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Montag, den 17. Oktober 1938 Pulsnitzer Anzeiger — Ohorner Anzeiger Nr. 243 Seile 5 England verstärkt Luftabwehr Der Staat stellt Geschütze, die Werke Mannschaften. In einer Rundfunkrede berichtete der englische Kriegs minister Hore Belisha über die vom Kricgsministcrium ver fügten neuen Luftschutzmatznahmen, nach denen wichtige industrielle Werke mit ihren eigenen Ange st eilten Flak- Geschütze zum Schutze ihrer Fabrikanla gen besetzen sollen. Der Kriegsminister erklärte u. a.. datz England leine Lücken in der Luftabwehr dulden dürfe. Auf der britischen Insel würden fünf Luftabwehr-Divi- sionen den Schutz übernehmen. Während im April vor zwei Jahren nur 5000 Mann der Territorialarmee für den Luftschutz zur Verfügung gestanden hätten, wären es im vergangenen Jahr schon 20 000 und jetzt 40 000 Man». Im Laufe des kommenden Jahres hoffe man, diese Zahlen noch verdoppeln zu können. Der Kriegsminister teilte dann mit, datz er die für diesen besonderen Luftschutz ausgewählten Werke ersuchen werde, einen gewissen Teil ihrer Belegschaft für die Flak-Artillerie zur Verfügung zu stellen. Das Kriegsmini st erium werde allmählich die Geschütze und Instrukteure stellen, während die Firmen die Mannschaften bereit halten sollten. Diese zu wählenden Mannschaften sollten aber nur jenen Kategorien angehören, die für den gewöhn lichen Dienst in der Territorialarmee nicht in Frage kämen, da diese weiter verstärkt werden müsse. Die Ankündigung eines Werkluftschutzes durch dem Kriegsminister wird von der Londoner Presse wärmstens begrüßt. Die „Times" unterstreicht, daß die 3,7-Zoll-Ab- wehrkanonen, die jetzt massenweise hergcstellt würden, im nächsten Frühjahr in genügender Zahl vorhanden sein sollen. „Daily Mail" nennt den Werkluftschutz einen aus gezeichneten Plan, der sicherlich im ganzen Land Anklang finden werde. „Daily Herald" verkennt die Notwendigkeit der Verteidigungsmaßnahmen nicht, hält aber eine konstruk tive Friedenspolitik für noch notwendiger. Einige Blätter künden die sofortige Aufstellung einer Stammrolle und Einrichtung eines nationalen Dienstes auf freiwilliger Grundlage an, der einem neu zu schaffenden Ministerium unterstellt werde. Im Zentrum Londons sollen mehrere tausend Luftschutzkeller erbaut werden. Die Stammrolle solle alle Männer und Frauen im Alter von 46 bis 60 Jahren erfassen. Man nimmt an, daß wenigstens 15 000 Mann für diese neue Art des Luftschutzes benötigt werden. Wie es scheint, sollen die neuen Flakeinheiten vor allem eine Ergänzung zu der Londoner Ballonsperre darstellen. Kür 2S,3 Millionen Dollar Kriegsflugzeuge Nach einer offiziellen amerikanischen Aufstellung sind im vergangenen Monat Lizenzen in Höhe von 25,3 Mil lionen Dollar für die Ausfuhr von Militärfl ugzeu- gen nach England erteilt worden. Neben Flugzeu gen erhielt England weiter Lizenzen für die Ausfuhr von Explosivstoffen a«s den Vereinigten Staaten in Höhe von rund 100 000 Dollar. Unverantwortliche Hetze Präsident Roosevelt gab vor der Presse in Washington eine Erklärung ab. dahingehend, daß die Ver einigten Staaten infolge der außenpolitischen Lage ein Aufrüstungsprogramm durchführen werden wie nie zuvor in Friedenszeiten. In diesem Zusammenhang verdient die Aeußerung des jüdischen Bankiers Bernhard B a r u ch, der im Weltkrieg Vorsitzender des amerikanischen Kriegsindustrierates war und gegenwärtig Berater des Präsidenten Roosevelt ist, in der Zeitung „Journal and American" Beachtung, daß Deutschlands militärische Stärke eine Bedrohung Amerikas darstelle. Es müßten daher Schritte getan werden, um zu verhindern, daß Hitler einen Teil Südamerikas besetze (!). Dank der heimtückischen totalitären Ideologie sei es durch aus möglich, daß eine nationalsozialistische oder faschistische Regierung gewissermaßen über Nacht in irgendeinem der südamerkanischen Länder ans Ruder gelange, und