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richs I. (1152—90). Die beiden Reichsministerialen Kuno und Heinrich (Gradl Mon I 161 Anm) erscheinen nämlich als Brüder von Liebenstein um 1220 (Gradl Mon I 156), und in einer Urkunde vom Oktober 1218 wird als ihr cognatus Ulrich von Liebenstein bezeichnet (Gradl Moni 144). Es ist gleichgültig, ob man hier cognatus in der engeren Bedeutung ,.blutsverwandt von weiblicher Seite“ oder in der weiteren von Blutsverwandtschaft überhaupt faßt. Auf jeden Fall steht fest, daß die beiden Gruppen der Liebensteiner nicht als Brüder, sondern höchstens als Vettern oder als noch weiter Verwandte ge kennzeichnet werden. Mit Liebenstein ist in unserer Urkunde nach Siegl (Eg S. 13) Liebenstein bei Tirschenreuth gemeint, Liebenstein südwestlich von Haslau wird erst 1264 klar als nuen Libenstein erwähnt (Gradl Mon 249). Die Aufführung zweier Gruppen von Angehörigen des Geschlechtes Lieben stein läßt sich nur so deuten, daß beide Zweige auf einer Burg (Altliebenstein) saßen. Mit der Aufzählung der Stammsitze der Egerländer Ritterschaft ist bereits in großen Zügen das Gebiet umrissen, das in jener Zeit als Egerland be zeichnet wird. Seine Grenzen laufen etwa vom Hauptstock des Fichtelgebir ges über Waldstein- und Kornbergzug in die Gegend von Adorf, von hier den Schwarzbach hinauf, dann den Leibitschkamm hinab nach dem Kaiser wald (Karlovarskä vrchovina) und von da hinüber nach den Ausläufern des Böhmerwaldes (Gradl Gesch S. 45 und Karte nach S. 84, dazu J. Leipoldt, MAP 36, S. 101). Dabei ist allerdings zu beachten, daß es damals keine Gren zen als präzis festgelegte Scheidelinien im Sinn heutiger Staatsgrenzen gibt. Ein Herrschaftsgebiet ist nur die Addition dessen, was zu ihm an Eigen- und Lehensgut gehört. Dabei ist, wie Walter Schlesinger formuliert (Schbg S. 74), in erster Linie an Herrschaft über Menschen, nicht über Ländereien gedacht. Die terra eines Herrn umfaßt das Gebiet, in dem die meisten bebauten und unbebauten Bodenstücke der Nutznießung durch ihn selbst oder durch die von ihm bestellten und ihm dienenden vasalli und homines unterstehen. Es ist das Kerngebiet seines Besitzes und seiner Rechte, zusammengefaßt und zusammengehalten durch sein castrum sowie durch die municiones seiner Vasallen. Es ist ja die Zeit, da die Burg nicht mehr bloße Wehranlage ist, sondern nach dem Vorgang der Staufenkaiser zur Repräsentationsstätte der Macht auch bei den großen und kleinen Feudalherren wird. Dabei ist zu beachten, daß der einzelne Landesherr noch kein geschlossenes Territorium besitzt. In diesem liegen vielmehr verstreut Besitztümer anderer Herren, so wie er umgekehrt Einzelbesitzungen im Bereich anderer Landes herren hat. Es ist natürlich das Bestreben jedes Landesherren, sein Terri torium durch Tausch, Pfand- oder Lehensnahme, gegebenenfalls aber auch durch Gewalt abzurunden und zu dem zu machen, was wir heute als Staat mit festen Grenzen ansehen. So wird terra zu einem Gebilde, in dem alles, was darin liegt, ausschließlich dem Landesherrn gehört. Diese Entwicklung zum landesherrlichen Flächenstaat, die W. Schlesinger (Schbg S. 75 ff.) und H. Helbig (Der wettinische Ständestaat, 1955) am Beispiel der Wettiner ein gehend klargelegt haben, ist zur Zeit unsrer Urkunde im Anlaufen und zur Zeit der nächsten Urkunde (von 1254) in vollem Gange. Dabei spielen, wie wir sehen werden, Erwerb und Bau von Burgen eine wesentliche Rolle. Anders liegen die Verhältnisse bei den Grenzangaben für rein kirchliche Verwaltungsbezirke, für Bistümer, Pfarrei- und Klostersprengel. Hier han-