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nen am Werk der Heimat, das so zum tiefsten Lebensinhalt werden konnte. Wenn wir diese Einstellung Mirtschins und dazu seine Neigungen kennen, so mutet sein Lebensweg im Rahmen der zeitlich und örtlich gegebenen Entwick lung und der entsprechenden Riesaer Möglichkeiten fast wie selbstverständ lich an. Aufbauend auf der Erkenntnis, daß eine Geschichtsschreibung und eine Heimatkunde auf den vorhandenen Quellen basieren muß, trug er gleich nach dem ersten Weltkrieg Material zusammen, um die Grundlage für eine „Heimatkunde von Riesa“ zu geben, die gleichzeitig den anderen Erziehern zur Verfügung stand. Seit der Gründung des Riesaer Heimatmuseums 1922 war er Pfleger dieser Kulturstätte und später bis 1953 Leiter dieses Institutes. Seine besondere Fürsorge galt von Anfang an der heimatlichen Ur- und Frühgeschichte, der er seine gesamte Freizeit opferte. Er stellte die Urgeschichtssammlung des Museums auf, inventarisierte das ungeheuer reiche Material und legte in zahl reichen Publikationen und Vorträgen die Forschungsergebnisse einem breiten Leser- und Hörerkreis vor. Damit wurde das von ihm geleitete Heimat museum Riesa zu einer der bedeutendsten Sammlungen ur- und frühgeschicht licher Bodenaltertümer in ganz Mitteldeutschland, vor allem aber durch Mirt schins Popularisierungsarbeit zu einer wahren heimatkundlichen Zentrale. Das Museum besitzt heute mehr als 10 000 prähistorische Stücke, von denen Mirtschin allein 9000 karteimäßig erfaßt, gezeichnet und inventarisiert hat. Alle Stufen vom Paläolithikum bis zum Mittelalter sind dabei vertreten. Diese nüchternen Zahlen lassen noch mehr dahinter erwarten, wenn man be denkt, daß der Verstorbene ja seit Februar 1922 auch alle Funde selbst bergen mußte, dazu die notwendige, oft umfangreiche Dokumentation führte, alle technischen Arbeiten am Fundgut, angefangen vom Scherbenwaschen, Zusam mensetzen der Gefäßreste, Ergänzen der Keramik, Präparation der Metall-, Knochen-, und anderen Beigaben, allein durchführte. Die Voraussetzung für seine pflegerischen und pädagogischen sowie seine publizistischen Arbeiten erwarb er sich durch umfangreiche Literaturstudien (Museumsbesuche, Dis kussionen mit Fachkollegen, Teilnahme an Fachtagungen und Lehrgängen, so schon vom 8. Februar bis 2. März 1928 am volks- und heimatkundlichen Lehrgang des sächsischen Ministeriums für Volksbildung in Dresden). Da neben stand aber noch die Leitung des gesamten Museums, also auch der Ab teilungen, die außer der Ur- und Frühgeschichtssammlung bestanden. Dies alles konnte jedoch nur „nebenberuflich“ erfüllt werden, da er als Lehrer und Erzieher auch bei beschränkten Beurlaubungsmöglichkeiten eigentlich schon voll ausgelastet war. Daß Mirtschin als bereits bewährter Ausgräber bei Erlaß des sächsischen Gesetzes zum Schutze von Kunst-, Kultur- und Naturdenkmalen (Heimat schutzgesetz) sofort zum staatlichen Vertrauensmann für Bodenaltertümer in den Kreisen Großenhain und Oschatz ernannt wurde, versteht sich bei seiner nachwirkenden Arbeit wohl von selbst. Er übte diese Tätigkeit fast 30 Jahre in ehrenamtlicher Funktion aus, nachdem er schon 12 Jahre vor Erlaß des Gesetzes verantwortungsbewußte Bodendenkmalpflege durchgeführt hatte. Er rettete und barg, forschte und klärte in einem Gebiet auf, das durch die grundlegenden Arbeiten des Großenhainer Rentamtmanns Karl Preusker schon vor mehr als einem Jahrhundert erstmals nachdrücklich in das Licht der Wissenschaft gerückt war. Nach der Verwaltungsreform von 1952 betreute