nichts würde sie daran hindern, Deutschland, Italien und Japan Flottenstützpunkte zur Verfügung zu stellen." Man sieht aus diesen Worten deutlich, daß die Kriegstreiber nach dem Münchener Konferenzergebnis in eine sehr peinliche Lage geraten sind. Sie versuchen daher mit allen Mitteln, den bei allen Völkern in Erscheinung getretenen Friedenswillen jo rasch wie möglich zu ersticken. Barcelona; große Schiebung Internationale Bolschewisten sollen eingebürgert werden. Während Italien durch Zurückziehung von 10 000 Legionären aus Spanien den Wünschen des Nichtein mischungsausschusses weitgehend entgegenkommt, führt Sowjetspanien eine großangelgte Schiebung in der Frei willigenfrage durch. In großer Aufmachung veröffentlicht das halbamtliche „G i o r na l e d ' I t a l i a" in Faksimile einen Tagesbefehl des Generalstabes der 13. Internatio nalen Brigade in Sowjetspanien vom 5. September 1933, in dem den verschiedenen Kommandostellen Anweisungen für die Durchführung der Einbürgerung der fremden bol schewistischen Banden erteilt werden. Dieses Dokument beweise, wie das halbamtliche Blatt betont, in unzweideutiger Weise, datz Barcelona einen grotzangelegtcn Betrug vorbereitete, während es zu glei cher Zeit über die Zurückziehung der Freiwilligen „ver handelte. Besonders hervorhcben müsse man aber, datz diese Anweisungen zur Naturalisierung der aus den soge nannten demokratischen Ländern nach Sowjetspanien ent sandten Marxisten im Schatten der Internationalen Kom Mission erlasse« werde«, die bereit sei, ein Auge zuzu- drücker«. Ralionalspanieu dann dem Duce Aus Anlaß der Rückkehr der italienischen Freiwilligen in die Heimat sandte General Franco ein Telegramm an den italienischen Regierungschef, in dem er den Dank des nationalen Spanien für die Waffenhilfe übermittelt. Das heroische Opfer der Legionäre habe dazu beigetraacn, den Endsieg des nationalen Spanien in greifbare Näbc zu rücken. Deutsch - tschechische Verhandlungen Fortsetzung der Fachberatungen in Berlin Der tschecho slowakische Außenminister Dr. Chval- kovfki erstattete nach seiner Rückkehr nach Prag dem Ministerrat Bericht über seine Besprechungen in Berlin und München. Wie von tschechischer Seite amtlich mitge teilt wird, sollen in den nächsten Tagen die Beratungen der einzelnen Fachkommissionen in Berlin fortgesetzt werden. Der Prager Ministerrat beschloß, als Delegierte für die Verhandlungen Finanzminister Dr. Kalfus, Mi nister für Industrie, Handel und Gewerbe Karvas, Landwirtschaftsminister Feierabend und Minister ohne Portefeuille Wawrecka, zu bestellen. In Funktion des Präsidenten der Republik hat die Regierung den aus Gesundheitsrücksichten erfolgten Rück tritt des Justizministers Dr. Fajnor und des Ministers Dr. Parkanyi angenommen. Die Regierung betraute Landwirtschaftsminister Dr. Feierabend mit der Leitung des Justizministeriums und des Ministeriums für Verein heitlichung der Gesetze und Organisation der Verwaltung. Die kommende Prager Verkalkung In den Prager Blättern werden Einzelheiten über die Grundlinien der kommenden tschecho-slowakischen Verfas ¬ sung mugeieilt. Danach wirb sich die neue Verfassung teils an den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867, teils an die Verfassung der schweizerischen Bundesrepublik an lehnen. Der neue Bundesstaat wird aus drei neuen Ländern bestehen. Die drei den Staar bildenden Länder das böhmisch-mährische Land, die Slowakei und die Kar- pato-Ukraine, werden eigene Landtage und eigene Regie rungen haben. Der gesamtstaatliche Ministerrat wird aus allen drei Regierungen zusammen bestehen, zu denen noch die drei gemeinsamen Minister (der Außenminister, der Heeresminister und der Finanzminister) hinzukommen. Das gesamtstaatliche Parlament wird aus Delegationen der drei Landtage gebildet werden. Die Slowakei säubert die Verwaltung Die neue slowakische Regierung hat die erste Woche ihrer Tätigkeit zu einem