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Pulsnitzer Anzeiger : 20.05.1942
- Erscheinungsdatum
- 1942-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840937181-194205209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840937181-19420520
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840937181-19420520
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Anzeiger
-
Jahr
1942
-
Monat
1942-05
- Tag 1942-05-20
-
Monat
1942-05
-
Jahr
1942
- Titel
- Pulsnitzer Anzeiger : 20.05.1942
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MIttvsch, so. Mal IS02 Wunder der Berlehrteudehaudlimg Der bekannte Orthopäde Professor Dr. Lothar Kre « z, der soeben zuni Rektor der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität ernannt worden ist und als Leiter des zur Zeit als Reserve- Lazarett dienenden Oskar-Helene-Heims europäischen Ruf ge nießt, hat sich in einer Unterredung über die wissenschaftlichen Fortschritte in der Behandlung der Verwundeten geäußert. Dabei befaßt er sich insbesondere mit den Kriegsversehrten, die beide Hände verloren haben. Noch im Weltkrieg hat es keine Möglichkeit gegeben, diese Schwerbeschädigten in den Arbeitsprozeß zurückzuführen. Erst aus Grund der Operation nach Krukenberg ist es durch Spaltung der Unterarme gelungen, ans Speiche und Elle zwei neue Greiforgane zu schaffen, mit deren Hilfe der Versehrte in den allermeisten Fällen seiner oder einer seinem Berus verwandten Arbeit nachgehen kann. „Freilich", so führte Professor Dr. Kreuz weiter aus, „ist für die Kunst des Arztes und das ganze Heilungsgeschehen der Wille des Kranken zur Genesung und zur Arbeit von ent scheidender Bedeutung. Dieser Genesungs- und Arbeitswille gibt auch in schwierigsten Füllen den Ausschlag, und deshalb wird er bei allen Versehrten ausrechterhalten und gefördert. Wichtig ist in der Behandlung der Verwundeten, daß jeder Wechsel des Krankenhauses und Arztes vermieden und daß dem Kriegsversehrten die Sorge um den Wiederaufbau seiner wirt schaftlichen Eristenz abgenommen wird." Für die Erfüllung dieser Ausgaben setzt sich insbesondere auch der Wehrmacht- sürsorgeoffizier ein. Aus den Ausführungen des Berliner Universitätsrektors geht schließlich einwandfrei hervor, daß der nationalsoziali stische Staat Einrichtungen verschiedenster Art geschaffen hat. um den Kriegsversehrten in seinen Beruf zurückzuführen und so dem Leben wieder zurückzugewinnen, eine Dankesschuld, die das neue Deutschland seinen Verwundeten, den Ehrenbürgern der Nation, mit der Tat erweist. Sohle und Diamant ak Berwandte Unter den 80 Stoffen der Natur, die im Gegensatz zu allen unzähligen übrigen einfache, unzusammengesetzte Stoffe oder Elemente genannt werden dürfen, befindet sich auch der so genannte Kohlenstoss, der die Eigenschaft hat, sich gewisser maßen in drei ganz verschiedenen Verkleidungen unseren Augen zu präsentieren. Einmal kennen wir den Kohlenstoff als Steinkohle, und zwar in etwas unreiner Form, in Bei mischung niit allerlei anderen Stoffen. Eine zweite Form des Kohlenstoffs ist der Graphit, der, wie wir wissen, das Innere der Bleistifte bildet. Die dritte Form des Kohlenstoffs schließ lich ist der höchste Luxusgegenstand — der Diamant. Eines Tages entdeckte man nämlich, daß der Diamant unter bestimmten Verhältnissen und bei einem bestimmte« Hitzegrad verbrennen kann, wobei er ganz dieselben Eigen schaften zeigt, wie verbrennende Kohle. Mau stellte dann fest, daß der Diamant nicht nur dasselbe