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MMiaH Mit 13. MÄ 1442 Pulsnitzer «nzetger — Oüorner «nzrta« «r. ill — «»« s Unter den Dielen einer Schelme Neues Massengrab von Opfern des Bolschewismus gesunden. In Kosch, in der Nähe von Reval, wurde ein neues Massengrab von Opfern des Bolschewismus gesunden. Bis jetzt sind 38 zum Teil stark verstnmmellc Leichen ausgegraben worden. Aus dem gleichen Grundbesitz fand man bereits im vorigen Herbst 4» Leichen, so daß die Gesamtzahl der dort Ermordeten ans 78 gestiegen ist. Die Bolschewisten haben ihre Mordtat zu verbergen ver- sucht, indem sie die Opfer unter den Dtelen einer Scheune begruben und die Diele mit einer Zementdecke überzogen. In den Taschen zweier Leichen sand man Ge richtsurteile, aus denen hervorgeht, daß die Opfer im Fe bruar >941 wegen angeblicher Sabotagetätigkeit rum Tode ver- urteilt worden waren. Komödienlpiel in England Eine neue Partei soll Churchill neue Handhaben gegen ihm unliebsame Elemente verschaffen. Nach einer Agenturmeldung aus London gaben einige Mitglieder des Parlaments die Gründung einer neuen poli tischen Partei bekannt, die den Namen „Das Volk" (The People) trägt. Das politische Ziel der Partei ist die Beseiti gung von „Untüchtigkeiten" tu der Politik. Die Partei wird von B G. Brown, dem unabhängigen Abgeordneten, geführt der kürzlich im Wahlkreis Rugbv den Regicrungskanbidaten schlug Hauptmann Alce Stratford, der konservative Abge ordnete Cunningham Reid und der nationalliberale Abacord nete Edgar Louis Granville sind weitere Mitglieder der Partei Bei der allgemein bekannten Gerissenheit, mit der Chui chill ihm unliebsame Leute an die Wand zu drücken pflegt, ist anzunehmen, daß auch diese Parteineugründuug nur erfolgt ist, um dem Premier und seiner Kriegspolitik zu dienen Offenbar soll diese Partei sich die „Untüchtigen" auss Korn nehmen, die gegen Churchill zu opponieren wagen, und sie unter dem Vorwand, sie schadeten durch ihre ..Untüchtigkeit" dem ..Volk" (sprich Churchills so lange angreisen, bis der Dik- tator Churchill eine Handhabe hat, sie auszubooten. Daraus hin deutet schon die Zusammensetzung der ausgezählten Mit- glieder, die sich aus fast allen bisherigen Parteien Englands rekrutieren Todesstrafe für einen Feldpostmarder Dor dem Sondergericht in Bielefeld hatte sich der 43 Jahre alte Postschaffner Wilhelm M a i aus Herford zu verantworten, der seit Ausbruch des Krieges bei der Bnefeingangs- und -ab- gangsstelle eines Postamtes in Herford beschäftigt war. Er unterschlug von Anfang Januar 1942 bis zu seiner Festnahme Anfang April dieses Jahres insgesamt mindestens 200 Feld postpäckchen und beraubte sie ihres Inhalts. Dabei hatte er es hauptsächlich aus Rauchwaren abgesehen, die er zum Teil an Arbeitskameraden verkaufte und zum Teil für sich verbrauchte. Den Angeklagten konnte für sein Treiben nur die härteste Strafe treffen, die das Gesetz vorsieht. Das Gericht verurteilte daher den Angeklagten trotz seines einwandfreien Vorlebens entsprechend dem Anträge des Staatsanwalts zum Tode. Warcnhnusdiebinnen zu Zuchthausstrafen verurteilt In verantwortungsloser