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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-189901129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-18990112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-18990112
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-12
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 12.01.1899
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Fabrik ist unbeschädigt geblieben. Der Betrieb findet seinen ungestörten Fortgang, und die Expedition wird m 8 Tage» wieder ausgenommen werden. Sämmt- licher Schaden an Gebäuden, Inventar und Lager ist durch Versicherung voll gedeckt. Bekanntlich ist die Fabrik erst vor wenigen Wochen in eine Actienaesell- schaft verwandelt worden. — Ein mächtiger Feuerschein zeigte schon von Weitem den Feuerherd an. Einen schauerlich-schönen Anblick boten von der Bahnseite her die zahlreichen roth erleuchteten Fenster des mächtigen dreistöckigen Gebäudes und besonder» der im Dach geschoß gelegene große Papierraum, der atelierartig mit in Eisenrahmen gefaßten Fenstern eingerichtet ist. Etwa 20 Feuerwehren der näheren und weiteren Um gebung waren bald nach Ausbruch des Brandes ein- getroffen, konnten jedoch infolge Wassermangel» zvm großen Theil nicht in Action treten, und das Feuer, das im westlichen Giebel ausgebrochen war, griff mit rapider Schnelligkeit um sich, da es in den pröparirten Hölzern und den Lacken reichliche Nahrung fand. DaS Umsichgreifen des Feuer» war ein fo rasches, daß man Anfangs eine Explosion als EntstehungSursache de» Brander annahm, welche Annahme sich jedoch nicht bestätigt. Als ein Glück muß es bezeichnet werden, daß nicht Menschenleben dem wüthenden Element zum Opfer fielen. Glücklicherweise wehte ei» kräftiger Ost wind, dem eS zu danken ist, daß nicht der ganze große östliche Flügel mit den Contor- und Betriebsräumen ein Raub der Flammen wurde. Das westlich vom Brandherd stehende Beamtenhaus war dagegen scywer gefährdet, doch war es bis 7 Uhr Abends noch nicht vom Feuer ergriffen und man hatte begründete Hoff nung, dasselbe erhalten zu können. Die Feuerwehren nahmen um die genannte Zeit in Ermangelung des Wassers die Jauchengruben in Anspruch. Die „Oberlausitzer Ztg." schreibt: „Eine Be kanntmachung, die jedenfalls besonderes Aufsehen er regen wird, erließ der Stadtrath in Löbau noch am Jahresschlüsse, indem er gedroht, gegen Diejenigen vorzugehen, welche sich weigern, an ihren Pflegebe- sohlenen Einspritzungen mit Diphtherie-Serum vor nehmen zu lassen. Aus dem Gerichtssaale. Chemnitz, 9. Januar. Am Abende des 22. October v. I. wurde auf dem Bahnkörper der Chem- nitz-Aue-Adorfer Bahnstrecke in der Gegend von Kemtau ein etwa 65 Kilogramm schwerer Stein ge funden und glücklicherweise, ehe ein Unglück geschehen konnte, wieder entfernt. Die Generaldirection setzte eine Belohnung auf die Entdeckung des Thaters. Es hat sich herausgestellt, daß dec Strumpfwirker Uhlig aus Kemtau den Stein von der Böschung des an grenzenden Berges herabgerollt hat. Das hiesige Land gericht verurtheilte den Uhlig wegen fahrlässiger Ge fährdung eines Eifenbahnzuges zu 5 Monaten Gefängniß. Aus dem Vogtlande, 9. Januar. Nach reichlich zweijähriger Dauer ging vorige Woche ein Prozeß um zwei Pferde zu Ende, den ein Adorfer Fabrikant mit einem Egerer Pferdehändler führte. Die Pferde, welche ursprünglich 1800 Mark kosteten, erforderten während der