Verhalten zeigt wie chemisch reiner Kohlenstoff, sondern auch gar nichts anderes ist als reiner Kohlenstoff. Nachdem diese Tatsache dann einmal festgestellt war, unternahm man.es, Diamanten aus chemischem Wege herzustellen. Bei einer Temperatur von über 3000 Grad im sogenannten elektrischen Ofen gelang es, reinen Kohlen stoff flüssig zu machen, und zwar in einem „Bade" von glühend flüssigem Stahl. Dann ließ man alles rasch abkühlen. Der erkaltende Stahl übte einen ungeheuren Druck auf den Kohlenstoss in seinem Innern aus. Und als man dann den erstarrten Stahlmantel entfernte, fand man — kleine Dia manten. Sie waren allerdings sehr klein, aber, was wichtiger war als der Geldwert der edlen Steine: eine Theorie der Naturwissenschaft war wieder einmal aufs glänzendste be stätigt. Läßt man reinen Kohlenstoff unter Hohem Druck rasch erkalten, so wird er zu Diamant, erkaltet dagegen der Kohlen stoff unter geringem Druck, so entsteht Graphit. Was ist nun — vom Geldwert abgesehen — der Unter schied zwischen den beiden? Im Diamant ist Kohlenstoff zu Kristallen von ganz bestimmter Form zusammengeschlossen, im Graphit aber hat er sich nicht kristallisiert, er blieb, wie der wissenschaftliche Ausdruck lautet, amorph, d. h. formlos. Und hierdurch ist nicht nur in Form und Farbe ein großer Unter schied hervorgerufen worden, sondern im ganzen Verhalten der beiden Körper. So z. B. ist der Diamant ein sehr schlechter Leiter für Elektrizität, der Graphit ein guter; der Diamant ist sehr hart, der Graphit ist aber recht weich. — Man sieht also, daß man mit vollem Rechte von dem leuchtenden Diamanten und der schmutzigen Kohle als von nahen Verwandten reden darf. Sie sind aber in Wirklichkeit nicht nur verwandt, sie sind ein und dasselbe, und nur verschiedene Gestalten ein und desselben Stoffes, des Kohlenstoffes. Pulsnitzer «»zeHer — Ohorner Anzeiger Rauchen «erbaten Von Karl Dill. Es braucht sich niemand zu erregen, und keiner hat Wohl was dagegen, wenn einer meint, daß er es braucht, und deshalb seinen Tabak schmaucht. Tut er's zu Hause zur Verdauung, bereitet ihm der Rauch Erbauung; doch tut er es in Wald und Flur, stört es den Zauber der Natur. Gesünder als der Tabakduft ist zweifellos die Waldesluft. Zudem bestreiten läßt sich schwerlich, daß solches Handeln auch gefährlich, weil man es aus Erfahrung kennt, wie leicht dabei der Wald mal brennt. Brandstifter werden ist nicht schwer, die Folgen sind es um so mehr. Moral: Du brauchst nicht grad im Wald zu rauchen, im Kittchen gibt's nichts mehr zu schmauchen! Auch private Verläufe zu Wucherpreifen strafbar LV Die Ehesrau Marie Stoschek hatte sich vor dem Sonder gericht in Breslau nach der Volksschädlingsverordnung und wegen Betruges zu verantworten, weil sie bei verschiedenen Altwaren- und Pelzhändlern insgesamt vier Stück gebrauchte Pelzjacken und Pelzmäntel aufkaufte und dann weiterverkaufte, wobei sie die zehn- bis zwanzigsachen Einkaufspreise verlangte und erhielt. Für diesen unverschämten Preiswucher, der unter Aus nutzung der kriegsbedingten Versorgungslage und unter Vor spiegelung falscher Tatsachen über den Wert der Pelzsachen begangen wurde, erhielt die Angeklagte eine Zuchthausstrafe von drei Jahren. Zuchthaus für Bezugfcheinfälscher LV Die Lebensmittelhändlerin Nanna Krawinkel aus Pader born verfälschte wiederholt Bezugscheine für Butter, Käse. Margarine, Kunsthonig und Nährmittel und entzog damit insgesamt 34 Zentner Lebensmittel dem geregelten Verbrauch. Dabei