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ausgesttyrl hat unv vass er tm Sinne ves Gesetzes straf rechtlich voll verantwortlich ist. Ihn müsse grundsätzlich die volle Sühne treffen, die das Gesetz bestimme. Endlich kommt der Amtskläger auf die Milderungs gründe zu sprechen. Als einer der hauptsächlichsten werde das Vorliegcn eines politischen Mordes geltend gemacht, der aber rein begrifflich nicht vorliege, da ein politischer Mord auf den Staat als Macht Bezug habe und die Mach! im Staate in Frage stehen müsse. Dem bündnerischen Strafgesetz sei der Begriff des politischen Mordes über haupt unbekannt. Mord bleibe Mord. Glänzende Rechtfertigung Gustloffs In grosser Ausführlichkeit weist der Amtskläger dann ave Versuche zurück, die Tätigkeit Gustloffs in der Schweiz als verantwortlich für die Tat des Mörders hinzustellen. Ave diese Versuche seien völlig unhaltbar. Die Auswahl des Mordopfcrs durch Frankfurter sei rein zufällig ge wesen. Gustloff habe sich in der Schweiz einwandfrei be tragen, die Gesetze seines Gastlandes geachtet und sich aller Einmischung in dessen Angelegenheiten enthalten. Auch der Bundesrat habe bei einer Interpellation Aveifelsfrei das einwandfreie Verhalten Gustloffs bestä tigt und diesen als eine idealistische Persönlich keit bezeichnet, die bestrebt war, den Gesetzen des Gast landes die Achtung zu erweisen. Der Amtskläger wies darauf hin, daß in objektiver Richtung die Tätigkeit Gust loffs in der Schweiz für den Entschluß des Frankfurter in keiner Weise verantwortlich gemacht werden könne. Es fei nicht ungewöhnlicher Opfermut, sondern persönliche Geltungssucht und der Drang nach der Ausgleichung per sönlicher Minderwertigkeitsgefühle gewesen, was den Mörder zu seiner Tat getrieben habe. ' Dr. Brügger verwies zur Charakterisierung des An geklagten auf die Feststellungen der Verhandlung, in denen ihm seine besten Freunde das Zeugnis eines zynischen, leichtsinnigen, abenteuerlustigen, herzlosen Menschen aus stellen müssen und der eigene Vater ihn der Herzlosigkeit und des Leichtsinns bezichtigt, der Vater, den er jahre lang, während er das Leben eines verbummelten Studen ten führte, getäuscht und belogen hat. Auch die Ausführung der Tat spreche nicht für den Angeklagten. Er habe sich eine möglichst gefahrlose Art ausgesucht. Er habe von seinem Opfer einen Dienst ver langt. Man habe ihn nicht einmal nach seinem Namen and Begehren gefragt. Gustloff habe sich dienstfertig dem unbekannten Gast zur Verfügung gestellt. Diesen Moment habe Frankfurter benutzt, um den völlig ahnungs- und wehrlosen Gustloff in meuchlerischer Weise niedcr- zuknallcn. Der Amtskläger schloß mit dem Appell an die Richter, sich nicht durch menschliches Mitgefühl mit dem jugend lichen Angeklagten dazu führen zu lassen, die Schwere sei ner Schuld und seiner Verantwortlichkeit zu unterschätzen. Er bat sie, nicht zu vergessen, daß zur Befriedigung vor Haßgefühlen nnd des Geltungsbedürfnisses des Täters das Leben eines ehrenwerten, völlig schuldlosen Menscher in seiner besten Manneskraft ausgelöscht worden sei, daß das Lebensglück und der Lebensinhalt seiner Gattin zer stört wurde und der Angeklagte in überheblicher, rücksichts loser Weise das Gastrecht des Landes mißbrauchte, um seine Tat zu vollbringen, die er sich in jenem Lande aus zuführen scheute, gegen welches sich sein Haß gerichtete hat. Im Interesse der Gerechtigkeit selbst wie auch im Fntercssc der Ordnung eines Rechtsstaates dürfe das be antragte Strafmaß nicht unterschritten werden, das er in vollem Umfange in das Urteil aufzunchmcn bat. Llnerhörie Frechheit Frankfurters Nach den Ansführungen des Anklägers forderte der Mörder das Wort zur Abgabe einer Erklärung. Mit beispielloser jüdischer Frechheit ging er auf einzelne Fest stellungen des Amtsklägers ein und zieh ihn irrtümlicher Darstellung. Als der Jude sich zu der unerhörten Be hauptung verstieg, der Amtskläger habe gegen sein bestes Gewissen gehandelt, erhob Dr. Brügger beim Präsidenten Einspruch gegen die frechen Aeußerungen des Angeklagten, dem daraufhin das Wort entzogen wurde. Den Abschluß der heutigen Sitzung bildeten die aus führlichen und ausgezeichneten Darlegungen des Prozeß- Vertreters der als Nebenklägerin zugelassenen Frau Gust loff, Dr. Urspruna aus Zürich. Nur geringer Einfluß der Jahreszeit Der Arbeitseinsatz im November 1936. Mit dem Fortschreiten der winterlichen Jahreszeit gingen, wie in dem Bericht der Reichsanstalt für Arbeits vermittlung und Arbeitslosenversicherung mitgeteilt wird, die Beschästigungsmöglichkeiten in den Außenberufen zurück. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen bei den Arbeitsämtern nahm im November um 121 000 zu; sie stieg damit auf 1 197 000 an. Im Vorjahr betrug sie am gleichen Stichtage noch fast 2 000 000. Die allgemeine wirtschaftliche Belebung hat inzwischen zu einem weitgehenden Abbau der Arbeitslosigkeit in den überwiegend konjunkturbestimmten Berufen geführt; sie hat aber auch dazu beigetragen, daß der saisonübliche An stieg der Arbeitslosigkeit in den Außenberufen in diesem Jahr später und langsamer in Erscheinung tritt. Im Vor jahr waren am 30. November in den saisonabhängigen Berufsgruppen (Land- und Forstwirtschaft, Industrie der Steine und Erden, Baugewerbe, Verkehrsgewerbe) 554 000 Gelernte und Ungelernte arbeitslos, in diesem Jahr 331 000, das sind 40 v. H. weniger. Von der Gesamtzunahme der Arbeitslosigkeit um 121 000 entfallen auf die saisonabhängigen Berufe 88 000 oder 72,5 v. H. Darunter waren das Baugewerbe (ein schließlich der Bauhilfsarbeiter) mit 62 000, die Landwirt schaft mit 10 000 und die Industrie der Steine und Erden mit 7000 vertreten. Gemessen an dem anhaltend guten Be schäftigungsstand sind die Freisetzungen als geringfügig zu oezeichnen. Der Anstieg in den übrigen, mehr konjunk turabhängigen Berufen um 33 000 hat seine Ursache im allgemeinen nicht in geringeren Beschäftigunasmöglichkei- ten in diesen Berufen, sondern in der Rückkehr aus be rufsfremder Arbeit. Großenteils handelt es sich hierbei um Kräfte, die in ihrem Berufe nicht mehr voll einsatz fähig sind. LeWruch liir 12. Dezember Dein Volk und Dein Geschlecht haben Dir vieles gege ben, sie verlangen dafür ebenso viel von Dir. Sie haben Dir den Leib gehütet, den Geist geformt, sie fordern auch Deinen Leib und Geist für sich. Wie frei Du als einzelner die Flügel regst, diesen Gläubigern bist Du für den Gebrauch Deiner Freiheit verantwortlich. Gustav Freytag. Kunstleben in Dresden Komödienhaus. „Rotkäppchen und der Wolf", ein Weih nachtsmärchen als vielbelachter Lustspielschwank. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals so viel Lachen und Aufregung ^der Kleinen gehört zu haben wie in diesem von Stelter auf- geputschten Grimm'schen Volksmärchen. Doch weit entfernt, dies als Profamierung zu empfinden, schlossen sich die Großen, der allgemeinen Fidelität munter an, was der Feierlichkeit des 'Schlußgesanges „Es ist ein Ros' entsprungen" keinen! Abbruch tat. Man möchte wünschen, daß der Bearbeiter auch andere geeignete Märchen so lustig ausstaffierte. In dem Einsatz zweier Schwankfiguren, des Dorfpolizisten Bumset aus der guten alten Zeit und des fröhlichen Schalks Blasius, des Ortsvorstehers Familienübels, hat er dem Märchen eine über aus lustige, in der Erfindung des ewigen Käferbrautpaares eine naturnahe romantische Folie gegeben. Sonst spielt sich das Geschehen ganz nach Grimm ab, nur daß es in eine- Rahmenhandlung eingebettet ist, indem die Märchentante dem Lieschen das Märchen am Heiligen Abend aus einem groß mächtigen Buch vorliest, worüber es einschläst und das Märchen Höchstselbst und höchstanschaulich träumt, denn wir sehen es nun vor uns auf der Bühne abrollen mit all seiner kinder gläubigen Naivität und rachelüsternen Realistik des Bauch- aufschneidens und Brunnensturzes. Dazwischen aber absol vieren die beiden Spaßmacher ein so turbulentes und schreiend- witziges Gastspiel, daß man glauben möchte, Regie (Tautz) nnd Darsteller (H öfer und W olf) hätten kräftig nach geholfen. Jedenfalls