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stimmte Antwort nicht geben“ 77 ). Wurde schon bei Johnson das Verhältnis der Burg zur Straße erwähnt und gewürdigt (siehe S. 297), so betonte man es doch erst in den dreißiger Jahren so stark, daß es als primärer Zusammen hang, als eigentlicher Grund des Baues von Wehranlagen, aufgefaßt wurde. Hauptsächlich W. Bachmann und A. Haase haben im Vogtland die „Straßen hypothese“ vertreten 78 ). Besonders die Straße von Plauen nach Hof spielte eine große Rolle. W. Bachmann räumte ihr in seinem Aufsatz über Wieders- berg einen breiten Raum ein und verbindet sie auch mit Türbel 79 ). Beide Burgen teilten die Straße Plauen—Hof in etwa drei gleiche Abschnitte und erwiesen sich damit als einwandfreie Geleitsburgen. Er schreibt wörtlich: „Die gerade Linie ist immer die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten. Kennen wir diese Punkte als die Städte Hof und Plauen, so wissen wir, daß die beiden Orte ihre Entwicklung schon im 11. und 12. Jahrhundert begannen. Die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Städten ist aber die über Pirk und Großzöbern, also die hier in Frage stehende Straße. Ist es da abwegig, anzunehmen, daß der Verkehrsweg eher vorhanden war als die Siedlungen und deren Entstehung und Entwicklung vielleicht mit bedingte?... Es kann eigentlich gar nicht mehr fraglich sein, daß diese beiden befestigten Stütz punkte (Türbel und Wiedersberg — der Verfasser) in engstem Zusammenhang mit dem großen Verkehrsweg immer gestanden haben müssen. Machen wir uns frei von der volkstümlichen Auffassung, daß die Burgen zumeist Raub ritterburgen waren, oder zum wenigsten befestigte Wohnsitze waren, auf denen adlige Herren ein Schlemmerleben auf Kosten des unterdrückten Vol kes führten, so erscheint es im Hinblick auf den regen Güterverkehr auf der großen Straße und die hierfür üblichen Sicherungsmaßregeln ziemlich ein leuchtend, daß Wiedersberg und Türbel als Geleitsburgen für diese anzu sprechen waren, die ausschließlich dem Schutze des Verkehrs dienten, Kastelle, in denen die Mannschaften des Geleitswechsels ihr Unterkommen fanden, die Reisenden aber im Gefahrenfalle Zuflucht“ 80 ). Die erste Voraussetzung solcher Schlußfolgerungen ist, daß die Straßenver hältnisse während des Mittelalters konstant blieben. Das ist aber kaum an zunehmen, denn mit den starken Veränderungen im Aufbau der Wirtschaft müssen Verschiebungen in der Bedeutung und in der Führung von Straßen verbunden gewesen sein. Daß diese Veränderlichkeit in der historischen Ent wicklung nicht voll in den Erwägungen W. Bachmanns berücksichtigt ist, beweisen die Angaben betreffs der Städte Hof und Plauen. Beide haben erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts städtisches Gepräge erhalten. Der vicus plawe von 1122, von dem wir nur wissen, daß bei ihm die Pfarrkirche gebaut wird, trägt keinesfalls schon städtischen Charakter. Die entsprechende 1118 errichtete Sprengelkirche des Gaues Zwickowe liegt in einem Dorfe, in der späteren Wüstung Osterwin 81 ), und wird nicht wie in Plauen Stadtkirche. 77) J. Leipoldt, a. a. O., S. 42. 78) W. Bachmann, Das alte Plauen, Dresden 1954. S. 9. 79) W. Bachmann, Wiedersberg im Vogtlande, in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 29, 1940, S. 103 ff. 80) W. Bachmann, in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz 29, 1940, S. 109 f. 81) W. Schlesinger, Die Anfänge der Stadt Chemnitz, Untersuchungen über Königtum und Städte während des 12. Jahrhunderts, Weimar 1952, S. 151 ff.