verleitete sie ihre 20jährige Verkäuferin Maria Kirchhoff ebenfalls zu solchen Fälschungen und zu unrichtigen Angaben. Wegen Verbrechens nach der Kriegswirtschaftsverordnung und schwerer Urkundenfälschung verurteilte das Sondergericht in Bielefeld die Krawinkel zu einer Strafe von sieben Jahren und die Kirchhoff zu einer solchen von zwei Jahren Zuchthaus. Durch Selbstanzeige der Todesstrafe entgangen Nachforschungen der Sicherheilsbehörden und Ueberprüfun- gen alter Abrechnungen bei einem Häutehändler veranlaßten den Fleischhauer Joses Frager aus Gänserndorf (Nieder donaus zur Selbstanzeige, daß er 42 Rinder, 31 Kälber und 3 Schweine in der Zeit vom Kriegsbeginn bis zum Sommer 1940 schwarzgeschlachtei habe. Er Hane dann aus freien Stücken die Schwarzschlachtungen eingestellt, da sie ihm doch zu riskant erschienen Unter Berücksichtigung der mildernden Umstände seiner Selbstanzeige, des vollen Geständnisses und der freiwilligen Einstellung seiner Verbrechen setzte das Sondergericht Wien die Strafe für den Kriegsverbrecher mit acht Jahren Zuchthaus, 3800 RM. Geldstrafe und 12 300 AM. Werrersatz fest. Zweifelhafter Gänsehandcl Einer Frau erzählte die 39jährige Wolf um die Weihnachts zeit, daß sie nach Oberschiesien fahre und dort Gelegenheit hätte, eine Gans zu kaufen. Diesen Braren wollte sich die Frau nicht entgehen lassen und gab der Wolf bereitwilligst 25 Mark, womit diese dann verschwand, ohne jemals das be gehrte Federvieh zu liefern. Die Wolf wurde jetzt wegen Rück- fallbetruaes in sieben Fällen vom Leipziger Amtsgericht zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Gewalttätiger Schwarzschlächter hingerichtet Am 19. Mai wurde der am 26. 5.1898 in Schilsdorf geborene Christian Schlüter aus Kiel, Boninstraße, hingerichtet, den das Sondergericht in Kiel zum Tode verurteilt Hai. Schlüter war am 13. Mai 1942 wegen Schwarzschlachtens zu einer Freiheits strafe verurteilt worben. Als das Urteil verkündet wurde, hat er auf den Staatsanwalt und die Richter mehrere Schüsse ab gegeben. ! Ar. 116 - Seite s Turne« ««d Sport Tschammerpokal Wiederholungsspiel am 30. Mai Das unentschieden ausgegangene Tschammerpokalspiel der 1. Hauptrunde zwischen Polizei-SV Chemnitz und Sportsr.01 Dresden wird am Sonnabend, 30. Mai, in Dresden wiederholt. DSC spielt in Berlin Der Dresdner SC, der am Psingstsonnabend die Fuß ballelf des LSV Magdeburg im Ostragehege empfängt, hat für den 31. Mai ein Freundschaftsspiel gegen Hertha-BSC in der Reichshauptstadt abgeschlossen. Sachsenmcisterschaften im Saalradfporl Einen spannenden Verlauf nahmen am Sonntag die in Riesa durchgesührten sächsischen Meisterschaften im Saalrad sport. Besonders der stark beschickte Wettbewerb derRavball- mannschaslen sand viel Anklang. Sachsenmelster wurden Ru dolph-Lindner vom RV Diamant Chemnitz. Das Einer- und Zweier-Kunstfahren der Männer mußte abgesetzt werden, weil sich die Bewerber alle im Feld befinden. — Die Ergebnisse: Zweier-Radball (Retchsklasse): 1. und Bereichsmeister Diamant Chemnitz i Rudolph-Lindner) 14:2 P.: 2. Post-SV Dresden (Menge-Meschke) 10:6 P.; 3. Tgde. Leipzig-Lindenau (Selle- Haase) 8:8 P.; 4. Post-SV Dresden II (Decker-Miersch) 4:12. B-Klasse: 1. Post-SV Dresden III <Gebr. Schröder) 12:0; 2. RV Adler Riesa (Winter-Kühn) 8:4 P.; 3. RV Plauen (Frank-Spranger) 4:8 P. Sechser-Gruppenfahren der Männer: „ Wanderlust Leipzig im Alleingang 237,3 P. Frauen: Sechser- " Reigen: 1. RV Edelweiß Leutersdorf M,3 P.; 2. RV Edel ¬ weiß Ebersgrün i. V. 204,2 P. , Tischtennis-Meisterschaften in Dresden Wie im Vorjahr sind die Deutschen Tischtennis-Meister schaften auch in diesem Jahr nach Dresden vergeben worben, wo sie am 30. und 31. Mai ausgetragen werden sollen. Es kommen nur die Einzelmeisterschaften zur Durchführung: die Mannschaftsmeisterschaft entfällt. 