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Freitag, den 11. Dezember 1936 Pulsnitzer Anzeiger — Ohorner Anzeiger Aus aller Welt Ehrung einer Hundertjährigen. Der Führer und Reichskanzler hat Frau Wilhelmine Staffast in Elbing aus Anlaß der Vollendung ihres 100. Lebensjahres ein persönliches Glückwunschschreiben und eine Ehrengabe zu gehen lassen. Abwanderung der italienischen Arbeiter aus Frank reich. Zahlreiche italienische Arbeiter, die bisher in den vordfranzösischen Provinzen beschäftigt waren, verlassen Frankreich und begeben sich nach Genua, wo 100 000 aus- ,landsitalienische Arbeiter durch Vermittlung der Regie- YMg Gelegenheit haben, nach Aethiopien zu gehen und Kort an der wirtschaftlichen Auswertung der neuen italie nischen Kolonie mitzuwirken. Drei neue italienische Sender. Der italienische Mi- nsfterrat beschloß die Errichtung von drei neuen Rund- Müstationen in Genua, Ancona und Catania und den Bau eines neuen Kurzwellensenders in Rgm. Die neuen Funkanlagen werden nach den Erfahrungen der mo dernsten Technik errichtet und sollen die Uebertragung nach allen Ländern ermöglichen. Der Schuleinsturz in Portugal. In ganz Portugal herrscht tiefe Trauer über den Einsturz der Schule in Porto de Moz, der nach den letzten Feststellungen 42 Menschen das Leben kostete. Alle bis jetzt identifizierten Toten sind jugendliche. Man vermutet, daß sich unter den Trümmern «och weitere Tote befinden. In den Krankenhäusern der umliegenden Dörfer und Städte sind über 200 Verletzte untergebracht, von denen eine große Anzahl so schwere ^Sunden davongetragen haben, daß mit ihrem Ableben gerechnet werden muß. Luigt ptran-etlo "k Der italienische Schriftsteller Luigi Pirandello ist in Rom an einer Lungenentzündung gestorben. Luigi Pirandello, der am 28. 6. 1867 in Girgenti (Si zilien) geboren ist, hat sich durch zahlreiche Theaterstücke und Prosaschriften nicht nur in seiner Heimat, sondern auch im Auslande einen bekannten Namen gemacht. Seine Werke sind auch in Deutschland häufig aufgeführt worden. 1934 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Der Tod Pirandellos wird in ganz Italien als ein großer Verlust empfunden. Pirandello, der noch vor wenigen Tagen in völliger Gesundheit in seinem Freundeskreis verkehrte, war im Begriff, ein neues Schauspiel „Die Briganten der Bergwelt" abzuschließen. Kirchen-Nachrichten Lichtenberg Son na bend, den 12. Dezember: 14.30 Uhr Abend- WahlSgottesdienst. — Sonntag, !3. Advent, den 13. De° zember: 9 Uhr Prsdigtgottesdienst. 10.15 Uhr KindergotteZ- dienst. — Donnerstag, den 17. Dezember: 20 Uhr Weih- Nachts-Versammlung des Christlichen Frauendienstes im Ober gasthof Lichtenberg. Obekgersdorf Sonntag, 3. Advent, 'den 13. Dezember: 9 Uhr Gottes dienst. Abendmahlsfeier und Iugendgottesdienst finden nicht statt. — Donnerstag, den 17. Dezember: 20 Uhr Advents-- sieter des Christlichen Frauendienstes bei Schmidt. Handelsteil Berlin, 10. Dezember. Schleppender Verlauf Das Geschäft an der Berliner Börse verlief nach wie vor ziemlich ruhig. Neue Gründe für das geringe Geschäft sind nicht zu verzeichnen. Immerhin war das Kursniveau im allgemei nen weiter widerstandsfähig. Am Aktienmarkt bestand gewisses Interesse für Montan werte. Vereinigte Stahl waren zunächst leicht befestigt. Buderus erholte sich von 119,75 auf 122,25. IG. Farben und Siemens brachten kleine Befestigungen, die auf Sperrmarkanlagen zurück- geführt wurden. Vor Schluß bröckelte das Kursniveau ab. Bei festverzinslichen Werten war Umschuldungs anleihe auf 89,80 