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244. 18. Oktober 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 10779 Docrls Lliotisvrck irr k>sr!g. ^Iwsuseb äes soreiers 1908. Illusti-z 75 c. Lssuwe, 8., 1s. kemws et Is Isrroo. Illuslrä. 3 kr. 50 e. krsäsls, 0., I'etervsl ootlllos. Illustrs. 3 kr. 50 o. k. Ollsuckorü in ksri». Nerwsix, 1e s^uälcsllswe osntrs le soeisliswe. 18". 3 kr. 50 v. Llostexut, LI., äs xsiv. 18°. 3 kr. 50 o. ksrrirr L dis. in ksrt». 8s.riFüisr, N., Is, lutts posr 1s. äsmoerstis. 16°. 3 kr. 50 v. klov-14c>c>rrit L vis. in k^ris. biebtsnbsrxsr, L... notrs Nwvis. 16°. 3 kr. 50 o. L. kLusot L Ois. in ksris. Rsnäsu, k., Iss eolons. 18°. 3 kr. 50 o. Nicolai und Parthey. Aus dem Leben einer Berliner Buchhändlerfamilie. Von Tony Kellen (Bredeney Ruhr). (Schluß aus Nr. 243 d. Bl.) Nicolai war ein ziemlich herrischer Charakter und mischte sich in viele literarische Fehden seiner Zeit. Seine Freundin Elisa von der Recke machte ihm darüber eindring liche Vorstellungen: »Welchen Nutzen für die Wissenschaft können diese Zänkereien haben, die nur zu oft in Persönlich keiten ausarten? Was müssen Sie sich alles gefallen lassen! Ist es nicht erschrecklich, daß Fichte in seinem neuesten Buche Sie einen Hund genannt?« — »Ja wohl«, fiel ihr Nicolai ins Wort, »ich bin der bellende Hund, der allemal seine warnende Stimme erheben muß. sobald er merkt, daß irgend etwas in der deutschen Literatur nicht in Ordnung ist.« Nicolai hatte Fichtes philosophische Betrachtungen als »fieber hafte Zuckungen eines überspannten Querkopfes« bezeichnet. Später hat er in seinem Roman: Leben und Meinungen Sempronius Gundiberts, eines deutschen Philosophen (Berlin 1798) die Abschweifungen der Kantschen Philosophie lächerlich gemacht. Dagegen schrieb Fichte: Friedrich Nicolais Leben und sonderbare Meinungen, herausgegeben von A. W. Schlegel (Tübingen 180!). Dieses Werk enthielt so heftige Angriffe daß sämtliche Berliner Buchhändler, damals etwa 16, sich in der Person eines ihrer würdigsten Mitglieder für be leidigt hielten und einstimmig erklärten, sie würden das Buch nicht verkaufen. Nicolai erfuhr davon und gab be kannt, er würde jedem soviel Exemplare davon verschreiben, wie er wünschte. Parthey sagt: »Seine Wirksamkeit im Fach der Kritik gehört der Literaturgeschichte an. Daß er die Morgen dämmerung der deutschen Literatur für ein Gewitter hielt, wird ihm immer zum Vorwurf gemacht werden. Daß er überall ein redliches und aufrichtiges Streben einsetzte für das, was er als Recht ansah, wird auch von seinen Feinden anerkannt«. Leider sind Nikolais Verdienste durch seine in den Literaturgeschichten immer wieder hervorgehobenen Streitig keiten mit Fichte und besonders mit Goethe mehr als billig verdunkelt worden. Viele Jahre hindurch hat er der Auf klärung, der Literatur und der Wissenschaft genützt. Wie hoch ihn Schiller geschätzt hat, ersieht man aus einem Blies an seine Schwester vom 6. November 1780: »Sobald ich in Berlin bin, kann ich in der ersten Woche auf festes Ein kommen rechnen, weil ich vollgültig Empfehlungen an Nicolai habe, der dort gleichsam der Souverain der Literatur ist, aber Leute von Kopf sorgfältig anzieht, mich schon im Voraus schätzt und einen Ungeheuern Einfluß hat beinah im ganzen deutschen