2n Dresden werden Raak, Berlin, und Trude Pritzi, Wien, ihre Titel verteidigen. Gudrun Hartenstein war die Beste In Braunschweig schloß ein Lehrgang unserer Spitzen könner im Wasserspringen mit einem Wettkampf vom Feder brett ab. Die gebotenen Leistungen waren hervorragend. Bet den Männern siegte Waller Ernst (Kriegsmarine Kiel) mu 135,06 Punkten vor dem Jugenomeister Günther Haase (Ham burg) mit 134,83. Bei den Frauen war abermals Guorun Hartenstein, Chemnitz, mit 105,91 Punkten vor der Jugend- meisterin Paula Taiarek, Erkenschwick, mit 105,23 Punkten so wie Olga Eckstein. Erkenschwiek. erfolgreich. Eine ganze Nacht mit Beitien gelämpit Ein aufregendes Abenteuer hatte ein Jäger in Venezuela zu bestehen, der die Cordilleren von Merida durchstreifte. Das Jagdglück war ihm nicht hold: außer ein paar Vögeln hatte er nichts erbeutet, uud so machte er sich auf den Heimweg, der ihn durch dichten Urwald führte. Im Eifer der Pirsch hatte er nicht bemerkt, wie die Sonne immer tiefer sank, und so überraschte ihn die kurze Dämmerung,.als er Plötzlich neben sich am schmalen Saumpfad das bösartige Fauchen eines Jaguars vernahm. Blitzschnell erklomm er den nächsten Baum und schon sah er, wie ein Jaguar versuchte, ebenfalls den luf tigen Sitz zu erreichen, um ihm den Garaus zu machen. Wie er bald erkannte, war es ein Weibchen, das seine Jungen in Gefahr glaubte und deshalb den Menschen angriff. Eine einzige La ldung hatte er noch in seiner Flinte, die dazu noch aus Schrot bestand statt aus einer Kugel. Unvorsichtigerweise gab er einen Schuß ab, aber im gleichen Augenblick wandte das Raubtier den Kopf zur Seite und wurde nur leicht ver letzt. Ein schreckliches Gebrüll antwortete, auf das hin nicht nur die Jungen aus dem Unterholz hervorkamen, sondern auch das Vatertier. Gemeinsam setzten sie nun zum Sprung an, und der Mann hatte sich nunmehr zweier blutdürstiger Bestien zu erwehren, während die Nacht schnell hereinbrach. Glücklicherweise ging der Mond auf und in seinem fahlen Schein konnte der Belagerte wenigstens die Tiere erkennen und sie beim Angriff mit seinem breiten Buschmesser abweh ren. Bis zum Morgengrauen kämpfte der Jäger um sein Leben, und sein Glück war es, daß zufälligerweise zwei mit Revolvern bewaffnete Polizeisoldaten einer nahen Ortschaft auftauchten, die ihn aus seiner mißlichen Lage befreien konn ten. Mit wohlgezielten Schüssen töteten sie die wütenden Tiere und geleiteten dann den völlig erschöpften Mann sicher zu feiner Behausung. ,»» Vie 8okM äer Inge MmM kOUicm vori U. Lsi'ssinMn Ors» (^usUsn-VvftLg, konigsdrUOk (Ler. Als der Zug kurz nach einhalb zehn Uhr in Warnemünde einlies, wartete er ruhig, bis Frau Ferchland das Abteil verlassen hatte. Dann schlenderte er, mit exakter Gewandtheit seinen Eben- holzstock schwingend, langsam über den Bahnsteig. Er hatte es mit einem Male gar nicht mehr so eilig. Weshalb auch? Hier in Warnemünde konnte die Frau ihm nicht mehr entgehen. Er sah, wie sie auf eine vor dem Bahnhof stehende Autodroschke zuschritt und den Schofför etwas fragte. Doch mietete sie nicht das Auto, wie er zuerst annahm, sondern dankte dem Manne nur und ging dann