befestigt, während Altbesitz mit 115,87 schwach lag. Steuergutscheine unverändert. Am Auslandsrentenmarkt verlief das Geschäft unregelmäßig. Am Geldmarkt, der nach wie vor vom Weihnachts geschäft nnd dem Jahresultimo beeinflußt ist, wurde Blanko tagesgeld auf 3 bis 3,25 v. H. heraufgesetzt. Ain Devisenmarkt war das Pfund schwächer, beson ders in New Bork, Amsterdam und Zürich. Auch die franzö sische Währung neigte etwas zur Schwäche. Dcvisen-Notierungen. Belga (Belgien) 42,06 (Geld) 42,14 (Brief), dän. Krone 54,39 54,49, engl. Pfund 12,18 12,21, franz. Franken 11,59 11,61, holl. Gulden 135,26 135,54, ital. Lire 13,09 13,11, norw. Krone 61,22 61,34, österr. Schilling 48,95 49,05, poln. Zloty 47.04 47,14, fchwcd. Krone 62,80 62,92, schweiz. Franken 57,14 57,26, span. Peseta 20,48 20,52, tschech. Krone 8,761 8,779, amer. Dollar 2,488 2,492. Preisfestsetzungen für Hühnereier durch die Hauptvereini- gnng der Deutschen Eierwtrtschaft mit Zustimmung des Reichs ministers für Ernährung und Landwirtschaft in Rps je Stück für waggonweisen Bezug, frachtfrei Empfangsstation, verzollt und versteuert, einschließlich Kennzeichnung, Verpackung und Banderolierung. A Jnlandeier: G1 (vollfrisch) Sonderklasse 65 Gramm und darüber l2, A 60—65 Gramm große 11, B 55 bis 60 Gramm mittelgroße IO, C 50—55 Gramm normale 9,25, T 45—50 Gramm kleine 8,50; G2 (frisch) Sonderklasse 11,75, A 10,75, B 9,75, C 9, D 8,25; aussortierte (abfallende Ware) 9. 2. Auslandeier: Holländer, Dänen, Schweden, Norweger, Fin nen, Belgier, Estländer, Irländer, Letten, Litauer, Polen Son derklasse 11,25, A 10,25, B 9,25, C 8,50, D 7,75; Türken, Bul garen. Ungarn, Argentinier, Jugoslawen Sonderklasse 11, Ä 10, B 9, C 8,25, D 7,50, Bulgaren Original 54—55 Gramm 8,75. - C. Kühlhauseier: Sonderklasse 10, A 9,50, B 8,75, C. 8,25, D 7,75. Baumwolle — Neuyork 10. Dez. 9. Dez. Loko Neuyork 12,66 12,84 Dezember 12,98 12,48 Januar 1937 12,40 12,28 Februar 1937 12,39 12,26 März 1937 12,38 12,24 April 1937 12,31 12,17 Mai 1937 11,24 12,08 Juni 1937 12,16 12,00 Juli 1937 12,07 11,92 August 1937 11,93 11,76 September 1937 . 11,70 11,60 Oktober 11,64 11,43 Zufuhr in all. Häfen . 1000 —— Zufuhr in Golfhäfen . 13000 13oOO Export nach England . — 1000 Export n. d. übr. Kontinenten . . 14 000 9 000 Fest Der Baumwolltermiumarkt eröffnete stetig und lebhaft. Es erfolgten umfangreiche Preisfixierungsgeschäfte des hei mischen Handels und des Auslandes. Ferner zeigte sich neue spekulative Nachfrage, da die Klärung der politischen Lage in England nunmehr erfolgt ist. Die Glattstellungen der Haussiers fanden bereitwilligst Aufnahme. Kamenzer Wochenmarkt vom 10. Dezember Am gestrigen Wochenmarkte wurde gezahlt je 50 Kilo gramm: Weizen. Preisgebiet W. VII, 10.05 RM.; Roggen, Preisgebiet R. XII. 8.50 RM. (Preise gleichbleibend bis zur neuen Ernte); Futtergerste, Preisgebiet G. VII, 8.25 RM.; Hafer, Preisgebiet H. VII, 7.70 RM.; Heu, hiesiges, 2.00—2.25 RM.; Stroh (Flegel) ohne Angebot, (Futter und Streu) 0.80 bis 1.00 RM.; Weizenmehl (Inland), Type 790, 19.50 RM-li Type 405 21.00 RM.; Roggenmehl, Type 997 (freiBäckerhaus), 12.25 RM.; Weizenkleie (Bezirksmühlenkleie) 6.50 RM., (Han delskleie) 6.60—7.00 RM.; Roggenkleie (Vezirksmühlenkleie) 6.00 RM.. (Handelskleie) 6.50 RM.; Landbutter 250 Gramm bis 76 Pfg.; ungekennzeichnete Landeier Höchstpreis 10 Pfg, das Stück. Ferkel 9.00—17.00 RM.; Gänse, geschlachtet, das halbe Kilo 0.90—1.00 RM. Für ausgesuchte Ware Preis über Notiz, Ferner kosteten u.a. Weißkraut 5 und 6, Rotkraut 8, Welschkraut 10, Rosenkohl 