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sicht nicht abwegig zu sein braucht, beweisen die Eisengegenstände selbst. Die aus einem einzigen Stück geschmiedeten Schöpfkellen, der große Backtiegel mit langem Stiel sowie die Löffelbohrer mit dreieckiger Schaftzunge zeigen stärkste Beziehungen zu gleichartigen römischen Eisengeräten. Dem wider sprechen bis auf die Lanzenspitze auch die anderen Bestandteile des Fundes nicht. Die Unterschiede zwischen bestimmten römischen Werkzeugen und Geräten und entsprechenden germanischen Funden sind schwer, oft gar nicht herauszustellen, da der eisenzeitliche Gerätebestand durch weitgehende Uni formität gekennzeichnet ist. Warum sollten jedoch neben römischem Bronze geschirr, Gläsern, römischen Waffen, Schmuckstücken und Münzen nicht auch Werkzeuge und Geräte aus Eisen als Beutegut von provinzialrömischem Ge biet in das freie Germanien gekommen sein ? Auf jeden Fall dürfte sicher sein, daß die Eisengegenstände des Fundes von Radeberg ehemals einigen Wert verkörperten 168 169 * * * * ). Doch kann von diesem ein zelnen Funde aus nicht versucht werden, Fragen der sozialen Stellung des Be sitzers so vieler Eisengeräte zu beantworten. Dazu wären umfangreichere Untersuchungen nötig. Diese sind jedoch mit großen Schwierigkeiten verbun den, wie Versuche einer soziologischen Auswertung von slawischen Pflugschar funden durch K. ernohorsk169) und slawischen Hortfunden durch B. No votny 176 ) gezeigt haben. 168) Es sei hier auf die geringe Zahl von Eisengerät auch aus abgebrannten urgeschichtlichen Sied lungen hingewiesen, in denen das gesamte Inventar von den Bewohnern zurückgelassen wurde. Auch schriftlichen Quellen ist der hohe Wert von Metallgerätschaften zu entnehmen. So ist im 27. Kapitel der „Leges Burgundionum" zu lesen, daß ein Freier für einen gestohlenen Pflug als Ersatz zwei Ochsen mit Geschirr und einen vollständigen Pflug liefern mußte (Monumenta Ger mania Historica, Legum III, S. 545, 16 bis 18; F. Bluhme, Hannoverae 1863). Sogar auf einem großen karolingischen Gutshof waren im 9. Jahrhundert erstaunlicherweise wenig eiserne Geräte vorhanden: Nach den „Brevium exempla ad describendas res ecclesiasticas et fisca- les" besaß das Kirchengut Staphinseie (Staffelsee) insgesamt nur 6 eiserne Lanzen, 5 Kesselhaken, 1 eisernen Leuchter, 17 Eimer mit Eisenbändern, 10 Sensen, 17 Sicheln und 7 Beile; der Klosterhof Asnapium sogar nur 2 Bronzeschüsseln, 2 Becher, 2 bronzene und 1 eisernen Kessel, 1 Braupfanne, I Feuerbock, 1 Leuchter, 2 Beile, 1 Schnitzmesser, 2 Bohrer, 1 Axt, 1 Schabeisen, 2 Hobel, 2 Sen sen, 2 Sicheln, 2 mit Eisen beschlagene Spaten (Monumenta Germania Historica, Legum II, Capitularia regum francorum, A. Boretius, Hannoverae 1883, S. 252 und 254). Vielleicht spiegelt aber die geringe Zahl der Geräte weniger eine Bedürftigkeit, als vielmehr andere Wirtschafts verhältnisse wider. Denn diese Armut an Eisengerät steht im Widerspruch zu der ebenfalls durch schriftliche Quellen gesicherten Tatsache, daß die bäuerliche Eisenverhüttung schon im 8./9. Jahr hundert in bestimmten Gegenden beträchtlichen Umfang besaß. Vgl. hierzu: K. Heymann, Mittelalterliche Waldschmieden im Quellgebiet des Mött- (Iser-) Baches, in: Nassauische Heimat blätter 41, 1951, H. 1, Bodenaltertümer aus Nassau I, S. 29ff., besonders S. 32. Zur Verwendungs fähigkeit der karolingischen Inventare siehe jetzt auch: R. PI einer, Zur Bedeutung des Eisens in der Frühgeschichte (tschechisch m. dt. Res.), in: Pamätky archeologick L, 1959. S. 333 ff., besonders S. 336 f. 169) Die Tatsache, daß Pflugschare vor allem auf slawischen Burgwällen begegnen, in offenen Sied ¬ lungen dagegen weitestgehend fehlen, glaubt K. ernohorsk dahingehend interpretieren zu müssen, daß eisenbewehrte Pflüge im Mittelalter nur im Besitz feudaler Kreise gewesen sind (K. Cerno ho rsky, Die Mühlsteine in der wirtschaftlich gesellschaftlichen Entwicklung des frühen Mittelalters (tschechisch in. dt. Res.), in: Pamätky archeologick XLVIII, 1957, S. 49511.,