zu Fuß weiter. Hartmann, der ihr ständig folgte, bemerkte zwar, daß sie sich einige Male umdrehte, doch störte ihn das nicht weiter. Bei dem starken Verkehr bedurfte es keiner besonderen Gewandtheit, jemand unbemerkt zu folgen. Schwieriger wurde es, als sie die Stadt verließ und zum Strand hinunterging. Sie beabsichtigt doch nicht etwa, mit der Dampffähre nach Gedser überzusetzen? schoß es dem Inspektor durch den Kopf. Ausgeschlossen war das nicht. Wo sollte sie sonst auch hingehen? Vielleicht hatte sie sich vorhin bei dem Schofför nach den Ab fahrtszeiten der Fähre erkundigt? Ein Glück, daß er seinen Paß mit sich führte, sonst hätte er unter Umständen in große Schwierigkeiten geraten können. Aber auch jetzt stellte sich seine Annahme als falsch heraus. Sie ging nicht zur Fähranlegestelle hinunter, sondern bog plötz lich nach halb rechts ab und steuerte geradewegs aus ein dicht am Strande stehendes rotes Backsteingebäude zu, das von gepflegten Gartenanlagen umsäumt wurde. Vor der Nordseite des Hauses, in einer kleinen Bucht, sah man ein gutes Dutzend Segelboote in allen Größen verankert liegen. Das kann doch unmöglich ein Hotel sein, dachte der Inspektor und verließ die Straße, um besser sehen zu können. Jetzt be merkte er auch das große Schild vor dem Hause. „S e g e l s ch u l e Nörting Lc Co." las er verwundert. Was hatte die junge Frau denn dort zu suchen? Wollte sie sich etwa im Segeln ausbilden lassen? Warum auch nicht? Gar kein so übler Sport. Er segelte auch für sein Leben gern und hatte durchaus nichts dagegen, wenn sie jetzt ein : Boot besteigen und davon gondeln würde. Er wollte es ihr schon zeigen, was es hieß, mit dem „harten Mann" um die Wette zu segeln. Um vom Hause aus nicht gesehen zu werden, trat er etwas hinter den hohen Gartenzaun zurück. Im selben Augenblick hörte er hinter sich Schritte. Als er schnell den Kopf wandte, blickte er in das lächelnde Gesicht seines Kameraden Persing, der höflich grüßend, aber ohne stehen zu bleiben, an ihm vorbei ging. „Was machen Sie denn hier, Persing?" „Ich will mir die Segelschule mal etwas näher ansehen", ant wortete Persing, ohne den Kopf zu wenden und ging weiter. Hartmann brummte etwas vor sich hin und sah seinem Kollegen nach. Was mußte da im Gange sein? Vielleicht traf er Persing im Laufe des Tages noch einmal. Dann muhte er Farbe bekennen. Kopfschüttelnd wanderte er an der hohen Umzäunung ent lang, immer die Tür im Auge behaltend, in der die junge Frau verschwunden war. Seine Geduld wurde auf keine harte Probe gestellt. Schon nach kaum zehn Minuten erschien die junge Frau wieder und ging den Weg zur Stadt zurück. Von Henner Persing war nichts mehr zu bemerken. Aus dem Königsplatz erkundigte sie sich bei einem gerade des Weges kommenden Dienstmann nach der Euker- straße, wobei sich herausstellte, daß sie schon daran vorbeigegangen war. Sie machte kehrt und bog gleich daraus in eine breite, mit Kastanienbäumen bewachsene Allee ein, in der sie mit deutlich sichtbarer Nervosität eine bestimmte Hausnummer zu suchen schien. Dann blieb sie plötzlich vor einer schöngebauten Villa stehen, vor deren Eingang auf einem gläsernen Transparent die Worte zu lesen waren: „Mallings Pensionat" Der Inspektor traute seinen Augen nicht. War das Wirklich keit! Mallings Pensionat! Und plötzlich fiel ihm die Personal beschreibung ein, die der Direktor gestern telefonisch nach Warne münde durchgegeben hatte. Sollte da irgend.eine Teufelei im Gange sein, an der