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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt, und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Adi» Fettung erscheint täglich mit Ausnahme der nützlich« Sann- «ch gaterm«. «k Bezugspreis beträgt bet Abholung wöchentlich SV NPf., bet Lies«»»» s«t Hun» Bostbezug monatlich L.bv RM. Die Behiuderu«, der Liefer»», «chtsertigt Anspruch auf Rückzahlung de« Bezugspreise». ZrtwagxmS^b« flir Abholer ätzttch »-S Uhr uachmittap«. Preise und NachlvßsStz, bet Wtederhotrmgen »ach 'reMtste Nr. t — Für das Erscheinen von Anzeigen tu bestimmt« Nummer» und « «»stimmt«, Plätzen kein» Gewähr. Anzeigen sind an den ErscheinungStagen bi« vor». IS Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr » Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Debrü^r Mohr. Hauptschrtstletter. Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz, verantwortlich für den Hetmatteil. Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PulSnitz; für Poltttk, Btlderdteast und den übrigen Test Walter Mohr, PulSnitz. — D. A. Vll.: 2220. Geschäftsstellen: Albertstr atze 2 und Abolf-HtUer-Str atze l. Fernruf 518 und 520 Drr Pulsnitzer Anzeiger ist kas znr Deröstenttiüung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, de* Etadtrates zu Pulsnitz und des Eemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amt*» gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kameuz Nr. 193 90. Jahrgang Freitag, den 19. August 1938 Henlein bei Runciman Klärung der Fronten — Nach der Erklärung Kundts Lord Runciman traf in Rotenhaus, dem Besitz des Fürsten Max Egon Hohenlohe, mit Konrad Henlein zu- ammen. Dieser Begegnung kommt um so mehr Bedeu- Ang zu, als durch die Erklärungen, die der Abgeordnete Kundt im Namen der Sudetendeutschen Partei in der ge meinsamen Sitzung der tschechischen Regierung mit der 'vdP.-Delegation abgegeben hat, die Fronten geklärt sind. Eindeutig Hai der Delegationsführer der Henlein- Partei Klarheit zwischen der deutschen Volksgruppe und °en tschechischen Vorschlägen geschaffen. In der Stellung- aahme der Sudetendeutschen zu den tschechischen Vo«schlä- Sen ist festgestellt worden, daß die Gegensätze vorläufig un überbrückbar sind, da die Tschechen sich auch weiterhin wei gerten, die Sudetendeutschen als gleichberechtigte Partner anzuerkennen. Der Abgeordnete Kundt hat weiter festgestellt, daß die Vorschläge der Prager Regierung im Grunde nichts anderes bezweckten als eine Festlegung des bisherigen Zu Andes der Ungleichheit. Die tschechische Demokratie sei in Wirklichkeit eine Diktatur. Schließlich hat der Abgeordnete Kundt davor gewarnt, ble Geduld der Sudetendeutschen auf eine zu harte Probe in stellen. Die Ausführungen des sudetendeutschen Delega- «onsführers haben zunächst einmal mit der tschechischen »Verhandlungspraxis* und den dabei zutage getretenen Prager Machenschaften abgerechnet und zum anderen noch einmal die unaufgebbare Stellung der stärksten Volks gruppe der Tschecho-Slowakei umrissen. Noch einmal sind die Forderungen des Sudetendeutsch- Mms gegenüber dem Prager Zentralismus präzisiert wor- aen. Es ist nun die Ausgabe anderer, aus diesen klaren ünd überzeugenden Forderungen die notwendigen Folge rungen zu ziehen. Dr. Hodscha, dem oft genug die Bereitwilligkeit der Sudetendeutschen zu sachlicher und positiver Verhand- wngsarbeit erklärt worden ist, wird nicht länger an der Tatsache Vorbeigehen können, daß der von den tschechischen Stellen so ost versicherte „gute Wille* endlich in die Tat Umgesetzt werden muß, will man sich nicht endgültig vor der ganzen Welt ins Unrecht setzen. Großes Echo in der presse In London und Paris finden die grundsätzlichen Dar- legungen des sudetendeutschen Abgeordneten Kundt zu den tschechischen Vorschlägen starken Widerhall. Aus den Lon doner Kommentaren geht hervor, daß die jetzt eingetretene Entwicklung nicht unerwartet gekommen ist. Die Blätter Nellen fest, daß die Verhandlungen in ein kritisches Stadium