Dieser Krug, ein Stück sogenannter „Bauernkeramik“ aus dem 17. oder 18. Jahrhundert zeigt in der Bemalung symbolische Zeichen, wie Krücken kreuze, mit Punkten gefüllte Dreiecke und stilisierte Baum- oder Trauben motive. Eine klare Deutung dieser Zeichen ist bisher nicht gelungen. Gefunden wurde dieser Krug in Grube A, einer Grube, die hauptsächlich un glasierte Keramik erbrachte. Innerhalb des Fundkomplexes der Grube stellt der Krug mit weitem Abstand das jüngste Stück dar, was auch durch strati- graphische Beobachtungen innerhalb der Grube gestützt werden konnte 37 ). Auswertung der Fundverbände und mehr oder weniger allgemein bekannte Tatsachen 38 ) waren die Faktoren, die eine relative und absolute zeitliche Fest legung des Keramikkomplexes der gesamten Grabung ermöglichten. Dies er scheint aber auch der einzig mögliche Weg, um zu einer chronologischen Ab folge zu kommen, noch dazu, wenn aus dem Stadtkern von Karl-Marx-Stadt kein münzdatiertes Gefäß einen Anhaltspunkt liefern kann. Auch ein Vergleich mit Keramik aus anderen Städten ist für den spätmittel alterlichen Raum nicht mehr ohne weiteres statthaft. Material-, formen- und verarbeitungsbedingt sind die Differenzierungen zu groß, um direkte Paral lelen und damit zeitliche Schlüsse über so große Räume ziehen zu können. Trotz dieser Überlegung erscheint aber ein Vergleich mit einem geschlossenen Fund von sechs Gefäßen aus Marienberg im Erzgebirge 39 ) möglich, denn ganz allgemein gesagt, ist mit einer kulturellen Beeinflussung eines Gebirgslandes in erster Linie aus dem angrenzenden Vorland zu rechnen. Für den Fund von Marienberg ist eine zeitliche Festlegung „vor Mitte des 16. Jahrhunderts“ möglich, denn erstens ist Marienberg eine planmäßig angelegte Bergbaustadt, deren Grün dung nach 1521 erfolgte, zweitens wurde der Fund im ehemals ummauerten Siedlungskern gemacht 40 ), drittens ist eine Deutung des Befundes als Bauopfer aus der Gründungszeit von Marienberg nicht ausgeschlossen. Vier Gefäße des Marienberger Fundes (Abb. 30) gleichen in Form und Ma terial der dritten Gruppe der alten Chemnitzer Keramik; es sind sackartige Formen mit einer weiten Mündung, welche durch den hohen ausladenden Kragenrand noch betont wird 41 ). Die Gefäße besitzen eine Innenglasur. Die beiden anderen Marienberger Töpfe haben auch im alten Chemnitzer Inventar Parallelen, und zwar in den Gefäßen mit gesinterter Oberfläche 42 ). Das Material stimmt auch in der Färbung überein. Interessant ist der Zu sammenfund dieser beiden Gefäßtypen, der ebenfalls im alten Chemnitz be obachtet werden konnte. 37) Der Krug lag im Trümmerschutt im oberen Grubenteil, wenig unter dem Sitzbecken, während die anderen Gefäße im unteren Teil der Grube gefunden wurden. 38) Erscheinen der Bodenmarken und Verschwinden dieser Manier, Aufkommen der zweck- bestimmten Innenglasur. 39) Dieser Fund erfährt hier seine Erstveröffentlichung, dem Heimatmuseum Marienberg sei für die Bereitstellung gedankt. 40) Im Fundament eines Hofgebäudes des Gasthauses „Weißes Roß“. 41) Wenn es das Material zuließe, wären Dünnschliffvergleiche mit dem Chemnitzer Material interessant, um eventuelle Identitäten festzustellen. 42) Siehe S. 157 f.