Dauer des Prozesfes einen Aufwand von 4400 Mark für Fütterung und Pflege, welchen nebst den Prozeßkosten der Pferdehändler zu erstatten hat. Die Pferde brachten bei der gerichtlichen Ver steigerung 450 Mark. Deutscher Reichstag. Berlin, 10. Januar. Der Präsident Graf BaUestrem eröffnete die Sitzung mit dem Wunsche auf ein glückliches neues Jahr und machte sodann Mittheilung von dem am 28. December v. I. erfolgten Ableben des Abgeordneten Diedcn, des ältesten Mitgliedes des Hauses. Die Mit glieder ehren das Andenken öes Verstorbenen durch Erheben von den Plätzen. Auf Vorschlag 'des Abg. Levetzow wurde die geschäftsordnungsmäßig vorge schriebene definitive Wahl des Präsidiums durch Ac- clamation vorgenommen. Der provisorisch gewählte Präsident Graf Ballestrem und die beiden Vicepräsi denten Dr. v. Frege und Schmidt-Elberfeld wurden in einem Wahlact wiedergewählt und nahmen die Wahl dankend an. Es wurde sodann in erster und zweiter Berathung der Gesetzentwurf über die Covtrole des ReichShaus- haltS, deS LandeShauShaltS von Elsaß-Lothringe» und des Haushalt- des Schutzgebiets angenommen. Ebenso die Uebereinkunft zwischen Deut,chlano und den Rieder- landen betr. die Praxis von Aerzten, Wundärzten und Hebammen in den Grenzgemeinden. ES folgte die Interpellation des Abg. Frhrn. v. Wangellheim betr. die Fleischnoth. Der Staatssekretär des ReichSamtS des Innern Graf PosadowSky erklärt sich bereit, die Interpellation sogleich zu beautworten. Zur Begründung nahm Abg. Freiherr v. Wangenheim (cous.) das Wort. Er bestritt das Vorhandensein einer Fleifchnoth. Die deutsche Erzeugung an Rind-, Kalb- und Schweinefleisch sei in den letzten Jahren erheblich gestiegen, von 74 Psd. im Jahre 1883 auf 97 Pfd. im Jahre 1897 für den Kopf der Bevölkerung. Nur die Schafe seien zurückgegangen. Die Grenzsperre sei noch nothwendig. Von hermetischer Sperre sei keine Rede, denn die Fleischeinsuhr sei gestiegen. Auch die Preise seren nicht übermäßig gestiegen, wenigstens nicht durch Schuld der Landwirthe. Der StaatSsecretär Graf PosadowSky theilte als allgemeines Ergebniß der Umfrage des Reichskanzlers mit, daß eine Preis erhöhung eigentlich nur für die Schweine festgestellt sei, diese aber mehr hervortäte, weil die Vorjahre einen erheblichen Tiefstand im Preise gezeigt hätten. Theil weise wurde über das schädliche Wirken der Händler ringe geklagt. Die Viehproduction sei gestiegen, für ihre weitere Entwickelung sei veterinärer und sanitärer Schutz unentbehrlich. In der Besprechung forderte der Abg. Fischbeck (fr. Vp.) eine mildere Handhabung der Veterinärpolizei. Man möge nicht mit ihrer Hülfe die Handelsverträge umgehen. Die Händler seien doch wohl nicht so un nützlich, denn die Agrarier hätten mit ihren Ver suchen auf Ersatz Fiasco gemacht. Der Centrumsabg. Gerstenberg forderte in seiner Jungfernrede besseren Schutz der bäurischen Vieherzeuzer gegen die jüdischen Händler. Der vreußische Landwirthschaftsminister Frhr. v. Hammerstein-Loxten widersprach der Ansicht, daß wir durch unsere Veterinärmaßregcln mit den Handels vertrags-Verpflichtungen in Widerspruck kämen. Deutsch land gehe weniger rigoros als das Ausland vor. Wir hätten Millionen sparen können, wenn wir früher uns gegen Seuchen abgeschlossen hätten. Der Bundes- commissar Geh. Rath Schröter bestätigte, daß der Kriegsminister trotz angeblicher Fleischnoth das Heer ohne Schwierigkeit habe verpflegen können. Die