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hilfsbereite, neues Leben verleihende Kraft entfaltet. Auf diese Weise ist die erwähnte Sitte der Tiermaskenbedeckung des Sarges, der den Toten birgt, zu deuten. Werfen wir bei der Untersuchung der Rindermaskenbestattung einen Blick auf den in Grab 48 gefundenen Salzbehälter (Abb. 4) aus Geweih. Die eine Seite des aus glattgeschliffenem Geweih hergestellten Salzbehälters trägt eine Zeichnung, auf der einem stilisierten Lebensbaum zugewandte Pferde dargestellt sind. Die Pferdeköpfe tragen Rindermasken, am Leib sind Sattel und Riemenzeug angedeutet. Der Lebensbaum wächst aus einem Hörner paar, das einem Weltberg (?) ähnelt, heraus. Die ganze Komposition umfaßt ein Bandrahmen. Rindermasken wurden also nicht nur bei Totenbestattungen gebraucht, sondern auch die beschirrten Opfertiere sind mit diesen versehen worden. Offenbar bediente sich bei den Zeremonien auch der Schamane einer ähnlichen Maske. Wollten wir beweisen, daß dieser Geweihsproß wirklich ein Salzbehälter war oder nicht, so kämen wir von unserem Thema ab. Es muß der Hinweis ge nügen, daß die chemische Untersuchung keinen Stoff nachgewiesen hat, der nicht auch im Bereich der umgebenden Erde vorzufinden war. Aus diesem Grunde nehmen wir an, daß der Geweihsproß einen löslichen, verfließenden Stoff, also Salz enthalten hat. Von größerem Interesse ist für uns, ob sich diese Gegenstände, auf die hier die Tiermaskenszene gezeichnet war, in den Grä bern der Früh-, Mittel- und Spätawarenzeit finden, und wohin die Verzie rungsmotive weisen. In den von Slawen bewohnten Gebieten wurden die bisher bekannten gleichartigen Funde bereits von P. Grimm zusammen- gestellt 263 ). Aus dem archäologischen Material Ungarns sind uns aus der Awarenzeit, besonders von den Gräberfeldern, die dreizackigen Geweihsalzbehälter be kannt. In Grab 78 des Abonyer Gräberfeldes 27 ), in Grab 269 des Gräberfeldes von Alattyän 28 ), in dem reich ausgestatteten Reitergrab Nr. 7 des frühawari schen Gräberfeldes von Dunapentele 29 ), in den Gräbern 65 und 162 des Grä berfeldes von Jänoshida 30 ), in einem Grab des Gräberfeldes von Keszthely 31 ), in Grab 16 des Gräberfeldes von Sägujfalu 32 ), in einem zerstörten Grab des Gräberfeldes von Tatabänya 33 ) und in Grab 129 des Friedhofes von Ullö wurden ähnliche 34 ), aus Geweih gefertigte Salzbehälter vorgefunden. Sie 26a) P. Grimm, Ein frühgeschichtliches Geweihgerät von Havelberg, in: Ausgrabungen und Funde 2, 1957, S. 246 ff. 27) J. Hampel, Alterthümer des frühen Mittelalters in Ungarn, II, 1905, S. 791—792. 28) I. L. Kovrig, Das awarenzeitliche Gräberfeld von Alattyän. Archaeologia Hungarica XL (1962). 29) A. Hekler, Avarkori sirok Dunapenteln (Awarenzeitliche Gräber in Dunapentele). Archaeo- logiai Ertesitö 1909, S. 97—105 ff. — A. Marosi — N. Fettich, a. a. O., S. 45—46 und Taf. III, 1. 30) I. Erdölyi, A jänoshidai avarkori temetö (Das awarenzeitliche Gräberfeld von Jänoshida). Rög^szeti Füzetek II. 1, 1958, S. 16, Taf. XXIII, 13. 31) Nicht publiziert, altes Material. 32) Nicht publiziert, kam im Jahre 1960 zum Vorschein. 33) Im Jahre 1961 von E. Biro geborgen. 34) A. Cs. Sös, Le deuxime cimetire avare d’Ullö Acta Archaeologica Hungarica VI (1955). Taf. LXXI, 1.