vollständigen Umbau des Ver waltungsapparates benutzt. Die leitenden Aemter in der Landesverwaltung bei Militär, Polizei und Gendarmerie, bei den Eisenbahnen, im Schulwesen, beim staatlichen Pressewesen und beim Preßburger Rundfunk wurden von den Trabanten des Benesch-Systems gesäubert und mit Vertretern des nationalen Slowakentums besetzt. Neuer Verständigungsversuch? Graf Csacky belichtet Gesandter Graf Csacky, der Kabinettschef des unga rischen Ministers des Aeußeren, der im Flugzeug nach Rom gereist war, wo er mit dem italienischen Regierungs chef Mussolini und dem Minister des Aeußeren, Grafen Ciano, Besprechungen führte, ist mit dem Son derflugzeug nach Budapest zurückgekehrt. Nach Bericht erstattung bei Außenminister von Kanya fand eine gemein same Besprechung mit dem Ministerpräsidenten Imredy statt, bei dem bald darauf auch der frühere Ministerpräsi dent Daranyi eintraf. Im Anschluß daran hatte Jmredy eine halbstündige Konferenz beim Reichsverweser Admiral von Horthy. Wie aus Rom gemeldet wird, hat der Duce wegen der noch nicht völlig geklärten internationalen Atmosphäre seine für diese Tage vorgesehene Reise nach Turin auf kommendes Jahr verschoben. Dem Vernehmen nach wird es in italienischen Kreisen als ratsam angesehen, daß die direkten Verhandlungen zwischen Prag und Budapest im Sinne einer Annäherung der beiden bisher auseinander gehenden Standpunkte wieder ausgenommen werden. Im Hinblick auf eine Wiederaufnahme der Verhand- lunnen rwiicben Nnaarn und der Tschecho-Slowakei unter- über seine Nomreise streicht der Direktor^des „Giornale d'Jtalia", nachdem die deutschen und die polnischen Territorialansprüche erfüllt worden seien, ohne einen Krieg heraufzubeschwören, dürfe man wohl annehmen, daß auch im ungarischen Falle em Konflikt vermieden werden könne und müsse. Was Prag betreffe, so könnten weitere Abtretungen und Revisionen zwar hart erscheinen, sich aber nur günstig auswirken, weil damit für das neue Gebiet der Republik endgültig die innere Ordnung, der Friede und die Sicherheit der Gren zen wiederhergestellt würden. Lord Stanley f Der britische Dominionminister Lord Stanley, Tisel-Erbe des Earl of Derby, ist in einer Londoner Kli nik an den Folgen einer Beinverletzung gestorben. Mit dem Tode Lord Stanleys tritt die Krage einer größeren Verschiebung im britischen Kabinett, die im Zusammen hang mit dem Rücktritt des Marineministers Duff Cooper in der Presse bereits wiederholt erörtert worden war, wieder stärker in den Vordergrund. Mitarbeit aller Schaffenden! Errichtung der DAF. im Sudetenland. Reichskommissar Konrad Henlein veröffentlicht nachstehenden Aufruf: Die Gesundung unseres Arbeits- und Wirtschafts lebens macht die Mitarbeit aller Schaffenden notwendig. Die Kraft des Volkes muß geschlossen zum Einsatz kom men. Nicht als klassenbewußte Proletarier und als stan- desbewußte Unternehmer wollen wir einander gegenüber stehen und uns nach den Methoden alter Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen bekämpfen. Arbeit geber und Arbeitnehmer gehören zusam men; sie sind die Arbeitsbeauftragten der deutschen Na tion und ihres Führers.Adolf Hiller! Als festgefügte unzertrennliche Betr-iebs- und Leistungsgemeinschaften werden sie einig im Wollen, einig im Schaffen und treu hinter Adolf Hitler ihre Arbeitskraft für unsere deutsche Heimat einsetzen. Kräftespaltende Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisa tionen gewerkschaftlicher und ähnlicher Prägung haben heute keinen Platz Mehr. Ich ordne daher im Einvernehmen mit dem Reichs- organisationslciter und Leiter der Deutschen Arbeitsfront für die sudctcndeutschcn Gebiete an, datz sofort alle V o r. bcreitungcn zur Errichtung der Deutschen Arbeitsfront zu treffen find. Ich beauftrage damit den Sachwalter für Sozial politik der SdP., Hubert H. Birke, der im Einverneh men mit der Partei die notwendigen Anordnungen erläßt." Der