Weise haben zwei Frauen die durch den Krieg bedingten Verhältnisse in großen Leipziger Warenhäusern ausgenutzt. Weil es durch den Mangel an Personal manchmal an der erforderlichen Aussicht fehlt, so er kannten sie eine Gelegenheit, um Diebstähle am laufenden Band zu begehen, wobei die 43jährige und achtmal vorbestrafte Erna Jochimsen die 32 Jahre alte Fanny Großmann erst an lernte. lieber ein halbes Jahr lang gingen sie fast regelmäßig jede Woche in die Stadt und suchten passende Augenblicke, wobei die ein stahl, während sie von der anderen gedeckt wurde. So nahmen sie Kleider, Seivenreste, Halstücher, Socken, Hand tücher, Schürzen und Handschuhe, insgesamt Ware für etwa 2000 Mark. Bei der großen Nachfrage, die jetzt während des Krieges für derlei Sachsen bestehn hallen sie keine Mühe, diese Linge abzusetzen, soweit sie sie nicht selbst behielten. Sie er- zielten etwa 1400 Mark und teilten diese unler sich. Vom Sondcrgericht Leipzig wurden beide als Volksschädlinge ange- sehen und wegen Verbrechens gegen die Kriegswirtschastsver- ordnung verurteilt, und zwar Erna Jochimsen zu sieben Jah ren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust, Fanny Großmann zu vier Jähren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust. ! Turnen und Sport Sachsens Fußballelf besiegte Sudetenland 4:2 Sachsens Fußballelf trat am Sonntag im Aussiger Sta dion gegen die Mannschaft des Bereiches Sudetenland an und trug mit 4:2 (1:0) einen klaren und verdienten Sieg davon. Die Sachsenels, die durch Hosfommer (Planitz) im Lor so wie Schön und Machale (DSC) im Angriff noch verstärkt worden war, zeigte das einheitlichere und zweckmäßigere Spiel, In der ersten Halbzeit leisteten die Sudetendeuftchen erinner ten Widerstand, und Sachsen gelang bis zur Pause nur ein Treffer durch Machate Aach nach dem Wiederbeginn «ru- sen die Einheimischen beherzt an und kamen durch den Halblinken Meusl zum Ausgleich. Nachdem Sachsen durch Arlt abermals die Führung an stch gerissen hatte, konruen die Suae- tendemschen durch den AngrMssührer Kainz wieder au^glet- chen. Noch einige Zeit verging, dann übernahm oft Sachsen» elf eindeutig das Kommandr und beherrschte das Spielge schehen bis zu» Schluß. Den Sieg sw Sachsen st Ule Schön, ver die treibende Kraft im sächsischen Angriff war. durch -wei Piachttore sicher. Der Sieg wäre bei wen oer Schußpech der Sachsenstürmer sicher noch Höher ausgefallen. Mii d°r Gesamt- leistung der Sachsenels konnte man zufrieden sein. Knappe Ergebnisse im Tschammerpolalweubewerb Am Sonntag wurden im Bereich Sachsen vier Spiele der ersten Hauptrunde des Tschammerpokalwetibewerbes aus- gelragen. Es gab durchweg knappe Ergebnisse. Der SV 08 Bischofswerda, der zuletzt den Pokalverteidiger DSC ausge- schaltet hatte, blieb in seinem nächsten Spiel selbst auf der Strecke und wurde vom SC 04 Freital sicher mit 2:0 t1:0> geschlagen. Fortuna Leipzig setzte sich mit 2:1 (1:0i gegen Tura 99 Leipzig durch. MSV Borna behauptete sich erst nach Ver längerung mit 3:2 (2:2) gegen die Zwickauer SG. Polizei Chemnitz und Sportfreunde 01 Dresden trennten sich trotz < Verlängerung