auch der schwarze Horje Malling beteiligt war! Man konnte es schon beinahe mit Bestimmtheit annehmen. Viel leicht stand auch die Segelschule irgendwie damit im Zusammen hang? Umsonst ließ man das Gebäude nicht überwachen! Aber was hatte Frau Ferchland mit all dem zu tun? Cs war doch nicht anzunehmen, daß sie mit dem schwarzen Horje — — Hartmann wagte den Gedanken nicht auszudenken. Es war ! unmöglich die Gattin des bekannten Wirtschaftlers? Der Inspektor trat in eine Haustür und beobachtete mit ge- ! spannter Erwartung, was sich ereignen würde. Die junge Frau i zögerte und schien zu überlegen, was sie tun sollte. Ein paarmal ! blickte sie den Weg zurück, den sie gekommen war, als suche sie j " — jemand. Oder wollte sie sich vielleicht überzeugen, daß sie von niemand beobachtet wurde, wenn sie jetzt ihren Stiefbruder auf suchte? Aber dann mußte sie sich doch wohl zu einem Entschluß durchgerungen haben. Mit fast ungestümer Hast setzte sie den Klingelzug in Bewegung. Gleich darauf wurde sie eingelassen. Haxtmann sah nach der Uhr. Es war gleich halb Elf durch. In diesem Augenblick hätte er sonst etwas darum gegeben, wenn ihm Gelegenheit geboten worden wäre, einen Blick in die Billa zu tun! Ob sie sich bei ihrem Bruder einmieten wollte? Ganz sicherlich. Sollst hätte sie wohl schon ein Hotel aufgesucht? Er trat aus dem Hauseingang hervor und ging langsam an dem Pensionat vorüber. Wenn er nun selbst versuchte, dort Wohnung zu bekommen? Er kannte zwar Malling, doch dieser nicht ihn. Er konnte es also ruhig riskieren. Kurz entschlossen ging er zurück und zog an der Klingel. Es vergingen kaum Sekunden, bis die Tür geöffnet wurde und ein junges Mädchen auf der Schwelle erschien. Sie trug eine verführerische hellhlaue Matinee, jo raffiniert, daß es dem In spektor kalt über den Rücken lief. Ein mehr als seltsamer Aufzug, mit dem man in der Pension Malling die Gäste empfing! Aber nicht das allein war es, was Hartmann in Erstaunen versetzte. Seine große Überraschung beruhte vielmehr darauf, daß er das Mädchen kannte! Er hatte ihren Namen noch in sehr guter Erinnerung. Lotte Gebhardt war ein Satansweib! Schlank, dunkelblond und verdammt hübsch — noch dazu in ihrer jetzigen Aufmachung! Er hatte sie vor Jahren einmal in einer Aktendiebstahlsaffäre vernommen. Sie unterhielt damals trotz ihrer erst neunzehn Jahre ein Ver hältnis init einem Angestellten einer ausländischen Gesandtschaft, dem eines Tages, während die Gebhardt bei ihm zu Gast war, eine wichtige Dokumententasche abhanden kam. Der Verdacht siel sofort auf^as junge Mädchen. Doch war sie trotz der belastenden Momente raffiniert genug, mit geradezu virtuosem Geschick sich ans der Schlinge zu ziehen! Wie wenige Monate später Horje Malling! Und jetzt traf er sie sogar in dessen Hause wieder! Oder war das wirklich nur Zufall? Auch das junge Mädchen schien den Inspektor wiederzuer kennen. Er bemerkte wohl, wie es in ihren meergrünen Augen unheilverkündend aufblitzte. Doch nur den Bruchteil einer Se- künde lang. Dann hatte sie sich wieder völlig in der Gewalt. Mit einem freundlichen Lächeln bat sie ihn einzutreten. Einen Moment lang war Hartnusnn sich darüber im Zweifel, ob er sich zu erkennen geben oder einen falschen Namen zulegen sollle, dani, entschloß er sich für das letztere. Er erwiderte das freundliche Lächeln des jungen Mädchens und stellte sich als Doktor Ambrosius aus Hildesheim vor. (Fortsetzung jolgl.»
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