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Betrachten wir die Mühle als Fertigprodukt, so gehört sie zur Form I nach H. Lies 172 173 ) oder zur zweiten Gruppe urgeschichtlicher Drehmühlen nach A. Nasz173). Kennzeichnend für diese durch die Kelten in Mitteleuropa ein geführten Handmühlen ist die Tatsache, daß die Achse fest im Oberstein verkeilt war und sich in einer grubenartigen Vertiefung des unbeweglichen Untersteins drehte. Aus diesem Grunde besitzen die Obersteine oft ein vier kantiges Achsloch. Mühlen dieser Art sind fast nur aus latene- und kaiser zeitlichem Zusammenhang bekannt geworden. Slawische Handmühlen zeigen gewöhnlich andere Konstruktion. Bei ihnen führt die Achse durch den Unterstein hindurch und ist in ihm fest verkeilt, so daß der Oberstein um die feststehende Achse gedreht werden mußte. Die Untersteine slawischer Dreh mühlen zeigen deshalb meist ein durchgehendes Achsloch 174 ). Dieser funktio neile Unterschied zwischen den Mühlen keltischer Tradition und mittelalter lichen Handmühlen, der durch umfangreichere Untersuchungen noch besser herausgearbeitet werden müßte, könnte den Mühlstein von Radeberg in vor slawische Zeit verweisen. Da in der näheren Umgebung der Fundstelle außer bronzezeitlichen Siedlungen und Gräberfeldern bisher keine weiteren Spuren aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit beobachtet wurden, liegt es nahe, einen Zusammenhang zwischen Backofen und Drehmühle anzunehmen. Wir möchten deshalb auch für diesen Fund kaiserzeitliches oder völkerwande rungszeitliches Alter andeuten. Ergebnis Mögen die Funde von Radeberg der späten Kaiserzeit oder schon der Völker wanderungszeit angehören, auf jeden Fall müssen wir sie mit den Spuren der letzten Germanen auf ostsächsischem Gebiet vor der slawischen Landnahme in Verbindung bringen. Während der späten Kaiserzeit 175 ) zeigen die Ober lausitz und der Elbraum eine verhältnismäßig dichte Besiedlung. Die Um gebung von Radeberg, also das Gebiet zwischen diesen beiden Siedlungs räumen, blieb bis auf einen Fund bisher ohne Spuren aus germanischer Zeit. Ende des 18. Jahrhunderts hatte man auf dem Schloßberg bei Radeberg 172) H. Lies, Die vor- und frühgeschichtlichen Drehmühlensteine im Bezirk Magdeburg, in: Jahres schrift für mitteldeutsche Vorgeschichte 47, 1963, S. 287ff., besonders S. 315 und 319. 173) A. Nasz, Zarna wezesnodziejowe, in: Studia wezesnodziejowe, Ser. arch.l, Warszawa 1950, S. 50 f. 174) Unsere Ausführungen stützen sich auf A. Nasz, a. a. 0., S. 50 ff.; R. Wislanski, Les rsultats des fouilles ä Strzelce, distr. de Mogilno en 1952 et 1954 (polnisch m. franz. Res.), in: Fontes ArchaeologiciPosnanienses X, 1959, S. 1 ff., besonders S. 87 f.; J. Wielowiejski, The social and economic development of Southern Poland in the Late La Tene and Roman Period (polnisch m. engl. u. russ. Res.), in: Materialy starozytne VI, 1960, S. 124; K. Cernohorsk, a. a. 0., S. 502; W. S z a f r a n s k i, a. a. O., S. 79 ff. 175) Vgl. hierzu E. Meyer, a. a. 0., S. 260.