30, Spinat 20—25, Möhren 7, Zwiebeln 10, Meerrettich 80, Birnen 20—25, Aepfel 15—30, Walnüsse 40—60, Rapünzchen 60 Pfg. das halbe Kilo, En divien 10—20, Kohlrabi 8—12, Sellerie 15—30 Pfg. das Stück, Radieschen 5, Rote Rüben 10 Pfg. das Bündel. MMunl-Brogramm DeutNlandlender Sonnabend, 12. Dezember 6.30 bis 8.00: Aus Breslau: Fröhlich klingt's zur Morgen stunde Bunte Morgenmusik. Kapelle „Glück auf" und Solisten. — 9.40: Kleine Turnstunde für die Hausfrau. — 10.00: Die versäumte Predigt. Eine Hörst Ige aus den Kindheitstagen Johann Gottlieb Fichtes. Von Martin Jank. — 10.30: Fröhlicher Kindergarten. — 11.00: Sendepause. — 11.30: Kamps dem Verderb! Was mutz die Frau vom Pflanzenschutz wissen? — 12 00: Aus Saarbrücken: Musik zum Mittag. Das Landessinfonieorchester Saarpfalz. — 15.10: Rus der Jugend. — 15.15: „Und mögen die Spietzer auch schelten ..." On dit — man sagt! — 15.30: Wirtschaftswochenschau. — 15.45: Was sagt ihr dazu? Gespräche aus unserer Zeit. — 16.00: Nach dem Schaffen reger Hände — ein sorgenfreies Wochenende! (Schall platten.) — 18 00: Volkslieder und Volkstänze. — 18.45: Sport der Woche. — 19.00: Guten Abend, lieber Hörer! Funkbrettl. — 19.30: Vom Kaiserhos zur Reichskanzlei. Wir blättern in einem Tagebuch ... — 20.10: Aus Frankfurt: Fräulein Man darin. Operette von Otto Pichelmann. — 23.00 bis 0.55: Wir bitten zum Tanz! Barnabas von Geczy spielt. Reichssender Leipzig. Sonnabend, 12. Dezember 6.30: Aus Breslau: Fröhlich klingt's zur Morgenstunde! Bunte Morgenmusik. Kapelle „Glück auf" und Solisten. — 8.30' Aus Berlin: Froher Klang zur Arbeitspause. Blasorchest« H. Schulze-Wittenberg. — 9.30: Für die Frau: Billig, abc gut — der Küchenzettel der Woche. — 9.45: Wochenbericht de Mitteldeutschen Börse. — 10.00: Aus Hamburg: Die „Wies baden" brennt! Hörfolge von Rudolf Kinau. — 12.00: Am Mannheim: Buntes Wochenende. — 14.15: Musik nach Tisck (Schallplatten.) — 15.00: Deutsche Bekenntnisse. BuchberiA. — 15.20: Kinderstunde: Spielen und Basteln. — 15.50: Zeit, Wetter und Wirtschaftsnachrichten. — 16.00: Aus Berlin: Froher Funk für alt und jung! — 18.00: Gegenwartslexikon. — 18.15: Liederfroh und lebcnsfrisch! Erzgebirgische Musik und Schnurren. — 18.50: Ruf der Jugend. — 19.00: Julabend- geister. Hörfolge von Paul Zaunert. — 19.50: Umschau am Abend. — 20.10: Aus München: Musik, die das Herz erfreut! Großes Unterhaltungskonzert des Reichssenders München. 22.30 bis 24.00: Und morgen ist Sonntag! Frohes Wochen ende. i«. WMIU »ül lWM Koman von tt e ! I m u t k Kay,er Copyright by: Romanverlag Greiser Rastatt (Baden) 22 Er setzte sich neben Kommerzienrat Berg und unterhielt sich angelegentlich mit ihm. Schaute auch in die Liste und kritzelte einige Zahlen hinter seinen Namen. Dann schaute er erst wieder auf, als der Sekretär Zep pelins anfstand und damit begann, die Liste vorzulesen. Als ersten nannte er: „Se. Exzellenz Graf Zeppelin, Stuttgart, zoo ooo Mk." Weiter: „Herr Kommerzienrat Berg, Lüdenscheidt. 100 ooo Mk." Und so folgten Namen auf Namen. Während Uhland las, ging Zeppelin zu jedem der genann ten Herren und drückte ihm warm die Hand. Da hörte er plötzlich aus einer Ecke des Zimmers eine verzagte Stimme: „Sind wir denn wirklich heute schon so weit?" Spontan wandte sich der Graf ihm zu: „Wir mästen heute das neue Morgen schaffen". Beschämt zog sich oer junge Mann zurück. Inzwischen hatte Kommerzienrat Berg den Sekretär ge fragt: „Was fehlt noch?" Uhland antwortete: „Einhundertsechsundsechzigtausend Mark". Trotzdem sich dieses Gespräch nur zwischen den