unentschieden 2:2 <0:2) und müssen zu Pfingsten ! in Dresden noch einmal gegeneinander spielen. Für die zweit? Hauptrunde stehen bisher Riesaer SV, Chemnitzer BC, For tuna Leipzig, MSV Borna, SC 04 Freital fest. Fußball in Sachsens Bereichsklasse i In der sächsischen Fußball-Bereichsklasse gab es am Wochen ende einige Freundschaftsspiele. Am Sonnabend gewann der Dresdner SC gegen Südwest Dresden überlegen mit 10:0 (3:0), während sich Guts Muts Dresden mit 4:1 (2:1) gegen den LSV Großenhain behauptete. Am Sonntag batte der Dank den kinderreichen Müttern. In zahlreichen Feierstunden wurden am Muttertag kinder reiche Mütter mit dem Mutterlreuz ausgezeichnet. Weltbild. VfB Leipzig die Els von Wacker Halle zu «aft und siegle mir 5:3 (0:3). Der Döbelner SC war mit 8r2 (4:0) gegen de« FC Roßwein erfolgreich. Fußball in der 1. Klaffe In der 1. Fußballklasse gab es am Sonnabend und. am Sonntag die nachstehenden Ergebnisse: Leipzig: TuB Leipzig gegen Spielvg. Leipzig 4:2, ATV Liebertwolkwih gegen Wacker Leipzig 2:7, Eintracht Leipzig gegen Sportsr. Mark ranstädt 1:3, Leipzier BL gegen Sportvg. Leipzig 2:3, Freund, schastsspiel: MTV Wurzen gegen Studentenels 4L Plauen: Punktspiel: LSV Plauen gegen Teutonia Netzschkau 9:0, Kreis pokal: Konkordia gegen SüBC Plauen 4:2, 1. Vogtl. FL Plauen gegen VfB Plauen 3:2, Spielvg. Plauen gegen VfR Plauen 2:0, Freundschaftsspiel: SV Treuen gegen 1. SV Rei chenbach 1:7. Zwickau: Freundschaftsfspiel: VfL Zwickau gegen Reichsbahn Zwickau 1.P. Mulden-Zschopautal: Kriegsturnier: BL Hartha gegen VfB Leisnig 7:0, FL 99 Mittweida gegen BL Hartha 1:3, TSG 89 Döbeln gegen BWG Kadner Roßwein 17:0. Chemnitz: Kriegsturnier: Preußen Chemnitz gegen VfL Weißbach 8:1, Sturm Chem nitz gegen SV 01 Chemnitz 2:6, SV Grüna gegen TV Alten- dorf 2:1, SV Oberlungwitz gegen Reichsbahn Chemnitz 1:1, Sportsr. Harthau gegen Germania Schönau 3;1, SC Limbach gegen Post Chemnitz 3:3, TV Hilbersdorf gegen Viktoria Einsiedel 2:1. Dresden: Kriegsturnier: Südwest Dres den gegen SC 04 Freital 2:2, Spielvg. Dresden gegen Spielvg. 97 Großenhain 8:0, Straßenbahn Dresden gegen VfB 03 Dresden 1:7, VfL Weixvorf gegen SC Heidenau 3:1, SG 93 Dresden gegen TSV Pirna 4:4, LSV Großenhain gegen Reichsbahn Dresden 0:1, Wacker Dresden gegen Polizei-SV Dresden 3:2, Reichsbahn Pirna gegen Dresdensia Dresden 4:1. TSC gewinnt mit Harbig Der Dresdener Grotzstaffcllauf „Runs um oen Großen Garren" auf Ver im Krieg verkürzten Strecke von 4,1 Kilometer wurde am Sonntag vom Dresdner SC gewonnen. Der DSL setzte sich bereits vom vierten Läufer an, insgesamt wurde» in leder Staffel 14 Läufer eingesetzt, an die Spitze uno gab sie nicht wieder ab Als neunter Läufer des DSC übernahm der auf Urlaub weilende, wieder einmal für seinen alten Verein startende Feldwebel Harbig den Stab, und auch er trug seinen Teil zu dem sicheren, mit etwa siebzig Meier Vorsprung errungenen Sieg seiner Mannschaft bei. Hinter dem in 9:19,5 siegenden DSC belegte mit 9:26,1 die Schute für Offiziersanwärter der Infanterie den zweiten Platz vor der Sportgemeinschaft SS Polizei und dem oftmaligen Gewinner der Dresdner