und ähnlichen Kasten von Kerala fehlt (auch keine sonstige Geburtenkon trolle, Mädchen sind aus religiösen Gründen sogar sehr erwünscht), bei den Todas jedoch noch ausgeübt wird. Desgleichen fehle in Tibet eine Geburtenkontrolle, dort töte man die illegitimen Kinder zumeist, oder sie werden Mönche. Lincoln hatte dagegen bei den Tibetern Mädchentötung gefunden. Das zahlenmäßige Verhältnis von Männern und Frauen ist nach Ansicht von Prinz Peter von Griechenland bei der Entstehung der Polyandrie nicht ausschlaggebend. Danach gibt es im Ratnapura-Gebiet von Ceylon gegenwärtig nur 1907 mehr Männer bei einer Gesamtbevölkerung von 38 123, in Kerala bei den Thandans sogar 1000 Frauen mehr als Männer, bei den Kammelans in und um Perin- talman 500 Frauen mehr, und nach seinen eigenen Beobachtungen bei den Todas beträgt das Verhältnis 218 Männer zu 176 Frauen oder ein Männer überschuß von 42 Personen. Auch in Tibet würden keine zahlenmäßigen Gründe vorliegen. In Ladak z. B. betragen die betreffenden Zahlen 14 750 Män ner auf 14 650 Frauen. Während in einigen Gebieten Polyandrie mit Polygynie (Ehe zwischen einem Mann und mehr als einer Frau), so häufig auf Ceylon, und Gruppenehe ge koppelt ist, wird von den Kandy-Provinzen auf Ceylon nur von Polyandrie oder Monogamie berichtet, desgleichen von Kerala. Bei den Todas wurde fast ausschließlich Polyandrie beobachtet. Wenn bei einer Kombination von Polyandrie, Polygynie und Gruppenehe Mädchentötung nicht als notwendig erscheint, müßte sie m. E. beim Vorliegen reiner Polyandrie oder einer Kom bination mit Monogamie die natürliche Folge sein. Wenn wir bei Prinz Peter von Griechenland lesen können, daß Polyandrie ein rezessives Kulturelement ist, müßte man m. E. für die Vergangenheit sowohl eine größere Verbreitung der Polyandrie allgemein als auch der Mädchentötung im besonderen anneh men. Der größte von ihm angeführte Männerüberschuß betrug bei den Todas 20 %, möglicherweise war er früher viel höher 195 ). Was jedoch dagegen spricht, Polyandrie als ausschlaggebende Ursache für die beobachteten Dispropor tionen der Geschlechter anzunehmen, sind die zu dieser Eheform führenden Ursachen. Nach Aussage von polyandrisch lebenden Männern besteht der Grund zwar darin, Streit zwischen den Brüdern zu vermeiden, jedoch liegen die wahren Ursachen tiefer. Es handelt sich um den wirtschaftlichen Bereich. Und das gilt sowohl für die armen Beisbauern von Ceylon wie für die nomadi schen Viehzüchter Tibets und die reiche Oberschicht von Lhasa. Unter sehr schlechten Lebensbedingungen verhindert Polyandrie eine nicht tragbare 105) Die von G. Westermarck, Geschichte der menschlichen Ehe. Jena 1893, S. 464 fl., angeführten Zahlen geben jedoch für Gebiete, in denen Polyandrie bekannt ist, oft weit höhere Werte an. So habe die Zahl der Todas 1867 455 Männer und 249 Frauen betragen, einige Zeil früher sogar 100:75.