beiden Herren abwickelte, hatten es alle gehört. Betretenes Schweigen legte sich über die Versammelten. Sollte alles noch in letzter Minute scheitern? Unruhig blickte der eine den anderen an. Da erklang Daimlers Stimme: „Wer zeichnet ven Rest?" „Ich", sagte der Graf, «Hue sich zu besinnen. Dem Sekretär Uhland versetzte es einen Schlag. Er konnte sich nicht enthalten zu bemerken: „Noch mal, Exzellenz?" Angst klang aus der Stimme. Wollte der Graf sich denn vollkommen ruinieren? Sich und seine Familie au deu Bettel stab bringen? „Es bleibt dabei. Notieren Sie!" * Zwei Monate waren verflossen. In der Werkstatt zu Manzell wurde fieberhaft gearbeitet. Da die Teile des Alumininmgerippes in Lüdenscheid fertigge stellt worden waren, kamen tagtäglich einzelne Teil« an. Nur Gotthelf, jetzt bestätigter Vorarbeiter, behielt einen freien nnd klaren Kopf. Er war beliebt bei den Kameraden wie kein anderer, und man gönnte es ihm, wenn er nun bald erster Monteur wurde. Er wußte auch immer alles, und jeder wandte sich an ihn, wenn neue Gesichter in der Werkstatt auftauchten. So auch heute. Als der Graf mit einem neuen Ingenieur durch die breite Halle ging, fragte der neben ihm beschäftigte Arbeiter den jungen Gotthelf: „Mensch, schon wieder ein neuer Ingenieur. Weißt du, wer das nun wieder ist?" „Ja! Dürr heißt er", antwortete Gotthelf, ohne sich zu besinnen: „Was du nicht immer alles weißt!" Gotthelf hatte nur einen kurzen Blick in das Gesicht des Neuangekommenen geworfen, da sagte er schon: „Der hat was los! Da» ist der richtige Mann für uns!" „Meinst du wirklich?" „Kannst es schon glauben!" Da meldete sich ein anderer, ohne seine Arbeit aus der Haud zu legen. „Wo der Graf nur alle diese Leute entdeckt?" Gotthef meinte ruhig, nach einem Augenblick der Ucber- legung: „Dafür ist er ein alter Offizier. Ihm liegt der Scharf blick, Menschen zu durchschauen, gleichsam im Blut." * Oft kamen die Einwohner der Umgegend und standen draußen am Tor der Werkstatt. Sie staunten und klotzten und wollten von jedem Arbeiter wißen, was es war, was sie da so schwer hinter sich herschleppten. Sie erhielten von Gotthelf immer die lakonische Antwort: „Das ist das Gerippe von unserem Zeppelin". Da rissen die Bauern das Maul noch weiter auf vor lauter Staunen, und kopfschüttelnd vor soviel Verderbtheit, gingen sie wieder ihres Weges. Fast jeden Tag traf Gotthelf, wenn die Arbeit des Tages getan war, Hilde, des Bäckermeisters liebliches Töchterlein. Gemeinsam gingen sie am Ufer entlang, und was sie redeten, konnte jeder hören. Aber es herrschte auch ohne Worte ein stilles Einverständnis zwischen ihnen, das fühlten sie alle beide. Und ich manch stiller Stunde frugen sich beide, wo diese ver botene Liebe sie noch hinführen sollte. Hilde berichtete, daß sie den von Tag zu Tag mehr ver haßten Bräutigam, seitdem die fremde Dame im Städtle war, fast gar nicht mehr zu Gesicht bekam. Er mußte jeden Abend, so wie die anderen Bürger, am Stammtisch sitzen und sich wie ein Pfau vor der schönen Frau mit seinen wenigen LebenS- kcnntniffen brüsten. Daß sich die Sache in Wirklichkeit ganz anders verhielt^ wußte selbst Hilde nicht. * Egon hatte es wirklich wahr gemacht nnd dem Stammtisch im „Oechsle" am versprochenen Abend die schöne Fremde zu geführt. Es hatte zur ehrlichen Bewunderung aller Gäste so angefangen: Als die Dame halb mit dem Esten fertig war, erschien Egon Fleischle auf der Schwelle der Stube. Er ging auf deu Stammtisch zu und begrüßte im Vorbeigehen durch eine artige Verbeugung die Dame. (Fortsetzung folgt.)