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einmal burgravius) im Text der Abmachungen spricht für zwei verschiedene Hände. Der Wortlaut des Vertrags war jedenfalls nach entsprechenden Ver handlungen festgelegt und in der markgräflichen Kanzlei von einem Schrei ber als Urkunde vorbereitet worden. Die Namen der Zeugen, die dann bei dem feierlichen Akt der Besiegelung und Übergabe in Grimma zugegen waren, wurden von einem anderen Schreiber hinzugefügt. Zu unserer Urkunde hat es selbstverständlich eine Gegenurkunde gegeben, d. h. eine Verpflichtungserklärung des Markgrafen, die an die Vögte gerichtet war. Das zeigen eine Reihe erhaltener Vertragsabschlüsse (Schm UB I 472/73, 788/89, 857/58, 950/51). Für sie liegen die Urkunden mit den Verpflichtungs erklärungen der Vögte im Sächs. Landeshauptarchiv Dresden, dagegen die Urkunden mit den Verpflichtungserklärungen der Markgrafen im Hausarchiv Schleiz (hier allerdings durch Kriegseinwirkung verlorengegangen) bzw. im Staatsarchiv Weimar. Zu unserer Urkunde ist die Gegenurkunde des Mark grafen mit den älteren Vogtsarchiven untergegangen. Die für die machtrechtliche Stellung der Vögte so wichtige Urkunde ist mehr fach besprochen worden: H. G. Francke, Die lehensrechtlichen Beziehungen der Wettiner zu den Vögten von Weida, Plauen und insbesondere denen von Gera, MAP 23 (1913), S. 193. Berthold Schmidt, Geschichte des Reußenlandes, Bd. I (1923), S. 61, und: Weida unter den ersten Vögten aus dem Stamme der Heinrichinger, Weidaer Gesch. Blätter 1923, S. 5. Rob. Hänsel, Weida zur Zeit der Vögte, in Gesch. d. Stadt Weida in Einzel darstellungen, Bd. I, Heft 4, 1929, S. 5. Walter Schlesinger Schbg S. 69 ff. Hänsel sieht in dem Vertrag eine zwangsbedingte, aber geschickte Maßnahme der Vögte, ihre Selbständigkeit durch Anerkennung der Lehensherrlichkeit des Markgrafen zu retten. Francke erklärt den Vertrag für eine Abmachung, die auf rein privater Ebene nur für den besonderen Fall der augenblicklichen, vorübergehenden politischen Lage getroffen worden sei, unbeschadet der bestehenbleibenden staatsrechtlichen Lehensabhängigkeit der Vögte. Nach B. Schmidt mußten die Vögte zwar den Markgrafen als ihren Herrn förmlich anerkennen, be wahrten sich aber dabei die Unabhängigkeit für Reichsgüter und Regalien. Aus dem letzten Punkt der Abmachungen, daß die Vögte und ihre Mannen dem Markgrafen gegenüber unter demselben Recht bleiben sollen, wie es ihre Vorfahren unter dem Vater des Markgrafen gehabt hatten, folgert Schmidt: „Die Vögte erkannten den meißnischen Heerbann zwar an, lehnten aber jede daraus gefolgerte Lehensabhängigkeit vom Markgrafen energisch ab.“ Jede dieser drei Erklärungen stellt einen Widerspruch in sich selbst dar. Anerkennung der Lehensherrlichkeit und Wahrung der Selbständigkeit ver tragen sich miteinander ebensowenig wie Anerkennung des Heerbannes und Ablehnung der Lehensabhängigkeit. Das Zwiespältige in den bisherigen Auslegungen der Urkunde erklärt sich aus dem scheinbaren Widerspruch, den der Text bietet: auf der einen Seite verhandeln die Vögte als gleichberechtigte Partner mit dem Markgrafen, auf der anderen Seite steht ihr Gelöbnis des servire und die von ihnen dem Markgrafen gespendete Anrede dominus. Diesen Widerspruch hat auch Wal ter Schlesinger, der für unsere Urkunde zum ersten Mal die völlige Gleich-