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Sein Lebenswerk jedoch begann im Jahre 1888, als er diesen beiden wissen schaftlichen Gesellschaften durch Gründung der Gesellschaft für Anthropolo gie und Urgeschichte der Oberlausitz eine dritte hinzufügte. Mit Liebe und Be geisterung leitete er sie 39 Jahre lang. Nach dreijähriger stiller Vorarbeit ge lang es Ludwig Feyerabend, mit Hilfe der gewonnenen reichen Ergebnisse des mitleidigen Lächelns über die völlige Nutzlosigkeit „dieses Buddelns“ in einem Vortrage Herr zu werden 1 ). Dieser Vorarbeit folgte am 2. Oktober 1888 in den Görlitzer Tageszeitungen ein Aufruf, in dem sich Ludwig Feyerabend an alle interessierten Görlitzer und Oberlausitzer überhaupt wandte, der Vor geschichte, ja überhaupt der Vergangenheit ihrer Heimat zu gedenken. Getra gen vom Pathos seiner Zeit, verweist er darin auf den Tatbestand, daß deut sche Forscher in aller Welt (z. B. in Griechenland, in Rom usw.) die Schätze der Vergangenheit bergen, die der Heimat jedoch weitestgehend vernachläs sigen. Und er machte darauf aufmerksam, daß doch die heimatliche Erde viele Funde berge, die der Wissenschaft verlorengingen, wenn nicht bald eine eigen ständige Forschung betrieben würde. „Jahr für Jahr zieht der Pflug tiefere Furchen, Jahr für Jahr durchwühlen und verändern Überschwemmungen und Unwetter aller Art, Drainierungen und Anlagen von Straßen und Eisenbahnen die Erdoberfläche, Jahr für Jahr drin gen Nässe und Frost tief in den Boden ein, und Jahr für Jahr werden Tausende von Gegenständen zerstört— ganz abgesehen von den Hunderten, die nach ihrer Auffindung aus Unkenntnis ihrer Bedeutsamkeit zerbrochen und verworfen werden —, Gegenstände, mit derem jeden ein Baustein unwiederbringlich ver lorengeht, der für den Ausbau unserer eigenen deutschen Vorgeschichte unent behrlich ist.“ Er führt weiter aus: „Weitaus die meisten Landesteile Deutschlands streben zusammengeschlossen zu entsprechenden Gesellschaften diesem schönen Ziele zu, und auch unser Nachbargau, die Niederlausitz, hat seit drei Jahren eine Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte, die sich in der kurzen Zeit ihres Bestehens bereits hohe Anerkennung und große Verdienste erworben hat. Sollte unsere Oberlausilz untätig beiseite stehen ? Sie, die so reich an Fund stätten aus alter und ältester Zeit, an Urnengräbern und Ringwällen, wie an Einzelfunden !“ 2 ) Sein Aufruf verhallte nicht ungehört, und bereits am 4. 10. 1888 konnte die Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz gegründet ') L. Feyerabend, Der gegenwärtige Stand der vorgeschichtlichen Forschung in der Oberlausitz, in: .Jahreshefte der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz II, II. 3 u. 4, 1909, S. 292. 2) Görlitzer Nachrichten und Anzeiger— Erste Beilage zu Nr. 231. Dienstag, 2. Oktober 188«; ebenso im Neuen Görlitzer Anzeiger vom gleichen Tage.