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Karl-Marx-Stadt und dem Münztopf aus dem Münzkabinett von Dresden. Daß mit dieser typologischen Einstufung kein gesichertes Datum ermittelt ist, versteht sich von selbst. Die Datierung des Kruges für das 15. Jahrhundert ist aber doch sehr wahrscheinlich, und wir dürfen auch vermuten, daß solche Formen nicht ausschließlich an das Ende dieses Jahrhunderts gehören. Von Bedeutung ist außerdem das Bruchstück eines Igelgefäßes von der Ruine Stein, gehören doch diese Gefäße zu den künstlerisch besonders gestalteten Steinzeugprodukten, die man als das Meißner Porzellan des ausgehenden Mittelalters bezeichnen kann. Aus dem Vogtland ist ein Igelkrug von Rode- wisch-Obergöltzsch bekannt 400 ), der genau einem aus Leipzig entspricht 461 ). Unser Bruchstück, das keine Rückschlüsse auf die gesamte Gestalt des Ge fäßes zuläßt, zeigt eine technische Besonderheit. Der Igelkrug wurde umge kehrt auf der Scheibe gedreht, was eine feine, sorgfältige Fußprofilierung zuläßt. Darauf wurde der Boden eingeklebt, das Gefäß umgestülpt, in den Boden des ersten Arbeitsganges ein Loch geschnitten und Hals und Rand aufgesetzt. Ein solches Verfahren, freilich abgewandelt, ist bereits von der Herstellung von Steinzeugfeldflaschen bekannt. Eine Betrachtung der Igel gefäße von Rodewisch-Obergöltzsch und im stadtgeschichtlichen Museum Leipzig ergab, daß diese Herstellung nicht einheitlich üblich war. Einfaches Hochdrehen und Zusammensetzen aus zwei getrennt hergestellten Teilen sind daneben zu erkennen. Damit sind also die Igelgefäße in ihrer Herstellung variabel. Ob das eine zeitliche Entwicklung oder verschiedene gleichzeitige Werkstätten kennzeichnet, ist bisher nicht abzusehen. Diese wenigen Bemerkungen zur Keramik zeigen, daß noch eingehende For schungen notwendig sind, um die mittelalterliche Keramik des Vogtlandes einigermaßen befriedigend in ihrem Entwicklungsablauf zu erfassen. Das ist nicht allein für chronologische Fragen von Bedeutung, sondern zugleich mit der wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung und der gesellschaftlichen Wirk samkeit ihrer Träger verbunden, steht doch hinter den hier erläuterten Scherben der Ablauf, wie neben das im Anfang vorherrschende dörfliche Haus- und Handwerk die städtische Innung und die bestimmende Wirksam keit des städtischen Marktes tritt, der am Ende mit dem Steinzeug zum Schauplatz der Auseinandersetzung feudal gebundenen örtlichen Handwerkes mit frühkapitalistischem Export wird. Daß sich tatsächlich in den jüngsten hier behandelten Zeitabschnitten die Arbeitsorganisation der Manufaktur anbahnt, beweist ein unscheinbares Bruchstück eines sogenannten Salben näpfchens aus den oberen vermischten Schichten von Türbel (Abb. 69). Es besteht aus fein geschlämmter, innen glasierter Irdenware. In der Form ent spricht es vollkommen den entsprechenden Stücken aus Steinzeug. Innen zeigt der Boden eine Drehspur, außen dagegen quer darüber eine Formnaht (Abb. 69). Das beweist, daß das relativ einfache Gefäß in eine zweiteilige Form hineingedreht wurde. Sein Verfertiger war also nicht imstande, einen Topf auf der Scheibe hochzuziehen, er war Manufakturarbeiter und nicht handwerklicher Töpfer. Diese letzten Bemerkungen führten zum Hauptanliegen unserer Arbeit zurück, zur ergänzenden Zusammenschau archäologischen und archivalischen Quellenmaterials. 460) H. Nadler, Die Ausgrabungen auf der Burg Göltzsch, in: Photographie und Forschung 2. Heft 8, 1938, S. 253, Abb. XIII. Museum Göltzsch. Stadt Rodewisch, Museumsführer, o. J., Taf. 2. 461) K. Berling, in: Jahrbuch für Historische Volkskunde III/IV, 1934, Taf. 9. Abb. 5.