eingetreten sind. Daß die Sudetendcutschen die Tür für weitere Verhandlungen nicht zugeschlagen haben, wird mit Befriedigung vermerkt. Auch in der Pa riser Presse finden die grundsätzlichen Darlegungen des judetendeutschen Abgeordneten große Aufmerksamkeit. Der lonsequenien Haltung der Sudetendeutschen wird in den Pariser Blättern auch heute so gut wie gar kein Verständ- dis entgegengebracht. Die Pariser Blätter sind sich der Schwierigkeiten jedoch bewußt, die sich einer wirklichen Regelung der sudeten deutschen Frage in den Weg stellen. Oie Forderungen der Ungarn In Preßburg hatte der Berichterstatter der englischen Zeitung „Daily Mail* eine Unterredung mit dem Führer der ungarischen Volksgruppe in der Tschecho-Slowakei, Janosch Esterhazy. Nach dem Bericht des englischen Blattes erklärte Esterhazy u. a., die Forderungen der Ungarn in der Tschecho-Slowakei beruhten aus den Grundsätzen absoluter gesetzlicher Gleichheit, des Selbstbestimmungsrechtes und des Naturgesetzes, also aus fundamentalen Grundsätzen der Pariser Vorortverträge. so ooo Ungarn des Bürgerrechts beraubt Esterhazy, so meldet das englische Blatt Weiler, habe für Lord Runciman eine 33 Seiten lange Denkschrift aus- gearbeitet, in der festgestellt werde, daß die tschechische Re gierung planmäßig versucht habe, die zahlenmäßige Stärke der Ungarn in der Tschecho-Slowakei zu reduzieren, indem sie SO 000 Ungarn, darunter drei Parlamentsmitglie- der, ihrer Bürgerrechte beraubt habe. Ueber 10 000 ungarische Staatsbeamte leien von den Tschechen aus belanglosen Gründen entlassen worden. Selbstver ständlich habe man ihnen ihre Pension entzogen. s In der Denkschrift werde weiterhin Klage dagegen geführt, daß der Gebrauch der ungarischen Sprache bei^ amtlichen Gelegenheiten in einer Anzahl absolut unga rischer Bezirke unmöglich gemacht worden sei und daß die „sogenannten unabhängigen Richter tatsächlich von der Prager Regierung abhängig sind*. Weiter werde fest gestellt, daß 14 000 ungarische Kinder „unter dem Druck des Gesetzes gezwungen wurden, tschechische Schulen zu be suchen, weil es keinen ungarischen Schulunterricht mehr gibt.* Die ungarischen Schulen seien unter dem Vorwand, daß die Gebäude baufällig seien, geschlossen worden. Durchsichtige Zwangsmaßnahme« Mit welchen brutalen Mitteln die Tschechen und vor allem die berüchtigte Tschechisierungsorganisation „Jednota* vorgehen, um sudetendeutsche Bauern von Haus und Hof zu vertreiben und somit immer weiteres Gebiet in ihre Hände zu bekommen, beweist ein neuer Fall in der Gemeinde Nemcicim Bezirk Klattau im Böhmer Wald. Gegen den deutschen Bauern Georg Rohrbacher wird feit Wochen von den Tschechen ein förmliches Kessel treiben veranstaltet, nur weil er Deutscher ist und sich mannhaft zn seinem Volkstum bekennt. Die Tschechen legen alles darauf an, Rohrbacher vyn Haus und Hof zu vertreiben. Im Juni kündigten plötzlich zwei tschechische Banken ihre Hypotheken in Höhe von ins gesamt noch nicht einmal 70 000 Tschechenkronen, obgleich sie durch den auf mindestens 200 000 Kronen geschätzten Wert des Grundstücks voll gedeckt waren. Da Rohrbacher nicht in der Lage ist, das Geld auf den Tisch des Hauses zu legen, wurde ihm mit einem Zwangsversteigerungsver fahren gedroht. Außerordentlich bemerkenswert war die Erklärung des Rechtsvertreters der tschechischen Banken, der den deutschen Bauern mit folgenden Worten ahfertigte: „Noch in diesem Monat müssen Sie von Nemcic weg, dann wird Ruhe werden. Würden Sie sich aber umstellen und so für die Tschechen werben, wie Sie es für die SdP. tun, dann wäre alles in Ordnung. Sie brauchten sich um nichts zu kümmern, und alles bleibt beim alten." (!) Wie aus Fischern gemeldet wird, erhielt der neu- gewählte Bürgermeister Josef Hein, der der Sudeten- deutschcn Parrei angehört, seine Bestätigung von der Landesbchörde. Die rorc Mißwirtschaft hatte einen Schuldenstand von über 30 Millionen Tschechenkroncn angehäuft, deren Zinsendienst die Stadt Fischern nicht mehr aufbringen