Arbeitsdienst Hilst! Konrad Henlein kündigt ferner die Errichtung des Neichsarbeitsdienstes in den sudetendeutschen Gebieten mit folgendem Aufruf an: „Mit der Heimkehr ins Reich hat der sudetendeutsche Freiheitskampf seine Krönung erfahren. Nun geht es an den Aufbau. Der Reichsarbeitsdienst hilft uns dabei! Hierzu gehören Männer, die an diesem Aufbauwerk tat kräftig Mitarbeiten wollen. Ich fordere alle jungen Männer, die sich für die Laufbahn im Reichsarbeitsdienst interessieren, auf, sich zur Einstellung für diese Laufbahn zu bewerben." Annahmestellen befinden sich in Reichenberg, Aussig, Karlsbad und Mährisch-Schönberg, Nebenstellen bei allen Büroermeistern, bei den Bezirksleitungen der Sudeten- utschen Partei, bei den Bezirksverbänden des Freiwil- igen Schutzdienstes, bei ben Abwickiungsstäben des Su- vetendeutschen Freikorps und bei allen Obmännern des Turnverbandes. Eingliederung der Finanzoerwallung Durch eine gemeinsame Verordnung des Reichsfinanz ministers und des Reichsinnenministers werden die Be hörden der bisherigen staatlichen Finanzverwaltung in den sudetendeutschen Gebieten in die ReicySsinanzverwauung eingegliedert. Sie behalten ihre bisherigen Aufgaben und führen ihre Geschäfte nach den bisherigen Vorschriften weiter. Durch die Verordnung ist für die Retchsfinanz- verwaltung in den sudetendeutschen Grinsten die rechtliche Grundlage geschaffen worden. VonderRordsee zumGchwarzen Meer Platz für viele nationale Wirtschaften. Am Schluß seiner Reise nach Südosteuropa erklärte Reichsminister Funk vor der Presse in Sofia u. a.: Es ist nicht wegzuleugncn, daß von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer ein natürlicher Wirtschaftsraum besteht, in welchem viele nationale Wirtschaften Platz haben. Die Ideen, die ich den einzelnen Regierungen unterbreitet habe, beruhen darauf, daß in allen Staaten noch un erschlossene wirtschaftliche Möglichkeiten vor handen sind. Deutschland wird nun helfen, diese noch nicht erschlossenen Bodenschätze und Bodcnerzeugnisse zu ent wickeln und zu heben. Auf diese Weise wird der Südosten eine größere Kaufkraft und einen höheren Lebensstandard erhalten. Er wird von Deutschland mehr kaufen können als bisher, und umgekehrt wird Deutschland ein noch, größerer Kunde des Südostcns werden. Deutschland wird, da die Möglichkeiten einer Pro duktionssteigerung vielfach beschränkt sind, auf dem Wege vou Warenkrediten dem Südosten helfen. Man muß berücksichtigen, daß ein natürliches Verkehrsband zwischen Deutschland und Südoft- europa durch die Donau gegeben ist. Wien wird unter Berücksichtigung dieser Voraussetzung zu einem der ersten Warenumschlagplätze ausgebaut werden. Durch den Rhein-Main-Donau-Kanal wird eine gleicher maßen natürliche Verkehrsstraße von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer geschaffen werden. Sie wird die Länder des Südostens in noch größerem Maße verkehrstechnisch erschließen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Wir wollen bei allem jedoch nicht den Handel anderer Staaten verdrängen. Die neue Handelsstraße wird dann im Gegen teil auch den Handel des Südostens mit dem anderer west- und nordeuropäischer Staaten steigern. Wir wollen aber auch gewisse große Vorhaben, die für ganz Südosteuropa von Vorteil sein können, durch- sühren. Dabei denken wir einmal an die bereits erwähnten und in Ausbau begriffenen Wasserwege, dann aber auch an Eisenbahn-, Post- und Telephon - Verbindungen. Tschecho-Slowakei muß sich umstellen Schließlich ist infolge der Ereignisse in derTschech o- Slowakei eine veränderte Lage entstanden. Die Tschecho-Slowakei ist nicht mehr als reiner Industriestaat anzusprechen, sondern muß sich agrarpolitisch umstellen.! Die wirtschaftlichen Folgen aus einer veränderten Lage werden mir, so erklärte der Wirtschaftsminister ab-§ schließend, Anlaß geben, mich bei meiner Rückkehr in der! Hauptsache damit zn beschäftigen.