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Mittwoch Sen 12 Oktober 1938 Mü^uyer Anzeiger — Ohoiuer Analster Nr. 239 — Seite 8 - Die Frau und ihre Welt , Kleine Speisekammer — gut eingekeilt „Raum ist in der kleinsten Hütte", in diesem Falle in r kleinsten Speisekammer, alle Vorräte zweckmäßig und 'ersichtlich aufzubewahren. Erfindungsgabe, auch „Köpp en" genannt, ersetzt manche Anschaffung, die man sich S Geldbeutels wegen nicht leisten kann. Erstmal das Fenster: Es ist natürlich immer offen, und es ist Gaze davorgefpannt, damit kein Staub und Schmutz her einfliegt. Das Fensterbrett ist mei stens sehr schmal. Wir schieben, hoch- gestellt, eine Kiste unter das Fenster, legen ein altes Tablett oder ein Blech obendrauf und haben nun einen schö nen Fensterplatz zum Kühlstellen von Puddings und Speisen. Die Kiste selbst ist ein praktischer Kartoffelkeller. Unten wird ein Schutzbrett oorge- nagelt, sonst kommt der Vorrat ins Kullern. Ein waschbarer Vorhang zum Hin- und Herziehen wird an kleinen Ringen davorgehängt, dann sieht die Sache appetitlich aus und staubt nicht. Die Abstellbretter in der Speisekammer teilt sich die Hausfrau so ein, wie es ihr handlich und bequem erscheint. Große Steintöpfe mit eingelegten Gurken u. a. (Eier, stückweise in Papier gewickelt und in Steintöpfe gelegt, halten sich lange frisch), nehmen ganz unten am wenigsten Platz weg. Konserven und Eingemachtes auf einen steten Platz stellen, wo sie nicht immer hin- und hergeschoben werden, denn das nehmen sie übel. Butter mutz ihren eigenen Platz haben, sonst zieht sie an, schmeckt nicht mehr und hält sich auch nicht so lange. Am besten stellt man die Butterdose in einem offenen Steintopf ans Fenster. Speck, Wurst und Schinken nicht im Papier lassen, sondern unter eine Fliegenglocke tun, noch bester in einen kleinen Flie genschrank hängen. Die Oel- flasche, wenn es sehr kalt ist, in Zeitungspapier einwickeln, denn gefrorenes Oel schmeckt nicht. Eine zweckmäßige An schaffung ist das kleine Holz- treppchen, das wir auf eines der Borte stellen. Auf seinen Stufen hat der ganze Klein kram Platz, der sich immer heimtückisch hinter den größeren Gegenständen versteckt: Gewürzfläschchen und Packungen, Puddingpulver, Sardinenbüchsen, einzelne Tomaten oder Äepfel. Gemüse, Kohlköpfe oder Rüben hängen wir in einem Draht- oder Spankorb an die Decke oder auf einen Draht, der quer durch den Raum gezogen wird. Dort hängen wir auch in waschbaren Säckchen Mehl Grieß, Reis und Hülsenfrüchte auf, die sich jo luftig aufbewahrt am besten halten. Der Tisch auf dem Balkon oder der Loggia ist im Winter eine herrliche Speisekammer. Als Schutz gegen Staub und die lieben Vöglein zimmern wir uns selbst ein Lattenge stell als Deckel. Eine luftige Kiste oder ein Kartonteil mit einigen gebohrten Löchern tut es auch. Ist die Speisekam mer warm, stellen wir Fisch- und Fleischkonserven bester auf den Balkon. In einer festen Kiste, die mit einer alten Wolldecke ausgejchlagen ist, können wir zwischen Zei tungspapier oder Stroh dort auch unsere Gläser mit Ein gemachtem aufbewahren. „Ruhe!" bittet sich der Wein aus. Er ist nun einmal sehr empfindlich. Unruhe stimmt ihn trübe, und so sieht er denn auch aus. Der kleine Vorrat für festliche Gelegenheiten braucht ein stilles, kühles Plätzchen, nicht zu kalt. Als Unterlage ist Stroh oder Wellpappe zu empfehlen, dann rollen die Flaschen nicht. Er wird es uns danken, denn dann können wir wirklich „aus blinkenden Gläsern