Im gleichen Jahr wurde Rudolf Virchow zum Ehrenmitglied ernannt. Die Gesellschaft zählte zu diesem Zeitpunkt 283 Mitglieder sowie 2 Ehrenmitglie der. Schon die erste Jahreshauptversammlung (1889) ließ erkennen, welche Persön lichkeit sich der Vorgeschichtsforschung in der Oberlausitz angenommen hatte und was sie vermochte. Das gesteckte Ziel und die erst einjährige Tätig keit der Gesellschaft und ihres Vorsitzenden zeigten, daß die Forschung aus ihrem bisherigen, nur literarischen Schaffen und ihrem Privatgelehrtentum herausgeführt, die in Privatbesitz befindlichen Gegenstände der Öffentlichkeit nahegebracht ■wurden. Der Spatenforschung wurde vom interessierten Laien- gräbertum zu einer exakten Wissenschaft verhülfen, einer Wissenschaft, die der Lokal- wie Landesgeschichte viel zu geben vermochte. Das vorgesteckte Ziel, Forschungen durchzuführen, um ein System in die Entwicklung der Menschheitsgeschichte zu bringen, die gewonnenen Erkenntnisse den Men schen durch Vorträge und Ausstellungen nahezubringen und somit am ge schichtlichen Werden teilhaben zu lassen, spricht in hohem Maße für die Per sönlichkeit Ludwig Feyerabends. Die Verbindungen, die zu anderen gleichge arteten Gesellschaften geknüpft wurden, verhinderten es von vornherein, in der Forschung eine enge, lokal begrenzte patriotische Tat zu sehen; sie bewirkten, daß die eigene Arbeit als ein Baustein am Gebäude der Vorgeschichte betrachtet wurde. Die Vereinigung aller bisher in Privatbesitz und Gesellschaften befind lichen Funde in der Sammlung der Gesellschaft für Anthropologie und Urge schichte trug dem Rechnung. Die Sammlungsbestände wuchsen rasch an und erreichten schon bald 2000 Objekte. Auch aus der Sächsischen Oberlausitz befinden sich hier eine große Anzahl wichtiger Funde, so u. a. der Hacksilber fund von Meschwitz am Czornehoh. Mit unermüdlichem Eifer wurden in der ganzen preußischen und sächsischen Lausitz vorhandene Altertümer gesam melt. Im Auftrage der Gesellschaft setzte eine rege Grabungstätigkeit unter Leitung Ludwig Feyerabends in allen Kreisen der Oberlausitz ein. Über den eigentlichen Heimatgau hinweg wurden Grabungen auch in Schlesien und Posen durchgeführt bzw. Funde aus diesen Gebieten angekauft, die die Grund lage einer Gesamtschau geben können. Daneben war Ludwig Feyerabend ständig bemüht, die heimische Vorgeschichte allen Schichten und allen Kreisen nahezubringen, die gefundenen Gegenstände wissenschaftlich zu behandeln und der Fachwelt vorzulegen. Ein umfangreiches Schrifttum legt über diesen Teil seiner Tätigkeit ein beredtes Zeugnis ab (siehe Anhang). Höhepunkte in der Tätigkeit der Gesellschaft für Anthropologie und Ur geschichte der Oberlausitz waren die Jahreshauptversammlungen, die stets unter großer Anteilnahme der Mitglieder, hoher Persönlichkeiten des öffent lichen Lebens der Stadt, der umliegenden Kreise und wissenschaftlicher Gesell schaften durchgeführt wurden. Mehrfach waren dabei so berühmte Männer wie