Volltext Seite (XML)
zum Reichsland erklärt und als Reichslehen vergeben, sondern dem Beauf tragten als für ihn zu gewinnendes Eigenland übertragen, über das er als vererbbaren und frei veräußerbaren Besitz verfügen kann. Die ihm dabei übertragenen grundherrlichen Rechte können wir nach der Urkunde von 1122 in ihrer Gesamtheit als dicio bezeichnen. Das Land wird auch nach durch geführter Christianisierung und Germanisierung nicht Reichsland. Das Recht der dicio läßt sich nicht aus den mittelalterlichen Rechtsauffassungen er klären, die uns bisher durch direkte Überlieferung bekannt oder durch Beobachtung von Rechtsvorgängen erschlossen sind, es stellt ein eigenes Recht dar, das nur für diese beiden, in friedlicher Durchdringung zu gewin nenden Slawengaue gilt. Auch in der weiteren Entwicklung beider Gebiete zeigen sich weitgehende Gemeinsamkeiten. Der Wandel der Anschauungen, der die Vögte veranlaßt, sich seit 1316 ihr Stammland als vom Reich verliehenes Lehen bestätigen zu lassen, zwingt sie auch im Regnitzland zu entsprechenden Schritten. Zwar gibt sich noch 1318 der Weidaer — die Vögte handeln damals politisch nicht mehr gemeinsam — mit seinem Anteil am Regnitzland in die Lehenshoheit des Burggrafen von Nürnberg, ohne daß in der Urkunde von einem Reichs lehen gesprochen wird (Schm UB I 490 491). Und ein Jahr später erklärt der selbe Burggraf, daß der Regnitzlandteil des Weidaers an ihn fallen solle, falls dieser ohne Erben sterbe (Schm UB I 497). Auch hier ist vom Reichsland charakter des Regnitzlandes keine Rede. Erst 1323, ein Jahr nach seinem hervorragenden Anteil am Sieg bei Mühldorf, gelingt es dem Burggrafen, sich von König Ludwig dem Bayern den Weidaer Regnitzlandteil als Reichs lehen zusprechen zu lassen (W. Warg S. 49). Und als 1357 der Weidaer nach dem sogenannten Vogtländischen Krieg Stadt, Haus und Land Regnitz erneut von drei Burggrafen von Nürnberg zu Lehen nehmen muß, heißt es von diesem Lehensgut: „wie wir es vom reich her bracht und gehabt haben“ (Schm UB II 6 u. 7). Es ist das dieselbe Rechtsfiktion, die wir in den Urkun den für die Stammlande der Vögte seit 1316 festgestellt haben. Als erste Versuche des Königtums. Reichsrechte im Regnitzland geltend zu machen, seien die Mitwirkung bei Besetzung der Pfarrei Hof 1293 und 1298 und die wirkungslos gebliebene Einsetzung eines Landvogtes 1303 und 1304 (W. Warg S. 40 ff.) erwähnt. Die Rittergeschlechter, die als Dienstmannen der Weidaer im Regnitzland saßen, werden angesichts der geschilderten Entwicklung von sich aus alles getan haben, aus der Dienstmannenschaft dieser Herren zu reichsunmittel baren Ministerialen emporzusteigen, indem sie sich zunächst eine Reihe ihrer Besitzungen als Reichslehen erklären lassen. So kommt es, daß sich uns im 14. Jahrhundert der Besitz von vier Dienstmannengeschlechtern als Reichs lehen bietet (Bosl I S. 170 ff. u. W. Warg S. 76). Auch die Urkunde vom 23.4. 1340 (W. Warg S. 25) ist in diesem Sinn zu interpretieren. Es ist methodisch verfehlt, die Rechtsverhältnisse, die sich jetzt entwickeln, ins 13. Jahrhundert zurückzuprojizieren und aus ihnen Schlüsse auf die Rechtszustände in der Zeit von 1209 bis 1248 zu ziehen, wie das H. Warg (S. 8) empfiehlt. Der Überblick über die Gesamtentwicklung zeigt, daß das Regnitzland ur sprünglich keinen Reichslandcharakter hatte und nicht als Reichslehen ver geben wurde. Es ist durch die Übertragung der dicio gewonnenes, exemtes