Stei gerung der Preise sei ganz geringfügig. Mittwoch wird die Berathung fortgesetzt. Dagesgeschichte. Frankreich, England und Deutschland. Wie man Voraussagen konnte, weicht Frankreich vorsichtig zurück. Die Shanghaifrage ist nun auch wie die Faschodafrage zu Gunsten Englands und zu Ungunsten Frankreichsentschieden worden. Veranlaßt ist dieseFrage durch den von Frankreich beim Tsung-li-Damen ge stellten Antrag auf Vergrößerung seines Settlements in Shanghai. Diese Forderung war erhoben, nicht weil sich das den Franzosen eingeräumte Nieder- lassvngsgebiet, obwohl es im Gegensatz zu den Settlements der Deutschen, Engländer und Amerikaner nur von Franzosen bewohnt wird, als zu eng erwiesen hätte; Frankreich hat vielmehr seine Räumlichkeiten noch gar nicht ausnutzen können. Man wollte mit der Forderung vielmehr dem Anträge auf Erweiterung des übrigen Europäerviertels begegnen, das sich für wachsenden Handel als unzureichend erwiesen hatte, und der von Frankreich gestellte Antrag bezog sich sogar auf Grundstücke, aus denen andere Fremde bereits ihr Geschäft betreiben. Gegen diese Zumuthung hatte die englische und mit ihr zugleich die amerikanische Regierung Einspruch beim Tsung-li-Damen erhoben. Die englische Regierung stützte sich dabei noch auf ihre mit der chinesischen Regierung getroffene Ab machung, wonach die letztere sich verpflichtet hatte, vom ganzen Flußgebiet des Jangtse-Kiang nichts an eine fremde Macht abzutreten, und zu diesem Fluß ¬ gebiet gehört auch Shanghai, obwohl es selbst am Wusungfluß geleben ist. In Folge dieses Einspruchs hat denn auch die chinesische Regierung die Erklärung abgegeben, daß sie dem Anträge Frankreichs nicht nachkommen werde. Die „Times" begrüßen diesen „befriedigenden" Ausgang des Shanghaistreites mit sichtlicher und begreiflicher Genugthuung. Wenn sie dabei aber zugleich noch der Hoffnung Ausdruck ver leihen, daß nunmehr auch Deutschland und Japan England in der Shanghaiangelegenheit unterstützen würden, so ist nicht zu verstehen, was eine solche Unterstützung noch soll, nachdem, wie das englische Blatt vollständig zutreffend hervorhebt, Frankreich mit seinen Forderungen bereits von der chinesischen Re gierung abgewiesen worden ist und die Angelegenheit einen für England befriedigenden Verlauf genommen hat. Bezüglich unseres Streites mit der Tonga regierung macht sich heute auch wieder die Eifersucht Englands geltend; die Insel, die wir mit Beschlag belegen wollen, sei nicht englischer Besitz, aber fo gut wie englisch; deshalb sei Deutschlands Vorgehen ganz unglaublich u. s. w. Die Einsprüche sind ja bei alle dem gemäßigt und klingen in dem Wunsche aus, daß es am besten wäre, die Tongaregierung bezahlte ihre Schulden. Das meinen wir auch. Zur Sicherheit werden wir aber schon ein Pfand nehmen müssen. Die Tonga- oder Freundschaftsinseln sind eine zu Polynesien gehörige selbstständige Inselgruppe der Südsee, südwestlich des Samoa-Archipels und östlich der Fidschigruppe; sie umfaßt über 150 kleine Eilande, sowie 32 größere Inseln, hat ca. 19,600 Einwohner, darunter etwa 400 Fremde, weist Engländer. Sie sind Christen, haben gute Schulen, eine Industrieschule und sogar ein Seminar und stehen unter der Re gierung eines Königs, der sich Georg 2. nennt und zu Nukualofa an der Nordküste von Tongatuba residirt. Mit Deutschland, England und Nordamerika bestehen Freundschaftsverträge. Ueber die Schuld, welche die