Reich der Gelehrsamkeit«. Selbst Ernst Julius Saupe, der ihn in seinem Werk: Die Schiller-Goetheschen Lernen (Leipzig, I. I. Weber, 1852, S. 229 f.l sehr scharf beurteilt, erkennt an, daß dem kenntnis reichen Mann das Verdienst bleibt, die journalistische Kritik in Deutschland ins Leben gerufen und damit die Fahne der ästhetischen Freiheit zuerst aufgepflanzt zu haben. In dem >1. Bande seiner Reise durch Deutschland be merkt Nicolai, Lessing habe sich in seinen Hoffnungen auf Herausgabe eines Museums, an dem die trefflichsten Köpfe Deutschlands Mitarbeiten sollten, getäuscht. Ein solcher Irr tum habe Lessing keine Schande gemacht und sei auch Schiller leicht zu verzeihen, da er nichts mehr sei als Mangel prak tischer Kenntnis einer Welt, worin man nicht lebe. Hierauf beziehen sich die Verse in den Lenien <Nr. 196): Pfahl im Fleisch. Nenne Lesfing nur nicht, der Gute hat vieles gelitten, Und in des Märtyrers Kranz warst du ein schrecklicher Dorn. Die Beschuldigung, daß Nicolai seinen Freund Lessing in dessen literarischen Unternehmungen nicht gebührend unter stützt habe, ist, wie wir aus seinen Briefen wissen, vollständig unbegründet. In den Lernen heißt es ferner (Nr. 218): Verdienst. ' Hast du auch wenig genug verdient um die Bildung der Deutschen, Fritz Nicolai! Sehr viel hast du dabei doch verdient. Daß Nicolai als Verleger viel Geld verdient hat, ist richtig; aber der Vorwurf, den man aus diesen Zeilen lesen kann, ist nicht berechtigt. Nicolai gestand in seinen Briefen an Lessing ganz offen, daß nicht die besten literarischen Arbeiten Geld einbringen. Er verlegte manche gehaltvolle Schrift nur, weil er durch andre Verlagswerke dazu instand gesetzt war. Wie vornehm Nicolai im Verkehr mit den Autoren seines Verlages war, haben wir bereits aus der Korrespondenz mit Lessing gesehen; Parthey erzählt einen weiteren Zug seiner edlen Gesinnung. I. H. Voß hatte 1796 in Eutin eine schwere Krankheit durchgemacht, und sein Arzt erklärte, eine gänzliche Heilung sei nur durch eine Badekur möglich. Da Voßens Einkünfte als Lehrer kaum zum Lebensunterhalt hin reichten, ließ Nicolai ihm das nötige Geld anonym durch Bote, Voßens Schwager, anbieten. Voß weigerte sich, die Gabe anzunehmen, wenn der Geber nicht genannt würde, und nun erst glaubte Bo e es verantworten zu können, das Geheimnis zu brechen. Voß nahm nun das Geschenk an, machte die Badereise und wurde völlig wiederhergestellt. Sein darüber an Nicolai geschriebener Brief beginnt mit den Worten: »Mann der besseren Zeit.« Voß und Nicolai blieben seither in freundschaftlichem Briefwechsel. In den bösen Franzosenjahrcn hat Nicolai einen großen Teil seines Vermögens dem Vaterland geopfert. So steuerte er 1810 freiwillig 20 000 Taler in Seehandlungs- Obligationen zu der von den Franzosen ausgeschriebenen Kriegssteuer bei. Nicolai starb am 8. Januar 1811, 77 Jahre alt. Die Trauer um ihn war allgemein; denn in den Freundes und Gelehrtenkreisen genoß er die größte Hochachtung, und selbst die jüngeren Schriftsteller, denen er mit großer Libe ralität die Schätze seiner Bibliothek mitteilte, sahen zu ihm als zu Lessings Jugendfreunde mit Verehrung empor, wenn sie auch sonst seine Ansichten nicht teilten. Der damals noch ganz junge Parthey erfuhr erst in der Schule durch 1404'