Grotzstafsel, Dresdensia. Schlotztrich-Schulze Sieger im DiamantpreiS Auf einer 40 Kilometer langen Rundstrecke, die dreimal zu durchfahren war, wurde am Sonntag das Straßenrennen um den Diamantprets von Chemnitz ausgelragen. Im End spurt siegle nach 2:57:28 Bruno Schulze, Wanderer Chemnitz, vor den Chemnitzern FrWche, Diamant, Bählert, Diamant, Thoß, Wanderer, Bolte, Wanderer und Ginther. Presto, der durch einen Sturz kurz vor dem Ziel um seine Aussichien kam. Bei der Hitler-Jugend siegte in Klasse A Flemig, Wanderer in 2:12:10 vor Fetisch, Diamant und Lange, Presto, in Klasse B Dreßler, Wanderer >n 1:07:50 vor Hennig, Wanderer. VsL Leipzig gewann Leipziger Äcoßst".tfcl Der Leipziger Großstaffellaus „Rund um All-Leipzig", der über 3200 Meter führte und von Mannschaften mit It zwölf Läufern bestritten wurde, sah oen VfB Leipzig als Sieger. In 7:24,2 gewannen die Bewegungsspieler vor Orv- nungspouzei Leipzig (7:29,4), TSV 1867 Leipzig (7:36,6) sowie dem SC Marathon Leipzig (7:43). Deutscher Handballsieg über Ungarn. Die Reihe der deutsch ungarischen Sportwettkämpfe wurde in Hannover mit dem :lften Länderspiel im Handball fortgesetzt. Die Ungarn, denen im Vorjahre in Budapest mit 11 :8 Toren zum erstenmal ein Zieg über Deutschland gelang, legten sich auch diesmal zu An fang stark ins Zeug, doch vermochten sie ihr schnelles Tempo nicht durchznhalteu. Die deutsche Nationalmannschaft behielt schließlich mit 15 :9 Toren die Oberhand. Die Luftwaffe siegte im Berliner Stasfellauf. Am dritten Maisonntag trugen die Leichtathleten ihre traditionellen Groß- stasfeUäufe aus. Der über 5.8 Kilometer führende Berliner Kriegsstafsellauf, der an Stelle der Frtedensstafsel „Potsdam- Berlin" über 25 Kilometer ausgetragen wird, endete mit einem Sieg des Luftwaffensportvereins in 13:01,4 vor dem Vor jahrssieger Ordnungspolizei (13:14,6) und dem Berliner Sportklub (13:33,8), der Militärärzllichen Akademie, dem SL. Charlottenburg und der ^-Sportgemeinschaft. In der „Kleinen Staffel" über 4,375 Kilometer war der LSV. Werder in 10:04 erfolgreich. As 8edM äer dM MmM j^OQILHI VON LsiJOINONN »I Schweigend nahm cr seiner Schwester gegenüber Platz. Else Ferchland sah den Bruder mit besorgter Miene an. „Weißt du, daß es seit vierzehn Tagen das erstemal ist, daß wir wieder zusammen essen?" Er nickte. „Du muß schon entschuldigen. Elf«. Aber meine Arbeit geht ja schließlich vor. Das siehst du doch hoffentlich ein?" Etwas Nervöses lag in seinem sonst so ruhigen, selbstsicheren Wesen. „Nein, das sehe ich durchaus nicht ein, Paul! Du solltest auch einmal an dich selbst denken. Betrachte dich doch im Spiegel, wie Lu aussiehstl Blaß, eingefallen und mit dunklen Schatten unter den Augen, machst du ganz den Eindruck, als seiest du soeben erst von einer schweren Krankheit genesen! Glaubst du, daß man so etwas auf die Dauer aushält? Immer deine Arbeit, nichts als Arbeit! Und deine Familie — dein Kind — du selbst? Nein, »ein, mein Lieber, so geht das nicht fort. Du solltest endlich einmal aus spannen, dir einige Tage Ruhe gönnen! Du hast sie reichlich ver dient! Ich verstehe überhaupt