funkelnden Wein" trinken. lüebtksl Praktische Winke Feuchte Keller gibt es leider noch sehr oft. Da die Feuchtigkeit aber den im Keller aufbewahrten Dingen meistens nur sehr wenig zuträglich ist, fei empfohlen, einen Kübel mit gebranntem Kalk aufzustellen. Der Kalk zieht die Feuchtigkeit an und trocknet die Luft. Wenn der Kalk zu Pulver zerfallen ist. muß- er erneuert werden * Haus- und Küchengeräte aus Kunstharz erfreuen sich in den letzten Monaten immer größerer Beliebtheit, weil sie fast unzerbrechlich find, keinen Geschmack hinterlasten und schließlich leicht sauber gehalten werden können. Die Reinigung erfolgt am besten wie alle anderen Preßstoffe in schwachem Seifen- oder Jmiwaster. * Uebergelochte Milch? Das ist immer eine ärgerliche und unangenehme Sache. Wenn man beim Aufkochen nicht dabeibleiben kann, fette man den Topfrand innen mit etwas Butter an. Das verhindert das Ilsberkochen. I LS / Ein Gespräch in der Sternwarte. Von Beda Prilipp Aurch die Parkstraßen der Kolonie Neubabelsberg bei Berlin jagt der Herbstwind und wirbelt die Blätter vor sich her. Es riecht nach Erde und vergehendem Laub, und dieser Duft verstärkt sich, als ich über den Gartenweg auf den schönen Kuppelbau der Neubabelsberger Sternwarte zugehe. Die Tür tut sich auf, und die schlanke blonde Astro nomin Dr. Margarete Güssow läßt den East grüßend ein. Man steigt hinauf zur Kuppel, wo das große Fern rohr steht die Arbeitsstätte Dr. Güstows seit zehn Jahren. Ein kühler, sanft erhellter Raum, streng zweck bestimmt. Alle Instrumente die Kuppel selbst und der breite Spalt, durch den sich die Oeffnung des Rohres auf den Himmel richtet, sind durch einfache Handgriffe zu drehen und einzustellen. Ein kleiner Motor besorgt selbständig die Drehung des Fernrohrs, genau der Achsenbewegung der Erde folgend. „Die Sterne, die wir sehen können, sind nur die wenigsten", beginnt die Astronomin, „im gleichen Maße, wie wir mit immer schärfer werdenden Instrumenten den Himmelsraum abtasten, erschließen sich Fernen über Fernen und neue Sterne tauchen auf." „Und bekommen sie Namen, wie das Altertum sie ihnen gab?" „Nur die großen Weltkörper haben Namen. Die neu ge fundenen bekommen eine Zahl, eine sehr hohe heute schon. Es geht in die Hunderttausende. Wir stehen ja vor Auf gaben, die uns unter den Händen immer größer werden. So sind auch wir, wie jede Wissenschaft, längst zu einer Arbeitsteilung gekommen. Jeder von uns beobachtet be stimmte Gruppen von Sternen und sucht durch Messungen, Berechnungen usw. möglichst viel von rhnen zu erforschen. Ich beobachte nur Fixsterne, und zwar nach ihrer Helligkeit und ihrer Temperatur." Am Fernrohr hängt ein feiner Apparat, der eine kleine Glaskugel umschließt. In ihr arbeitet das Licht des fernen Sterns, den auch die schärfste Linse nur als Pünktchen er scheinen läßt, auf einer Natriumschicht. Elektronen lösen sich und hängen sich an einen Platindraht. Eine feine Skala besorgt die Messung, die nun bei der Zahl der nach Längen- und Breitengrad genau bestimmten Sterns ein getragen wird. „Welch eine subtile Arbeit! Und da gibt es Menschen, die da glauben, sie sei Frauenhänden fremd!" Oh! — ich sche den aufleuchtenden Blick, der über das kostbare Instru ment, das zu den stärksten in Europa gehört, hinwandert. „Wie sind Sie eigentlich zu Ihrem Beruf gekommen?" — Lebhaft klingt die Antwort: „Furchtbar einfach. Ich habe ihn geerbt. Mein Groß vater schon baute sich selbst ein Fernrohr, und mein Vater war ein