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vörsenblalt f. d. Dtlchn. Buchhandel. Redaltioneller Teil. ^ 43, 22. Februar 1916. im Ausland überhaupt ein Interesse besteht, naturgemäß nur sehr klein ist; gleichwohl müssen sie beachtet werden; denn für den durch die Nachahmung betroffenen deutschen Verleger können die dadurch entstehenden Ausfälle doch recht erheblich sein. Außerdem hat aber die Frage eine sehr erhebliche grundsätzliche Tragweite. Denn ebensogut wie man im feindlichen Ausland das Recht an Büchertiteln und Druckschriftenbezeichnungen nicht be achtet, könnte man sich auch veranlaßt sehen, das geistige und künstlerische Urheberrecht Deutscher während der Zeit der zwischenstaatlichen Vertragslosigkeit nicht mehr zu beachten. In einem arabischen Buchladen. Der arabische Buchhandel spielt sich unter ganz anderen Grundsätzen ab, als der europäische. Nur Schulbücher, Über setzungen aus dem Deutschen, Französischen, Englischen oder Italienischen, und wenige andere Bücher haben ihren festen Marktpreis. Alle anderen richten ihren Preis nach Angebot und Nachfrage, so daß man, wenn man nach einem solchen Buch sucht, unglaublich viel Zeit vertrödeln kann. Da gibt es nichts anderes, als den Hut aufsetzen und sich durch die ganze Mouski Kairos, den unglaublich langen und unglaublich lärmenden Hauptweg des arabischen Viertels, nach dem Souk der arabischen Buch händler zu begeben, was reichlich effie Stunde in Anspruch nimmt, da der Souk beinahe am Ende der Straße, am Eingang zur Azhar-Moschee, der ägyptischen Universität, sich befindet. Hier ist Buchladcn an Buchladen. Alle nach der Straße offen, ein kleines Gewölbe, das nnr so viel Bücher enthält, als der Be sitzer mit der Hand von seinem Sitz aus erreichen kann. Jetzt heißt es die ganze Straße auf und ab spazieren und fragen, ob der Betreffende das Gewünschte auf Lager habe. Manche fragen schon beim Vorübergehen, was man will, die meisten aber lassen Allah einen guten Mann sein und warten mit orientalischem Gleichmut, ob der Franke zu ihnen kommt oder nicht. Die mei sten rauchen die lange Wasserpfeife, einig« beten eoram public», andere wieder starren ruhig vor sich hin und müssen erst aufge weckt und ermuntert werden. So eine Verhandlung ist »o karck xvvrlc«, wie der Engländer sagt. Sehen wir einmal, wie der Handel zustande kommt: Wir treten an einen Laden: »Dein Tag sei glücklich«, wünschen wir dem Herrn Kollegen. »Auch dein Tag sei weiß!« »Wie geht «s dir, o Bruder?« (Ika »ein, eine Höflichkeits- formel.) »Allah sei gelobt, und wie ist dein Befinden?« »Allah sei gepriesen!« »Mein Haus ist dein Haus, o Bruder, besieh meine Bücher und alles, was ich habe!« »Höre, o Bruder, hast du das Buch . . . ?« »Bei Gott, dem Allwissenden, du bist zu dem Rechten ge kommen. Sieh her, ich besitze, wonach dein Herz sich sehnt.« »Wallah, xa aclii, ich weiß, daß du alles hast, deshalb komme ich auch zuerst zu dir. Was verlangst du für das Buch?« »Dieses Buch ist die Freude meines Alters und meiner Augen, und ich wollte es nie verkaufen. Dir, weil du mein Freund und Bruder bist, will ich es um nichts, um fünf Pfund (ca. »/( 105) lassen.« »Höre, o Bruder, du hast mich mißverstanden. Ich wünsche nicht zehn, sondern nur ein Exemplar zu haben, und du gibst mir den Preis für zehn an!« »Va salaLm! Zehn solcher Werke für fünf Pfund? Frage auf dem ganzen Souk und du wirst nirgends auch nur ein Stück sehen.« »Du hast recht, oh Sidi (wenn er ein solches Gebot macht, ist er mein Bruder nicht mehr!), ich suche auf dem Basar, viel leicht zeigt mir Allah ein anderes, das billiger ist.« - »Bleibe doch, o hoaga (aha, ich bin auch sein Bruder nicht mehr!) was eilst du so? Die Zeit ist Allahs des Einzigen!« »Gesegnet sei dein Dach, weil du es bist, will ich dir ein Pfund für das kleine Buch geben. Um diesen Preis bekomme ich es überall.« »Ich bitte Allah um Vergebung, wenn ich dir widerspreche. Es ziemt einem weihen Bart nicht, so hastig zu sein. Sage 4 Pfund und nimm das Buch, meiner Augen Trost.