Tonganer nicht bezahlen wollen, wissen wir noch nichts Näheres; es handelt sich wahrscheinlich um Geschäfte der deutschen Südsee-Plantagengesellschaft. Die Insel, die beschlagnahmt werden soll, heißt Vavao und liegt im nördlichen Theil der Gruppe, während die be deutendste Insel in Tongatabu im südlichen Theil be legen ist. Laßt uns nur immer gottesfürchtig und dreist sein und die Ellbogen frisch und frei gebrauchen, so werden wir schon überall zu unserem Rechte kommen. Dann werden wir uns auch chei den Eng ländern, die es' genau so halten, die schuldige Achtung und Rücksicht erzwingen. Deutsches Kelch. Berlin, 10. Januar. Der Reichstag tritt nach mehr als dreiwöchigen Ferien heute wieder zur 7. Plenarsitzung zusammen. Der Hauptgegenstand der heutigen Verhandlung wire die Interpellation des Vorsitzenden des Bundes der Landwirthe, Frhr. v Wangenheim bilden: „Ist der Herr Reichskanzler be reit, Auskunft über die Ergebnisse der Enqueten zu erthcilen, die in verschiedenen Bundesstaaten über du angebliche Fleifchnoth stattgefunden haben?" Diese Anfrage soll turch den Grafen PosadowSky beantwortet werden. DaS von der Regierung gesammelte Material soll den E »druck machen, daß eine wirkliche Fleisch noth nicht beobachtet worden ist Die Fleischversorgung dürfe vielmehr als völlig gesichert angesehen werden trotz der erhöhten Preise und der verringerten Einfuhr von lebendem Vieh. Eine weitere Oeffnung der deut schen Grenzen zu Gunsten lebenden Viehs würde im Sinne dieser Ergebnisse nicht zu empfehlen fein. Der „Voiglländische Anzeiger" veröffentlicht einen Erlaß der österreichischen Regierung an die GenzbezirkS- ämter, der diese bereits unteim 21. September 1898 anweist, Material zu erfolgreichen Reclamationen we gen des conventionswidrigen Verhaltens der deutschen Regierung bezüglich der Ausweisung erkrankter Oester reicher zu sammeln. Berlin, 10. Januar. Gegen ein Comitömitglied der Colonialausstellung auf der hiesigen Gewerbeaus stellung von 1896 wurde wegen unlauteren Machen schaften Strafanzeige erstattet. Vom 16. bis 23. März findet im neuen Opern hause eine Ausstellung für Nahrungsmittel-, Gastwirth- schastS- und Hotelwesen statt. Die englische Meldung, daß Deutschland beab sichtige, die Tongaiuseln zu annectiren, ist mit berech tigtem Zweifel ausgenommen worden. Wie wir von unterrichteter Seite hören, liegt der Meldung nur die Thatfache zu Grunde, daß der deutsche Generalconsul in Apia, zu dessen Jurisdictionsbezirk die Tonga- Inseln gehören, eine schon seit einem Jahre geplante Inspektionsreise nach den Inseln jetzt auigeführt hat, bei der er die Erfüllung von Verpflichtungen der Ein geborenen gegen die deutsche Handelsgesellschaft durch zusetzen versucht hat. Der Gou ierneur von Deutsch-Ostafrika, General major Liebert, theilte in einer Versammlung der Ab- theilung Berlin der deutschen Colouialgesellschaft mit, daß der Bau einer Eisenbahn über Kilossa nach dem Ryassa-See und dann weiter bis an den Südpunkt des Tanganyika-Sees durch die Unterstützung einiger deutscher Finanzleute gesichert sei. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Seit dem 1. Januar sind von der canadischen Zollverwaltung neue Förmlichkeiten eingesührt, die von unserm Exporteuren bei der Ausfuhr von Waaren nach Canada beobachtet werden müssen. Es handelt sich im Wesentlichen um die Abgabe der vorgeschriebenen Erklärungen seitens des Exporteurs über den Werth solcher Waaren, die in Canada dem Werthzoll unterliegen. Obwohl die canadischen Zolleinvehmer angewiesen sind, während einer den Umständen entsprechenden Frist auf der Bei bringung der neuen Erklärung nicht zu bestehen, werden die deutschen Exporteure doch gut thun, sich umgehend an ihre canadischen Abnehmer wegen Uebersevdung der nöthigen Formulare zn wenden." DaS Centrum hielt gestern Abend eine FractionS- sitzung zur Vorberathung der M.litärvorlage ab. Die Denkschrift über Kiautschau ist jetzt imReichS- tage zur Vertheilung gelangt. Hamburg, 10. Januar. Dem „Hamburg. Corresp." wird officiöS auS Berlin gemeldet: „Der Besuch des Kaisers beim französischen Botschafter gilt hier als ein Beweis der hohen politischen Wertschätzung, welche sich der Botschafter durch sein diplomatisches vornehmes, Auftreten erworben hat und der er seine angesehene Stellung in der hiesigen Gesellschaft verdankt. Inwie weit die Politik etwas mit diesem Besuch zu thun hat, kann dahingestellt bleiben. Krefeld, 10. Januar. Heute früh sind 130 Weber der mechanischen Sammetweberei der Firma Mottau L Liendortz in den Ausstand getreten, da die vierzehn tägige KündigunSsrist abgelaufen ist. Auch die Weber der anderen Fabriken werden voraussichtlich in den nächsten Tagen nach Ablauf ihrer Kündigungsfrist die Arbeit niederlegen. Memel, 10. Januar. Der Memeler Dampfer „Agathe", mit Salz von England nach -^emel bestimmt, ist bei Nimmersatt im starken Rebel gestrandet. Die Lage des Schiffes ist gefährlich. Die Mannschaft hat das Schiff verlassen. Hadersleben, 9. Januar. Zu Ehren des Ober präsidenten Staatsministers v. Köller tragen die Stadt und die Schiffe im .oafen Flaggenschmuck. Herr v. Köller empfing eine Deputation dänischer Landleute des Kreises, die um Einstellung der Ausweisungen von Dänen bat. Der Oberpräsident betonte, daß die Ausweisungen sich nicht gegen die dänische Be völkerung, sonde; n gegen die dänische Agitation richten, die einen unerträglichen Grad erreicht habe. Sobald die dänische Partei diese Agitation einstellen würde, ivürden auch die Ausweisungen aufhören. Heute Nach mittag besichtigte Oberpräsident von Köller den Hafen. Bürgermeister Dr. Köster dankte dem Oberpräsidenten für die Unterstützung, die er den Deutschen in ihrem Kampfe um die nationalen und wirthschaftlichen Interessen gewähre. Diese kräftige Politik werde sicher lich zum Frieden führen. Der Öberprändent erwiderte, er danke dem Bürgermeister für die freundlichen Worte und die Begrüßung. Er sei grade jetzt gern nach Hadersleben gekommen, um sich persönlich davon zu überzeugen, wie die Verhältnisse lägen. Wenn zur Zeit st engere Maßregeln nöthig geworden seien, um Frieden zu schaffen, so hoffe er, daß dies nur vorübergehende Maßnahmen sein würden, die zum Der Lehnserbe Roman von Karl Vcnzmer. (Nachdruck verboten.) 3. Fortsetzung. Eines Morgens ritt der Baron mißmuthig seine Feldscheide entlang und sah Hans Kuhlmann, den schmucken Hünen, das schneeweiße Säelaken über dem Nacken, Bulls schön vorbereiteten Acker auf und ab marschiren und die goldige Wintersaat breitwürfig ausstreuen. Wetter, wie stand das dem jungen kräf- tiHen Burschen so geschickt und ausgelernt an! und in wie gleichmäßigem Bogen sausten die zahllosen Körner durch die Lust, um niederzufallen, als ob sie durch die Menschenhand gepflanzt wären. Eine Weile starrte der Baron auf dies ansprechende Bild, dann war's ihm