leidenschaftlicher Liebhaber-Astronom. So sind mir die Nächte unter den Sternen, die wir auf unserm Balkon zubrachten, von Kind an lieb und vertraut gewesen. Nur mir! Die Geschwister machten sich nichts daraus. Aber «lr ich zuerst den Wunsch aussprach, Astronomie zu studieren, wollte mein Vater nichts davon wissen." — „Wegen der unsicheren Lebensgrundlage?" — „Auch des wegen. Aber er meinte es wohl hauptsächlich so, daß das Schauen und Forschen unter den Sternen eine Lebensliebe bleiben müsse und nicht zum Beruf werden solle!" „Sie aber wollten sich ganz dafür einsetzen? Das ist zu begreifen. Und Sie haben es nicht bereut?" „Nein, niemals. Uebrigens hat mich mein Vater nicht gehindert, nur beraten." Und sie beginnt den anderen Teil ihrer Forscherarbeit, die Untersuchung der Temperatur ver mittels des Prismas, zu erklären. „Ich meinte, das Prisma zeigte die Stoffe an, aus denen ein Stern besteht?" — „Das glaubte man früher. Aber wir misten heute, daß alle 92 Elemente in allen Weltkörpern vorhanden sind und somit das Weltall bilden. Und es gibt heiße und kühle Sterne."— „Und weiß man das?" — „Das Prisma zeigt es uns an. Das ist bei jedem Stern ein anderes. Bei den heißen herrscht das blaue und das gelbe Licht, bei den kühlen das rote." „Der Sirius...? — ist einer der heißesten Sterne. 12 000 Grad Oberflächentemperatur. Und der Aldebaran ist einer der kühlsten. Er hat nur 3000 Grad. Im Innern freilich sind diese riesigen Easkugeln viel heißer. So hat dis Sonne mit ihrem vorwiegend gelben Spektrum 6000 Grad an der Oberfläche, im feurigen Innern aber 40 Millionen Grad. Diese Zahlen lasten sich nur er rechne n." „Uebrigens, was ist denn aus den verschiedenen Hypothesen über die Bewohnbarkeit der Planeten ge worden?" — „Die Marskanäle, meinen Sie? Die sind schon vor etwa 12 Jahren eingestürzt. Sie sind erklärt durch optische Täuschung: für das Auge, das die eigentümlich fleckige Oberfläche des Mars lange betrachtete, stellten sich feine Linienverbindungen zwischen den Meeren dar. Doch wissen wir heute, daß der Mars pflanzliches Leben trägt, daß er Schneeschmelze kennt, und daß aus diesem Wechsel der Jahreszeiten die verschiedene Farbe seiner Oberfläche herrührt." „Und wie ist es mit den leuchtenden Nebeln, die netzen den Sternen am Himmel sichtbar werden?" — „Sie sind zum Teil werdende Weltkörper. Die Spiralnebel aber sind Sternsysteme, ähnlich dem unsern, nur unendlich fern. Man beobachtet sie nicht, sondern man photographiert sie. Das macht hauptsächlich die kalifornische Mount-Wilson-Stern- warte, bei der eine herrlich klare Atmosphäre und ein riesiges Spiegelteleskop mit Spektograph günstigste Vor bedingungen für diese Arbeit schaffen." „Macht sie nicht sehr einsam, Ihre schöne Arbeit?" — „Ja", meint nachdenklich die Astronomin, „es könnte so sein. Aber ich habe noch eine Liebe in meinem Leben: Ich führe seit zehn Jahren den Ruderverband der Frauen Pots dams und bin die fachliche Beraterin für Wassersport im Arbeitsausschuß der Reichsfrauenwartin im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen. Und dabei heißt er heute, sich voll einsetzen und — ganz auf der Erde sein!" H'ow Mebukr KI Aus farblich von einander abweichendem Material zusammengefllgte Modelle sind heute eine besondere Mode- angelegenheit. Das Bild eines Herbstjumpers zeigt, wie man ganz unregelmäßig in origineller Linienführung eine Zweifarbstellung oornimmt und durch gestickte Punkte eine Beziehung zwischen den beiden Sektoren