« 194 »Wer beim Streit zuerst schweigt, stammt aus guter Familie! Ich werde dir eineinhalb Pfund geben, siehe, da gebe ich ein halbes Pfund zu viel, nur weil du mein Freund bist.« »Lsma, z-L aebi (da schau her, ich bin wieder sein Bruder). Die Ehrlichkeit ist meine Stärke, und deshalb verdiene ich auch so wenig. Der Großmütige ist Allahs Freund, und so will ich es dir um dreieinhalb Pfund geben.« »Der wahre Reichtum ist die Zufriedenheit, o Bruder. Allah wird dich im Himmel belohnen. Siehe, ich habe mein letztes Ge bot gemacht, über eineinhalbcs Pfund kann ich nicht gehen. Dein Tag sei glücklich! Ich gehe jetzt und schaue auf dem Markt, wo ich ein billigeres bekomme.« »Siehe, hier kommt der Kaffee, o Bruder. Bedenke dich ruhig, und Allah wird dich erleuchten.« Ter Kaffee wird getrunken, der bei keinem Kauf fehlt, und eine Zigarette geraucht. Solange ist Waffenstillstand und Schweigen. »Ich habe es überlegt, o Bruder, wie weit ich gehen kann. Auch mein Geldbeutel hat einen Boden, und du weißt, daß Allah den nicht liebt, der den Fremdling übervorteilt. Mein letztes Gebot ist zwei Pfund. Dabei setze ich voraus, daß das Buch vollständig ist.« »Erwäge meinen Vorschlag mit Wohlwollen! Weil du es bist, mit dem ich so viele Geschäfte abgeschlossen, will ich es um drei Pfund geben.« »Du hast gehört, daß ich mein letztes Gebot gemacht habe. Allah ist mein Zeuge, ich kann nicht darüber hinaus gehen.« »Du bist ein Almani, ein Mann der Wissenschaft, aber was verstehst du von arabischen Büchern und ihrem Wert? Hier verläßt dich der Allerbarmer, der Allweise. Ich aber kenne den Wert genau und habe schon viele gleiche Bücher verkauft. Sage drei Pfund, und das Licht meiner Augen ist dein.« »Du bist mein Bruder, und wir stehen uns jetzt so nahe! Wollen wir streiten, bis die Sonne untergehl? Nimm zwei Pfund, und der Segen Allahs sei mit dir!« »Möge es dir Allah verzeihen, du hast mich zugrunde ge richtet. Aber du bist der Stärkere, und Allah wollte es nicht anders. Nimm das Buch um zwei Pfund, aber gib mir Gold, denn ich liebe das fremde Papier (die von der ägyptischen Re gierung herausgegebenen Pfundnoten) nicht. »Gott erleuchtet seine Gläubigen! Siehe, hier hast du zwei Pfund, aber laß mich zuvor das Buch durchsehen, ob es voll ständig ist.« Wir sehen das Buch durch; ein schönes Exemplar und sehr selten, für das wir mit gutem Gewissen fünf Pfund verlangen können, und empfehlen uns dem Alten mit dem gleichen Zeremoniell, mit dem wir gekommen sind. Wir begeben uns auf den Rückweg und schauen auf die Uhr: die ganze Komödie hat mit Hin- und Rückweg einen Vormittag verbraucht. Das mutz der Kunde im fernen Deutschland, der das Buch bestellt hat, noch extra zahlen! Und ein paar Stiefelsohlen! 8cv. Kleine Mitteilungen. Zur Regelung der Lehr- und Lcrnmittclsrage in dein dem Ober befehlshaber Ost unterstellten Befehlsbereich hat unter dem Vorsitz des Chefs der deutschen Verwaltung flir Litauen am 15. Februar in Tilsit eine Besprechung stattgefnuden, an der als Vertreter des Bör senvereins der Erste Vorsteher Geheimrat Karl Siegismund teilge- nommeu hat. Der Handel nach dem Kriege. — Die Handelskammern des Ver einigten Königreichs Großbritannien bestimmten den 29. Februar und die folgenden Tage zu einer Konferenz, der McKenna und Bonar Law beiwohnen werden. Es soll dabei über den Handel nach dem Kriege be raten werden. Inzwischen sind von den verschiedenen .Handelskammern ungefähr 70 Resolutionen eingelaufen: In einer wird gesagt, der Krieg habe gezeigt, daß die Stärke und Sicherheit der Ration in Zeiten der Gefahr in der Fähigkeit liege, alles Nötige in Fabriken, die ans heimatlichem Boden stehen, zu produ zieren. Eine andere schlägt vor, die Negierung solle sofort Schritte tun, um ein Ministerium flir Handel und Industrie mit einem Handelsminister an der Spitze zu schaffen, der dem Kabinett