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8808 Nichtamtlicher Teil. 245, 21. Oktober 1SV2. glieder einen angenehmen Ferienaufenthalt gewähren zu können, der nur geringe Nebenkosten verursacht, — eine Hauptsache für den Jünger des Buchhandels! Weniger bekannt aber ist das Leben und Treiben im Greizer Kurhaus »Belvedere« selbst, denn dieses ist das Heim, das der Buchhändler bezieht, sobald er vom Verbände auf sein Gesuch eine zusagende Antwort erhalten hat Der Zweck meiner Zeilen soll sein, die Kollegen des nähern mit der Stiftung bekannt zu machen. Wer beabsichtigt, sie für sich einmal in Anspruch zu nehmen, dem wird meine kleine Skizze ganz willkommen sein. Die Eigenart der Stiftung schafft für den Geist Erquickung, und ein geschwächter Körper kann sich mit ihrer Hilfe neue Kräfte holen. Der »Verein Sächsischer Gemeindebcamten« hat für seine Mitglieder die selbe Stiftung zu vergeben; die Wohlthat kommt also vielen zir gute, und alle fühlen sich dem Stifter zu dauernder Dankbarkeit verpflichtet. Seit fast zwanzig Jahren ist der Besitzer bemüht, das umfangreiche Gebiet des »Hambergs« (348 m) nach seinem Ideal kultivieren zu lassen. Wie das ihm bisher gelungen ist, sagt am besten der Einheimische, denn er nennt den Hainberg »das schönste Fleckchen der Erde- — und — »eine Sehens würdigkeit von Greiz, die selbst bei nur kurzem Aufenthalt in Augenschein genommen werden sollte«. Daß es sich also um eine außerordentlich schöne Anlage, ein kleines Tuskulum, handelt, bleibt unbestritten. Ein Teil des Besitztums war zum Zweck der Wohlthätigkeit an den Odd Fellow - Orden verschenkt, der auch Erbauer des Hauses »Odd Fellow- Heim« wurde. Durch Umstände gelangte es wieder in den Besitz des Schenkgebers zurück. Seitdem ist die Pflege der ganzen Anlage wieder eine einheitliche, und nichts scheint ihrem Begründer mehr Freude zu machen, als in den Muße stunden mit Hilfe seines Gärtners neue Verschönerungen im Park vorzubereiten. Ueppig wuchert die ganze Vegetation. Lauben, Laubengänge, Pyramiden und Spaliere sind herrlich herangewachsen und bilden das Entzücken der Naturfreunde. Ueberall findet man neben den schönsten ausländischen Ziersträuchern die Vertreter der heimischen Wälder, teils in dichten Gruppen, teils als Alleen oder als Einfassung in zweckentsprechender Anordnung. Idyllische Ruheplätze mit herrlicher Fernsicht sind in großer Anzahl vorhanden. Die Fels - Scenerie, durch die der Haupt zugang angelegt ist, ist sehr romantisch. Epheu und andre Schling- und Klettergewächse ranken an den Felswänden bis in respektable Höhe empor. Hier sind überall schöne Plätzchen zu finden. Wenn irgendwo, so kann hier Leib und Geist gesunden! Ja, der Buchhändler hat's bei seiner aufreibenden Thätigkeit auch nötig! Hier endlich weiß er sich vor einem seiner schlimmsten Feinde, dem Staube, vollständig sicher, denn weit und breit erblickt er nur große, in Terrassen ansteigende Rasenflächen, durchzogen von bequemen Kieswegen. Wohlthuende Ruhe herrscht in der ganzen Um gebung. Nur in der Frühe sind die vielen kleinen Sänger laut, zum Ergötzen ihrer Freunde. Oestlich vom Park liegt die Gärtnerei und der sogenannte Wirtschaftsteil. Letzterer beherbergt u a die Fauna, teils nützlicher Art, teils zur Zierde gehegt uud gepflegt. Ein halbes Dutzend muntre Schafe, die im Winter die nötige Wärme für das Hühnerhaus hergeben, tummeln sich auf den großen Grasflächen und dienen stundenlang als unverdrossene Spielgenossen der Jugend. Im Thal liegt das Städtchen, das vom Hainberg in sieben Minuten zu erreichen ist. Bekannt als Haupt- und Residenzstadt (22 000 Einwohner) bietet Greiz trotz seiner Kleinheit den Besuchern alle Vorzüge einer deutschen Mittel stadt. Seine Lage ist prächtig. Nicht weniger als sieben Thäler ziehen von Greiz auS nach allen Richtungen hin. Ein malerisches Bild bietet sich dem Auge, wenn