plötzlich, als sei ihm ein Lichtstrahl in das Herz gefallen. „Prächtiger Kerl, der Hans! Schade, daß er nicht —!" Den Rest wagte er nicht auszudenken, und wie traumverloren ritt er weiter, behielt aber Hans fo lange im Auge wie er konnte. „Wer würde es mir wehren, wenn ich wollte?" sprach er in sich hinein. „Weder Vater noch Mutter noch Frau, die Anstoß daran nehmen könnten, sind mir geblieben, und was kümmert mich das Urtheil der Welt? An jenen verkommenen Lump sollten meine herrlichen Güter mal fallen, um in wenigen Jahren wie eine große Wüste dazuliegen? Entsetzlich wär's, und mein Vater würde sich im Grabe umdrehen! Aber die andere Idee — ? Fort mit dem Gebilde meiner Phantasie! Der ganze Adel des Landes würde gegen den vermessenen Schritt Front machen!" Fast willenlos kehrte Baron Heinz, wie von einem höheren Impulse getrieben, wieder um und ritt über die Feldscheide. Immer näher kam er dem jungen Saemann, der recht trübselig dreinschaute, kurz vor ihm stoppte er sein Pferd, Hans stand still und zog bescheiden die Mütze. Wohlwollend gab ihm der Baron vom Pferde herab die Hand, was er noch sein Lebtag nicht gethan hatte. Das ging dem Vorder knecht ins Herz, eine Blutwelle überflog sein morgen frisches Gesicht, warm fühlte er sich hingezogen zu dem leutseligen Edelmanne, der anders war wie seines gleichen, Venn die meisten sahen den Bauern über die Achseln an. „Du säest meisterhaft, Hans, wie abgemessen liegt das Korn auf der Ackerkrume," sprach der Baron freundlich, indem er prüfend zur Erde niedersah. „Mit den Jahren lernt es sich, Herr Baron," antwortete Hans bescheiden. „Zuerst ging es dürftig, das ärgerte mich, weil die Saat ungleich auflief. Uebung macht aber den Meister, und jetzt könnte ich mit verbundenen Augen die Körnerfülle ausstreuen." „Mach's immer gut, mein Junge, und bleibe dem alten biedern Bull eine treue Stütze. Möchtest wohl mal selber hinein in den Schulzenhof, wenn die Alten nicht mehr können, nicht?" „O gern, gnädiger Herr, ich wollte mich schon mühen, die schöne Wirthschaft oben zu halten," ent gegnete Hans schmunzelnd. „Vater Bull trägt sich selber mit dem Gedanken, denn ich bin ja von Kind an bei ihnen gewesen, wie er sagt, und da er kinder los ist, mag es ja so kommen, wie Sie gesagt." So sprach Hans treuherzig und kniete vor dem Sack nieder, um sein Saatlaken wieder mit Korn zu füllen. „Bleibe ein solider, tüchtiger Mann, mein Junge, ich will schon dafür sorgen, daß Du mal in den Schulzenhof hineinkommst," sprach Baron Knorr wohl meinend und zaloppirte fort. Mit freudestrahlendem Auge sah Hans dem Edel manne nach, er fühlte sich unwiderstehlich zu dem leutseligen Herrn hingezogen. „Der liebe Gott har ihn schwer geprüft, ob er auch den Himmel auf Erden verdient hätte, der Ba ron," sprach er halblaut hinter ihm her, indem er seine Wanderung wieder anttat und die Saat von sich schleuderte. „Sein Lieutenant war ein lieber Mensch, ihn mußte aber die Franzosenkugel forttaffen, wie traurig! hm ja, solch Geschoß fragt nicht nach vornehm oder gering, sondern nimmt weg, was es auf seinem Gange findet, wie jammerschade war's um den schmucken Kerl! Wer wohl des Herrn Barons schöne Begüterung mal kriegt? Der lumpige Knorr in Gürzenow? Hm, es wäre zu bedauern!" Während Hans, rüstig mit seiner schweren Bürde im losen Acker vorwärts schreitend, Zukunftsbilder malte, ritt der Baron langsam durch seinen reich be standenen