nicht, wie du das aushältst? Jahr ein, jahraus zwischen diesen Häuserblocks! Wenn Las bißchen See luft nicht wäre, könnte man Selbstmordgedanken bekommen in Lieser Steinwüste! Also bitte, Paul, tue mir den Gefallen und mach dich einige Tage frei. Ich bin ehrlich besorgt um dich!" Else Ferchland strich sich die blonden Flechten zurück und sah den Bruder mit ihren großen Augen bittend an. Sie war trotz ihrer achtundzwanzig Jahre schlank und biegsam, ihre Bewegungen waren bestimmt und doch weich. Ihr wohlgeformter Körper unter Leu» weißen Leinenkleid wies eine anmutige Linie auf Paul Ferchland sah das junge Mädchen mit seltsam nach denklichen Blicken an. Als sie seine Blicke erwiderte, hatte sie das Gefühl, als verschweige «r ihr etwas, als trüge er ein Geheimnis Mit sich herum. „Du hast recht, Else", äußerte er sich plötzlich. „Ich werde ver- Huhen, mich für die nächsten Tage frei zu machen. Vielleicht fahre W zwf eine Woche nach Warnemünde." Elfes Miene hellte sich auf. „Das wäre fein, Paul! Wenn du länger bleibst und Klein- Jngc inzwischen gesund wird, kommen wir dich abholen. Auch dem Kind wird die Lust in Warnemünde gut tun. Meinst du nicht Mch? Ein glänzender Borjchlag, nicht wahr?" Direktor Ferchland erschrak, ließ sich aber nichts anmerken. Ruhig, als sei es die selbstverständlichste Sach« der Welt, sagte er: „Ich habe nichts dagegen, Else. Doch möchte ich dir raten, dem Kinde vorläufig nichts davon zu sagen. Es könnte sich Gicht aufregen und erneut krmik werden." Er stand auf und ging zu seinem Arbeitszimmer hinüber. An der Tür drehte er sich »och einmal um. „Du bist wohl jo gut und läßt mir um zehn Uhr einen starken Kaffee machen. Ich habe noch zu arbeiten." Else Ferchland antwortete nicht. Doch war ihr die Ent täuschung vom Gesicht abzulesen. Kopfschüttelnd sah sie dem Bruder nach. Sechstes Kapitel Als Inge Ferchland kurz nach sechzehn Uhr den Hamburger Bahnhof verließ, bemerkte sie nicht den gutgekleideten Herrn, der dicht hinter ihr durch die Sperre ging und ihr überall hin folgte. Die Barfüßerstraße zu Fuß durchwandernd, bog sie am Vrendelmuseum nach Altona ein. Sie war Zwar noch immer sehr blaß, doch zeigte ihr Mund eine trotzige, zielbewußte Ent schlossenheit. Als sie eine halbe Stunde später vor der Wohnung des be kannten Iustizrats Henrik Mergel haltmachte, war ihr doch etwas beklommen zumute. Sie stand lange vor der Tür und überlegte, ob sie hineingehen sollte oder nicht. Was konnte ihr denn schon passieren? Onkel Henrik war doch gänzlich ahnungslos! Hier konnte sie ihre erste Probe ablegen. Jetzt würde es sich heraus stellen, ob sie ihrem Vorhaben gewachsen war. Wenn sie schon Onkel Henrik gegenüber versagte, so konnte sie gleich zum Staats anwalt gehen. Dann war alles verloren! Entschlossen hob sie die Hand und drückte auf den Klingelknopf. Der alte Justizrat nahm gerade seinen Nachmittagstee, als ihm Frau Inge Ferchland gemeldet wurde. Er stand sofort auf und ging der jungen Frau entgegen. Henrik Mergel, ein schon über sechzig Jahre alter Herr mit gutmütigem Gesicht und schneeweißem Haar, übte seine Praxis nicht niehr aus. Zu seinen