hat die Jugend hier ein überaus kinder- tümliches, lustiges, doch auch poetisches und ästhetisches Mär chen, was insbesondere den ganz wundervollen Bühnenbildern Kirchners, Len ^entzückenden, feinen Tänzen der Tanzgruppe von Frau Kauf mann-Prats ch und der musikalischen Illustration ihres Gatten zu danken ist. Theater des Volkes. „Eine Nacht in Venedig", Johann Strauß' lange nicht gehörte Operette in neuer textlicher und musikalischer Bearbeitung. Das hervorstechendste Merkmal die ser ersten grvßen Aufführung im prächtig farbenfrisch er neuerten städtischen Theater am Albertplatz war — außer den Vorzügen des Werkes selbst — die Fülle und Schönheit, ja Pracht der völlig neuen Kostüme, der Geschmack, Reichtum und die Kühnheit der Bühnenaufbauten sowie endlich die große Anzahl von wirklich bedeutenden, nach Erscheinung, Gesangskunst und Spielfreudigkeit ihren Kollegen von den Staatstheatern ziemlich nahekommenden Künstlern. Das Werk aus dem späteren Mittelalter Venedigs gibt ja auch die reich sten Möglichkeiten zur Entfaltung der soeben genannten Vor züge. aber erst ein praller Stadtsäckei, unterstützt durch Ministerium und Deutsche Arbeitsfront, vermochte die mate riellen Unterlagen zu schaffen. Der neuernannte künstlerische Leiter hat hier das Höchste gefordert und das Beste bekommen. An Seide, Brokat, Samt und teuren Besätzen war nichts ge spart worden; die Prunkgewänder der Notabeln, die Roben der Frauen waren wie aus dem Fundus der Oper hevgeholt. Und wie Hans Kämmerling die Brücken, Gassen, Paläste Venedigs, den Blick hinaus auf Meer und Inseln hatte ent stehen lassen, das grenzte schon an Zauberei. Georg Bla- walets Tanzschöpfungen, von einer großen Zahl bemerkens wert schöner Damen bravourös ausgeführt, belebten mit dem reichhaltigen Chor die Schauplätze. Die Regie Georg Wörtges hielt mit kundiger Hand alles zusammen. Er selbst spielte als Partner der schönen, tanz- und fpielgewandtsn Fee von Reichlin, die voriges Jahr im Schauspielhaus ein Gastspiel gab, während der lebendige, sehr gewandte Hans Priem mit der von Gastspielen im Centraltheater her bekannten Mimi Ghenes zündende Laune bewies und der pompöse, stimm gewaltige Heldentenor Kurt Uhlig mit Rolly Padilla in schöner Erscheinung und durchschlagender Macht des Ge sanges wetteiferte. Noch viele bedeutende Künstler brillierten in Nebenrollen. Die walzerselige Musik betreute ein 30köpfiges gutes Orchester unter hinreißender Führung von Hans Leyendecker. Das Weihnachtsmärchen im Theater des Volkes, „Chri- stinchens Märchenbuch" betont mit Recht die positiven Cha raktereigenschaften der Menschen und wirkt dadurch eminent erzieherisch und angenehm für die zuschruenden Kinder, be sonders Mädchen. In Fräulein Seyffert in der Titelrolle hatte es da eine wundervolle Intervretion von poetischem Liebreiz in Antlitz und Stimme. Weil dieses Mädchen so brav ist. darf es im Traum alle Gestalten der Weihnachts- und Winterzeit, den Himmel selbst und den Märchenwald sacht allen so vertrauten Gestalten der Volkspoesie und natürlich auch Christkind, Weihnachtsmann und Engel, die Heilige Familie und was weiß ich alles noch schauen und freund- schaftlich mit ihnen verkehren. Auch hier tat sich wieder die ganze neue Pracht der wundervollen Kostüme und Aus stattung hervor, so daß der meistbeschäftigte Mann dos Abends der Mann am Vorhang war. Clemens Preißler. H Am Sonntag, 13. Dezember, sitzt das ganze Volk in einträchtiger Kameradschaft beim Eintopf. Se. kuMir IW MM Koman von U « I I m u t k li » y , e r Copyright by: Romanverlag Greiser Rastatt (Vaden) . 