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seine bisherige Bedeutung. Ich sage: unter ungeklärten, da die Auffassung bisher umstritten ist, ob dieses Territorium dem sich damals in voller Kultur blüte befindlichen großmährischen Reiche untergeordnet wurde oder nicht 63 ). Die wichtigen Umwandlungen, die im gesellschaftlichen und politischen Leben Polens in der Zeit vom 6. bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts stattfanden, waren nicht nur das Ergebnis vorhergehender wirtschaftlicher Umgestal tungen, die ihre Widerspiegelung in Formen der materiellen und indirekt auch der gesellschaftlichen Kultur fanden, sondern sie wurden selbst ge wissermaßen zu Trägern des weiteren Fortschrittes und weiterer Verände rungen. Fast gleichzeitig mit dem Prozeß der Bildung der Feudalgesellschaft, der bei uns spätestens seit dem 8. Jahrhundert vor sich ging, kommt es zu Veränderungen, ohne die man sich ihr Funktionieren nicht vorstellen kann. Ein Geflecht verschiedener Ursachen führt in dialektischem Zusammenhang u. a. eine weitere Zunahme der Bedeutung des Handwerkes, die Ansammlung einer größeren Anzahl von Handwerkern in der Nähe der Burgen und das Steigen der Bedeutung des Handels herbei. Die Gesellschaft von fast aus schließlich dörflicher Struktur beginnt sich zu einem Dorf-Stadt-Mischtyp umzuwandeln. Freilich waren dies nur die äußeren Kennzeichen der Umge staltungen, die damals stattfanden. Ihr Wesen war die Entstehung einer differenzierten Klassengesellschaft. Auf jeden Fall reichen die Anfänge der Stadtkultur 64 ) in einigen Gebieten Polens bis ins 9. Jahrhundert zurück. Es gibt zahlreiche Analogien der Stadtbildung im Raum zwischen Rhein und Dnepr 65 ). Ähnlich wie bei der Genealogie vieler deutscher Städte liegen auch an der Basis der Kulturentwicklung der Städte der frühen Piasten Formen, die von früheren Dorfsiedlungen durchdrungen sind 66 ). Die sich früh ent wickelnde Dorfkultur war der Faktor, der die Entstehung der Städte er möglichte 67 ). Die frühpolnischen Städte hatten meist Holzbauten 68 ). Die Haus- 63) Vgl. besonders die Diskussion im Zusammenhang mit der im Rocznik Krakowski ent haltenen Abhandlung von Prof. J. Dgbrowski über die Anlänge des polnischen Staates. Neue Momente erbrachte auf diesem Gebiet die auf der archäologischen Sitzung in Krakau im Jahre 1959 unternommene Diskussion, die in Verbindung mit Referaten von J. Dabrowski und A. Zaki durchgeführt wurde. 64) Zu den letzten Auffassungen vgl. A. Gieysztor, Les origines de la ville slave, Spoleto 1959, und W. Hensel, Metoda archeologiczna w zastosowanlu do badania historii miast (Die archäo logische Methode in Anwendung auf die Erforschung der Stadtgeschichte), Kwartalnik HKM, Bd. VII, 1959, S. 721—736. Viele neue Momente zu diesen Fragen brachte das Referat von K. Jadewski auf der Ersten Archäologischen Sitzung des Institutes für die Geschichte der materiellen Kultur der Polnischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1955 sowie die Dis kussion darüber. Zu den bereits hervorgehobenen Problemen muß man ferner ungenügende Bearbeitungen des gegenseitigen Verhältnisses von frühen Stadt- und Dorfsiedlungen rechnen. 65) Neben den in Anm. 64 genannten Arbeiten müssen hier noch die Diskussionen zu dem weiter oben erwähnten Referat von A. Gieysztor in Spoleto sowie die Diskussion auf der Konferenz in Brüssel hinzugefügt werden. Siehe den Bericht A. Gieysztors im Kwartalnik HKM, Bd. VIII, 1960, S. 269 ff. 66) Dies äußerten bei uns u. a. K. Tymieniecki und Wl. Hoiubowicz. In bezug auf die deutschen Städte repräsentierten diese Meinung auch einige Forscher dieses Landes. Vgl. neuerdings W. Radig, Frühformen der Hausentwicklung in Deutschland, Berlin 1958, S. 150. 67) Eine ähnliche Situation bestand in Deutschland und z. T. in Frankreich. 68) Auf die gleiche Weise war auch Antwerpen bebaut. Siehe A. L. J. van de Walle, Het Bouw- beddljf in de Lage Landen tijdens de Middeleuwen, Antwerpen 1959, passim. Trug es doch in größerem Maße quantitative als qualitative Merkmale (obwohl auch diese Bedeutung erlangen). Es muß auch hervorgehoben werden, daß sich die Stadtzentren im Süden des Landes und in Westpommern eher herausbildeten als im Gebiete Großpolens.