intimsten Freunden hatte einst auch Ehesingenieur Tolmvin, Inge Ferchlands Vater gehört. Inge und ihr« Schwester Helga hatten oft die Sommerferien m Onkel Henriks Landhaus verbracht, wodurch sic dem unverheirateten Juristen wie ein paar Kinder ans Herz gewachsen waren. Selbst als sie längst schulentlassen waren und bereits als erwachsen galten hatten die beiden Mädels es sich nicht nehmen lassen, den Justizrat mit „Onkel" Henrik anzureden, worauf der alte Herr sich ungeheuer viel einbildete und besonders stolz war. „Ei der Tausend! Welch angenehme Überraschung! Es ist wirklich sehr nett von dir, liebe Inge, daß du dich auch deines / alten Onkels wieder einmal erinnerst! Wir haben uns doch nun über drei Jahre nicht gesehen", begrüßte der Iustizrat die junge Frau, wobei er sie umarmte und in väterlicher Weise an sich zog. „Komm, nimm hier auf dem Sofa Platz. Emma hat gerade den Tee aufgetragen. Sie bringt auch schon xein Gedeck für dich." Inge Ferchland legte Hut und Mantel ab und »ahm dem alten Herrn gegenüber Platz. „Du hast dich in all den Jahren nicht ein bißchen verändert, Onkel Henrik. Höchstens, daß dein prächtiges Haar noch etwas weißer geworden ist." „Ja, mein liebes Kind, mit vierundsechzig Jahren ist man ja auch kein Jüngling mehr. Aber sonst fühle ich mich noch immer sehr wohl. Nur ist es manchmal recht einsam in meiner Be hausung. Besonders an den Regentagen, an denen man nicht heraus kann. Da war es doch eine schönere Zeit, als ihr wilden Rangen eure Ferien bei mir verbrachtet. Ich denke oft daran zurück. Aber nun seid ihr groß und in alle Winde zerstreut. Und vielleicht habt ihr euren alten Onkel längst vergessen." „Aber Onkel Henrik, wie kannst du so etwas sagen? Wir haben dich keinesfalls vergessen. Natürlich können wir nicht so oft kommen, wie in früheren.Jahren. Das wirst du doch ver- stehen." „Gewiß, Kind. Ich mache euch ja auch keinen Vorwurf. Aber freuen würde ich mich doch, wenn ab und zu mal jemand von euch kommen würde. Was macht ihr denn sonst noch? Wie geht es deinem Mann und der kleinen Inge? Sie muß doch nun schon zur Schule gehen?" . „Schon über zwei Jahre", antwortete Inge ausweichend. „Auch sonst können wir nicht klagen." „Warum hast du denn die kleine Inge nicht mitgebracht?" Inge Ferchland antwortete nicht sofort. „Vielleicht besuchen wir dich einmal in den Ferien. Inge war sowieso noch nicht in Hamburg, und wird (ich gewiß aus die Reise freuen." „War noch nicht in Hamburg?" Der alte Herr lachte. Ihr habt mich doch schon einmal zusammen besucht. Allerdings liegt das schon Jahre zurück." „Na, Onkel Henrik, den Besuch darf man doch nicht rechnen. Inge war damals kaum vier Jahre alt und wird sich sicherlich nicht mehr darauf besinnen können." „Ach so. Ich dachte schon, du wüßtest es gar nicht mehr. Aber was führt dich den» heute nach Hamburg? Oder kommst du eigens, um deinen alten, bärbeißigen Onkel wieder einmal zu besuchen?" _ . „ „Ich komme mit einer Bitte zu dir, Onkel Henrik. „Die ich dir sicherlich gern erfüllen werde", erwiderte der Iustizrat. „Das heißt, sofern ^ch alter Kerl dazu in der Lage buu" (Fortsetzung Ivlgt-i