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Nieder-Neundorf gebräuchlich war. Wenn weiter löffelartige Tongebilde mit hohler Grifftülle (Abb. 40) aufgefunden wurden, die von den Ausgräbern fälschlicherweise als Gußtiegel gedeutet wurden, bleiben wohl jegliche Zweifel an der Tätigkeit von Bronzehandwerkern auf dem Vaterunserberg grundlos. Wir möchten allerdings annehmen, daß es sich bei den Tüllengebilden eher um Blasebalgdüsen zur größeren Erhitzung des Schmelzfeuers gehandelt hat (gebohrtes Mundstück) 25 ), an die der lederne Blasebalg hinter der Tonwulst gebunden war. Andere gleichzeitige Düsen 26 ) zeigen den rechtwinkligen Knick zwischen Mund und Blasebalgabschluß ebenfalls, wenn dabei die Düsenlänge oft auch bedeutend größer war. Gegen eine Verwendung als Gußtiegel spricht auch das Fehlen jeglicher Ausgußbildung (Schnauze) 27 ). Zu diesen Fragmenten von Gußformen, den Blasebalgdüsen und den Fehlgüssen bzw. den noch nicht überarbeiteten, frisch aus der Form gekommenen Bronzen gesellt sich außer dem als Beweis für die Bronzeverarbeitung am Ort noch Metallschlacke. Bezeichnenderweise fehlen Bronzebeile gänzlich. Das ist gleichzeitig eine Stütze für die allein schon aus der Keramik und von den anderen Bronze typen abgeleitete Spätansetzung. Bis zur Jüngstbronzezeit sind ja Tüllen beile aus Bronze durchaus noch nicht selten und gehören zum Inventar gleich zeitiger Gießerfunde auch auf sächsischen Burgwällen 28 ). Mit dem Beginn der älteren Eisenzeit aber scheinen diese Formen gänzlich ausgestorben zu sein. Sie finden zunächst auch keinerlei eiserne Nachfolger in der Oberlausitz 29 ). Dafür sind bereits in der Vorstufe zur Billendorfer Kultur 30 ) wieder in größe rer Zahl Steinäxte in Gebrauch. Sie besitzen die typische Fünfeckform und sind meist etwas plump, dabei aber sauber aus Granit, Diabas oder anderen meist heimischen Materialien gearbeitet (Abb. 41 und 42) 31 ). Zuweilen ver schwindet auch die streng eckige Gestaltung, und die Kanten verwischen. Die Schneide erscheint in den meisten Fällen verbreitert. Als Sonderentwicklung dürfen wir das Exemplar mit stark abgearbeitetem Schneidenteil und in der Zurichtung als Hammer betrachten. Wahrscheinlich hat es später sogar als Klopfer Verwendung gefunden (Abb. 42,3). Zu den Steingeräten gehört noch eine hohe, in der Mitte oben und unten gedellte Scheibe (Abb. 41,«), die viel leicht als Schleuderstein Verwendung finden sollte, obwohl eine Schäftungs rille 32 ) fehlte. Eine Deutung als Klopfstein versagen die zentralen Dellen an 25) Diese Meinung vertritt auch Herr Direktor Dr. H.-J. Hundt. Mainz. 26) Zum Beispiel Löbsal, Dresden-Coschütz in größerer Anzahl. 27) Vgl. etwa Aarboger II. 23, 1908, S. 288, Fig. 2 und 3 (C. Neergaard, Haag-fundte, S. 273-352) oder Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte II, Taf. 72 b-e (Bronzeguß). 28) Z. B. Dresden-Coschütz und Oybin (E. Sprockhoff, Das Lausitzer Tüllenbeil, in: Prähisto rische Zeitschrift 34/35, 1949/50, S. 66 ff., hier S. 106, Abb. 26; dazu noch weiteres Bruchstück und S. 127 f.). Vom Vaterunserberg wird nur ein Bronzetüllenbeilbruchstück in sekundärer Lagerung an gegeben. 29) Die kleine Tonnachbildung eines späten Tüllenbeiles aus einem Grabe in Zockau dürfte mit zu den jüngsten Oberlausitzer Erscheinungen gehören (Sammlung E. Schmidt, Bautzen). Inzwischen ein Exemplar aus Niederkaina in einem Grab der Billendorfer Stufe (1963). 30) W. Coblenz, Inventaria Archaeologica. Deutschland, H. 7. Berlin 1958. Metallzeit. Grabfunde der Lausitzer Kultur aus Sachsen, Taf. D 70a 11. 31) Zu einem Teil handelt es sich dabei wieder um Material, das in den letzten Jahren auf gesammelt werden konnte. 32) Vgl. H. Kaufmann, Steingeräte mit Schäftungsrille aus Sachsen, in: Arbeits- und For schungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 6, 1957, S. 211 ff.