es vom »Belvedere« aus den Höhenzügen folgt. Herrliche Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung sind bequem zu unter nehmen. Das Elster-, Trieb-, Göltzschthal, Jocketa, Mylau, Netzschkau ü a. sirid bequem zu erreichen Wenn der Ein heimische sein Greiz die »Perle des Vogtlandes« nennt, so kann der Bewohner des »Belvedere« von seinem Heim sagen, daß es die »Krone von Greiz« ist. Die stimmungsvolle Umgebung giebt auch dem Innern das Gepräge Das Heim enthält bis in den zweiten Stock sehr geräumige Wirtschafts- uud Fremdenzimmer, die vor nehm und praktisch ansgestattet sind. Der Speisesaal und die Erfrischungsräume dürfen sich in Bezug auf Komfort mit denen unsrer bessern Hotels messen. Mittags wird gemeinsam gespeist (tsbls ä'büto) und nur Wein getrunken, der aber sehr wohlfeil zu haben ist. Abendessen nach der Karte bei vorzüglichem Bier. Neben vollständig freier Wohnung und dem Mittagstisch erhalten die Inhaber der Freistelle morgens nach Wahl Kaffee, Thee oder Milch, ein zweites Frühstück und nach der Hauptmahlzeit Kaffee. Abends dann warme oder kalte Küche. Als Kurhaus im Sinne eines Erholungsheims hat Belvedere keinen ständigen Arzt. Der »Doktor« zu meiner Zeit war ein Ui-, pk.i. Ein Regierungs-Assessor, einige Beamte und Ingenieure vervollständigten den Kieis meiner Gesellschaft. An Unterhaltung und Abwechslung hat es uns nie gefehlt. Mit viel Vergnügen denke ich noch an das Jrchwitzer*) Billard, auf dem wir manches heitre Spielchen gemacht haben. Ab und zu wurde wohl auch »gelachst«, und unser Wohlthäter, der mit der Gattin auch eine Zeit lang anwesend war, beteiligte sich gern daran. Abends suchen ehrbare Greizer Bürger gern das Belvedere auf, um beim gewohnten Schoppen ein behagliches Plauderstündchen zu feiern. Die große, schöne Veranda bietet hinlänglich Raum, um allen den Genuß schöner Sommerabende im Freien zu bieten. — Eine echte und rechte Sommerfrische — alles ungezwungen im kleinen, aber vornehmen Kreise! Kleine Mitteilungen. Berliner Buchhändler und Magistrat. — Die in Nr. 244 d. Bl. wiedergegebene Mitteilung des »Berliner Lokal anzeigers» wird uns von beteiligter buchhändlerischer Seite be stätigt. Nach langwierigen Verhandlungen ist es gelungen, die Vertreter der Berliner Stadtbehörde von der Unbilligkeit ihrer übertriebenen Rabattforderung zu überzeugen und sie zur Nachgiebigkeit zu stimmen. Es wurden für Lieferungen an die städtischen Anstalten und Behörden zum Teil sehr herabgemin derte Rabattsätze, zum Teil deren völlige Aufhebung vereinbart. Diese Bestimmungen sollen, sofern sie von der Hauptversammlung der Berliner Vereinigung der Börsenvereinsmitglieder und auch vom Börsenvereinsvorstande genehmigt werden, vom 1. April 1903 ab in Geltung treten. Post. Zu schwere Briefe. — In Ergänzung unsrer frühern Mitteilung über die neuerlich angeordnete Behandlung von Briefen über 250 Gramm (im innern Verkehr) sei nach der -Deutschen Verkehrs-Zeitung- folgendes Nähere mitgeteilt: -Wiederholt ist es als ein llcbelstand empfunden worden, daß Briefe, deren In halt für den Empfänger oder Absender von Wert ist, durch die Postbchörde vernichtet werden, weil sie mehr als 250 ^ wiegen, und ihre Rückgabe an den in der Aufschrift nicht genannten, auch vom Ausschuß nicht ermittelten Absender nicht möglich ist. In folge mehrfacher Anträge aus dem Publikum war daher vor längerer Zeit zunächst für den Bezirk Berlin und später allgemein versuchsweise angeordnet worden, daß derartige Briefsendungen unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise den Empfängern zugestellt werden durften. Mit Rücksicht auf die hierbei gemachten günstigen Erfahrungen — die Einrichtung führte in vielen Fällen zur Unterbringung der Sendungen und hatte keine Unzuträglichkeiten im Gefolge — ist nunmehr endgiltig bestimmt worden, daß Briefe *) Irchwitz, Dorf, 20 Minuten von Greiz.