21 Die schlichte, vornehme Erscheinung des Grafen gefiel von allem Anfang an. Die Anwesenden hatten das Gefühl, es hier mit einem ernsten Arbeiter zu tun zu haben. Es kümmerte sie nicht, daß man in Berlin achselzuckend über die sogenannten .Phantastereien" sprach. Die hier wußten, daß fast jede epoche machende Erfindung zuerst auf Unglauben gestoßen war und immer persönliche Feinde besaß. Der Graf sprach nur kurz. Seine Red« gipfelte in Wor ten, die einen wahren Sturm hervorriefen. Sie lauteten: „ ... und ich sehe es mit aller Deutlichkeit: die prinzipielle Lösung des Lenkproblems ist gelungen." Eine Stimme rief: „Wo bitte?" Ruhig, mit imponierender Sicherheit wandte sich Zeppelin dem Rufer zu. Laut und klar sagte seine Kommando gewöhnte Stimme: „Bei den Franzosen". Sämtliche Anwesenden wandten ihre Köpfe dem Kriegs- minister zu. Aufgeregtes Geflüster am Ministertisch. Dann machte Ge. Exzellenz der Kriegsminister eine bedauernde Bewegung mit der rechten Hand. Es hieß so viel wie: „Ich bedaure es sehr, aber es ist leider wahr". Ein Raunen ging durch den Saal. Durch eigene Dumm heit war ein anderer einem der ihrigen znvorgekommen. Doch als der Graf sich wieder dem Publikum zuwandte, war augenblicklich Stille. „Es handelt sich also nicht einmal mehr darum, Lenkbar ¬ keit zu erzielen, sondern Brauchbarkeit. Diese zu erreichen, ist uns Vorbehalten." Ein Aufatmen ging durch die Reihen. Der weitere Verlauf der Sitzung war nur kurz. Als letzter ergriff der Präsident das Wort. „(Majestät, meine Damen und Herren!" sagte er. „(Mit warmem Herzen empfehle ich als Vorsitzender dieser Tagung des Vereins Deutscher Ingenieure der Industrie unseren (Mit gliedern die Pläne des Grafen Zeppelins energisch zu unter stützen." Jubelnde Zustimmung kam von allen Seiten. Zeppelin stand ganz still. Visionär blickten seine Augen in die Ferne. Das Ziel war erreicht. Endlich, als er die Hoff nung schon beinahe aufgegeben. * Wenige Tage später klingelte Kommerzienrat Berg und befahl durch den eintretenden Sekretär seinen ersten Ingenieur Tenzer zum Vortrag. Kommerzienrat Berg, Inhaber der großen Bergschen Alu- miniumfabrik, blätterte inzwischen in Stößen von Briefen, die vor ihm lagen. Hier und da machte er einige Notizen auf den Rand derselben oder runzelte die starken Brauen. Als Ingenieur Tenzer eintrat, beantwortete er kurz dessen achtungsvollen Gruß und fragte: „Haben Sie die Pläne Zeppelins geprüft?" Tenzer nickte. „Und Ihre Meinung?" „Ich habe durchaus die Ueberzeugung großer Betriebs- sicherheit gewonnen." Einen Augenblick blieb es still in der Stube. Leise hörte man das Summen einer Fliege, die sich vergebens abquälte durch die Fensterscheibe das Freie zu gewinnen. „Also kein rausgeschmissenes Geld? Keine Phantasie?" Ungläubig klang des Kommerzienrats Stimme. Tenzer lächelte fein. „Herr Kommerzienrat, ohne Phantasie gibt es keine Ent wicklung." Kommerzienrat Berg, in seinen heimlichsten Regungen ge troffen, winkte ab, während ein leises Lächeln sein strenges Antlitz milderte. Tenzer verbeugte sich und wandte sich zum Gehen. An der Tür traf ihn noch die Stimme des Allgewaltigen: „Sagen Sie bitte draußen, einer der Herren soll sofort zum Diktat kommen!" Ein weiterer Schritt zur Durchführung der Pläne des Grafen Zeppelin war getan. * Der V.D.J. hatte beschlossen, daß eine „Gesellschaft zur Förderung der Motorlnftschiffahrt" gegründet werden sollte. Die Gesellschaft war in einem kleinen, bescheidenen Zimmer des Hotel Marquardt in Stuttgart untergebracht. Ein Zettelchen, auf dem mit Handschrift der Name der Gesellschaft geschrie ben stand, zeigte dem Besucher die richtige Tür. Im Zimmer, an einem länglichen Tisch, saßen mehrere Herren. Eifrig verfolgten die Angenpaare ein größeres Blatt Papier, das von Hand zu Hand um den Tisch ging. Gerade als die Liste, denn eine solche war es, wieder bei Uhland, der neben dem Grafen saß, angelangt war, riß ein Page die Tür des Zimmers auf, und seine Helle Knabenstimme tönte laut in das Zimmer. „Gottlieb Daimler!" Der berühmte (Mann, Inhaber der Daimlerschen (Mo torenfabrik, Konstrukteur der anerkannt besten Automobile, be trat das Zimmer. Hier, wo M-r einzelne ein besonders kluger Kops war und nicht nur d^: a'iein, sondern auch über große Jndustriewerke in irgendemer Form verfügte, sah man klar und deutlich, was für ein mächtiger uns angesehener (Mann Gottlieb Daimler war. Alle Anwesenden erboben sich von ihren Plätzen und begrüßten Daimler ans oas herzlichste.