Wald. Sehr melancholisch war er gestimmt nach der Unterhaltung mit Hans, dem er seinem innern Gehalte nach einer höhern Lebensstellung voll werth hielt. Wild rasten die Gedanken im Gehirn des trauernden Mannes umher, flogen von einem Ziel zum andern. Wehmüthig blickte er um sich und in die Höhe, welche Pracht. Diese Riesenbäume, deren Kronen sich im blauenden Aether badeten! Welchen Werth hatten seine musterhaft bewirthschafteten Wal dungen! Nicht minder seine Güter, die durch Tief kultur zu schönen Pflanzstätten der Production geschaffen worden! Unmöglich! Er mußte vorgreifen, um diesem Ver hängniß zu begegnen, das seinem Hause mit Vernichtung drohte. Ihn packte unsagbares Weh es ward ihm plötzlich, als ob er schon morgen das Zeitliche segnen könne! Flugs gab er seinem Hengst die Sporen und jagte nach Knorrendorf zurück, wo er sich in Brüten über die Frage vertiefte, wie er den: Lehnsrecht ein Parolie bieten könne. Er fühlte sich bereits krank, und sein Leben stand in Gottes Hand, wer konnte wissen, wie lange ihm sein Lebenslauf bemessen sei? * * Die Ernte war beschafft, ein schöner Gottessegen eingeheimst. Die ganze Zeit über hatte HanS Kuhl- mann seine Lina nicht als Mitarbeiterin an seiner Seite gesehen, sie verleugnete ihn, er war aus Rand und Band. Wie geschickt wußte ihm das rabiate Ding aus dem Wege zu gehen! Wenn er abends ein halb Stündchen bei den Alten saß, mit ihnen über die Wirthschaft zu sprechen, und Lina trat zufällig ins Zimmer, huschte sie wie der Blitz durch dasselbe, als ob sie keine Zeit habe. Ach. wenn er der schönen Stunde gedachte, wo er mit der Liebsten gekost; wie weich wurde ihm ums Herz! So weich, daß er wie ein Kind hätte weinen können. Nimmer hätte er geglaubt, daß je ein Frauen zimmer so viel Gewalt über ihn gewinnen werde, er grollte sich selber wegen seiner Unmündigkeit und wollte entsagen. Sowie er das süße Geschöpf aber sah, zog es ihn an allen Fiebern seines Herzens ihr nach. Trotz der ermüdenden Tagesarbeit wälzte sich der Verschmähte die Nächte lang schlaflos auf dem Lager und machte Pläne, wie er den abgerissenen Faden wieder anknüpfe. Die Mittel aber, die er sich in der Nacht vorzeichnete, um zum Zweck zu kommen, zerschellten an den Hemmnissen, die ihm Lina in den Weg legte. Zu schlau war die kleine Wetterhexe und verstand es meisterhaft, alle seine Pläne zu vereiteln. Schließlich packte Hans Kuhlmann Mißmuth, er ging dem Mädchen aus dem Wege und wurde so störrisch, daß der Schulze mit ihm seine große Noth halte. Unabwendbar würde sein Ungestüm zur Trennung geführt haben, hätte nicht Hans schon zu festen Fuß im Herzen der Pflegeeltern gefaßt. Und Lina? Obwohl sie entsetzlich unter dem Zwiespalt der Herzen litt, ihrem jungfräulichen Stolze glaubte sie eine Rache schuldig zu sein. Wenn sie ihn bessern wollte, mußte sie Hans demüthigen, sonst ging es im Leben nicht gut. Unedel und grausam war er gegen sie gewesen, die Schmach, die er seinem Lieb chen angethan, heischte Vergeltung. Er mußte erfahren, daß der züchtigen Braut das gegebene Wort heilig sei wie ihre Ehre. Instinktiv wußte sie, daß die Stunde der Versöhnung kommen werde, laS sie ihm doch die Reue von den bleichen Wangen ab. Zwar jammerte sie der arme Junge, aber die Strafe mußte er hinnehmen, da er ihr zu weh gethan, und bald wollte sie ihn verzeihend ans Herz schließen. (Fortsetzung folgt).
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