Professor ganz bestimmt nicht zu Hause sei. Zu sol chen Zeiten trat er nun wiederholt an und bedauerte regelmäßig lebhast, ihn nicht anzutreffen. Ein paar mal traf er die Frau Professor, ein paar Male auch Hildegard, die sich sogar wiederholt eine Viertelstunde oder zwanzig Minuten mit ihm an lustigem Geplauder ergötzte; bisweilen wurde ihm auch gesagt, cs sei nie mand zu Hause. Auch nach den Ferien setzte er diese Manöver fort. Nie hatte er es unterlassen, bei seinem Besuche einen Blumenstrauß mitzubrmgen Eines Tages hielt ihn der Professor vor Beginn des Unterrichts auf dem Treppen-Flur des Gymna siums an und nahm ihn bei Seite: „M—h," sagte er mit Stirnrunzeln und etwas belegter Stimme, „Kaufmann . . , m—h, Sie haben mir nun so nach und nach . . . m—h . . . wohl für zwei Thaler Blumen ins Haus geschleppt. . . in—h ... da wollen wir den Thaler aus dem Cafe- Monopol . . . m—h... als beglichen betrachten. — Es ist sehr liebenswürdig . . . m—h . . ., daß Sie meiner Tochter solche Aufmerksamkeit schenken . . . , m—h .... aber Sie brauchen sich nicht weiter zu bemühen. . . m—h ... die Hildegard hat ihren Bräutigam . . . m—h ... Ich danke Ihnen M-h! . . ."