kann. Am zweiten Tag nach dem Amts antritt des neuen Bürgermeisters kam vom Steueramt Karlsbad die Forderung aus Zahlung von rückständigen Steuern im Betrage von 400 000 Tschechokronen! Ein ähnlicher Fall ereignete sich in Lichtenstadt bei Karlsbad. Neuer Zwischenfall in Brüx Das ist immer wieder der Sinn aller Tschechenmaß nahmen, so auch des neuen Zwischenfalls, der sich in Brür ereignete. Nach einer Feier, bei der bereits Tschechen und Kommunisten planmäßige Störungen unternommen har ten, kam es zu Ueberfällen seitens der sich wie wütend gebärdenden verbrüderten Angreifer auf die in mustergül tiger Disziplin heimkehrenden deutschen Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Die Ueberfälle dauerten die ganze Nacht hindurch an. Beschimpfung Hitlers und Henleins Zu den Krawallen in Brüx werden noch folgend« Einzelheiten bekannt: Das Verhalten der Polizei war während der ganzen Veranstaltung erstaunlich passiv. Trotz mehrfacher Auf forderung an den diensthabenden Kommissar wurde nicht cingcschritten. An Stellen, an denen nicht nur gegen die Sudetendcutschen, sondern auch gegen das Staats- oberhauptdesDeutschenReiches beleidigende Ausrufe und aufreizende Drohungen ausgestohen wurden, standen die Polizisten mit lächelnden Gesichtern. Einen Versuch, die Lärmdemonstrationen zu unterbinden, hat die Polizei überhaupt nicht unternommen. Auch als es zu Angriffen gegen die Festzugsteilnehmer kam, schritt sie nicht ein. Dafür hatte die Polizei aber verboten, daß die Straßen von den Ordnern der Sudelendeutschen Partei abgesperrt wurden. So wurde der Festzug ein Spießrutenlaufen unter polizeilicher Assistenz. Die ganze Nacht hindurch hörte man tschechische Gruppen durch die Straßen ziehen und laut auf Adolf Hitler und Konrad Henlein schimpfen. An zahlreichen Stellen der Stadt gaben Hilferufe Kunde von Ueberfällen. Schm BorWöge Runcimans? Wie verlautet, beabsichtigt Lord Runciman, in abseh barer Zeit sowohl der Prager Regierung als auch der Sudetendcutschen Partei ein Elaborat zu unterbreiten, welches Vorschläge zur Lösung der tschecho-slowakischen Frage auf Grund feiner bisherigen Studien und Erfah rungen zum Gegenstand hat. Wenn das Elaborat, an dem bereits gearbeitet wird, fertiggestellt sein wird, steht noch nicht fest. Auch über den Inhalt ist nichts bekannt. Die Zusammenkunft Henlein-Runciman Ueber die Zusammenkunft zwischen Konrad Henlein und Lord Runciman auf Schloß Rothenhaus wurde von der Kanzlei Lord Runcimans folgende Mitteilung aus- «gegeben: „Heute, den 18. August, früh, fuhr Lord Runciman, begleitet von Lady Runciman und Mr. Peto und Mr. Ashton Gwatkin nach Schloß Rothenhaus bei Görkau, dem Sitz des Prinzen Max von Hohenlohe-Langenburg, wo er mit Konrad Henlein und den SdP.-Abgeordneten Frank und Kundt zusammentraf. Es wird erwartet, daß Lord und Lady Runciman heute abend nach Prag zurückkehren werden, um an dem Diner in der britischen Gesandschast leilzuuehmen.* Beschwerden bei Lord Runciman Vertreter der Brüxer Bevölkerung bei der Begleitung des Lords Aus Rothenhaus wird berichtet: Während Lord Run ciman und Konrad Henlein in einer eingehenden Unter redung unter vier Augen die erste Fühlungnahme mit einander herstellten, ereignete sich ein be m erk e n s w e r- ter Zwischenfall. Im SöPoßhof erschienen drei Vertreter der deutschen Bevölkerung in Brüx, um die eng lische Abordnung auf die schweren, von Tschechen verur sachten Ausschreitungen hinzuweisen. Die Deutschen über mittelten die Bitte der Bevölkerung, es möge mit alle» Mitteln dafür gesorgt werden, daß die Ruhe und die Sicherheit der deutschen Bewohnerschaft wiederhergestellt werde. Die Sudetendcutschen wurden von den Begleitern Runcimans, Peto und Gwatkin, empfangen und konnten den beiden Engländern aus dem unmittelbaren eigenen Erlebnis heraus eine sehr lebendige Darstellung der Lage der deutschen Bevölkerung in Brüx geben. Diese Darstel lung der Augenzeugen und Mitbetroffenen machte auf die englischen Herren starken Eindruck.