herstellt. Eine Neuerung Steife Kragen ohne Starke? Wir erleben es ja immer wieder, daß alle Gegenstände des täglichen Gebrauches im Laufe der Jahre gewisse Er gänzungen und Vervollkommnungen erfahren, die im Augenblick überraschen, dann aber mit einer gewissen Selbst verständlichkeit hingenommen werden. Sehr schnell ist das Alto vergessen, und wohl kaum jemand möchte das Neue vermissen Wieviel Aerger hat die Hausfrau nicht schon mit den steifen und Halbsteifen Herrenkragen gehabt! Wie schwer ist es, stets die letzte Falte noch herauszubügeln, und wieviel Arbeit macht es, so einen Kragen immer in die richtige Form zu bekommen Seil einiger Zeit gib! es nun in allen Geschäften die sogenannte „chemisch versteifte" Herrenwäsche. Es handelt sich dabei vornehmlich um bunte Oberhemden, bei denen die Kragen und auch die Manschetten nach einem besonderen Verfahren so präpariert sind, daß sie nicht mehr gestärkt zu werden brauchen. Das Hemd wird nur einfach gewaschen und Kragen und Manschetten können so wieder, ohne Stärke, steif gebügelt werden. Diese Neuerung hat sich überraschend schnell — was bei der eingetretenen Arbeitserleichterung allerdings nicht ver wunderlich ist — durchgesetzt. Bisher war es ja so, daß der Kragen aus mehreren Stofflagen gearbeitet war, die nach einem sorgfältigen Stärken zusammengebügelt wurden. Die eingeschobenen Zelluloidstäbchen, die inzwischen viel ver wandt wurden, bedeuten zweifellos währeno des Tragens eine Verbesserung. Sie verhindern das Einknicken und sorgen für einen besseren Sitz. Das Bilden der Falten beim Bügeln können sie aber nicht verhindern. Das neue Verfahren der chemischen Versteifung dagegen klebt die Stofflaaen dauerhaft und vor allem gleichmäßig aufein ander, so daß Falten nicht mehr entstehen können. Wie das erreicht wird, möchten Sie wissen? Es gibt dafür mehrere Verfahren. Bei dem amerikanischen Trubenis- Patent, das auch von deutschen Firmen ausgewertet wird, arbeitet man zwischen den inneren und äußeren Stoff des Kragens eine Spezialeinlage, die zum Teil aus Baumwolle und zum Teil aus Acetatkunstseide besteht. Wenn das Hemd vollkommen fertig ist, werden die mit der Einlage versehenen Teile durch ein Acetonbad gezogen und nach einem besonderen Verfahren nachbehandelt. Dabei löst sich das Acetat der Kunstseide und klebt die äußeren und inneren Stofflagen gleichmäßig zusammen. — Der Kragen ist dann im Waschwasser weich und wird wieder — durch die Hitze des Bügeleisens — ausreichend steif. Bei einem deutschen Verfahren zur Erzielung der chemischen Versteifung wird eigens für diesen Zweck eine Baumwolleinlage verarbeitet, die unter gewissen Voraus setzungen mit Zellulose-Derivaten präpariert wurde. Auch hier wird der obere und der untere Stoff in einem Ver schmelzungsprozeß zusammengeklebt. Ein weiteres wird die Hausfrau an dieser Neuerung interessieren, und zwar die Haltbarkeit! Man kann in dieser Hinsicht ganz beruhigt sein, da die B suche ergeben haben, daß sich die chemische Versteifung auch nach vielem Waschen niemals löst. Selbst die Bedenk i, daß derartig behandelte Kragen nicht porös seien und weder Luft durchließen noch die Feuchtigkeit ausreichend aufsaugen würden, sind un begründet. Die Versuch" nach dieser Richtung und nicht zuletzt die Praxis — in Amerika werden die chemisch ver steiften Hemden schon lange getragen — haben bewiesen, daß die chemisch versteiften Kragen den mit Stärke be handelten auch in dtHer Hinficht in nicht» nachstehen.